Carlos Ubina (Stuttgarter Zeitung) hat geschrieben:Präsident des VfB Stuttgart
Der erste Bewerber klopft anVon Carlos Ubina 18. Juli 2019 - 18:39 UhrAm 15. Dezember wählt die Mitgliederversammlung des VfB Stuttgart einen neuen Präsidenten. Wer sind die Kandidaten? Ein erster Bewerber könnte bereits gefunden sein.Schorndorfs Oberbürgermeister Matthias Klopfer könnte sich das Präsidentenamt beim VfB Stuttgart vorstellen. Foto: dpaStuttgart - So ein Organigramm ist eine feine Sache. Es hilft den Aufbau und die Hierarchien in einem komplexen Unternehmen oder einem Verein zu veranschaulichen. Deutlich wird dann in einer Grafik, wie das große Ganze geordnet ist und wer wem etwas zu sagen hat. Das ist wichtig in Zeiten, in denen es turbulent zugeht und ein Machtvakuum entsteht – und beim
VfB Stuttgart ist seit der letzten Mitgliederversammlung vieles durcheinandergeraten.
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So reagieren die Ultras auf den Rücktritt von Wolfgang DietrichEingetragener Verein (e. V.) und Aktiengesellschaft (AG) – beides gehört zusammen, aber die Strukturen, Ämter und Gremien müssen seit der Ausgliederung der Profi-Abteilung beim VfB schon auseinandergehalten werden. Zum einen soll nun auf der einen Schiene die Position des Vorstandsvorsitzenden in der Fußball AG besetzt werden. Auf diesem Posten würden viele Mitglieder und Fans gerne Jürgen Klinsmann sehen. Die Heldenfigur alter Tage, die in Kalifornien sitzt, und Neuerungen beim Zweitligisten anschieben soll. Zum anderen wird seit dem Rücktritt von Wolfgang Dietrich auch ein Vereinspräsident gesucht, und da gibt es auf der Parallelschiene offenbar jemanden, der sich gut vorstellen kann, das Amt zu übernehmen:
Matthias Klopfer.
Klare Vorgaben für die BewerberDer Schorndorfer Oberbürgermeister kokettiert schon seit Langem auf seiner Internetseite damit, sich aktiv beim VfB einbringen zu wollen. In der Rubrik Persönliches nennt der 51-jährige Kommunalpolitiker augenzwinkernd unter Lebenstraum: „VfB-Präsident sein.“ Aus Spaß könnte nun Ernst werden, da plötzlich die Möglichkeit besteht, dass aus Klopfers Wunsch Wirklichkeit wird.
Rein formal bringt der Politik- und Sportwissenschaftler zunächst alles mit, was die Vereinssatzung an Voraussetzungen vorschreibt. Ein Kandidat muss zwischen 35 und 75 Jahre alt und VfB-Mitglied sein. Erfahrungen in einer Führungsposition sind erforderlich. Im gehobenen Management des Leistungssports und/oder im Wirtschaftssektor.
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So läuft die Aufarbeitung der Technik-PanneDer sportaffine Rathauschef einer 40 000-Einwohner-Stadt ist zwar vor allem als Verwaltungsexperte gefragt, erfüllt das Anforderungsprofil als Allrounder aber sicher. Klopfer ist zudem der Vorsitzende der Sportregion. Würden also nur noch die 50 Unterschriften von VfB-Mitgliedern fehlen, die Klopfers Kandidatur unterstützen. Das dürfte in seinem Fall wohl kein Problem darstellen. Der SPD-Politiker ist bestens vernetzt und seine sportstrukturelle Kompetenz hat er schon mehrfach bewiesen.
Es gilt, den Riss zu kittenDaraus könnten sich neue Möglichkeiten für den VfB ergeben. Denn zuletzt ging es bei den Präsidenten immer auch stark um deren unternehmerische Fähigkeiten. Wolfgang Dietrich, Bernd Wahler, Gerd Mäuser – sie kamen aus der Wirtschaft. Erwin Staudt ist der letzte Clubboss gewesen, der zu seiner Managementtätigkeit in der Industrie auch Erfahrungen aus der Lokalpolitik eingebracht hat – und hinter dem die VfB-Familie vereint stand.
Den Riss zu kitten, der sich aktuell durch die Anhängerschaft zieht, wird Klopfer zugetraut. Als OB ist er es gewohnt, Kompromisse einzugehen ohne an Profil zu verlieren. Weshalb der Kommunalpolitiker in Ergänzung zu Klinsmann eine geeignete Kombination darstellen könnte. Hier der Mann, der den Verein ehrenamtlich repräsentiert und die gesellschaftliche Rolle des VfB forciert. Dort der Mann, der die AG hauptamtlich mit Fußballkompetenz führt.
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Der zweite Anlauf des Nicolas GonzalezNoch ist es aber nicht so weit. Bis zum 15. September können sich Interessenten beim Vereinsbeirat als Präsidentschaftskandidaten bewerben oder vorgeschlagen werden (Grünen-Politiker Cem Özdemir und Armin Veh, Sportchef des 1. FC Köln, werden ebenfalls gehandelt). Zu Namen äußert sich das Gremium im laufenden Verfahren jedoch nicht. Klopfer ist aber wohl der erste ernsthafte Interessent. Bis zu zwei Kandidaten kann der Vereinsbeirat festlegen, damit die Mitglieder am 15. Dezember auf der außerordentlichen Versammlung die Wahl haben.
Unbenommen davon ist jedoch die Suche nach einem Vorstandsvorsitzenden. Der Aufsichtsrat der AG hält am Zeitplan fest, diesen bis Ende des Jahres zu präsentieren. Die Verhandlungen laufen, fixiert ist noch nichts. Und so lange lenkt Bernd Gaiser interimsweise die Geschicke des VfB – als führende Kraft im Präsidium des e. V. und als Aufsichtsratschef der AG.