- flux
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- Granadaseggl
@Wundermann: Dass du den Vergleich mit dem Vergewaltigungsopfer dumm findest, zeigt mir dass du nicht richtig verstanden hast, worum es mir geht. Nämlich um eine sorgfältige Unterscheidung zwischen möglichen, manchmal erst in der Rückschau als solche erkennbaren Fehlern (im utilitaristischen Sinne) einerseits, und der Zuweisung einer Mitschuld andererseits. Letzteres tust du mit den Worten, dass "zu einer Eskalation immer mehrere Parteien gehören".
Weil dir die zur Vergewaltigung gezogene Parallele nicht gefällt, will ich gerne noch mit einer anderen aufwarten: Einem Blick in die eigene Geschichte.
Es ist im Nachhinein unstrittig, dass der Versailler Vertrag und seine Bedingungen Wasser auf die Propagandamühlen nationalistischer und revisionistischer Kräfte in der Weimarer Republik war. Man kann umgekehrt darüber streiten, ob der Umgang mit der deutschsprachigen Minderheit in den ehemaligen Reichsgebieten immer und überall über jeden Zweifel erhaben und deutscher Anspruch darauf völlig aus der Luft gegriffen war. Niemand halbwegs vernünftige würde aber in Abrede stellen, dass für den Ausbruch des 2.Weltkriegs in Europa einzig und allein Nazi-Deutschland verantwortlich war. Und auch du (hoffe ich) würdest dich niemals zu der These versteigen, England, Frankreich, Polen oder die Tschechoslowakei hätten "im Vorfeld mit an der Eskalationsspirale gedreht", oder?
Warum also im Falle der Ukraine? Natürlich kann man die Frage aufwerfen, ob nicht die NATO-Osterweiterung in allererster Linie ein Booster für anti-westliche Kräfte in Russland war. Und ob die Ukraine sich nicht auch Vorwürfe für ihren Umgang mit dem Erbe der "Russifizierung" (die vor allem vom Zarenreich mit Vehemenz betrieben und in der Sowjetzeit in deutlich milderer Form fortgesetzt wurde) gefallen lassen muss. Aber dass darf doch nicht dazu führen, dass der Ukraine oder dem Westen insgesamt eine Mitschuld am russischen Angriffskrieg untergeschoben wird. Finde ich jedenfalls und halte deshalb auch den Vergleich mit dem Vergewaltigungsopfer für passend.
PS.: In der Kubakrisa hatte die Sowjetunion Atomraketen vor der Haustür der USA stationiert - in einer Zeit, in der "das Gleichgewicht des Schreckens" überlebensnotwendig war für die gesamte Menschheit. Die Ukraine dagegen hat ihre Atomwaffen in den 90er Jahren abgegeben (unter Zusicherung ihrer vollen Souveränität durch Russland!), eine NATO-Mitgliedschaft stand (leider) zu keinem Zeitpunkt in Aussicht, geschweige denn eine Stationierung amerikanischer Raketen. Der Unterschied könnte also größer gar nicht sein.
Robert Schlienz ist unser Held, war der beste Mann der Welt!