Ich sehe durchaus eine Entwicklung unter Zorniger.
Wenn man sich den Fußball der letzten Jahre anschaut, dann agieren wir jetzt wieder selbst, anstatt (unter dem Aspekt "immer wissen wo man herkommt") zu reagieren.
Ich sage ja immer und immer wieder, dass der Kader für dieses Spielsystem weiterer Veränderungen bedarf, die aber nun mal nicht in einer einzigen Transferperiode zu stemmen sind. Bis dahin muss man nun mal versuchen, die Fehlerquellen so gut es geht abzustellen ... und variabler / intelligenter auf sich verändernde Spielsituationen reagieren. Und nein, da nehme ich auch den Trainer keinesfalls aus.
Der kicker-Artikel zum Spiel in Leverkusen beschreibt ganz gut, welcher Weg Zorniger gut zu Gesicht stehen würde:
Lernt Zorniger wie Schmidt vor einem Jahr dazu?
Deshalb wurden im Presseraum der BayArena nach dem Spiel wieder einmal Themen diskutiert, die vielen Anwesenden sehr vertraut waren. Nur war nicht mehr Schmidt der Hauptdarsteller, sondern Alexander Zorniger, und das ist interessant, weil diese beiden Trainer ähnliche Grundprinzipien propagieren.
Beide haben zentrale Elemente ihres Fußballs bei den von Ralf Rangnick gelenkten Red-Bull-Klubs entwickelt, wo es weniger um Ballbesitz als um Balleroberung, um Pressing und eine besonders aggressive Variante der Vorwärtsverteidigung geht.
In diesem Stil hatte der VfB Stuttgart lange großartig mitgehalten, "wir waren über 90 Minuten mindestens gleichwertig", sagte Zorniger, allerdings zeigte das Team eine recht fundamentalistische Variante dieses Fußballs. So ähnlich wie Bayer Leverkusen zu Beginn der Vorsaison. Damals wurde Schmidt vorgeworfen, die Werkself sei nicht in der Lage, auch mal ruhiger zu spielen, das Tempo zu drosseln, einem Gegner den Schwung zu nehmen. Dieser Kritik sieht sich nun Zorniger ausgesetzt.
Und er antwortet ähnlich dogmatisch wie seinerzeit Schmidt. "Soll ich meinen Spielern sagen, jetzt soll ich nach vorne verteidigen und jetzt eher hinten passiv stehen? Das ist eine Frage von Aktivität oder Passivität, das kannst du nicht machen." Schmidt hat ähnlich kompromisslos reagiert und streitet bis heute ab, die Spielweise seiner Mannschaft entradikalisiert zu haben. Viele Beobachter sehen aber das anders.
Natürlich ist es möglich, einem Spiel, das sich mehr und mehr auf einen bedenklichen Kontrollverlust zubewegt, durch ein paar Quer- und Rückpässe seine Schärfe zu nehmen. Bayer beherrscht dieses Stilmittel inzwischen, und auch der VfB hätte seine Siegchancen mit einer etwas ruhigeren Zwischenphase vermutlich deutlich erhöht.
Ich halte einfach rein gar nichts davon, nun bereits wieder die Flinte ins Korn zu werfen, den Trainer (und damit die ganze neuen Spielphilosophie und das Selbstverständnis) zu schassen, um dann mit einer neuen Mannschaft wieder von vorn zu beginnen. Denn eigentlich muss dann ja auch Dutt seinen Hut nehmen, oder?
Ergo, für mich kommt die Diskussion um einen Kurswechsel, trotz der miesen Punktausbeute, einfach zu früh. Wenn die Mannschaft den Eindruck erwecken würde, dass sie GRUNDLEGEND, hinten wie vorn, nicht in der Lage wäre ein pressingorientiertes Spiel aufzuziehen, dann d'accord ... aber wenn wir ehrlich sind, dann resultiert der Löwenanteil bei all diesen besch*****en Slapstickeinlagen doch aus individuellen oder situationsbedingten Unkonzentriertheiten. Und das schon seit JAHREN. Dass diese Unzulänglichkeiten in diesem System deutlicher zu Tage treten ist unvermeidbar, aber das sie da sind, wäre auch in jedem anderen System so. Deshalb werde ich (noch) nicht nervös, obgleich solche Nackenschläge, wie am Samstag erneut zu erleiden, schon sehr an die "Fansubstanz" gehen. Dennoch glaube ich an einen guten Ausgang und das es sich lohnt, den Weg weiterzugehen.