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Local Zero
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Grasdaggl
higgi hat geschrieben:
Auswurf hat geschrieben:Erinnert ein wenig an Kaiser Franz in Katar

Ich will gar nicht sagen, dass die nicht manches auch gut machen, aber könntest man nicht auch ein wenig die Hintergründe ausleuchten, bevor man die Oberfläche beklatscht?
Hab deutlich geschrieben dass es mir um den Alltag der Menschen geht und nicht um eine Systemdiskussion

Könnte es sein, dass das eine ohne das andere nicht zu haben ist? Und wenn es zu haben ist, ist es für alle zu haben? Wie sehen das die Tibeter und die Uiguren?
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Dass bei uns die Digitalisierung und der allgemeine Ausbau von Infrastruktur stellenweise so ewig dauern, hat halt nicht nur etwas mit einer ausgeprägten NIMBY-Mentalität zu tun (eh ubiquitäres Phänomen). Die im Falle von Bayern ja sogar von der eigenen Landesregierung institutionalisiert und als Monstranz vor sich her getragen wird, um damit Wahlkampf zu machen, was dank des konservativ-vernagelten Urnenpöbels ja auch sehr gut gelingt. Sondern - ich hatte es schon einmal erwähnt - an den massiven Einsparungen und Kürzungen im öffentlichen Bereich in den letzten drei Jahrzehnten speziell in den Planungs- und Baubehörden. Gleichzeitig gönnt man sich - genau von der Industrie, die selbst bei jeder Gelegenheit die Verschwendung öffentlicher Mittel beklagt - massiv den Wahnsinn einer völlig verqueren, enorme finanzielle Ressourcen einfach vernichtenden, "Investitionsfreiheit". Erzwungen mittels Lobbyarbeit (manche sagen schlicht: Korruption). Bestes Beispiel ist da der Breitbandausbau (um mal beim Digitalen zu bleiben). Ich erläutere das mal an einem Beispiel einer 7000 Einwohner-Kommune bei uns hier in der Nähe:

Die Gemeinde hatte ein neues Baugebiet ausgeschrieben. Im Leistungsverzeichnis zur Erschließung der Grundstücke hatte die Verwaltung für jedes einzelne Grundstück vorgeschrieben, dass die Verrohrung zum Einschießen der Glasfaserkabel zwingend dazugehört. Damit ging der Wahnsinn los. Denn nachdem die Netzinfrastruktur-Tochter eines regionalen Energieerzeugers dort ihr Glasfaserkabel verlegt hatte, wachte man in der Konzernzentrale der Telekom in Bonn auf. Und machte was? Verlegte noch ein Glasfaserkabel, parallel zum bereits vorhandenen. Obendrauf kam dann ein nagelneuer Straßen- und die Gehwegbelag und fertig war die redundante Sauce. Dachte man in der Gemeinde jedenfalls. Denn nicht mal ein Jahr nach dem die Baumaßnahme abgeschlossen war, tauchte in einer Nacht- und Nebelaktion Vodafone auf, ließ die schicken nagelneuen Straßen- und Gehwege wieder aufreißen und verlegte ein drittes Kabel. :arr: Um allerdings den Wettbewerber, also die Telekom, in punkto Fehlallokation nicht nur einzuholen, sondern auch zu überholen, spulte man kein Glasfaser-, sondern ein schönes neues Kupferkabel in den Graben.

Das Obergeile daran ist nun: das Ganze ist vom Gesetzgeber so gewollt! Der Bund hat im Telekommunikationsgesetz die Nutzungsübertragung öffentlicher Wege, Plätze, Brücken und Tunnel an die Eigentümer oder Betreiber öffentlicher Telekommunikationsnetze festgeschrieben. Inklusive des Rechts, wann und wo es denen beliebt, Straßen und Gehwege aufreißen zu dürfen, um ihr eigenes Kabel verlegen zu können (und sei es veraltete Koax-Technologie). Die Gemeinden haben dabei keinerlei Mitspracherecht. Einzige Auflage: Die Netzbetreiber müssen die Verkehrsinfrastruktur hinterher wieder so herstellen, dass sie wieder nutzbar ist. Was häufig allerdings mehr schlecht als recht funktioniert. In dem genannten Ort werkeln da gleichzeitig drei verschiedene Tiefbauunternehmen herum. Folge: Straßen und Gehwege werden dann doch nicht wieder so hergestellt, wie es vorgeschrieben ist, manchmal verschmieren die einfach nur die Fräskanten und verpissen sich dann. Dann muss ein Mitarbeiter des kommunalen Bauamtes diesen Ganoven wochen- oder monatelang hinterher rennen und telefonieren, damit die ihre Scheiße wieder wegschaufeln. Lustig wird es, wenn diese Tiefbauunternehmen - aus Preisgründen - im europäischen Ausland sitzen, was sehr häufig der Fall ist. Sowas bindet die ohnehin knappen personellen Ressourcen in öffentlichen Verwaltungen, die man in den letzten 30 Jahren de facto kaputt gespart hat.

Begründet wird dieser Irrsinn dann damit, dass Private solche Infrastrukturausbauten angeblich viel besser, viel schneller und viel billiger umsetzen könnten, wegen unternehmerischer Freiheit und Wettbewerb und blablabla. Soweit, dass die notwendige infrastrukturelle Erschließung und Erneuerung Deutschlands auch flächendeckend passiert, geht die Freiheit der freien Unternehmer dann allerdings auch wieder nicht. Denn bei dem Recht der Telekommunikationsanbieter, ihre Kabel verlegen zu dürfen, hat der Gesetzgeber es leider „vergessen“, das mit der Pflicht, dies flächendeckend zu tun, zu verknüpfen. Und los geht die Rosinenpickerei: Man investiert nur dort, wo man in der Vorvermarktungsphase eine bestimmte Anzahl von Anschlüssen auf einer bestimmten Kabellänge verkaufen kann. Fällt diese vor Vermarktungsquote beispielsweise unter 30 oder 40 Prozent, wird gar nicht gebaut. Resultat: Der in Deutschland so gern und häufig - auch von den Unternehmern selbst - beklagte „Flickenteppich“. Weswegen mittlerweile dann doch wieder die öffentliche Hand (in dem Fall die Kommunen zu jeweils 45 Prozent gefördert von Bund und Ländern) beispielsweise im „Weiße-Flecken-Programm“ als Investor und Bauherr auftritt und dort Glasfaserkabel verlegt, wo die freien Unternehmer das Risiko scheuten oder ihnen die Fantasie fehlte, passende Vermarktungsmodelle zu entwickeln.

So ein Glasfasernetz ist meiner Meinung nach von nationaler strategischer Bedeutung. Genauso wie ein Bahnnetz, Stromnetze und Rohrnetze. Und so sollte diese Infrastruktur auch behandelt werden: Investor, Bauherr und Eigentümer ist der Staat, der die Nutzungsrechte an dieser Infrastruktur an private Unternehmen gegen Entgelt vergibt. Und den erforderlichen Neubau dieser Infrastruktur sichert die öffentliche Hand per Superprivilegierung. So wie es bei der Ausweisung von Vorrangflächen für Windkraftanlagen ja auch vorgesehen ist.

Und zum Thema Bargeld: Finger weg davon! Dessen Abschaffung ist im Notfall (und wann der eintritt, lege ich als Autokrat fest) quasi die Einladung zur (temporären) Enteignung.
"Ein Wort, Herr! Sag mir nur ein einziges Wort in diesem Elend!" - "Ich sage dir sogar zwei: Guten Appetit!"
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"Es gibt keine Lösung. Weil es kein Problem gibt."

Local Zero
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Grasdaggl
higgi hat geschrieben:Ni hao aus dem Fernen Osten Freunde

Frisst Du Dich schön durchs Land, ja?
"Ein Wort, Herr! Sag mir nur ein einziges Wort in diesem Elend!" - "Ich sage dir sogar zwei: Guten Appetit!"
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"Es gibt keine Lösung. Weil es kein Problem gibt."

higgi
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Grasdaggl
Local Zero hat geschrieben:
higgi hat geschrieben:Ni hao aus dem Fernen Osten Freunde

Frisst Du Dich schön durchs Land, ja?

Das ist ja der eigentliche Grund warum ich hier bin
von daher

higgi
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Grasdaggl
Local Zero hat geschrieben:
higgi hat geschrieben:
Auswurf hat geschrieben:Erinnert ein wenig an Kaiser Franz in Katar

Ich will gar nicht sagen, dass die nicht manches auch gut machen, aber könntest man nicht auch ein wenig die Hintergründe ausleuchten, bevor man die Oberfläche beklatscht?
Hab deutlich geschrieben dass es mir um den Alltag der Menschen geht und nicht um eine Systemdiskussion

Könnte es sein, dass das eine ohne das andere nicht zu haben ist? Und wenn es zu haben ist, ist es für alle zu haben? Wie sehen das die Tibeter und die Uiguren?
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Es ist nie für alle zu haben, in keinem Land
Mir ist hier halt vor Augen geführt worden, was möglich wäre, und finde es schade, dass wir diese Möglichkeiten nicht nutzen.
Wie disfunktional Deutschland in manchen Bereichen ist, merkt man halt erst so richtig, wenn man gesehen hat, dass es auch anders geht.
Deswegen ist hier nicht alles doll und in Deutschland nicht alles schlecht
von daher

jagdhuette
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Halbdaggl
Ging mir in Holland oder Dänemark regelmäßig ähnlich. Nur hatte ich dort auch keine Sorgen mein Leben genauso zu gestalten wie immer.
Da finde ich auch den Vergleich legitimer, weil die Grundbedingungen vergleichbar sind.

RedBlues
Halbdaggl
Und zum Thema Bargeld: Finger weg davon! Dessen Abschaffung ist im Notfall (und wann der eintritt, lege ich als Autokrat fest) quasi die Einladung zur (temporären) Enteignung.

@local zero

Ich bin nicht dafür das Bargeld abzuschaffen, ich sage nur dass die Weigerung mit Karte zu zahlen ein Grund ist, dass wir nicht gerade die Speerspitze bei der Digitalisierung ist.

Ein weiteres Highlight ist sie digitale Patientenakte. Während es in anderen europäischen Ländern seit Jahren funktioniert, versucht man hier sein System so sicher zu machen, dass auch wirklich kein Unbefugter je darauf Zugriff hat, und kein Arzt dem man es nicht erlaubt hat, bei einem Termin reinschauen kann. Wenn man das erreicht hat, wird es ein System sein, dass so sicher ist, dass es keiner mehr benutzt weil es nicht mehr bedienbar ist.

Und wenn man dann mal in die neue tolle Patientenakte schaut, stellt man schockiert fest, dass dort einfach nur PDFs abgespeichert sind. Keine strukturierten Daten. Digitalisierung! Papier eingescannt und auf Festplatte gespeichert. Damit kann kein Arzt im Notfall etwas anfangen. Aber wenigstens erfüllt es unsere Erwartungen an den Datenschutz

Spielgerät
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Halbdaggl
Die irrationale Liebe der Deutschen zum Bargeld, überzogener Datenschutz und aufgrund bürokratischer Hürden ineffektive Behörden sorgen dafür, dass Deutschland weltweit eines der beliebtesten Geldwäscheparadiese ist. Auf 100 Milliarden wird die Summe geschätzt, die hier jährlich gewaschen wird. Bis vor 2 Jahren war es noch möglich, eine Immobilie im Wert von 10 Millionen Euro in bar zu zahlen :D Dennoch glauben die meisten Deutschen, Mafia gibt's, aber doch nicht bei uns.
"Das war so nicht abzusehen"

barbarossa
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Seggl
Mit dem Bargeld ist es so eine Sache: ich zahle sehr gerne elektronisch, allerdings sollte man bedenken, dass Bargeld nicht so leicht abschaltbar ist wie elektronisches Geld. Sind die falschen an der Macht, hätte ich da Sorgen…

Goofy
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Grasdaggl
Ach. Die Falschen sind doch gegen die Abschaffung von Bargeld.

Damit sie ihre Geschäfte weiter machen können.
Aber vielleicht würden sie es ja abschaffen, sobald sie selber herrschen übers Geld. .

Auswurf
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Grasdaggl
Commando Sparstrumpf

Wie lange darf man noch eintauschen?

Wie schön war das früher, mitm Magnet Kleingeld aus nem Schacht vor dem Schreibwarenladen an der Bushaltestelle zu angeln.
Hab vergessen, welche Münzen nur wenig magnetisch waren.
Außerdem hatte ich eine Scheißmagnet von der Lego Eisenbahn
das ist doch keine Musik