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Strafraumgitarre
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Halbdaggl
Bundes-Jogi hat geschrieben:Sorry, finde gerade keinen passenden Thread dafür. Frage an die hier vertretenen Juristen: Ich habe heute schriftlich und rückwirkend zum 01.07.20 die Kündigung meiner Einzimmerwohnung zum 01.09.20 bekommen. Von der Vermieterin kam nie eine Mahnung o.ä. Was kann man da tun? Eigentlich beläuft sich doch die Kündigungsfrist auf 3 Monate, dürfte also erst zum 01.10.20 wirksam werden...


Zunächst zwecks Disclaimer: Das ist keine professionelle Rechtsberatung. Aber.

Erst einmal muss Dein Vermieter meines Wissens einen Kündigungsgrund angeben, wie etwa Eigenbedarf.
Dieser muss auch von ihm konkret definiert sein, sprich, er muss in der Kündigung angeben, ob jetzt seine Tochter, die Schwägerin oder der Enkel in die Wohnung einzieht. Sollte sich im Nachhinein herausstellen, dass ein geltend gemachter Eigenbedarf nur vorgeschoben war, um z.B. die Wohnung zu verkaufen oder teurer zu vermieten, kannst Du den Vermieter meines Wissens sogar auf Schadensersatz veklagen.

Das zweite sind die Fristen. Die gesetzliche Kündigungsfrist beträgt 3 Monate. Sind im Mietvertrag kürzere Fristen vereinbart, so kann diese nach meinem Kenntnisstand lediglich der Mieter nutzen, wenn er kündigen will, der Vermieter dagegen ist grundsätzlich an die gesetzliche Frist gebunden, unabhängig davon, ob im Vertrag etwas anderes steht.

Ferner verlängern sich diese 3 Monate im Fall einer Kündigung durch den Vermieter mit zunehmender Wohndauer, siehe hierzu: https://www.mieterbund.de/index.php?id=466
Für Vermieter dagegen gelten gestaffelte Kündigungsfristen. Bis zu einer Mietdauer von 5 Jahren können auch Vermieter, wenn sie einen Kündigungsgrund haben, mit einer Frist von 3 Monate kündigen. Dauert das Mietverhältnis länger als 5 Jahre, beträgt ihre Kündigungsfrist 6 Monate, und wohnt der Mieter schon länger als 8 Jahre in der Wohnung, gilt eine Kündigungsfrist von 9 Monaten. In alten, bis Herbst 2001 abgeschlossenen Mietverträgen steht oft, dass nach 10 Jahren Mietzeit eine 12-monatige Kündigungsfrist durch den Vermieter einzuhalten ist. Diese Regelung ist auch heute noch wirksam. Der Vermieter muss sich an diese vertragliche Regelung halten, er kann dann nur mit einer Frist von 12 Monaten kündigen. Für den Mieter gilt eine entsprechende Vertragsregelung heute nicht mehr. Hier ist das Gesetz zwingend.


Und zu guter Letzt ist es nach meinem Kenntnisstand und meiner Interpretation so, dass Dein Vermieter schlicht die Frist versäumt hat und diese nicht "rückwirkend" geltend machen kann. Also selbst, wenn Du nur maximal 5 Jahre dort gewohnt hast, kann die Kündigung nach meiner Sicht erst zum 1.11. (frühestens) wirksam werden.

Vielleicht ist die Kündigung durch diese gleich in zweierlei Hinsicht falsche Fristsetzung ("Rückwirkend" und mit zwei Monaten unterhalb der gesetzlichen Frist, die für den Vermieter bindend ist) sogar per se unwirksam und müsste vom Vermieter unter Wahrung der korrekten Frist gänzlich neu aufgesetzt werden. Diese Frage solltest Du jedoch von einem Juristen vom Fach klären lassen.

Nur wie gesagt: Mit einer bloßen Kündigung unter Wahrung der korrekten Fristen ist es für den Vermieter nicht getan; er braucht auch einen triftigen Kündigungsgrund und auch dieser muss da drinstehen. Wenn Du also schreibst, dass es nie zu irgendwelchen Mahnungen kam, fällt mir da außer Eigenbedarf eigentlich nix ein.

Näheres kann sicher @Tiffi beisteuern, ich ruf ihn mal: :D

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Fick den Reichskanzler! Und den Kaiser!

Tifferette
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Grasdaggl
Bin kein Mietrechtler, aber das liest sich schon richtig. Insbesondere das mit der rückwirkenden Kündigung ist absoluter Blödsinn.

Kürzer als mit gesetzlicher Kündigungsfrist geht eigentlich nur, wenn Du mehrfach die Miete nicht bezahlt hast.

Geh so schnell wie möglich zum lokalen Mieterbund oder zu einem Fachanwalt für Mietrecht.
"They may be drinkers, Robin, but they are also human beings."

(Batman)

Bücherwurm
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Lombaseggl
Einfach mal bitte unverbindlich:
Rückwirkende Kündigungen gibts im BGB nicht; eine Kündigung ist (Achtung juristisch!)eine zugangsbedürftige Willenserklärung des Vermieters, die erst wirksam werden kann, wenn du davon Kenntnis hast, auch unabhängig vom Datum des Schreibens.

Einen Kündigungsgrund für ne ordenliche (normale) Kündigung brauchts auch, zumeist Eigenbedarf des Vermieters oder wirtschaftliche Verwertung; bei ersterem wird oft beschissen, bei letzterem ist viel streitig, google mal § 573 BGB (Gründe) und § 573c (Fristen)
Wenn die Vermieterin keine Gründe benannt hat, ist das Ganze schon deswegen unwirksam --> § 573 Abs. 3


Aber wie Tiffi sagt: Lass dich irgenwo kompetent beraten;

Tamasi
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Grasdaggl
Weil's ja neulich im Corona-Thread Thema war:

Glossar:

weiß: Wird kursiv geschrieben, denn weiß meint nicht lediglich den Hautton einer Person, sondern eine gesellschaftlich dominante Machtposition, die mit Privilegien verbunden ist.

Schwarz: Wird groß geschrieben, da es, ebenso wie weiß, nicht den Hautton einer Person meint, sondern eine Selbstbezeichnung ist, die die politische und gesellschaftliche Positionierung einer Person beschreibt. Das Schwarze Subjekt ist gesellschafts-politisch und strukturell immer untergeordnet. Schwarz umfasst alle Personen(-gruppen) afrikanischer Herkunft.

People of Color: Ist eine Selbstbezeichnung für unterschiedlichste Personen(-gruppen), die sich als nicht-weiß definieren. Diese können sehr heterogen sein und noch mal andere Selbstbezeichnungen verwenden, zum Beispiel:

Asian: Meint zumeist Personen mit ostasiatischem Erbe.

Desi: Ist eine Selbstbezeichnung von Personen mit südasiatischem Erbe.

Brown: Meint zumeist Personen mit südostasiatischem Erbe.

Latinx: Ist ein Sammelbegriff für Personen mit süd-/mittelamerikanischem Hintergrund. Die Endung x versucht, die Binarität (männlich/weiblich) der spanischen Sprache aufzubrechen.


Kommt von & bezieht sich auf:
https://sz-magazin.sueddeutsche.de/will ... tsch-88967

Tifferette
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Grasdaggl
Bücherwurm hat geschrieben:Rückwirkende Kündigungen gibts im BGB nicht; eine Kündigung ist (Achtung juristisch!)eine zugangsbedürftige Willenserklärung des Vermieters, die erst wirksam werden kann, wenn du davon Kenntnis hast, auch unabhängig vom Datum des Schreibens.;


Jein. Auf tatsächliche Kenntnis kommt es gar nicht an. Entscheidend ist, ob das Schriftstück (1.) in Deinen Machtbereich gelangt ist und (2.) nach allgemeiner Lebenserfahrung davon ausgegangen werden kann, dass Du Kenntnis genommen hast. Wenn der Brief also in Deinem Briefkasten ist (=Machtbereich), dann wird davon ausgegangen, dass Du entweder abends oder jedenfalls am nächsten Morgen (denn man kann erwarten, dass der Briefkasten 1x täglich geleert wird) Kenntnis genommen hast. Unabhängig davon, ob Du das Ding jetzt gelesen hast oder nicht.

Das soll jetzt nicht nur ( :mrgreen: ) Klugscheißerei sein, denn das kann wichtig werden. Wenn ein Brief eingeworfen wurde und dann irgendwie verbaselt wird (versehentlich weggeworfen oder ähnliches), dann ist das irrelevant. Deshalb werden wichtige Schreiben auch so gut wie immer als Einwurfeinschreiben versandt (oder sollten es zumindest). Denn dann kann der Absender zumindest nachweisen, dass ein Brief eingeworfen wurde (Stichwort: Beweislast).
"They may be drinkers, Robin, but they are also human beings."

(Batman)


de mappes
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Spamferkel
Das soll jetzt nicht nur ( :mrgreen: ) Klugscheißerei sein, denn das kann wichtig werden. Wenn ein Brief eingeworfen wurde und dann irgendwie verbaselt wird (versehentlich weggeworfen oder ähnliches), dann ist das irrelevant. Deshalb werden wichtige Schreiben auch so gut wie immer als Einwurfeinschreiben versandt (oder sollten es zumindest). Denn dann kann der Absender zumindest nachweisen, dass ein Brief eingeworfen wurde (Stichwort: Beweislast).


und wenn er (man) in Urlaub gewesen ist (wäre)...ist das dann eigenes Verschulden, weil man ggfs erst 3 Wochen später davon erfährt?
Oder gibt es da definierte Zeiten, die einem bei Abwesenheit eingeräumt werden?

Hilft letztlich ja aber auch nur, um etwas Zeit zu gewinnen
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Tifferette
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de mappes hat geschrieben:und wenn er (man) in Urlaub gewesen ist (wäre)...ist das dann eigenes Verschulden, weil man ggfs erst 3 Wochen später davon erfährt?


Ja. Man muss selbst dafür sorgen, dass man Kenntnis von wichtigen Schreiben erhält (Freunde leeren den Briefkasten, Nachsendeantrag, etc.). Ausnahme nur dann, wenn der Absender von der Abwesenheit weiß und das gezielt ausnutzen will. Klassiker sind Kündigungen, um die Einspruchsfrist nach dem KSchG zu umgehen.
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(Batman)


Hasenrupfer
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Grasdaggl
Also ge, Rudi, falls es je doch nix wird mit der Bude:

Ein bewaffneter Mann hat am Sonntag in Oppenau im Schwarzwald Polizisten bedroht und ihnen die Waffen abgenommen. Anschließend flüchtete der 31-Jährige in einen Wald und wird seither mit einem Großaufgebot gesucht. [...]
Rund um Oppenau findet seitdem ein größerer Polizeieinsatz statt. Mehrere Streifenbesatzungen fahnden nach dem mit Tarnmustern bekleideten, bewaffneten Mann. Auch mehrere Polizeihubschrauber sind weiterhin im Einsatz. Bei dem Flüchtigen handelt es sich offenbar um einen 31-Jährigen ohne festen Wohnsitz.

https://www.swr.de/swraktuell/baden-wuerttemberg/suedbaden/polizei-sucht-bewaffneten-oppenau-100.html


Aktuelles Fahndungsfoto:




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Bücherwurm
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Lombaseggl
[Tiffi@@

Jein. Auf tatsächliche Kenntnis kommt es gar nicht an. Entscheidend ist, ob das Schriftstück (1.) in Deinen Machtbereich gelangt ist und (2.) nach allgemeiner Lebenserfahrung davon ausgegangen werden kann, dass Du Kenntnis genommen hast. Wenn der Brief also in Deinem Briefkasten ist (=Machtbereich), dann wird davon ausgegangen, dass Du entweder abends oder jedenfalls am nächsten Morgen (denn man kann erwarten, dass der Briefkasten 1x täglich geleert wird) Kenntnis genommen hast. Unabhängig davon, ob Du das Ding jetzt gelesen hast oder nicht.

Das soll jetzt nicht nur ( :mrgreen: ) Klugscheißerei sein, denn das kann wichtig werden. Wenn ein Brief eingeworfen wurde und dann irgendwie verbaselt wird (versehentlich weggeworfen oder ähnliches), dann ist das irrelevant. Deshalb werden wichtige Schreiben auch so gut wie immer als Einwurfeinschreiben versandt (oder sollten es zumindest). Denn dann kann der Absender zumindest nachweisen, dass ein Brief eingeworfen wurde (Stichwort: Beweislast).[/quote]

Ist mir scho au klar; I
Ich wollte das Ganze einfach bissle abkürzen. :nod:
Zugangsproblematik habe ich in der Ursprungsfrage aber jetzt keine gesehen. Und auch das Fass, was ist, wenn der Empfänger den Brief nicht aufmacht (nicht zur Kenntnis nimmt) oder eine Einschreibenbenachrichtigung zur Abholung nicht befolgt ,wollte ich nicht aufmachen. Hast ja gesehen: promt kommt Mappes -stimmigerweise- mit der Urlaubsproblematik bei solchen Schreiben um die Ecke!!! :lol:








de mappes
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Spamferkel
Strafraumgitarre hat geschrieben:Der einzige, den das Thema überhaupt nicht mehr zu interessieren scheint, ist Rudi... aber gibt ja auch wichtigeres... :cyclops:


:lol: :lol:
Dachte ich auch kürzlich beim Lesen des Threads
Don't criticize what you can't understand

Hasenrupfer
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Grasdaggl
Tamasi hat geschrieben:Papa?!!


Southern Comfort hat geschrieben:Deiner auch?!


Also gut, ich verrate euch beiden nun ein lange gehütetes Familiengeheimnis: ihr seid Arbeitskollegen!