Merkwürdig, was Bernd Heynemann im Doppelpass da zum Thema erzählt: Bin völlig einverstanden mit seiner Kritik an der Entscheidung im Freiburg-Spiel, aber ganz und gar nicht mit der Grütze, die er zum VfB-Elfer erzählt: Er findet, dass der Schiri ganz dringend sofort hätte Elfer pfeifen müssen, weil er super steht.
Zunächst: in der Runde wusste niemand, ob der Videoassi ganz schnell eingegriffen hatte, oder ob der Schiri selbst eine Beurteilung angefordert hatte. Hätten sie vielleicht im Vorfeld mal recherchieren sollen. Aber wenn ich den Heynemann richtig verstehe, dann würde ihm es auch nicht gefallen, wenn der Schiri in so einer Szene nachfragt. Unverständlich.
Der Schiri ist zwar nah dran, das heißt aber noch lange nicht, dass er auch den üblen Treffer an Ascacíbars Knie gesehen haben muss. Dazu kommt ganz entscheidend, dass Ascacíbar gleichzeitig Kopf und Oberkörper zurückgenommen hat, um nicht an Süles Schulter zu knallen. Wie kann man dem Schiri da einen Vorwurf machen? Das ist ein spielentscheidende Szene, da soll er sich halt vergewissern.
Heynemanns Argument ist unter anderem, dass man sowas direkt entscheiden muss, weil man sonst pro Spiel irgendwann “100 Szenen” hat, die man überprüfen lassen will. Vielleicht meint er das als Kritik am Videobeweis selbst und findet, dass die Schiris verunsichert werden, aber für mich hörte sich das eher wie eine Kritik an der Spielleitung an.
Ich gebe den Leuten recht, die sagen, dass solche Situationen nicht allzu oft vorkommen werden, aber wenn – na und? Das Hilfsmittel steht zur Verfügung, dann soll es der Schiri nutzen. Ich sehe da wieder diese Panik, dass man über kurz oder lang bei 10 bis 15 Minuten Nachspielzeit anlangt, und dass alle anderen Ziele dieser Befürchtung untergeordnet sind.
Das ist allerdings auch der erste Grundsatz dieses Experiments. Von der IFAB-Website:
The aim of the experiment is not to achieve 100% accuracy for all decisions as there is no desire to destroy the essential flow and emotions of football which result from the game’s almost non-stop action and the general absence of lengthy stoppages. The philosophy is:
“minimum interference – maximum benefit”http://www.theifab.com/projects/video-a ... ment?tab=1Mit anderen Worten: wir braten ein dolles Omelett, aber Eier zerschlagen wir nicht. Merke auch nochmal, dass das ganze unter dem Begriff “Experiment” geführt wird – das sollte man fairerweise extra betonen. Ich finde, dass das Experiment bisher überaus erfolgreich verläuft: es zeigt, dass dieser fromme Wunsch der minimalen Beeinträchtigung schwer bis gar nicht umsetzbar scheint.
Aus dem Kicker-Bericht (siehe oben):
Der Videobeweis wird - insbesondere in Deutschland - zu häufig angewandt.Wenn man davon ausgeht, dass der Videobeweis den Schiris helfen soll, knifflige Situationen aufzulösen, dann muss man einen Schreikrampf kriegen, wenn man das liest. Denn dann kann es gar kein “zu häufig” oder “zu selten” geben, dann muss der Videobeweis so oft wie nötig angewandt werden.
Aber wenn es das Ziel ist, ein bisschen mit Video rumzudaddeln und punktuell hier und da die Illusion von mehr Gerechtigkeit zu versprühen, dann ergibt das schon Sinn. Dann verstehe ich auch, warum jetzt auf hilfloseste Weise an den Definitionen rumgefummelt wird. Frage mich aber, wem das nun hilft. Die einen streiten noch wöchentlich, die anderen haben schon aufgegeben: “habe keinen Bock mehr, darüber zu diskutieren” hieß es vorhin im Doppelpass. Habe nicht geguckt, wer das sagte.
Ich glaube wie gesagt nicht, dass die das Ding wieder einmotten. Der Videobeweis wird bestehen bleiben, denn man kann den Schiris einfach nicht die Zeitlupen vorenthalten, die die Zuschauer seit Jahrzehnten zur Verfügung haben. Daher meine Überzeugung, dass man jetzt ewig rumeiern wird und dann früher oder später zwangsläufig das Anhalten der Uhr zur Diskussion gestellt werden muss.