Herbert Bopp (aus Montréal) schreibt im Nachruf über seinen kürzlich verstorbenen Freund
Nikolaus Piper
Der feine, feinsinnige Nik ist tot
Unvergessen die Anekdote, wie Nikolaus Piper sich als Wirtschaftsredakteur bei DIE ZEIT bewarb. Dazu muss man wissen, dass Nik zwar in Hamburg zur Welt kam, aber im oberschwäbischen Bad Schussenried aufwuchs, gerade mal um die Ecke von Ummendorf.
Das Bewerbungsgespräch in Hamburg war hochkarätig besetzt: Politik-Chefin und Herausgeberin Marion Gräfin Dönhoff, Ex-Bundeskanzler und Herausgeber Helmut Schmidt, Chefredakteur Theo Sommer.
„Sie sind doch Hamburger,“ sagte Helmut Schmidt zu meinem Freund Nik, „warum sprechen Sie dann so komisch?“
Nik, der nie mit seinem schwäbischen Dialekt kokettierte, aber es, wie so viele Schwaben, einfach nicht schaffte, akzentfrei Hochdeutsch zu reden, antwortete auf Schwäbisch: „Weil I it andersch ka“, habe er gesagt. So jedenfalls erzählte es mir Nikolaus später. Und natürlich klappte es mit der Anstellung.
https://www.sueddeutsche.de/wirtschaft/ ... rFfw9ZUe7s~
Bloghausgeschichten aus Kanada
https://blog.herbertbopp.com/12. September 2024
Begegnung in der Ersten Klasse
Caterina Valente
Meine Begegnung mit einer ungewöhnlichen Frau.Es muss 1968 gewesen sein, ich war Lokalredakteur bei der Waiblinger Kreiszeitung. Mein damaliger Chefredakteur Richard Retter schaffte es immer wieder, uns Nachwuchs-Journalisten mit besonders angenehmen Terminen zu motivieren. Richard wusste: Wer immer nur über Kreistags-, Gemeinderats- und Feuerwehrhauptversammlungen berichtet, braucht gelegentlich ein Bonbon, um wieder Spaß an seinem Job zu haben.
Mal war es eine Pressereise nach Tunesien, um dort Hotels zu testen, die gerade aus dem Boden gestampft wurden, mal eine Porsche-Testfahrt vor den Toren Stuttgarts. Besonders beliebt waren Promi–Interviews.
Ein Tag im Herbst brachte so einen Spaß-Termin. Caterina Valente war, aus welchem Grund weiß ich nicht mehr, in Stuttgart gewesen und von dort auf dem Weg nach Rom. Die Plattenfirma hatte für mich ein Interview in der Lounge des Stuttgarter Flughafens Echterdingen organisiert. Doch es kam mal wieder anders als geplant.
Strömender Regen setzte ein, Signora Valente wollte gleich in den Flieger statt vorher noch in die Lounge. Dort erwartete sie den Reporter im Erste-Klasse-Abteil zum Interview.
Nur: Wie sollte ich vom Flughafen-Terminal aus ins Flugzeug kommen? „Laufetse oifach do rieber und ganget dann die Trepp‘ hoch“. So oder so ähnlich muss die Anweisung des Flughafen-Bediensteten geklungen haben: Einfach über den Tarmac laufen und dann die Treppe in den Flieger hoch.
Ich war patschnass, daran kann ich mich noch erinnern, als ich Caterina Valente sah. Die Erste Klasse war fast leer, Caterina Valente saß allein in einer Zweierreihe. Hinter ihr saß eine Begleitperson. Ich vermute, es war ihr Manager.
Es wurde ein erfrischendes, freundliches, aber eigentlich belangloses Gespräch mit dieser ungewöhnlichen Frau, die damals ein Superstar war.
Sie sprach Deutsch und Englisch, warf gelegentlich Brocken auf Spanisch und Französisch ein – das alles im Erste-Klasse-Abteil eines Flugzeugs. Ich war bis dahin noch nie geflogen, hatte noch nie einen Flieger von innen gesehen. Für einen Moment durfte sich der Lokalreporter der Waiblinger Kreiszeitung der großen, weiten Welt der Reichen und Berühmten zugehörig fühlen.
Ich glaube nicht, dass mein Interview mit Caterina Valente einen hohen journalistischen
Mehrwert hatte. Dafür war ich viel zu geblendet von der Prominenz dieser Frau – „starstruck“ würde man heute sagen.
So ganz ungewöhnlich war es damals übrigens nicht, Prominente in Fliegern, Autos und Zügen zu interviewen. Die Entourage von Willy Brandt bat mich einmal, den Herrn Bundeskanzler doch bitte im Speisewagen seines Sonderzuges zu interviewen und nicht im Hotel, wie ursprünglich vereinbart.
Mit dem damaligen Bundesverteidigungsminister Georg Leber bin ich zu Beginn meiner Kanadazeit in einer Bundeswehrmaschine von Winnipeg zum Truppenübungsplatz Camp Shilo (Manitoba) geflogen. Das Interview fand bei Kaffee und Mettwurstbrötchen am Frühstückstisch statt.
Boris Becker musste sich auf Geheiß seines Managers Ion Tiriac widerwillig im Font einer Limousine auf dem mitternächtlichen Weg vom Tennisplatz ins Hotel von mir interviewen lassen. Ein Interview mit Formel-Eins-Legende Michael Schumacher fand im Wohnmobil statt.
Sicherheitsfragen waren damals eher zweitrangig. Dafür gab es den berühmten Kontakt auf Augenhöhe, den Journalisten so schätzen und heute manchmal vermissen.
Sleepless in Canada