... wurde so das ungeheure und einzigartige Verdienst der sowjetischen Führung unter Michail Gorbatschow mit einer verblüffenden Ignoranz als gerngesehenes Geschenk der Geschichte eingeordnet: Die große Vorleistung des Gewaltverzichts in der Reaktion auf das Freiheitsbestreben der Völker des Ostblocks galt als nahezu selbstverständlich.
Das aber war es gerade nicht. Bis heute ist erstaunlich, ja unfassbar, wie wenig Gewicht dem beigemessen wurde, dass die Auflösung eines sowjetischen Weltimperiums nahezu gewaltfrei vonstatten ging. Die naive Beschreibung dieses einmaligen Vorgangs lautete dann etwa so: Wie ein Kartenhaus, hochverdient und unvermeidlich, sei da ein ganzes System in sich zusammengesackt.
Dass gerade diese Gewaltfreiheit das größte Wunder in einer Reihe wundersamer Ereignisse war, wurde kein eigenes Thema. Sie wurde vielmehr als Schwäche gedeutet. Es gibt aber kaum Vorbilder in der Geschichte für einen solchen Vorgang.
...und hier zeigt sich m.E. Das ganze Dilemma der Friedensbewegung: es gibt
keine Vorbilder für „Frieden schaffen ohne Waffen“ - nach wie vor, denn (s.o.) es hat sich nicht bewährt gewaltfrei in Vorleistung zu treten (q.e.d.).
Ihre Würdigung Gorbatschows und ihr Unverständnis an der diesbezüglich kompletten Ignoranz der maßgeblichen Stellen teile ich voll und ganz. Aber das:
...schwer verständlich, warum es nicht zumindest eine Demonstration der Dankbarkeit bei den eigentlichen Profiteuren dieses Gewaltverzichtes, bei den Bewegungen der friedlichen Bürgerproteste gegeben hat.
steht ja wohl in krassem Widerspruch mit dem einen Satz später folgenden
Und tatsächlich ist ein Teil der heutigen Zurückhaltung im Osten Deutschlands gegenüber der einseitigen Anprangerung Russlands wohl dieser anhaltenden Dankbarkeit zuzuschreiben.
Es folgt die Anrechnung mit einigen ehemaligen Mitstreiter/innen (die auch nicht zu meinen Sympathieträgern gehören), aber das:
Fatal allerdings ist, dass dieser Teil der Bürgerrechtler heute zu den eifrigsten Kronzeugen eines billigen antirussischen Ressentiments zählt. Dies knüpft dabei bruchlos an jene Ideologie des Kalten Krieges an, die vom berechtigten Antistalinismus über den verständlichen Antikommunismus bis hin zur irrationalen Slawenphobie viele Varianten von westlichen Feindbildern bis heute prägt.
ist für mich in allen Teilen nicht nachvollziehbar. Weder die „Kronzeugen“-Unterstellung, noch die postulierte Bruchlosigkeit zum Kalten Krieg.
Die „wichtigsten Fragen“ werden von ihr m.E. zu recht und auch korrekt gestellt, nur:
Diese Fragen werden
eben
nicht erst in aller Deutlichkeit wachgerufen am Beispiel der Ukraine und ihres Abwehrkampfes gegen die russische Aggression.
sondern stehen gem. vorangegangenem Vortrag seit spätestens 1989 (ihrer Ansicht nach gar als staatstragende Visionen, die eben nur nicht zu Ende gedacht oder gebracht worden sind) auf der Agenda.Und da hätte ich mir dann schon auch die eine oder andere Antwort der Scharfdenkerin gewünscht, oder wenigstens einen Hinweis, wo vielleicht Andeutungen davon zu finden sein können... Aber: wer fragt, der führt - alte Rhetorikschule, perfekt aufs geschriebene Wort übertragen.
Statt dessen folgt aber eine Verunglimpfung des Opfers (geschickt ohne Erwähnung des Täters, damit ihr nicht ein Opfer-Täter-Tausch unterstellt werden kann), um alsdann den Finger in die chauvinistische Nationalismus-Wunde zu stecken. Schon möglich, dass hier ein Hauptgrund für die Verhinderung einer Europäischen Nation liegt. Wobei sie von „europäischer Identität“ schreibt, was freilich weniger großmächtig klingt, aber auch nichts anderes meinen kann. Macht ja auch nichts, nur dass das mit den später beschworenen Zielen der „Urgrünen“ (meine Wortschöpfung

) - wir erinnern uns: „Europa der Regionen“ natürlich nichts zu tun hat.
Ansonsten sind die geschichtlichen Betrachtungen seit dem 30jährigen Krieg von mir nicht zu beanstanden. Aber, dass die Nachfolger dessen, der „wer Visionen hat, soll zum Arzt gehen“ gesagt hat, in diesem Punkt ganz sicher noch päpstlicher als Schmdtschnauze gewesen sind, dürfte keinem Zweifel unterliegen. So dass sich deren „Visionen“ (so Vollmers Wortwahl) eben auf den „gemeinsamen Markt“ beschränkten. Ihre wohlmeinende Entschuldigung
Aber es gab keinen Plan, kein Konzept, die Vision war einfach zu undeutlich.
führt meiner Ansicht nach ins Lehre, denn die Unschärfe war gewollt, ganz im Sinne der damaligen Siegestrunkenheit, die Vollmer ja auch analysiert hat, und der Überlegenheit, des verbliebenen Systems: der Markt wird’s schon richten. Hat er dann ja auch
Ihr Jugoslawien-Schlenker verkennt, dass es ungeachtet dessen Loslösung vom WP ein völlig totalitäres Staatsgebilde unter einer diktatorischen Herrschaft eines starken Mannes, Tito, handelte. Schon Ende der 1970er Jahre war einer mir bekannten kroatischen Mitschülerin meiner damaligen Flamme klar, dass mit dem Hinscheiden des „Führers“ alles auseinander streben werde, was nur streben kann. Wie also hätte eine „Öffnung nach Europa und zur EU“ aussehen sollen? Einen may-be-a-bastard-but-our-bastard installieren, der den Deckel weiterhin auf den Dampfkochtopf presst? Wie würde sich das mit den o.g. Fragen zu den (dann nicht näher genannten) Werten wohl vertragen? Zu Gunsten Vollmers unterstelle ich: gar nicht

so what
(to be continued)