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Vermutlich der einzige Spieler bei den Unaussprechlichen, dem ich Sympathie entgegengebracht habe. Sein Treffer 1974 im Endspiel der Fußball-WM war jedenfalls eines meiner allerersten Fußballerlebnisse.

Gerd Müller ist verstorben. RIP.

15. August 2021, 13:36 Uhr
Spieler beim FC Bayern: Fußballer Gerd Müller ist tot

Der Welt- und Europameister stirbt nach langer Krankheit im Alter von 75 Jahren. Viele seiner Rekorde als Torjäger für den FC Bayern sind bis heute unerreicht.

Gerd Müller ist tot. Dies bestätigte der FC Bayern München am Sonntag.

Der aus Nördlingen im schwäbischen Bayern stammende Müller gilt als einer der besten Torjäger aller Zeiten. Er schoss Deutschland bei der Weltmeisterschaft 1974 mit seinem Finaltor gegen die Niederlande zum Titel. Zwei Jahre zuvor hatte er bereits entscheidenden Anteil am deutschen Sieg bei der Europameisterschaft, als er zwei Treffer im Finale gegen die Sowjetunion erzielte. In seinen 62 Länderspielen schoss Müller 68 Tore.

Er gewann mit dem FC Bayern München vier deutsche Meisterschaften und wurde viermal DFB-Pokalsieger. International gewann er dreimal den Europapokal der Landesmeister, einmal den Europapokal der Pokalsieger und einmal den Weltpokal.

Müller hält auch Jahrzehnte nach seinem Karriereende den Torrekord in der Fußball-Bundesliga. In seinen 427 Spielen in der höchsten deutschen Klasse erzielte er 365 Treffer. Mit deutlichem Abstand folgen Robert Lewandowski (277) und Klaus Fischer (268). Lange hielt Müller auch die Bestmarke von 40 Toren in einer Bundesligasaison, bis Lewandowski ihn in der abgelaufenen Saison mit 41 Treffern überflügelte.

Die letzten Jahre seines Lebens verbrachte Müller mit einer Demenz-Erkrankung in einem Pflegeheim südlich von München. Seine Ehefrau Uschi sagte der Bild-Zeitung anlässlich seines 75. Geburtstags im November: "Der Gerd schläft seinem Ende entgegen." Sie hoffe, dass er "nicht nachdenken kann über sein Schicksal, über eine Krankheit, die dem Menschen die letzte Würde raubt".


Quelle: SZ
Wenn die Unfähigkeit einen Decknamen braucht, nennt sie sich Pech.

- Charles Maurice de Talleyrand -



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Gerd Müller oder Wie das große Geld in den Fußball kam - Ein Buch von Hans Woller

Ein Freund sagt ständig, dass solle ich mal lesen... Kurz zum Buch:
Sie nannten ihn das "achte Fußball-Weltwunder" - und meinten damit Gerd Müller, der als Torjäger noch heute alle Rekorde hält. Wer war dieser Mann, der vom Provinzkicker aus ärmlichsten Verhältnissen zum Weltstar aufstieg, reich wurde und dann nach einem Ausflug in das Fußballentwicklungsland Amerika alkoholsüchtig in der Gosse landete?

Der Historiker Hans Woller schildert die Etappen dieser ungewöhnlichen Karriere - aus kritischer Distanz und zugleich voller Empathie. Die Geschichte des FC Bayern München ist dabei stets präsent. Müllers Verein etablierte sich in den 1960er und 1970er Jahren an der Spitze des europäischen Fußballs, bewegte sich aber immer am Rande des finanziellen Ruins. Wie die Insolvenz abgewendet werden konnte, welche zwielichtige Rolle dabei die bayerische Staatsregierung und die CSU spielten und in welchem Maße Superstars wie Müller oder Beckenbauer von diesen Machenschaften profitierten, ist bisher noch nie so eindringlich dargestellt worden. Fußballgeschichte wird hier zur Zeitgeschichte, die damit eine neue wissenschaftliche Dimension gewinnt.

Und ein Interview mit dem Autor:
Gerd Müller wird 75 Jahre alt. Historiker Hans Woller hat ein Buch über den erfolgreichsten Goalgetter aller Zeiten geschrieben. Im Sportschau-Interview erklärt er das zwiegespaltene Leben Müllers.

Sportschau: Herr Woller, man kennt Sie eigentlich als politisch interessierten Historiker. 2019 haben Sie eine Biografie, ein Buch über Gerd Müller geschrieben. Wie sind Sie auf die Idee gekommen?

Hans Woller: Ich habe mich 40 Jahre meines Lebens mit den hässlichen Seiten des 20. Jahrhunderts beschäftigt: Rassismus, Faschismus, Antisemitismus und so weiter. Und ich wollte einfach einmal, am Ende meines Berufslebens, etwas anderes machen, ohne dass ich mein Handwerk sozusagen aufgebe. Da bin ich auf den Fußball gekommen, weil Fußball immer schon eine Herzensangelegenheit von mir gewesen ist. Und ich finde auch, dass Fußball ein sehr würdiger Gegenstand für zeitgeschichtliche Betrachtung ist. Ich finde es schade, dass so wenige Historikerinnen und Historiker sich dem Fußball widmen und nicht den Versuch machen, ihn in die allgemeine Zeitgeschichte zu integrieren.

Die 60er Jahre hatten den sehr schnell sehr erfolgreich zu Werke gehenden FC Bayern München. In diese Zeit fällt auch der Beginn der Karriere Gerd Müllers. Welche Rolle hat Fußball damals gespielt in Deutschland?

Woller: In den 60er Jahren hat Fußball schon eine sehr, sehr große Rolle gespielt, allerdings in erster Linie für bestimmte gesellschaftliche Schichten. Man hat damals vom Fußball etwas abschätzig als dem Proletensport gesprochen. Die Politik hat sich noch nicht so sehr für den Fußball interessiert. Auch die Wirtschaft nicht. Wenn man beispielsweise den 'Kicker' der 60er Jahre durchblättert, so wird man am Anfang der 60er Jahre feststellen, dass dort so gut wie keine größeren Werbeseiten für die Wirtschaft, für die Industrie und so weiter zu finden sind. Ende der 60er, Anfang der 70er Jahre wird das Ganze bunter. Und dort wird dann auch für alles Mögliche, was insbesondere die Männer hübscher und attraktiver macht, geworben. Da sehen Sie, wie sehr sich der Stellenwert des Fußballs in der Gesellschaft verändert hat.

Der FC Bayern ist in den 60er Jahren sozusagen auf die Bühne gestiegen, schnell eines der besten deutschen Fußballteams geworden. Welche Rolle hat der FC Bayern damals für das Land Bayern gespielt?

Woller: Der FC Bayern München ist Mitte der 60er Jahre auf die große Fußballbühne getreten. Finanzkräftig war der Verein damals allerdings nicht. Im Gegenteil: Der FC Bayern München hat während der gesamten 60er und 70er Jahre am Rande der Insolvenz operiert. Die Mannschaft war sehr, sehr erfolgreich, war jung, dynamisch und hat, weil sie so gut war, sehr viel Geld gekostet. Die Spieler wussten damals schon, was sie verlangen konnten, und der Verein konnte diese Ansprüche nie befriedigen. Und da ist der zweite Teil Ihrer Frage, sozusagen die Politik, ins Geschäft gekommen. Die bayerische Politik, die bayerische Staatsregierung, die CSU wollte mit dem FC Bayern München ein Aushängeschild des modernen Bayern schaffen.

Das hat funktioniert. Wie wurde es geschafft?

Woller: Als erstes musste man dafür sorgen, dass diese erfolgreiche Mannschaft mit Sepp Maier, mit Beckenbauer und vor allen Dingen auch Gerd Müller zusammenbleibt. Wäre sie aber nicht, wenn nicht genügend Geld zusammengekommen wäre. Da ist die Politik eingesprungen, mit Sondergesetzen zugunsten des FC Bayern München, mit Steuernnachlässen und so weiter und dann auch mit einer Empfehlung des bayerischen Finanzministers, mit Schwarzgeld zu operieren, damit man die Mannschaft zusammenhalten kann.

Das heißt, der Verein hat sich nicht immer ganz in der Legalität bewegt zu jener Zeit?

Woller: Der FC Bayern München hat sich in dieser Zeit ganz häufig am Rande der Legalität und nicht selten auch im illegalen Bereich bewegt. Das ist ja auch Gegenstand beispielsweise eines Untersuchungsausschusses des bayerischen Landtags gewesen. Diese ganzen Schwarzgeldzahlungen und dergleichen. Das hab ich zwar jetzt erst im Einzelnen nachgewiesen, aber dieses Wissen war schon auch in den Archiven - auch beim FC Bayern - präsent.

Den Spielern beim FC Bayern München ging es sehr schnell sehr gut. Es gibt diese Lichtgestalt Franz Beckenbauer, der auch schnell in die Schickeria der Stadt München eingezogen ist. Wie hat sich Gerd Müller in diesem Umfeld verhalten? Hat er sich wohlgefühlt?

Woller: Ja, Gerd Müller hat in diese ganze Münchner Szenerie hineinzuschnuppern versucht. Das hat ihn schon sehr gereizt, auch mit den Schönen und den Großen und Beliebten Umgang zu pflegen. Mit der Prominenz in München, mit Film und Funk und so weiter. Er hat ja selber auch Schlager-Schallplatten aufgenommen, hat bei einem Spielfilm mitgewirkt. Es hat ihn gereizt, aber er hat schnell erkannt, dass er nicht das große Talent hatte, wie das Franz Beckenbauer auf seine Weise hatte.

Wie war es andersherum? Hat die Münchner Schickeria um Müller geworben?

Woller: Die Münchner Schickimicki-Gesellschaft hat sich zwar ein Weilchen geschmückt mit Gerd Müller, aber irgendwann einmal hat sie das Interesse an ihm verloren. Weil er halt nicht so ganz fit auf diesem Parkett war. Und man hat häufig auch über ihn gespottet. Man hat ihn belächelt. Und er hat daraus den Schluss gezogen: Das große Talent bin ich auf dem Felde nicht. So gut komme ich auch nicht an. Und im Grunde war ihm das auch ab einem gewissen Punkt nicht mehr angenehm. Es war ihm zuwider, diese ewige Selbstinszenierung und diese ewige Schaumschlägerei. Das war nichts für ihn.

Wie war sein Standing in der Mannschaft? Wir haben ja gehört, dass er eigentlich bis zum Ende seiner Karriere etwas despektierlich, vielleicht etwas liebevoll - man weiß es nicht genau - der 'Dicke' genannt worden ist. Wie ist er damit umgegangen?

Woller: Alles, was ich gesagt habe in Bezug auf die Münchner Schickimicki-Gesellschaft, gilt eigentlich auch für den FC Bayern München. Gerd Müller hat sich in den ersten Jahren in dem Verein sehr wohl gefühlt. Da war er sozusagen akzeptiert, und der Verein war selber auch noch ein klein wenig so, wie Müller das aus seiner Heimat Nördlingen miterlebt hatte. Nur hat sich dann mit dem Ruhm der Mannschaft ab den 70er Jahren so einiges verändert. Da kamen dann auch völlig neue Leute dazu: Paul Breitner beispielsweise, Uli Hoeneß, Rainer Zobel und so weiter. Intellektuelle, die das Klima in dem Verein auch stark verändert haben. Und Gerd Müller ist in dieser Zeit, obwohl er im Grunde der erfolgreichste Spieler der Mannschaft war, ein klein wenig an den Rand gedrückt worden.

Er wollte den FC Bayern München ja auch mal verlassen.

Woller: Ja, es hat mal 1973 ein sehr ernst zu nehmendes Angebot von Barcelona gegeben. Gerd Müller hätte dieses Angebot beinahe angenommen, weil er sich bei den Bayern nicht mehr so akzeptiert gefühlt hat. Er hat sich als zweite Geige gefühlt. Stand eigentlich im gesamten Verlauf seiner Karriere immer ein bisschen im Schatten von Franz Beckenbauer. Obwohl er doch derjenige war, der die Spiele entschieden hat. Und trotzdem waren die großen Scheinwerfer halt doch auf Franz Beckenbauer gerichtet.

Wie ist denn Ihr persönliches Resümee? Müller war unbestrittener Torjäger, hat später noch in den USA gespielt. Würden Sie sagen, dass er eine glückliche Fußballkarriere erlebt hat?

Woller: Wenn man die Fußballkarriere als Ganzes betrachtet, dann hat er sicherlich bis 1970 eine glückliche Phase erlebt, die ihm alles beschert hat, was ein Fußballspieler eigentlich erreichen kann. Inklusive Torschützenkönig bei der WM in Mexiko 1970, was für ihn vermutlich noch wichtiger war als der WM-Titel 1974. Dann gibt es eine Phase von 1992 bis zu seiner Erkrankung vor etwa 15 Jahren. In dieser Phase beim FC Bayern München hat sich Gerd Müller auch sehr wohl gefühlt. Schwierig war die Zwischenphase von 1970 bis 1992, hier hat namentlich nach 1979 - also nach seinem Abschied von den Bayern - zwischen Gerd Müller und dem FC Bayern eine Art fast feindlicher Funkstille geherrscht.

Zwölf Jahre beim FC Bayern - und nicht glücklich?

Woller: Da muss man sehr stark differenzieren. Er hat sich beim FC Bayern München bis 1979 nicht mehr wirklich akzeptiert gefühlt, ging dann in die USA, wo er ein kleines Zwischenhoch hatte. Er war ja bei Fort Lauderdale zwei Jahre lang einer der wichtigsten Spieler und war sehr anerkannt. Erst dann folgte sozusagen der Absturz. Ab 1985 bis 1991, wo Müller schwer mit Alkoholproblemen konfrontiert war und dann nur mit großen Mühen wieder herausgefunden hat. Die Spieler- und Trainerkarriere von Gerd Müller lässt sich nicht so einfach auf einen Nenner bringen. Es gab viele, viele Höhepunkte. Es gab aber auch ein tiefes Tal der Tränen.


https://www.sportschau.de/fussball/gerd ... r-100.html

Bundes-Jogi
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RIP Gerd Müller. Ein großer Fußballspieler und Stürmer hat die Fußballbühne endgültig
„Selbst das wildeste Tier kennt doch des Mitleids Regung“ – „Ich kenne keins und bin deshalb kein Tier“ (Richard III).