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Gibts des
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...sie mögen schelten oder preisen" (Frank'n'Furter Geheimrat Goethe)

Hello Nice,
könntest Du die Parteiendiskussion aus dem Politik Deutschland... hierher? Das wäre sehr nice...

Ich finde das einen eigenen Thread wert und würde mit einer umgeschriebenen Kishon-Geschichte einleiten. Ähnlichkeiten mit ähnlich Ähnelden wären ähnlich beabsichtigt:

" Demokratie" bedeutet "Regierung durch das Volk", aber die Wirklichkeit hält sich nicht ganz genau an die Definition. In Deutschland, wie in den meisten parlamentarisch regierten Staaten, wählt das Volk nicht eigentlich seine Regierung, sondern es wählt bestimmte Parteien, deren Vertreter dann den Bundestag bilden, und dieser wählt dann die Regierung. Wobei sich nach dem Gesetz von Angebot und Nachfrage gerichtet wird, was all jenen, die keinen richtigen Beruf erlernt haben, die Möglichkeit eröffnet, sich als Politiker zu betätigen.
So auch Herr Maus-Grau. Als Merkel an die Macht kam galt Maus-Grau als zuverlässiger, ja geradezu unerschütterlicher Parteigänger der Union. Dass seine konservative Haltung der Öffentlichkeit kaum bekannt war, hatte einen einfachen Grund: er selbst war nämlich der Öffentlichkeit kaum bekannt.
Ein einziges Mal hatte er sich im Bundestag zu Wort gemeldet und eine längere Rede gegen die allgemeine Politikverdrossenheit im Land gehalten, aber das war freitags gegen 23.30 Uhr gewesen, und nur wenige der übrig gebliebenen Hinterbänkler wachten davon auf.
Dennoch: als Maus-Grau am folgenden Tag in der CDU Parteizentrale erschien, wurde er erstmals vom neuen Generalsekretär bemerkt.
"Wer ist das?" fragte der seinen Gesprächspartner.
"Einer unserer MdBs", lautete die Antwort. "Sitzt seit sieben Legislaturperioden im Bundestag. Mehr weiss man nicht von ihm."
Maus-Grau, bisher auf Rang 43 der Wahlliste der Union, wurde auf Rang 244 abgeschoben. Das Ende seiner politischen Laufbahn schien nah, aber es schien nur so.

Eines Samstags nämlich, als Maus-Grau mit Parteifreunden im Restaurant tafelte, zeigten sich alle höchst besorgt über das plötzliche Wiedererstarken der SPD. Um das Thema zu wechseln richtete einer aus der Runde an Maus-Grau die Frage, ob er auch ein Bankkonto auf den Komoren unterhalte. Maus-Grau erschrak so heftig, dass ihm eine kleine Portion Hühnersuppe, garniert mit zwei Nudeln, auf die makellose Krawatte spritzte. Bald darauf gab er seine Säuberungsversuche mit der Serviette auf, entledigte sich der Krawatte, steckte sie in die Tasche und öffnete - wenn schon, denn schon - den obersten Knopf seines weissen Hemds. Dann fuhr er fort, seine Suppe zu löffeln und feindselige
Bemerkungen über die demnächst verflossene Linkskoalition zu machen.
Da öffnete sich die Tür und Hagen Lutscher, MdB und Säule der Sozen betrat das Lokal, begleitet von seiner Entourage und einigen Journalisten. Sein Blick fiel auf den offenen Hemdkragen, der zu Maus-Graus weißem Hemd gehörte und aus den bürgerlichen Krawatten ringsum wie ein Leuchtfeuer hervorschien.
Lutscher, Routinier und Ränkeschmied der er war, nahm sofort Witterung auf: vielleicht war dieser Grau-Maus, oder wie er hieß, gar nicht so konservativ wie gedacht... ...und er schritt geradewegs auf Maus-Grau zu, um ihm mit einem leutseligen "Na, wie gehts denn immer, mein lieber Grau-Maus?" die Hand zu schütteln. Die Umsitzenden glotzten, ob der plötzlichen Freundschaftsbekundung, und Maus-Grau, ebenso überrascht, beschränkte sich auf sein eingeübtes undurchsichtiges Lächeln.
Noch am gleichen Abend - die anwesenden Journalisten hatten dafür gesorgt - berichteten mehrere Social-Media-Kanäle von einer beginnenden Annäherung der SPD an einen von Maus-Grau geführten Flügel der Union. Prompt wurde Maus-Grau vom Generalsekretär seiner Partei zu einem Gespräch eingeladen. Was es mit diesen Kontakten nach links auf sich hätte, wollte der Generalsekretär wissen.
"Ich bitte Sie", replizierte Maus-Grau trocken, "welche Kontakte kann jemand mit Listenplatz 244 schon haben?"
"Soll das heissen, dass Sie mit Ihrem Listenplatz nicht einverstanden sind?"
"Jawohl, genau das soll es heissen!" Und dann brach sich alles Bahn, was sich in Maus-Grau über die Jahre angestaut hatte, und er hörte sich referieren über die Unfähigkeit der neuen Parteiführung, die innere Cliquenwirtschaft, das Erstarken undemokratischer Parteien und all die vielen Fehler und Mängel, die es nicht gäbe, wenn Männer wie er die ihnen gebührenden Listenplätze einnehmen würden
Der Generalsekretär wiegte den Kopf und wollte sehen, was sich machen lässt, sagte er.

Als nächstes rief Sozen-Säule Lutscher an und schlug eine "private Zusammenkunft" vor. Sie fand unweit des Willy-Brandt-Hauses unter allen Anzeichen wichtigtuerischer Geheimhaltung und betont formlos statt. Maus-Grau erschien in Leinenhosen und Hawaii-Hemd, was seinen Gegenüber umso herzlicher stimmte.
"Wir haben Ihre Integrität seit jeher bewundert, lieber Grau-Maus ", stellte er einleitend fest. "Und wir respektieren Ihre ideologisch-pragmatischen Einstellungen."
"Ich war immer auch ein sozial denkender Mensch, betonte Maus-Grau، "Fragen Sie unsere Putzfrauen."
Es war, wie man so sagt, ein konstruktives Gespräch.
...
In freundschaftlichem Klima, wie man so sagt.

Der Unions-Generalsekretär bekam Wind von der Sache, berief Maus-Grau zu sich und bot ihm den 150sten Platz auf der Wahlliste an, als Gegenleistung für ein eindeutiges Dementi seiner Annäherung an die Lutscher-SPD.
"Es widerspricht meinem Berufsethos als Volksvertreter, dass ich meine innere Überzeugung um eines persönlichen Vorteils willen aufgeben soll", ließ sich Maus-Grau vernehmen.
"Etwas anderes", und damit verabschiedete ihn der Generalsekretär, "haben wir von einem Mann, der auf unserer Wahlliste den 77. Platz innehat, auch gar nicht erwartet."

Unterdessen überboten sich die Medien mit Schlagzeilen wie: "Wer verlässt noch mit Maus-Grau die Unionsfraktion?", "Spaltet der Exodus des linken Flügels die Union?", "Retten Maus-Graus Leute dem Kanzler die Regentschaft?" oder gleich gar: "ROT-GRÜN-GRAU!!!".
Die Parteiführung sah sich veranlasst, dem Unbotmäßigen ein geharnischtes Ultimatum zu stellen: "Entweder", so hieß es, "brechen Sie Ihre Kontakte zur Linkskoalition unverzüglich ab, oder wir müssen Ihnen Platz 32 auf unserer Wahlliste wieder entziehen."

Da hat sich Maus-Grau auf die "auch meinen Wählern geschuldete" Parteidisziplin besonnen. Was ihn nicht hinderte, weiterhin mit offenem Kragen zu erscheinen und seinen Freund Lutscher herzlich zu begrüssen, wann immer sie sich inner- oder ausserhalb der Parlamentsgebäude begegneten.

Seine politische Zukunft ist gesichert. Im Zweifelsfall erwägt er bereits mit seinen übrigen Hinterbänklern und Lutscher als Zugpferd eine eigene Partei zu gründen:
"Zukunft Maus-Grau (ZMG)"

Erste Gespräche stimmen ihn zuversichtlich.
"Die Menschen glauben, was sie gern für die Wahrheit halten möchten."
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Auswurf hat recht. Und ich habe mir viel Mühe gegeben für doese Einleitung. Mit der Hand am Ärmel diese Story umgeschrieben im dieses Mäusekino rein, das sich Smartphone mennt.
Mich interessiert das Thema halt, auch wenn es theoretisch anmutet So ging das hier los:
Frank N Furter hat geschrieben:
Persönlichkeiten

Tut mir leid, wenn ich sowas lese, könnt`ich im Strahl kotzen.
Würde Parteipolitik was taugen, gings Nullkommanull um jemandens angebliche Persönlichkeit, die ohnehin niemand kennt, INKLUSIVE des Betroffenen.

- Das erste wäre mal, dass man auf einem möglichst hochstehenden Niveau Probleme sauber zu Ende analysiert und dabei auf jede Art von Ideologie verzichtet.

- Dann würde man in einem breiten Ansatz verschiedene Lösungsansätze entwickeln und miteinander vergleichen. Wieder ohne ideologische Scheuklappen.

- Und schließlich würde man überprüfen, wie diejenigen Lösungen, die am Vielversprechendsten erscheinen, sich auf alles Andere auswirken.

Dann würde man eine Lösung auswählen, ein hochprofessionelles Projektmanagement einsetzen und die Umsetzung akribisch nachverfolgen. Abweichungen feststellen und nachjustieren, solange bis das Problem auch tatsächlich gelöst ist.

An all diesen Schritten krankt Parteipolitik fundamental. Da versuchen sich Leute an Lösungen, die keine Fachleute sind, dafür aber meist einen ideologischen Überbau haben, die aber in der Tiefe der Ebene, bei der Umsetzung, nichts gebacken kriegen.
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Frank N Furter hat geschrieben:
Gibts des hat geschrieben:Wer aber sollte die Experten aus-wählen(!) in zeiten wo zumindest weite Teile der handelnden Personen in Politik und Wirtschaft alles daran setzen dem nicht eben mündigen Volk Nebelkerzen um die Ohren...
Ernstgemeinte Frage aus dem ersten Impuls heraus.

Es wird nicht DER Experte "ausgewählt", sondern verschiedene Fachleute MIT Berufserfahrung im Thema. So wie man das im Übrigen immer macht, wenn man eine komplexere Aufgabe angeht. Die dürfen und sollen gerne unterschiedlicher Meinung sein. Am Ende gehts ja auch nicht um die Wahrheit, sondern das Lösen realer Probleme. :!:

99,% der Menschheitsgeschichte haben wir das ja ganz offensichtlich bestens hinbekommen, ohne Parteiapparatschniks und selbstreferenzielles Parteigehuber.

Die Parteien haben sich hingegen inzwischen wie ein Virus in alle Ebenen der Gesellschaft hineingefressen. Das sich manche Menschen eine Gesellschaft ohne Parteien gar nicht mehr vorzustellen vermögen, ist bereits ein erschütternder Befund.
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Gibts des hat geschrieben:
Frank N Furter hat geschrieben:Es wird nicht DER Experte "ausgewählt", sondern verschiedene Fachleute MIT Berufserfahrung im Thema. So wie man das im Übrigen immer macht, wenn man eine komplexere Aufgabe angeht.

Wer ist "man"، der*in das "immer macht"? :?: Zu vielen -auch komplexen- Themen
Gibt's be-
stimmt (sic) massenhafte "Fachleute MIT Berufserfahrung im Thema". Nehmen wir das allseits beliebte (dieGrünensindschuldundHabeckistderSchlimmste) Heizungsgesetz. Geothermie-Fachleute, Heizungsklempner، Umweltingeneure - um nur wenige der Beteiligten zu nennen, und da sind die davon Betroffenen noch gar nicht erfasst. Von allen
Gibt's in
D bestimmt mindestens hunderte oder tausende, die da mitreden wollen würden. Also bitte nicht ausweichen: wer bestimmt (wenn dir wählen nicht gefällt) die? :?:
Die dürfen und sollen gerne unterschiedlicher Meinung sein. Am Ende gehts ja auch nicht um die Wahrheit, sondern das Lösen realer Probleme. :!:

Wohl wahr, und du gehst dacon aus, dass ein solch (in jeder Fachrichtung für sich und erst recht insgesamt) hyper-heterogener Haufen zu einer einvernehmlichen Lösung kommt? Und wenn nicht wird abgestimmt, oder was? Und wie werden die Stimmen gewichtet. Jeder der Beteiligten(wer hat die Zusammensetzung gemacht?) Jedes der Gewerke? Es geht - ich gebe dir völlig recht, um die Lösung realer Probleme.
99,% der Menschheitsgeschichte haben wir das ja ganz offensichtlich bestens hinbekommen, ohne Parteiapparatschniks und selbstreferenzielles Parteigehuber.

Bei der Prozentzahl kann ich nur annehmen, dass du die Vor-und Frühgeschichte der Menschheit mit in den Blick genommen hast. Also seit dem ersten Auftreten des homo erectus etwa. Ansonsten bitte ich um Aufklärung, wo im Feudalismus oder der sklavenhalterischen Antike irgendetwas besser oder gar "bestens" hinbekommen wurde.
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Auswurf hat geschrieben:Es gäbe dann auch den Expertenausschuß
gegen geheime Gründungen einer Partei
oder wie verhindere ich Unmut im Keim, wenn den Leuten die Entscheidenden des Expertenrates nicht gefallen

Das Allroundgenie und Furters Freund Elon ist ja jetzt endlich auf jedem Parkett ein Entscheider

Wir sind gerettet
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killroy hat geschrieben:Also ich kenne da so Experten, die veröffentlichen Studien, bei denen E-Autos alleine anhand des Studiendesigns so schlecht weg kommen, dass man damit hinterher wochenlang die Online-Journal-SEiten gefüllt bekommt, bis noch der letzte Hanswurst glaubt, die Dinger wären des Teufels. Erst zwei Jahre später kommt dann irgendwie Hälinge raus, dass so ein paar Liter Diesel und Benzin "vergessen" worden sind, in die Gesamtbilanz mit einzurechnen.

Wer glaubt, dass irgendeine Form von Expertengremium bessere Lösungen präsentieren würde, verkennt offensichtlich, wie abhängig diese Expertenschar mittlerweile von privatwirtschaftlichem Geld ist und wie wenig unabhängig von Interessenslagen verschiedener Verbände, Industrien, Sparten, etc.

Damit würden wir ein noch schlimmeres Diktat des Lobbyismus erleben, also heutzutage eh schon vorhanden ist.
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Frank N Furter hat geschrieben:
Gibts des hat geschrieben:Wer ist "man"، der*in das "immer macht"?

Es gibt kein man! Kannst Du Dir das nicht vorstellen?
Mal ein Beispiel aus meinem Lebensalltag: Wie behandelt man Menschen mit der Krankheit x? Da sucht niemand Leute als Experten aus. "Komplexe Themen" sind ohnehin immer in Diskussion. Es gibt ständig fachliche Beiträge zum Thema und unzählige Konferenzen (das ist übrigens bei den allermeisten Themen so). Da wird offen eingeladen, jeder kann kommen, sogar interessierte Laien. Es sind auch keineswegs immer dieselben die sich treffen. Und trotzdem gelingt es z.B. neue Krankheiten zu definieren, in die internationale Nomenklatur aufzunehmen, mit wirtschaftlich bedeutenden Konsequenzen, so dass Krankenkassen plötzlich erstattungspflichtig werden oder Menschen weltweit anders behandelt werden. Die realen Konsequenzen übertreffen also diejenigen der aktuellen Politik meist deutlich!

Es gibt einfach genügend Entscheidungsfindungsprozesse die gerade deshalb qualitativ hochwertig ablaufen, weil sie niemand steuert. Dazu gäbs jetzt natürlich wieder viel mehr zu schreiben, ich kann es hier natürlich nur kurz anreißen.

Ich habe hier schon öfters geschrieben, dass wir ohnehin eine Stufe höher ansetzen müssen, und zwar bei der Frage, wie trifft man überhaupt qualitativ hochwertige Entscheidungen? Das ist die zentrale Frage in Massengesellschaften (in Jäger-und-Sammler-Kulturen haben sich solche Fragen nie gestellt, aus Gründen die ebenfalls interessant sind).

Es gibt z.B. Entscheidungen, da spielt es in der Massengesellschaft gar keine Rolle, ob sie richtig oder falsch sind. Das betrifft vor allem Fragen, wo es darum geht, wie wir (zusammen) leben wollen. Da kommt unweigerlich die Erweiterung zum tragen, wie die Mehrheit leben will. Also die Demokratiefrage. Wollen wir z.B. Leihmutterschaften zulassen, ja oder nein? Hier gibts kein richtig oder falsch. "Die Mehrheit" bürgt hier vor allem für die Qualität, dass eine Entscheidung überhaupt "lebendig" werden kann. Denn was würde es nützen Entscheidungen zu treffen, die mangels breiter Akzeptanz, eh nie zum Tragen kommen? Das Entscheidungsformat Demokratie (also die echte) räumt schon mal ne ganze Menge ab, bis man zu den Fragen/Problemen kommt, wo Demokratie keine qualitativ hochwertigen Lösungen mehr zuläßt. Und dann nützt Demokratie auch der Gemeinschaft nichts mehr. Denn wer will sich schon mit den Konsequenzen einer schlechten Entscheidung herumschlagen, nur weil eine Mehrheit dafür war?

Das bedeutet, es bedarf erst einmal einer "eigenen Verfassung" darüber, welche Entscheidungen besser von Experten getroffen werden und welche demokratisch. Und erst danach schaut man sich an, wie man das jeweils organisiert. Das würde zwar durchaus eine Weile benötigen, aber es wäre der erste Schritt zum Ausgang des Menschen aus seiner selbstverschuldeten Unmündigkeit. Der erste rationale Versuch in Massengesellschaften qualitativ hochwertige Entscheidungsfindungs-Prozesse zu organisieren, seit wir keine Jäger und Sammler mehr sind. Alles was seitdem geschehen ist, war (mehr oder weniger) irrational. Von den Stammesfürsten, über Könige und Kaiser und sonstigen Diktatoren bis hin zum Parteienfeudalismus. Dort überall spielte die Qualität der Entscheidung an sich imer nur eine untergeordnete Rolle, falls sie in den diversen Machtkämpfen überhaupt eine Rolle spielte.

Gibts des hat geschrieben:Nehmen wir das allseits beliebte (dieGrünensindschuldundHabeckistderSchlimmste) Heizungsgesetz. Geothermie-Fachleute, Heizungsklempner، Umweltingeneure - um nur wenige der Beteiligten zu nennen, und da sind die davon Betroffenen noch gar nicht erfasst.

Siehe oben, wir haben hier kein "Expertenproblem". Sämtliche Vor- und Nachteile verschiedener Arten zu heizen sind bekannt. Hier ist sogar die Frage, ob es überhaupt effektiv ist eine allgemeinverbindliche Vorgabe zu machen. Ich will das nicht beantworten, sondern lediglich mal darauf hinweisen, dass der größte Teil unseres Lebens besser nicht allgemeinverbindlich determiniert wird, weil das wiederum sozialpsychologische Konsequenzen hat, die sehr problematisch sind. Hier also erstmal schauen, ob die Leute nicht in großer Mehrheit rational genug sind, selber günstig und umweltfreundlich zu agieren. Und erst wenn man das verneinen muss, organisiert man Allgemeinverbindlichkeit. Wie oben geschildert, in einem offenen Prozess, am Ende wird unter den Experten die da überhaupt teilnehmen wollen abgestimmt. Es hat sich in der Vergangenheit mehrfach gezeigt, dass es dabei gar keinen Unterschied macht, wie eng man den Expertenbegriff fasst. Kommen genügend Leute zusammen - von mir aus auch Heizungsklempner - steigt die Qualität der Entscheidung mit der Anzahl der Entscheider. Das ist ein Grundgesetz bei Entscheidungsfindungsprozessen. Das Problem ist hier eher, wenn man nicht genügend Leute zusammen kriegt, bei bestimmten Entscheidungen.

Ich bin jetzt all Deine Nachfragen nochmal durchgegangen und denke, dass ich sie obenstehend alle explizit beantortet habe, richtig?

Gibts des hat geschrieben:Bei der Prozentzahl kann ich nur annehmen, dass du die Vor-und Frühgeschichte der Menschheit mit in den Blick genommen hast. Also seit dem ersten Auftreten des homo erectus etwa. Ansonsten bitte ich um Aufklärung, wo im Feudalismus oder der sklavenhalterischen Antike irgendetwas besser oder gar "bestens" hinbekommen wurde.

Ja, genau. Wie oben auch schon angerissen. Die etwa ersten 400.000Jahre der Menscheitsgeschichte wurden Entscheidungen auf eine Weise getroffen, die man in Massengesellschaften einfach nicht mehr rekapitulieren kann. Das ist ein eigenes, super spannenden Thema. Können wir gerne parallel abhandeln, falls Dich das weiter interessiert.
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Local Zero hat geschrieben:Das ist ja völlig konfus. Dagegen war die Ampel ja ein geradezu strukturiert handelnder Verein (im übrigen auch einer, den man durch Abstrafung bei der nächsten Wahl für sein Regierungshandeln verantwortbar machen kann. Experten fliegen raus, verantworten müssen sie anschließend nichts). Einfach mal auf die Geschichte schauen, wann, warum und wie Experten/Technokratenregierungen ins Amt kamen. Meistens aufgrund seeeeeehr großer Staatskrisen, eingesetzt von: Parteipolitikern. 8) Und im Amt sind solche Expertenregierungen dann auch nur kurz. Was auch nicht verwundern muss: Eine Demokratie ist kein Unternehmen. Auf Minderheitenschutz, Interessensausgleich, Teilhabe, auf den Wert einer solchen Herrschaftsform an sich lässt sich so natürlich viel leichter scheißen.

Aber klar, wenn man die Mühsal der Demokratie samt der darin stattfindenden Willensbildungsprozesse für lästig hält, für den ist ein (im Extremfall) Neo-Feudalismus, in dem Typen wie Musk und Thiel, wenn nicht (aus Migrationsgründen) die Macht selbst darstellend, so doch mindestens zu Einflüstern des Mächtigen werdend, natürlich ein Mittel der Wahl.
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Gibts des hat geschrieben:Frank N Furter، sorry musste die Anse Source d'Argent fotografieren gehen.
Selbstverständlich bin ich an einer eigenen Diskussion der Menschheitsgeschichte von vor 400.000 Jahren interessiert. Habe mir extra das Spiegelheft Geschichte von Anfang des Jahres geleistet. Svante Pääbo, weisch du ja sicher, und sein deutscher Adlatus... Kann aber erst darauf zurück greifen, wenn ich wieder in D bin.
Bis dahin behelfe ich uns mit Aldous Huxley Douglas Adams, wonach die Bäume schon ein Holzweg waren und die Meere nie verlassen hätten werden (oder umgekehrt?) dürfen.
Aber bist du wirklich sicher die Realität Höhlenmenschen (nicht despektierlich gemeint - allen Respekt den Säbelzahntiegerbesiegern) mit den heutigen Umständen vergleichen zu wollen?
Ansonsten unterschreibe ich ziemlich vollinhaltlich killroys und LZs zwischenzeitliche Beiträge zu deinen Einlassungen.
Mit folgenden Ergänzungen, denn du hast dir ja auch die Mühe gemacht:
Frank N Furter hat geschrieben:
Gibts des hat geschrieben:Wer ist "man"، der*in das "immer macht"?

Es gibt kein man! Kannst Du Dir das nicht vorstellen?

Wie jetzt? Das "man"
Gibt's nicht?
Stammt doch aus deinem Text. Ich suchs dir nochmal raus:
Frank N Furter hat geschrieben:
Es wird nicht DER Experte "ausgewählt", sondern verschiedene Fachleute MIT Berufserfahrung im Thema. So wie man das im Übrigen immer macht, wenn man eine komplexere Aufgabe angeht.

[Hervorhebung von mir.]
Ob ich mir das vorstellen kann? Wer fragt der führt. Bitte keine Geschicklichkeitsspielchen. Schade um die Zeit. Da lobe ich doch den Versuch:

Mal ein Beispiel aus meinem Lebensalltag: Wie behandelt man Menschen mit der Krankheit x? Da sucht niemand Leute als Experten aus. "Komplexe Themen" sind ohnehin immer in Diskussion. Es gibt ständig fachliche Beiträge zum Thema und unzählige Konferenzen (das ist übrigens bei den allermeisten Themen so). Da wird offen eingeladen, jeder kann kommen, sogar interessierte Laien. Es sind auch keineswegs immer dieselben die sich treffen. Und trotzdem gelingt es z.B. neue Krankheiten zu definieren, in die internationale Nomenklatur aufzunehmen, mit wirtschaftlich bedeutenden Konsequenzen, so dass Krankenkassen plötzlich erstattungspflichtig werden oder Menschen weltweit anders behandelt werden. Die realen Konsequenzen übertreffen also diejenigen der aktuellen Politik meist deutlich!

M hm. Du nimmst also einen -zugegeben komplexen- Sachverhalt aus deiner Lebensrealität wo die Prozesse ohne parteienähnliche (if you pardon the expression) Steukturen funktioniert. Okay, da kann jede/r Beispiele aus dem beruflichen ind sonstigen Alltag bringen wo das so ist. Aber deine Schlussfolgerung "Die realen Konsequenzen übertreffen ALSO diejenigen der aktuellen Politik meist deutlich" - also, die erscheint mir mehr als mutig.
Man (sic ;) ) muss aber mutig sein ind trotzdem gescheit (Sten Nadolny in "Selim oder die Gabe der Rede"). Im diesem Sinne: wie regelt das System zur Definition neuer Krankheiten und der damit verbundenen Leistungspflicht der Krankenkassen denn dann die Finanzierung dieser recht begrüssenswerten Konsequenz?
Und wie regelt dieses System erratische Ereignisse wie Ukraine-, Nahost-, Migrations- und andere Krisen?

Es gibt ALSO einfach genügend Entscheidungsfindungsprozesse die gerade deshalb qualitativ GAR NICHT hochwertig ablaufen, weil sie niemand steuert.

[KAPITALLETTERS von mir.]

Ich habe hier schon öfters geschrieben, dass wir ohnehin eine Stufe höher ansetzen müssen, und zwar bei der Frage, wie trifft man überhaupt qualitativ hochwertige Entscheidungen? Das ist die zentrale Frage in Massengesellschaften (in Jäger-und-Sammler-Kulturen haben sich solche Fragen nie gestellt, aus Gründen die ebenfalls interessant sind).

Vielleicht einfach deswegen WEIL das KEINE Massengesellschaften waren (und übrigens auch noch sind - im Amazonasbecken)?

Es gibt z.B. Entscheidungen, da spielt es in der Massengesellschaft gar keine Rolle, ob sie richtig oder falsch sind. Das betrifft vor allem Fragen, wo es darum geht, wie wir (zusammen) leben wollen. Da kommt unweigerlich die Erweiterung zum tragen, wie die Mehrheit leben will. Also die Demokratiefrage. Wollen wir z.B. Leihmutterschaften zulassen, ja oder nein? Hier gibts kein richtig oder falsch. "Die Mehrheit" bürgt hier vor allem für die Qualität, dass eine Entscheidung überhaupt "lebendig" werden kann.

Aha, aber wieso sollte "Die Mehrheit" (die Anführungszeichen sollen wohl aus unterschiedlicher Betroffenheit resultierende unterschiedliche Beteiligungen symbolisieren?)bei Leihmutterschaften für Qualität bürgen und woanders weniger?
Wo denn? Wo ziehst du denn die Grenzen dafür:
Denn wer will sich schon mit den Konsequenzen einer schlechten Entscheidung herumschlagen, nur weil eine Mehrheit dafür war?

Und jetzt wird es wirklich abstrus abenteuerlich und gerät zu einer wahrhaft elfenbeinernen Turmbesteigung fernab jeglicher erlebbaren Wirklichkeit auf diesem unserem blauen Planeten:

Das bedeutet, es bedarf erst einmal einer "eigenen Verfassung" darüber, welche Entscheidungen besser von Experten getroffen werden und welche demokratisch. Und erst danach schaut man sich an, wie man das jeweils organisiert. Das würde zwar durchaus eine Weile benötigen, aber es wäre der erste Schritt zum Ausgang des Menschen aus seiner selbstverschuldeten Unmündigkeit.


Ja um Gottes oder sonstwems Willen, WER soll eine solche Verfasstheit denn generieren. Da magst du mich einen "Olaf" (=elonisch für "Narr" :mrgreen: ) schelten, aber wie soll das gehen? Innerhalb der EU oder raus aus der EU und nur in D oder nur in Teilen davon?
Gibt's des
in der Charité schon? Oder wo?

Soo viele (und wie berechtigt noch dazu ;) ) Konjunktive - mergsch du selber, gell?
Und natürlich sind wir seit 1784 nur ein Muggaseggelle auf der Zeitachse seit von 400000 Jahren, wie du sie in den Blick zu nehmen beliebst weiter gekommen. Dann sollte dir der Gedanke nicht fremd sein, dass "der Mensch" vielleicht gar nicht aus seiner selbstverschuldeten (falls Kant damit recht hat) Unmündigkeit (wie er es nennt) ausgehen will... ...jedenfalls DER Mensch, der andere Sorgen hat als Du und ich. Ich schätze mal 10% bis 1/3 wollen so was. In Wohlstandsgesellschaften wohlgemerkt, zu denen wir hier allen Klagen auf immer noch hohem Niveau zum Trotz zählen. In Staaten und Gesellschaftsordnungen prekärerer Natur dürften es noch weniger sein.

Gibts des hat geschrieben:Nehmen wir das allseits beliebte (dieGrünensindschuldundHabeckistderSchlimmste) Heizungsgesetz. Geothermie-Fachleute, Heizungsklempner، Umweltingeneure - um nur wenige der Beteiligten zu nennen, und da sind die davon Betroffenen noch gar nicht erfasst.

Siehe oben, wir haben hier kein "Expertenproblem". Sämtliche Vor- und Nachteile verschiedener Arten zu heizen sind bekannt. Hier ist sogar die Frage, ob es überhaupt effektiv ist eine allgemeinverbindliche Vorgabe zu machen. Ich will das nicht beantworten, sondern lediglich mal darauf hinweisen, dass der größte Teil unseres Lebens besser nicht allgemeinverbindlich determiniert wird, weil das wiederum sozialpsychologische Konsequenzen hat, die sehr problematisch sind.

Schon wieder: Du verheizt mein Beispiel für Deine nicht beweisbare These ("mal darauf hinweisen"), dass der GRÖßTE Teil unseres Lebens besser nicht usw usf

Hier also erstmal schauen, ob die Leute nicht in großer Mehrheit rational genug sind, selber günstig und umweltfreundlich zu agieren.

Dein positives Menschenbild ehrt dich, aber ausserhalb des Planeten Wedding (und wahrscheinlich auch innerhalb) wird sich die Rationalität der Leute am eigenen Geldbeutel orientieren. Aber gut:
Und erst wenn man das verneinen muss, organisiert man Allgemeinverbindlichkeit. Wie oben geschildert, in einem offenen Prozess, am Ende wird unter den Experten die da überhaupt teilnehmen wollen abgestimmt. Es hat sich in der Vergangenheit mehrfach gezeigt, dass es dabei gar keinen Unterschied macht, wie eng man den Expertenbegriff fasst. Kommen genügend Leute zusammen - von mir aus auch Heizungsklempner - steigt die Qualität der Entscheidung mit der Anzahl der Entscheider. Das ist ein Grundgesetz bei Entscheidungsfindungsprozessen. Das Problem ist hier eher, wenn man nicht genügend Leute zusammen kriegt, bei bestimmten Entscheidungen.

...und so langsam beginnt der Landeanflug Richtung Wirklichkeit.
Aber wieso "von mir aus auch Heizungsklempner" ...
Wie war das nochmal: WER stellt nochmal gschwind die Gremien zusammen in dem o.g. offenen Prozess BEVOR "am Ende unter den Experten, die da teilnehmen wollen abgestimmt" wird?
Also wenn jetzt von Dir aus 125 Heizungsklempner, die noch gerne ihre Lager räumen und/oder keine Vertragsstrafen für die Stornierung bereits georderter Kessel erhalten möchten und fünf BUNDler und 32 Heizungsspezialisten für Erdwärmepumpen zusammenhocken (oder Höcken :evil: in ganz andern Thematiken), dann also...
Oder sind des dann gar nicht 125 und 5 und 32, oder noch ganz andere Experten? Aber wer legt das fest? Ach so, die kommen halt, wer grad Zeit hat und von der Veranstaltung Kenntnis. Ehrlich: das ist schlimmer als die Gremienbildung in der 109.
Ich bin jetzt all Deine Nachfragen nochmal durchgegangen und denke, dass ich sie obenstehend alle explizit beantortet habe, richtig?

Beantwortet: ja. Richtig: ich weiß nicht 8)
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publicenemy hat geschrieben:Ich kenne mich in der Entwicklungsgeschichte der Menschheit nicht gut genug aus, um in diesem Kontext meinen Senf dazuzugeben.

Wie in Unternehmen schwierige und komplexe Aufgaben angegangen werden, weiß ich dagegen sehr wohl. Da wird dann eine temporäre Projektorganisation ins Leben gerufen, der die Fachleute, die man zur Lösung der Aufgabenstellung benötigt, angehören. Auf Zeit und nicht notwendigerweise fulltime.

Das ist natürlich etwas ganz anderes als die Arbeitsweise einer Ministerialbürokratie, wo die Leute im eigenen Saft schmoren.

Eine Regierung könnte das ja mal ausprobieren und einen Projektleiter im Ministerrang ernennen, der die Energiewende managen muss.
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RedBlues hat geschrieben:Ich befürchte, dass das alles wesentlich komplexer ist als wir denken.

Sagen wir mal Scholz benennt einen Projektleiter für die Heizungsumstellung in Gebäuden. Der kann seinen Job, hat so was schon dutzende Male erfolgreich gemacht, natürlich in der Wirtschaft

So, jetzt erarbeitet die Projektgruppe mit dutzenden Spezialisten einen Plan der auch wissenschaftlich basiert ist und ökonomisch Sinn macht.

Und dann geht es erst richtig los, hunderte von Gesetzen muss umgeschrieben werden, auf Bundes und Länder Ebene. Die Landkreise und Kommunen haben auch noch eigene Regelungen, die Verantwortung für die Umsetzung liegt nur in Teilen bei der Bundesregierung, die Landesregierung Funken mit, die Kommunen müssen auch umsetzen, und so weiter. Und wir haben noch gar nicht von den ausführenden Unternehmen gesprochen oder gar von den Bürgern die das implementieren müssen.

Will sagen, ich befürchte dass jeder der in der Wirtschaft eine leitende Position einnimmt und im Projektmanagement tätig ist, sich nach einem viertel Jahr von irgendwo herunterstürzen wird, aufgrund der Hoffnungslosigkeit seiner Tätigkeit das Projekt zu einem erfolgreichen Abschluss zu führen...
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Local Zero hat geschrieben:Da fehlt ja noch die Prüfung der Höhe der Investitionssumme. Ein bestimmter Wert überschritten? Europaweite Aussschreibung! Selber machen? Puh, die juristischen Fallstricke...lieber ein zertifiziertes Ingenieurbüro beauftragen. Fuck, die Submissionsreglen müssen wir ja auch beachten! Unterteilen wir die Ausschreibung in Einzellose en bloc? War der Gemeinde/Stadtrat auch beschlussfähig beim Aufstellungsbeschluss? Wurden die Träger öffentlicher Belange angehört? Frist der öffentlichen Auslegung der Planungsunterlagen beachtet?
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Frank N Furter hat geschrieben:Gibts des, mein Guter, n`bisschen weniger Polemik hätte es doch auch getan, findsch ned?

Gibts des hat geschrieben:Aber bist du wirklich sicher die Realität Höhlenmenschen (nicht despektierlich gemeint - allen Respekt den Säbelzahntiegerbesiegern) mit den heutigen Umständen vergleichen zu wollen?

Nein, schrieb ich doch?! Diese beiden Gesellschaften sind grundverschieden. Ich könnte das ausführen, aber ist das für diese Diskussion überhaupt nötig?
Nebenbei: Auch wenn einige unserer Vorfahren mal in Höhlen nächtigten (sehr selten) oder diese als Kultstätten benutzten, waren wir nie Höhlenmenschen.

Gibts des hat geschrieben:man

Mit etwas weniger Polemik und gutem Willen, hättest Du das durchaus richtig verstehen können. Gut, versuch ichs nochmal:

Gibts des hat geschrieben:Und wie regelt dieses System erratische Ereignisse wie Ukraine-, Nahost-, Migrations- und andere Krisen?

Wenn ich Dir ein Beispiel zitiere, um aufzuzeigen, dass Expertensysteme auch politisch ungesteuert arbeiten können und dies in der Realität auch an überraschend vielen Stellen tun, dann hat das nichts mit einem "System" oder Sonstgleichem zu tun, sondern stellt eher einen ganz normalen Teil eines Experten-Alltags dar, indem man sich kontinuierlich mit anderen Experten austauscht. So ist z.B. auch die gesamte Diskussion darüber, wie man eine Energiewende vollziehen könnte, in allen möglichen Facetten bereits vollständig abrufbar, zum aktuellen Stand der Technik. Ein Akt der Initiation (durch Parteien) ist nicht notwendig. Insofern, meinte ich, bedarf es kein "man" dass solche Prozesse initiiert. Jetzt klarer?

Ich hoffe, das wird jetzt konkret genug:
Laut unserer Verfassung sollen Parteien der politischen Willensbildung dienen. Art 21 GG. Eine Willensbildung ohne (fachliche) Meinungsbildung - das sollte hoffentlich jedem einleuchten - ist nicht besonders ratsam. Die Meinungsbildung sollte aber in einem nicht-ideologischen sachlichen Kontext mit der Willensbildung übereinstimmen, so es sich um eine Expertenentscheidung handeln soll, die qualitativ hochwertig zu treffen ist (bei demokratischen Entscheidungen kann und darf das anders sein - ich habe es bereits ausgeführt). Und nun wieder die Frage: Wozu brauche ich dann Parteien? Damit sie den fachlichen Kontext so umdeuten, wie es in ihre jeweilige Parteilinie/Ideologie oder ihrer bevorzugten Klientel/Partikularinteressen passt? Die fachliche Position zur Weiternutzung alter Atomkraftwerke oder zum Bau neuer, existiert bereits, samt Berechnungen für alle Indizes, vom CO2-Ausstoß bis zur Wiederaufbereitung und Lagerung. Daraus ergibt sich bereits eine eindeutige sachliche Handlungsempfehlung. Da benötigt man keinen einzigen politischen Interpreten mehr! Erkläre doch mal bitte, was parteigebundene Nicht-Experten zur Willensbildung beitragen können, was nicht parteigebundene tatsächliche Experten nicht bereits vollständig erörtert hätten? Irgendein Beispiel, bitte.

Gibts des hat geschrieben:Aha, aber wieso sollte "Die Mehrheit" ..... bei Leihmutterschaften für Qualität bürgen und woanders weniger?

Die Mehrheit, also das demokratische Prinzip :idea: , wird dort zu einem Qualitätskriterium für Entscheidungen, wo die pure Akzeptanz durch die Mehrheit zur Umsetzung unabdingbar ist. Ist das zu abstrakt und zu schwer zu verstehen?

Gibts des hat geschrieben:[x]Ja um Gottes oder sonstwems Willen, WER soll eine solche Verfasstheit denn generieren. Da magst du mich einen "Olaf" (=elonisch für "Narr" :mrgreen: ) schelten, aber wie soll das gehen? Innerhalb der EU oder raus aus der EU und nur in D oder nur in Teilen davon?

Ich schrieb doch: "Verfassung". Unsere Verfassung ist doch auch nicht Gegenstand der Tagespolitik, sondern ein weitgehend unveränderlicher Rahmen. Und wenn man sich nun eine Massengesellschaft ohne Parteien denkt, dann benötigt man eben eine grundsätzlich festgeschriebene Richtlinie darüber, welche Entscheidungen durch Expertengremien zu treffen sind und welche direkt demokratisch. Was findest Du daran absurd? Oder findest Du auch unsere Verfassung absurd? Denn diese regelt ja genau dasselbe. Nennt sich dort Gewaltenteilung.

Gibts des hat geschrieben:Und natürlich sind wir seit 1784 nur ein Muggaseggelle auf der Zeitachse seit von 400000 Jahren, wie du sie in den Blick zu nehmen beliebst weiter gekommen. Dann sollte dir der Gedanke nicht fremd sein, dass "der Mensch" vielleicht gar nicht aus seiner selbstverschuldeten (falls Kant damit recht hat) Unmündigkeit (wie er es nennt) ausgehen will... ...jedenfalls DER Mensch, der andere Sorgen hat als Du und ich. Ich schätze mal 10% bis 1/3 wollen so was. In Wohlstandsgesellschaften wohlgemerkt, zu denen wir hier allen Klagen auf immer noch hohem Niveau zum Trotz zählen. In Staaten und Gesellschaftsordnungen prekärerer Natur dürften es noch weniger sein.

Nein, das sehe ich gänzlich anders als Du. JEDER, der in einer Gesellschaft lebt, ob Kleinstgesellschaft oder Massengesellschaft, will weder den Anderen noch den Willfährnissen des Lebens hilflos ausgeliefert sein. Will seine Meinung sagen können, will Teilhabe, will (sein eigenes Schicksal) mitbestimmen können. Wer nicht mehr fühlt mitbestimmen zu können, wer sich wie passive Verschiebemasse fühlt, wie inzwischen sehr viele Menschen, wird unleidlich, frustriert, vielleicht sogar gewalttätig. Das heißt, Deine Prämisse, die Leuten seien doch viel zu beschäftigt oder nicht gebildet genug um mitzubestimmen, ist bestenfalls nur zynisch. Mit der Realität des höchst sozialen Wesens Mensch hat das gar nicht zu tun. Und hier haben wir eben auch einen der elementaren Unterschiede zwischen einer Jäger- und Sammler-Kultur, welche aus ca. 25-50 Personen bestanden und unseren modernen Massengesellschaften. Als einer von aktuell 84,6 Millionen Menschen kann sich hier kaum noch jemand Gehör verschaffen, geschweige denn, dass Unsereiner real etwas mitzuentscheiden hätte. Ein Problem, das es bei den JS-Kulturen nie gab. Da zählte eher jeder Beitrag und wurde geschätzt. Ergo erfuhr auch jedes Mitglied eine wesentlich höhere Wertschätzung und konnte sein Schicksal aktiv mitgestalten. Ein Gefühl, das wichtig ist für Lebewesen und welches den massenvergesellschafteten Krüppelwesen von heute weitgehend abgeht. Aus meiner Sicht, ist das auch (!) ein Grund, warum Menschen trotz Wohlstand, moderner Medizin, kaum noch körperlicher Arbeit, ohne Hungersnöte, kurz den Segnungen der Massengesellschaften, trotzdem immer depressiver werden.

Gibts des hat geschrieben:Du verheizt mein Beispiel für Deine nicht beweisbare These ("mal darauf hinweisen"), dass der GRÖßTE Teil unseres Lebens besser nicht usw usf

Das ist kein verheizen, denn dieser Hinweis ist wichtig, gerade nach dem was ich in obigem Absatz geschrieben habe. Man darf den Menschen in den Massengesellschaften nicht einfach jede Entscheidung wegnehmen, sonst verkrüppelt man sie sozial. Dein Heizungsgesetz ist ein Beispiel dafür, dass nicht alle Entscheidungen an Dritte, egal ob Parteien oder Experten, ausgesourcte werden dürfen. Alle Häusler-Besitzer die ich kenne, haben inzwischen auf eigene Initiative eine Wärmepumpe gekoppelt an ein Solardach. Einfach weil es vernünftig/opportun ist.

Der Grundsatz in einer Massengesellschaft sollte sein, dass von den unendlich vielen vorstellbaren Entscheidungsprozessen, erstmal alles, soweit nicht anders geregelt, vom Individuum selbst geregelt werden darf. Das ist verdammt wichtig! Und in einer Verfassung steht dann, wo Experten entscheiden müssen und wo direkt demokratische Prozesse anzuwenden sind.

Gibts des hat geschrieben:Wie war das nochmal: WER stellt nochmal gschwind die Gremien zusammen in dem o.g. offenen Prozess BEVOR "am Ende unter den Experten, die da teilnehmen wollen abgestimmt" wird?

Siehe oben, man benötigt keine Gremien. Bleiben wir mal bei der Energiewende. Hier sind alle möglichen Ansätze bereits fachlich komplett ausformuliert, was den aktuellen Stand des Wissens betrifft (der ändert sich natürlich ständig). Daraus kann jeder der will einen konkreten Handlungsplan mit Umsetzungsmaßnahmen formulieren. Alle Fachleute die am Prozess teilnehmen wollen, können teilnehmen und in einem mehrstufigen Verfahren schließlich vielleicht 2-4 Handlungspläne herausselektieren. Dann schaut eine zweite Expertengruppe, nennen wir sie mal die Kompatibilitätsgruppe, drauf, und wählt final den Handlungsvorschlag, der am wenigsten mit anderen Entscheidungsfindungen interferiert und auch wirtschaftlich umsetzbar ist. Schließlich dürfen sich aus der Expertengruppe 1 Projektumsetzer bewerben, die für die professionelle Umsetzung bezahlt werden und das Projektmanagement machen. Es gibt Verträge die Verantwortlichkeiten regeln und wer Scheiße baut, wird rechtlich zur Verantwortung gezogen, ganz so wie im normalen Leben eben auch.
"Die Menschen glauben, was sie gern für die Wahrheit halten möchten."
Francis Bacon

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Auswurf hat geschrieben:Ff
Das ist doch alles totaler Unfug
Für mich als Anhänger einer Partei ist es völlig belanglos, wie wirtschaftlich AKWs sind,
oder für wie sicher die von den Besten der Besten eingestuft werden.
Solange Unfälle nicht auszuschließen sind und das sind sie nicht und werden sie nie sein, bin ich gegen AKWs.
Mir genügen keine da 99,9998999%
Sicherheit.
So ein Risiko geht man nicht ein,
wenn man diesbezüglich noch alle Tassen im Schrank hat

Deshalb wähle ich diese Partei, weil sie anders gewichtet, als viele Wissenschaftler.

Du willst die Demokratie abschaffen,
ohne das laut auszusprechen
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Frank N Furter hat geschrieben:Öhm, nein. Ich will die Demokratie überhaupt erst einführen. Mein Reden seit ich in diesem Forum etwas dazu schreibe. Ich bin ein echter Enkel des alten Willy, der ebenfalls mahnte mehr Demokratie zu wagen.

Und wie Du schon wieder zu dem Schluss kommst, ich wollte Atomkraftwerken das Wort reden, verstehe ich auch nicht. Atomkraftwerke sind aus der Zeit gefallen, das ist die aktuelle Expertenmeinung, der sich selbst die Betreiber inzwischen angeschlossen haben. Alleine schon deshalb, weil die regenerativen Energien deutlich günstiger sind, wenn man sie nur mal samt Stromnetz endlich gescheit ausbauen würde.
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