Tiffi
Kann das jetzt nicht belegen, aber wenn du sagst, dass Gewalt gegen Sachen oder auch gegen Menschen gefühlt zunimmt, dann stellt sich mir das -ebenfalls gefühlt- anders dar. In den 80ern/frühen 90ern hatte ich weit häufiger die Wahrnehmung, dass die Sitten auf den Rängen verroht sind und auch die Hemmschwelle zur Gewaltanwendung tiefer lag. Was da alles aus dem A-Block kam ... muffi hat es ja schon erwähnt ... wäre ja heute so en gros gar nicht mehr denkbar. Da sind wir als Gesellschaft ein Stück weiter würde ich meinen...
Ich will aber keinesfalls Gewalt gegen Unbeteiligte verharmlosen, das liegt mir fern ... und dass sich unter diesen "schwarzen Blöcken" auch die wirklich ganz schwarzen Schafe tummeln ist auch unstrittig. Aber diese Unbelehrbaren, die sich aus dem klassischen bürgerlichen Umfeld gänzlich verabschiedet haben und ihrem dumpfen (Selbst-)Hass fröhnen sind da doch dtl. in der Unterzahl. Aber in der öff. Wahrnehmung sind sie nun mal die "bildgebenden".
Zum einem weil die zeitgeistige Berichterstattung (oder besser sensationsgierige Medienlandschaft) eben lieber Hass und Gewalt exponiert als irgendwelche integrativen, sozialen Fanprojekte zu beleuchten. Um es jetzt mal etwas grob runterzubrechen. Und das ist für mich letztlich auch der wesentliche Dreh- und Angelpunkt. In unserem stetig schneller drehenden Kommunikationszeitalter verschiebt sich die seriöse, investigative, multiperspektivische Berichterstattung immer mehr hin zum reißerischen Infotainment, dass eine Bewertung von Begebenheiten ja quasi gleich mitliefert. Nicht mal groß im Kontext versteckt, sondern direkt und dreist in ya face. Da wird ein eherner Grundsatz des Journalismus zusehends ausgehöhlt, was aber niemanden groß zu stören scheint. Und gerade in dieser Suggestion liegt doch die gefährliche Verlockung, sich zu schnell eine Meinung über etwas bilden zu können und infolge zu pauschal abzuurteilen.
Deshalb ärgern mich so eine Aussage wie die von auswurf auch.
Wobei man nicht politisch denken muss um ein nazi zu sein.
Bischen kameradschaft und nachgeplaper- fertig ist die laube.
Für mich ist die Definition eines "Nazis" eine andere, vor allem eine differenziertere. Darauf wollte ich hinaus. Das man mit solchen Holzhammer-Verortungen zu schnell zur Hand ist ... und das in Folge schlechtestenfalls noch ideologisiert. Da rennen bei 500 Schwarzkitteln vll. 10-15 überzeugte Neofaschisten mit, dazu noch 20 Sympathisanten und wegen mir 50 Deutschtümler und Stammtischredner. Der Rest möchte einfach nur dabei sein ... provozieren, rebellieren, bissel gefährlich sein und sich in der Gruppe stark fühlen. Eine Melange aus Extremisten, Sympathisanten, Wannabees und Teilzeitrebellen ... das was es schon in JEDER Jugendbewegung seit Anbeginn der Zeit gegeben haben dürfte. Auch wenn das dem ein oder anderen hier nicht plausibel erscheint. Dann hatten sie aber auch keine Jugend.
Wenn ich mich selbst nehme. Ich bin da voll bei muffi. Man kann mit den Jungs in der Kurve stehen (oder jetzt sitzen...) und provokante, politisch vll. auch mal inkorrekte Lieder singen oder im Überschwang auch mal Statements raus hauen, die nicht ganz okay sind. Gerade auch auf gegnerische Fans gemünzt. Kann man jetzt verstehen oder aber auch nicht. Mir schnurz. Bei Rassismus sieht es wieder anders aus. Das ist niemals tolerabel. Deswegen. Ich kann im schwarzen Outfit auf ne Auswärtsfahrt gehen, aber ich kann andererseits auch hinstehen, wie einst in den 90ern, als ich einem frustbeladenen Industriekapitän auf der Haupttribüne auf den Spruch Richtung Pablo Thiam "Duud doch mol den Neger raus" entgegnete, dass er seine blöde Fresse halten soll. Was ich damit sagen will, es gibt da kein S/W, keine Pauschalverortung. Mancher der im Stadion oder in der Konfrontation auf der Straße die dicke Hose des Vereinspatriotismus (aus Ermangelung einer trefflicheren Beschreibung) trägt, der kann im sonstigen Leben sehr wohl über einen gut funktionierenden Wertekompass verfügen.