Warum sach ich dat alles: natürlich steckt dahinter die grundsätzliche Frage, unter welchen Voraussetzungen die Taktik "hoch stehen" überhaupt das Risiko ausgekontert werden zu können lohnenswert erscheinen läßt.
So, und ich als ehemaliger Mittelfeld-F-A-Jugendspieler einer Dorfmannschaft fühle in mir, dass es sich nur lohnt - also falls es sich überhaupt lohnt! - wenn man phasenweise hoch steht und dann richtig auf die Abwehrspieler geht. Die moderne Variante bedeutet ja sogar, dass man die Wege zum Torhüter auch noch zu macht, um wirklich den Gegner maximal unter Druck zu setzen. DAS aber macht die N11 nicht - da scheinen wir uns ja einig zu sein.
werter frank,
das sind ja beinahe philosophische fragen
. ich würde zunächst mal gerne das wort "lohnend" durch "erfolg versprechend" ersetzen. Denn ob es sich lohnt kann ich nicht sagen, ich weiß ja auch nicht ob die spananier 2010 weltmeister geworden wären wenn sie anders gespielt hätten. Aber ich finde einfach die sind ein gutes beispiel. Wenn ich trainer einer mannschaft oder eines landes bin, das regelmäßig technisch sehr feine fussballer hervorbringt und auch häufig für die spielweise - schön anzusehendes kurzpasspiel - gelobt wird , aber bei großen turnieren immer ausscheide weil im ersten ko-spiel der spieler toralf Viking einen 50meter einwurf auf den kopf seines mitspieler hune vestergaaaard schmettert das zum entscheidenen 0-1 führt, dann muß man sich halt gedanken machen. Und wenn dann eine tikki-taka-spielweise herauskommt , die dazu führt, dass der gegner nur sehr ausnahmsweise den ball bekommt (oder gar standards in strafraumnähe) und ich bei führung verteidige indem ich endlose ballstaffetten zelebriere, dann erscheint mir das erfolgversprechend.
Um im beispiel zu bleiben: Ich habe mir jetzt eine mannschaft zusammengestellt die aus lauter edeltechnikern besteht, die klein, wendig und ballsicher sind und sich ewig den ball zuspielen können . Sie sind aber eher kopfballschwach und auch im 1gegen 1 eher schwach und auf längeren strecken nicht besonders schnell. D.h . beim umschaltspiel werden sie laufduelle umso eher verlieren desto größer die laufstrecken werden. Was machst du jetzt mit so einer mannschaft? Du läßt sie wahrscheinlich endlos kombinieren, den gegner müde spielen und möglichst nie an den ball kommen. Und wenn sie ihn - was eine mittlere katastophe ist - trotzdem mal hergeben, sollten sie ihn auf ganz engem raum (wegen der kurzen laufwege) und möglichst weit weg vom eigenen tor (wegen der einwürfe von toralf viking) schnell wiedergewinnen und mit dem müdespielen fortfahren. Das wäre sehr frustrierend für den gegner und häufig auch für die zuschauer
.
Eine weiterentwicklung für so eine mannschaft wäre es wenn ich jetzt z.B auch noch einen sehr kombinationssicheren großen IV hätte - so einen wie piquenbauer - und noch 1-2 schnelle offensivspieler, so dass ich den gegner nicht
nur auskombinieren kann und im falle der seltenen vikingereinwürfe nicht ganz blank dastehe. Als krönung würde ich mir noch einen schnellen kickenden TW wünschen der bei kontern für die regelmäßig weit aufgerückte abwehr klären kann. So ähnlich hat sich der jogi das schätzungsweise gedacht als er den weltmeister spanien kopiert hat - ergänzt um die varianten die ihm das deutsche spielermaterial ermöglicht hat.
Und was sollte jetzt das ganz geschwurbel
? Das hohe draufgehen
lohnt sich dann wenn es die für mein spielermaterial erfolgversprechendste taktik ist*. Bei den deutschen lohnt es sich imo schon, weil das team grundsätzlich sehr kombinationssicher ist und andererseits keine weltklasseoffensivspieler hat die spiele regelmäßig über 1-1 situationen entscheiden können. Dafür hat es einen für diese spielweise sehr wertvollen sehr schnellen IV und einen TW der den libero geben kann. leider fehlt der spielerisch und kopfballstarke klose. Und im ersten spiel fehlte v.a. das bewußtsein, dass bei der strategie fehlpässe halbe torchancen sind. Wenn dann beides zusammenkommt, zu viele fehlpässe und eine halblebige rückwärtsbewegung hinter den ball** (siehe hummelskritik) dann verliert man halt gegen mexico.
Die spielweise lohnt sich nur dann wenn man sie 100%ig beherrscht UND betreibt!
* klopp hat das vor dem CL finale auf den punkt gebracht: Wenn die anderen die besseren kicker haben , dann müssen meine eben mehr machen
** bei ballverlusten in einer zone in der die meisten mitspieler vor dem ball sind hilft kein pressing , sondern nur die flucht nach hinten, hinter den ball