Rufus hat geschrieben:Was bleibt jetzt eigentlich fussballerisch gesehen von der EM?
- Langsames Ball Hin- und Hergeschiebe wie bei den Deutschen (außer gegen POR) ist out
Aber sonst?
- Schnelles Umschalten ist nicht neu
Gab es revolutionäre Systeme, z.B. 3-3-4 (gab es mMn nicht).
Was bleibt also?
Ausser die witzigen Videos über Immobiles Auferstehung und über Chielini/Alba bei der Seitenwahl?
Aus rein fußballerischer Sicht war das ein gutes Turnier. Der Standard war höher und auch etwas näher dran am Vereinsfußball als in vergangenen Turnieren, und vor allem wird wieder mehr gekickt: Mannschaften wie Spanien, Belgien und Italien hatten Mittel, um gegnerische Abwehrreihen zu knacken, und auch kleinere Nationen haben nicht nur verteidigt, sondern auch versucht, was mit dem Ball zu machen. Schlägt sich ganz klar in Zahlen nieder: 2016 fielen 2,12 Tore pro Spiel, dieses Mal 2,78 Tore pro Spiel. Ist ein großer Unterschied.
Man vergisst gern, dass man bei solchen Turnieren oft totalen Gruselfußball sieht – das Drumherum ist interessanter als das, was auf dem Platz passiert. Dieses Mal waren die Spiele aber besser, als man erwarten konnte. Guter Trend.
Langsames Ball Hin- und Hergeschiebe ist dabei gar nicht so out, zum Beispiel haben die Spanier dafür jetzt zu recht viel Lob gekriegt – weil sie’s können, weil sie’s mit anderen Mitteln kombiniert haben, und weil es letztendlich auch zu Torchancen geführt hat. Luis Enrique will der Mannschaft eigentlich mehr vertikales Spiel einimpfen, der hat aus diesem Grund auch manche Spieler nicht mehr eingeladen, aber wenn es die Situation erfordert, können sie darauf zurückgreifen, tausend Pässe spielen und warten, bis der Gegner einen Fehler macht.
Das Finale war auch interessant, weil es gut zu lesen war: Southgate hatte sich was ausgedacht, die Italiener sind damit gar nicht zurechtgekommen, haben dann umgestellt, und Southgate konnte nicht darauf reagieren. Erinnert ein bisschen an Jogi.
Neu war, dass die Engländer soviel bescheißen, dass man darüber sogar die hanebüchensten Szenen der Italiener vergisst. Ich vermute, dass die davon ausgingen, dass Schiris vom Kontinent leichter Elfmeter pfeifen, und das hat im Halbfinale ja leider auch funktioniert.
Das Elfmeterschießen war natürlich eine perfekte Krönung des Ganzen. Southgate hat halt hoch gepokert und verloren, aber sein Fehler war nicht, dass er Leute extra eingewechselt hat, sondern dass er die ausgewählt hat, die im Training die besten Elfer geschossen hatten: das ist totaler Quatsch, Elferschießen im Training hat mit Elferschießen im Finale überhaupt nichts zu tun. Da gibt es nichts zu messen und zu strategisieren, sondern du musst da die abgewichstesten Typen hinstellen.
Also, ingesamt gut. Bierhoff raus.