Erst einmal Danke für die Genesungswünsche. Aber so viele Fragen! Und ein paar sind gar nicht leicht zu beantworten. Das haut mir mein Konzept über den Haufen. Na gut, mache ich ein Neues.
@hasi: Ich bin beim Anfahren umgefallen. An dem Tag hatte es morgens geregnet. Nicht lange, nur so ein halbes Stündchen, das hat jedoch gereicht um den Weg ins Dorf in einen Schlammpfad zu verwandeln. Ich hatte gerade Wasser geholt und wollte nach Hause fahren. Nun ja, ein bisschen zu viel Gas gegeben, ungeeignete Reifen und 100 Liter Flüssigkeit schwappten vor sich hin. Das Ergebnis, die Fuhre kippte um und beim Versuch sie abzufangen, bin ich mit dem Fuß weggerutscht.
@public: Der V8 steht nach wie vor in Deutschland. Der durfte nicht mit. Ich fahre ihn noch, wenn ich, meist Ende des Jahres, nach Deutschland komme. Ansonsten führt er ein Rentnerleben in der Garage.
@darkred: Mit den Öl- und Gasvorkommen ist es etwas kompliziert. Die Leute hier hoffen seit 20 Jahren auf den dicken Geldregen, der mit der Förderung ins Land kommt. Wenn der GEO-Redakteur über das Ölfeld vor der Küste schreibt, ist er dem hier vorherrschenden Narrativ zum Opfer gefallen. Richtig ist, dass die Vorkommen ziemlich groß sind. Aber es ist nicht so, dass man nur ein paar Kilometer aufs Meer hinausfahren muss, ein Loch bohrt und danach reich ist.
Vor der Küste ist erst einmal relativer Begriff. Die Vorkommen befinden sich nordöstlich von Principe innerhalb der 200-Meilen-Zone in mehr als 3000 Metern Tiefe. Allerdings überschneidet sich das Gebiet mit der 200-Meilen-Zone Nigerias und Abuja erhebt ebenfalls Ansprüche. Erst vor ein paar Wochen haben sich beide Staaten geeinigt, das Öl- und Gasfeld gemeinsam auszubeuten. Vorher lief mit der Erschließung noch gar nichts.
So weit ich informiert bin, ist es im Moment technisch noch gar nicht ohne weiteres machbar, dieses Öl im großen Stil zu fördern. Von der Wirtschaftlichkeit wollen wir gar nicht reden. In zehn Jahren vielleicht, heißt es immer wieder. Aber ob das Öl in zehn Jahren tatsächlich noch so dringend gebraucht wird, dass die Ölkonzerne viele Milliarden investieren? Von mir aus kann das Öl im Boden bleiben. Den erhofften Gewinn werden sowieso zum großen Teil die Konzerne einbehalten, so dass sich für die Bevölkerung selbst nicht viel ändern wird.
@fernanda: Schwoißfuas sang mal davon, dass a Schwob koi rechter Neger sei. Selbstverständlich stieß und stoße ich hier mitunter auf Vorurteile und Skepsis. Das war mir aber vorher bewusst, deshalb kann ich damit umgehen.
Ich habe den Vorteil, dass ich seit Jahrzehnten mit einem Insulaner eng befreundet bin. Seine Ratschläge machen es mir wesentlich einfacher. So habe ich das Geraffel hier nicht gekauft, sondern gepachtet. Ich habe also niemandem etwas weggenommen.
In den vergangenen 12 Jahren habe ich mir immer wieder Grundstücke auf Sao Tomé und Principe angesehen. Einige waren besser in Schuss, andere schöner und die dritten hatten vielleicht schon Elektrizität. Alleine, der örtliche Voodoo-Zauberer brachte mir gewisse Ressentiments entgegen. Das war dann für mich das Ausschlusskriterium, denn dieser Mensch ist auf dem Land die höchste Instanz. Nicht der Gouverneur, nicht der Bürgermeister oder der Rat der Cooperative.
Hier hatte ich das Glück, dass dieser Zauberer mir gegenüber sehr aufgeschlossen war. In seiner Jugendzeit war er einer derjenigen, die in der DDR eine Ausbildung absolviert haben. Nachdem er mir sein okay gegeben hatte, war es für die Menschen im Dorf auch kein Problem mehr.
Auch für mich ist der Zauberer die höchste Instanz. Das verhindert, dass ich hier einen weißen Elefanten baue. Er entscheidet wann und wo etwas gemacht wird. Seit Anfang des Jahres hat das Dorf Strom. Bevor es soweit kam, besuchte ich zuerst den Voodoo-Zauberer und spendete Mami Wata, einer Göttin, etwas Geld, damit sie das Vorhaben unterstützt. Die Kirchen dieser Welt sind durch solches Schmiergeld im Laufe der Jahrhunderte steinreich geworden. Mami Wata und die Dorfheiligen waren einverstanden, der Zauberer suchte ein Grundstück heraus und ich machte mich auf die Suche nach Sponsoren. Vom Staat sind solche Investitionen nicht zu erwarten.
Jetzt steht ein paar hundert Meter weiter eine Solaranlage, die das Dorf und mich mit Strom versorgen. Die fünfzig € waren gut angelegtes Geld, zumal mich der Zauberer seither einmal in der Bar eingeladen hat und ich ihn dabei ordentlich finanziell geschädigt habe. Wer mir Freibier anbietet ist selbst Schuld.
Das gleiche Spielchen läuft im Moment mit Kanalisation und einer ökologischen Kläranlage.
„Solar, Ökokläranlage, was ein Hippie.“ Mitnichten. Hier gibt es keine Techniker und Facharbeiter, die komplizierte technische Anlagen in Schuss halten können. Hier braucht man Lowtech, die einfach funktioniert. Und das mit der Kanalisation ist purer Eigennutz. Ich habe es satt in die Sickergrube zu sch… oder auf dem Weg ins Dorf über einen Haufen zu stolpern.
Das mit den Exkrementen wirst du vermutlich kennen. In den meisten Ländern des Kontinents ein echtes Umweltproblem im ländlichen Bereich.
Arbeitslos bin ich für die Dorfbewohner übrigens nicht. Ich arbeite für das Tourismusministerium. Illegal, denn ich habe keine Arbeitserlaubnis, sondern nur ein Touristenvisum.
@frank: Deine Frage ist die Schwerste. Warum mache ich das hier? Sicherlich auch, weil ich die Probleme ein wenig unterschätzt habe. Andererseits konnte ich mit Lohnarbeit noch nie viel anfangen. Für mich war sie immer nur das Mittel zum Zweck möglichst schnell damit wieder aufzuhören. Spätestens mit 50 sollte Schluss sein. Dieses Ziel habe ich um zwei Jahre verpasst. Das lag jedoch nur daran, dass meine Kinder erst jetzt wirtschaftlich auf beiden Beinen stehen können.
Ich hatte das Glück, dass ich in meinen Jobs bis auf eine kurze Zeit immer so viel verdient habe, dass am Ende des Monats noch Geld übrig blieb. Meine Agentur habe ich vor zwei Jahren verkauft. Das war mein Startkapital.
Ich empfinde das Wirtschaftssystem des Kapitalismus als eine reine Verwertungsmaschinerie, in der die Selbstbestimmtheit des Subjekts nicht gegeben ist. Letztendlich ist der Grad unserer Freiheit abhängig von unserem Geldbeutel. Das bedeutet natürlich nicht, dass man an seiner Arbeit nicht auch Spaß haben oder diese nicht sinnvoll sein kann. Fernandas Arbeit zum Beispiel ist überaus sinnvoll. Meine allerdings nicht. PR hat für mich den Stellenwert eines nassen Furzes aufs Auge.
Kurz und gut, ich wollte dieser Situation möglichst schnell entkommen und zwar bevor ich alt und tatterig bin. Das heißt nicht, dass ich nichts mehr arbeite. Nur setze ich mein Können nicht mehr im Sinne irgendwelcher Shareholder ein. Ich bemühe mich jedoch nur noch um Aufträge, die mir sinnvoll erscheinen. Dabei geht es mir tatsächlich nur um Sinnhaftigkeit. Unser Lebensunterhalt wird durch andere Einnahmen gedeckt.
Sicher, ich könnte dieses Geschäft auch von Deutschland aus betreiben. Aber ich wollte Ergebnisse meiner Arbeit im wahrsten Sinne des Wortes auch begreifen, also anfassen können.
Und außerdem ist das Wetter hier besser und es riecht nach Bananen.