Hasenrupfer hat geschrieben:
@Hasenrupfer, wollte gerade verwundert meckern (freundlich darauf hinweisen), dass "Jamaica" nicht erwähnt wurde. Es war beim "Kleingedruckten unten" mit 473 doch vermerkt. Wen interessiert schon Jamaika?
Es ist schon einige Jahre her, da wurden wir (eine kleine Gruppe) gefragt, ob wir nicht die persönliche Einladung von Peter Gabriel annehmen möchten, der ein Konzert in Stuttgart gab. Peter Gabriel ist der Co-founder von
WITNESS in 1992. See it - Film it - Change it.
WITNESS A year earlier, a bystander, George Holliday, recorded the brutal beating of Rodney King by Los Angeles police officers. For the first time, people around the world saw the power of video to expose hidden abuses and catalyze social movements. This event started a global conversation around accountability. In response, Peter with the Lawyers Committee for Human Rights (now Human Rights First) and the Reebok Foundation for Human Rights, established WITNESS with the vision that video technology could be used as a tool for the advancement of human rights.
Sowohl Peter Gabriel als auch unsere Gruppe beschäftigten sich u.a. zu der Zeit besonders mit der Polizei-Gewalt auf Jamaika (2,9 Mio Einwohner 2017, Staatsoberhaupt Queen Elizabeth). Einige Tage später berichteten wir darüber im Radio.
Auf meiner externen Festplatte habe ich noch einen Ausschnitt von unserem damaligen Beitrag gefunden
(die Tonaufnahmen habe ich auch noch) :
In der jamaikanischen National-Hymne werden die Grundwerte des Landes
beschrieben: Justice and Truth be ours forever.
Leben Jamaikaner tatsächlich in einer Gesellschaft die auf Wahrheit und
Gerechtigkeit für alle basiert!
Jamaika ist zweifellos ein Rechtsstaat. Hat eine parlamentarische Demokratie.
Jamaika hat ein funktionierendes Pressewesen. Jeder kann sein Recht einklagen.
1.000 Morde pro Jahr für 2,6 Mio. Einwohner ist sehr viel.
Jährlich werden ca. 140 Menschen von der Polizei getötet.
Faktisch kann die Polizei auf Jamaika straflos töten.
Auch auf Jamaika ist die Todesstrafe vorgesehen.
Seit 1983 ist allerdings niemand mehr hingerichtet worden. Das hat mit einem Urteil des Obersten Verfassungs-Gerichtes Zu tun, in dem festgestellt wurde, dass es der jamaikanischen Verfassung widerspricht, wenn jemand länger als 5 Jahre zum Tode verurteilt ist und
„auf seine Hinrichtung“ wartet.
Die Folge davon ist, dass jeder natürlich versucht, diesen Zeitraum irgendwie zu überleben, sprich durch alle Rechts-Instanzen zu gehen. Es ist in keinem Rechtsstaat der Welt möglich,
dass ein Urteil, innerhalb von 5 Jahren, wenn der Delinquent nicht freiwillig seine
Möglichkeiten fallen lässt, dass innerhalb von 5 Jahren ein Urteil vollstreckt wird.
In der Konsequenz heißt das für die jamaikanische Regierung, die den immer wieder geäußerten Willen hat, die Todesstrafe zu vollstrecken, dass sie überlegen, die
Verfassung zu ändern, dass sie von internationalen Verträgen zurücktreten,
die Menschen eine Möglichkeit einräumen, vor internationalen Gremien Klage einzureichen.
D. h. der Versuch, eine Menschenrechtsverletzung voranzubringen, wie der Todesstrafe,
hat zufolge, dass der Menschenrechts-Schutz für die gesamte Bevölkerung immer weiter
zurückgeschnitten wird.
Auf Jamaika wird nach wie vor die Körper- und Prügelstrafe verhängt und vollstreckt, sie steht als Strafe für Vergewaltigung in den Gesetzen und das in einem nicht islamischen Land.
Aber nicht nur als Strafform wird Prügel eingesetzt, auch bei Polizeiermittlung.
Wenn sie die Tortur überlebt haben und im Gefängnis landen, die etwa 10fach überbelegt sind, dann haben sie denkbar harte Bedingungen.
Die Gefängnisse sind fast alle noch in der Kolonialzeit entstanden und meist noch so. So ist
es nicht verwunderlich, dass in einer Zelle zahlreiche Menschen eingepfercht wurden und
am nächsten Morgen war die Hälfte erstickt. Sanitäre Einrichtungen gibt es eigentlich nicht, wenn – dann nur ein Fäkalieneimer, der nur ab und zu entleert werden darf von
den Gefangenen. Gelüftet werden die Zellen durch kleine Schlitze, und das in einem Land,
in dem üblicherweise 40 Grad Celsius herrschen, diese Bedingungen sind inakzeptabel.
Vor vier Jahren streikten z.B. die Gefängniswärter. Das Militär hat dann die Zellen in
einem Frauengefängnis überwacht. Als Ergebnis waren danach fast alle jungen Frauen schwanger. Die Frauen klagten, dass sie von den Soldaten vergewaltigt wurden. Der damalige
Innen-Minister schrieb in einem Brief, der sagte, dass es keine Vergewaltigungen waren, da die damaligen sexuellen Akte durch die Gefängnisgitter geschahen.
473 People killed by Police Forces auf Jamaika (Stand Mai 2020) hört sich nicht nach deutlichen Verbesserungen der Menschenrechtssituation dort an, deshalb kann ich den älteren Beitrag
zitieren.
https://www.humanrights.ch/de/service/l ... s/jamaika/Obwohl sich Jamaika zur Gründung einer nationalen Menschenrechtsinstitution verpflichtet hatte, war die Einrichtung dieses Mechanismus bis zum Jahresende noch nicht erfolgt.
Jamaika wies nach wie vor eine der höchsten Tötungsraten in der Region Amerika auf. Laut polizeilichen Angaben stieg die Mordrate zwischen Januar und Juni 2017 um 19 % gegenüber dem Vorjahreszeitraum.
Polizei und Sicherheitskräfte
Zwischen Januar und März 2017 erhielt die unabhängige Polizeiaufsichtsbehörde (Independent Commission of Investigations – INDECOM) 73 neue Beschwerden über polizeiliche Übergriffe. Im selben Zeitraum dokumentierte sie 42 Tötungen durch Ordnungskräfte. Im Verlauf des Jahres 2017 wurden 168 Menschen von Polizisten getötet, verglichen mit 111 im Jahr 2016.
https://de.wikipedia.org/wiki/Witness_( ... ganisation)