Ist halt immer gut, wenn man mit Infantino in einem Boot sitzt...
Hier aus dem Tagesanzeiger vor zwei Tagen:
Bundesanwaltschaft und Fifa führten täglich Geheimgespräche
Ermittler und Verbandsanwälte tauschten sich rege informell aus. Zudem wird klar, was Fifa-Boss Infantino im Geheimtreffen mit Bundesanwalt Lauber wollte: sich reinwaschen.
Heute Montag verjährt der erste Fussball-Fall, den die Bundesanwaltschaft vor Gericht gebracht hat. Das prestigeträchtige Sommermärchen-Verfahren endet damit definitiv in einem Desaster. Für immer ungeklärt bleibt, ob die Fussball-WM 2006 in Deutschland mit einer dubiosen 10-Millionen-Zahlung gekauft war und dies mithilfe der Fifa vertuscht wurde. Zu viel Zeit brauchten die Schweizer Ermittler bis zur Anklage, zu zögerlich war das Bundesstrafgericht, zu unglücklich das zeitliche Zusammentreffen mit der Corona-Krise.
Die Bundesanwaltschaft «bedauert», dass die Strafkammer die Sache nicht mehr rechtzeitig beurteilen konnte. Doch nun zeigen vertrauliche Dokumente, dass ihr der Spielabbruch ohne Wertung vielleicht gar nicht so ungelegen kommt. Denn er verhindert eine durchaus mögliche, noch herbere Kanterniederlage. Bislang unbekannte E-Mails und Anwaltsnotizen legen nahe, dass es in den Fussball-Fällen fragwürdige Absprachen gab – und zwar mit explosiverem Inhalt als bislang bekannt und in weitaus grösserem Ausmass. Zeitweise trafen die Ermittler und Anwälte der Fifa täglich Absprachen, die nie öffentlich werden sollten.
Mit den Football-Leaks-Publikationen Ende 2018 hatten diese Zeitung und internationale Partner enthüllt, dass es zu Geheimtreffen zwischen Fifa-Präsident Gianni Infantino und Bundesanwalt Michael Lauber gekommen war. Bereits dadurch gerieten die Strafverfolger arg in die Defensive. Ihre ganzen Fussball-Ermittlungen wurden angreifbar, Lauber wurde um ein Haar abgewählt. Jetzt lässt eine E-Mail Infantinos die höchst umstrittenen Zusammenkünfte mit dem Bundesanwalt von März und April 2016 sowie Juni 2017 in einem noch ungünstigeren Licht erscheinen. Sie deutet stark darauf hin, dass in den Zürcher und Berner Luxuslokalen keineswegs nur über Harmloses geredet wurde.
«Ich werde versuchen, es der Bundesanwaltschaft zu erklären»
Bundesanwalt Lauber hat zwar darauf beharrt, dass es in den Geheimtreffen ausschliesslich um unproblematische, übergeordnete und strategische Verfahrensfragen gegangen sei. Doch zumindest Infantino verfolgte ganz andere Absichten: Er wollte sich reinwaschen in einem Strafverfahren, das ihm persönlich gefährlich werden konnte. Dabei ging es um einen fragwürdigen TV-Rechte-Deal, den er noch zu seiner Zeit als Uefa-Chefjurist unterzeichnet hatte.
Kurz nach Infantinos Wahl an die Fifa-Spitze im Februar 2016 wurde sein undurchsichtiges Vertragswerk enthüllt. Laubers Behörde begann zu ermitteln und versetzte damit den neuen Weltfussball-Boss in grosse Sorge. Infantino beriet sich per Mail mit seinem Briger Jugendfreund Rinaldo Arnold, der es im Wallis zum Oberstaatsanwalt gebracht hatte. Infantino schrieb Arnold am 12. April 2016:
«Ich werde versuchen, es der Bundesanwaltschaft zu erklären, da es ja auch in meinem Interesse ist, dass alles so schnell wie möglich geklärt wird, dass klar gesagt wird, dass ich damit nichts zu tun habe.» Arnold hatte für Infantino bereits zuvor das erste Geheimtreffen mit Lauber eingefädelt. Ein zweites stand an. Deshalb mailte Arnold zurück: «Wichtig ist nun die Sitzung in zwei Wochen. Wenn du willst, kann ich dich wiederum begleiten.»
Am 22. April 2016 kamen Infantino und Lauber zusammen. Konnte Infantino dort, beim zweiten Geheimtreffen, seine Verteidigungsrede anbringen? Und ist Lauber darauf eingegangen? Die Bundesanwaltschaft nimmt zu dieser und anderen Fragen keine Stellung. Die Fifa erklärt lediglich allgemein, Infantino habe sich mit Lauber getroffen, «um seine Bereitschaft – und die der Fifa – zu zeigen, bei allen Ermittlungen im Zusammenhang mit den Geschehnissen bei der Fifa vor seinem Amtsantritt zu kooperieren».
Klar ist aber, dass Infantino sein wichtiges Ziel erreichte. Die Bundesanwaltschaft stellte das Uefa-Verfahren im November 2017 sang- und klanglos ein. Das war wenige Monate nach dem dritten Geheimtreffen.
Klar ist zudem: Bereits am 25. April 2016 teilte die Fifa der Bundesanwaltschaft schriftlich mit, dass sie im Sommermärchen-Verfahren Privatklägerin werden will. Das geschah nur drei Tage nach dem zweiten Geheimtreffen – und das wiederum war für den Chef der Bundesanwaltschaft wichtig. Denn ein Betrugsverfahren ohne geschädigte Partei zu führen, das ist nicht ideal.
Doch auch damit ist ein allfälliges «Gentlemen’s Agreement», von dem Infantino wie Lauber profitiert hätten, nicht belegt. Von den Geheimtreffen gibt es keine Aktennotizen, geschweige denn Protokolle – entgegen allen Vorschriften. Gemäss Strafprozessordnung müssen solche Gespräche dokumentiert werden, was inzwischen auch Lauber anerkannt hat.
Der E-Mail-Verkehr zwischen Infantino und Arnold stammt erneut aus dem Datenleck Football Leaks, das das deutsche Magazin «Der Spiegel» mit dem Journalistenkollektiv European Investigative Collaborations (EIC) teilte, dem diese Zeitung angehört. Darin findet sich ein weiteres bisher unbekanntes Dokument, das darauf hindeutet, dass die Bundesanwaltschaft sich in den Fussball-Verfahren systematisch nicht an die Bestimmungen hielt – und zwar auf allen Ebenen.
Bei diesem Aktenstück handelt es sich um eine Zusammenstellung der Arbeiten, die eine grosse Zürcher Anwaltskanzlei der Fifa verrechnet hat im Zusammenhang mit Verfahren der Bundesanwaltschaft. Es zeigt erstmals: Nicht nur Lauber und der damalige Chef Wirtschaftskriminalität der Bundesanwaltschaft Olivier Thormann pflegten einen direkten, informellen Draht zu Fifa-Vertretern, sondern auch die fallführenden Staatsanwälte.
Intensive Gespräche mit einer Partei sind mit der Unparteilichkeit von Strafverfolgern kaum zu vereinbaren. Dennoch telefonierten die Juristen aus Bern und Zürich gemäss der Zusammenstellung allein zwischen Juli und September 2016 mehr als 20 Mal miteinander. Der direkte Draht der Fifa führte häufig zu Staatsanwalt Cédric Remund, der unter anderem die Anklage im Sommermärchen-Verfahren verantwortet und der das für Infantino bedrohliche Uefa-Verfahren eingestellt hat, sowie zum damaligen Leiter der Fifa-Task-Force der Bundesanwaltschaft, Markus Nyffenegger.
Die Gespräche drehten sich um diverse Fälle, darunter das nun gescheiterte Betrugsverfahren um die WM 2006. Der permanente Austausch müsste demnach in der Strafakte zum Sommermärchen auftauchen. Doch in den elektronischen Unterlagen zum Fall, welche das Tamedia-Recherchedesk einsehen konnte, liess sich dazu keine einzige Aktennotiz finden. Abgelegt wurden hingegen Zusammenfassungen anderer Telefongespräche, beispielsweise mit der Fifa-Ethikkommission.
Zum Inhalt etlicher Gespräche gibt die Zusammenstellung der Anwälte noch weitere Hinweise. Demnach ging es unter anderem um die Stellung der Fifa als Privatklägerin in den Verfahren. Offenbar hat die Bundesanwaltschaft die Fifa-Anwälte also dabei unterstützt, die Anträge für diese Stellung so zu begründen, dass sie die Bundesanwaltschaft dann später annehmen konnte.
Das Sommermärchen-Debakel und die immer mehr werdenden Grenzüberschreitungen in den Fussball-Ermittlungen sind für Bundesanwalt Lauber nicht nur ein weiterer Imageschaden. Das Scheitern in der gross angekündigten Verfolgung von Korruption durch Sportfunktionäre schlägt auch finanziell zu Buche. Im Sommermärchen-Fall muss der Bund aller Voraussicht nach vier deutsche und einen Schweizer Beschuldigten entschädigen. Die Forderungen für Verteidigungskosten, Spesen und Genugtuung dürften sich auf weit über eine halbe Million Franken belaufen. Hinzu kommen immense Verfahrenskosten, über die sich die Bundesanwaltschaft ausschweigt, alles zulasten der Steuerzahler.
https://www.tagesanzeiger.ch/bundesanwa ... 0725163435Lauber steht gerade in der Schweiz massiv in der Kritik, mal sehen, wie lange er seinen Posten noch innehat...
Wenn die Unfähigkeit einen Decknamen braucht, nennt sie sich Pech.
- Charles Maurice de Talleyrand -