Kommentar zum letzten Beitrag im Vertikalpass:
Franzi May
11. Juni 2020
Nach dem 0:0 am vergangenen Sonntag habe ich mir Gedanken darüber gemacht, warum es beim VfB seit Jahren keine Rolle mehr zu spielen scheint, welchen Trainer, welchen Kader oder welche sportliche Leitung wir haben – es läuft nach kurzer Zeit immer wieder auf das gleiche hinaus: nachlassende Leistungen.
Auch die neu hinzugekommenen Spieler, die unbelastet zu uns kommen weil sie die Misere der vergangenen Jahre nicht miterlebt haben, scheinen nach kurzer Zeit so lustlos und unmotiviert zu sein wie alle anderen. Oder sind sie einfach verunsichert?
Die Frage ist: woran liegt das? Was geschieht da intern, dass es niemandem gelingen will, bessere Leistungen abzurufen? Wir haben doch derzeit gute Voraussetzungen im Verein mit guten, fähigen Leuten und einem ordentlichen Kader. Was verunsichert alle so, dass die Freude am Spiel so gänzlich verloren geht?
Wenn man die Kommentare von uns Fans in den Sozialen Medien liest, so ist da wenig von Aufmunterung und Zutrauen zu spüren. Angst kursiert. Verbale Unterstützung gibt es von den Fans nur, wenn es gut läuft. Und zurzeit läuft es halt mal wieder nicht so richtig. Wir kompensieren unseren Frust und entziehen unseren Spielern dann sehr schnell die wohlwollende Unterstützung. In unserer (meist verständlichen) Fan-Frustration üben wir oft lieber maximal harsche Kritik, die oft auch sehr persönlich ist.
Zufällig las ich vor kurzem folgenden Text, der mir zu denken gab. Er bezieht sich auf den HSV, würde auf den VfB aber auch recht gut passen.
Aus dem DPA Newskanal:
„Hamburg (dpa) – Der ehemalige Sportvorstand Ralf Becker sieht die Probleme des Hamburger SV in der 2. Fußball-Bundesliga auch in der Vergangenheit begründet.
Die Enttäuschung der vergangenen Jahre sitze tief, sagte Becker dem Internetportal „t-online“. „Da schwingt auch immer die Angst vor dem nächsten Tiefschlag mit. Das zu ändern ist nicht einfach, wäre aber wichtig.“
Becker war 2018 von Holstein Kiel zum HSV gewechselt, musste nach dem verpassten Aufstieg aber wieder gehen. „Es ist bei großen Traditionsvereinen allgemein so, dass es schnell unruhig wird. Bei anderen Vereinen herrscht in engen Situationen das Motto: „Wir kriegen das schon hin.“ Bei Klubs wie dem HSV heißt es eher: „Das wird wieder nichts.““, sagte Becker rückblickend.
Es sei wichtig, sich von dieser Negativität frei zu machen. „Wenn das Umfeld ständig mit dem Misserfolg assoziiert wird, dann darf sich diese Mentalität aber nicht auf die handelnden Personen übertragen“, sagte Becker. Er sei aber davon überzeugt „dass die handelnden Personen in der aktuellen Phase intern ruhig bleiben und weiter Optimismus verbreiten werden“.
Der VfB befindet sich also in guter Gesellschaft mit seiner Instabilität und den daraus resultierenden schwankenden Leistungen. Letztlich scheint es doch zum großen Teil Kopfsache zu sein, was die Probleme verursacht. Ob dafür wohl irgendwann eine Lösung gefunden wird? Überwinden wir irgendwann die permanente Angst vor dem nächsten Tiefschlag?
Für eine freie und selbstbestimmte Ukraine.