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Monitor
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Granadaseggl
Unter Westfalen hat geschrieben:Frage an die Nipponophilen hier.
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@Unter Westfalen,

kennst Du

Die zehn Lieben des Nishino von Hiromi Kawakami

Nishino ist der perfekte Liebhaber, der die geheimen Wünsche jeder Frau errät. Warum hat keine seiner Lieben Bestand? Es beginnt schon in der Schule. Warum ist die Welt so unendlich? fragt Nishino seine Freundin, um sie gleich mit der nächsten zu betrügen. Ein Mädchen spricht ihn auf der Straße an und will sofort Sex mit ihm. Seine Chefin hat sich geschworen, nichts mit ihm anzufangen, bis er sie aus heiterem Himmel verführt. In seinen Fünfzigern möchte er zusammen mit einer jungen Geliebten sterben, doch so weit will sie nicht mit ihm gehen. "Die zehn Lieben des Nishino" erzählt nicht nur von diesen zehn Beziehungen, sondern – poetisch und genau – vom Verhältnis zwischen Mann und Frau. amazon


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Zehn Episoden aus dem Lieben Nishinos enthüllen Stück für Stück ein traurige Geschichte, nämlich die eine Mannes, der aus Angst davor, dass die Liebe nicht ewig währt oder Veränderungen erfahren könnte, sich lieber gar nicht auf die Liebe einlässt. Nishino erfüllt seine Prophezeiung damit selbst, da er auch nach der zehnten Liebesgeschichte nicht in der Lage gewesen ist, sich der Liebe völlig hinzugeben. Liebe heißt loslassen, aber Nishino muss sie entweder verkrampft festhalten oder sie ängstlich zurückweisen. „Nishino verströmte stets eine gewisse Kälte.“ (S. 101) Seine Gier nach Liebe scheint auch daher zu rühren, dass er nicht lieben kann - oder nicht dem Bild dessen entsprechen kann, was er für die Idee der Liebe hält. Er vermittelt seine mangelnde Bereitschaft sich aufzugeben, obgleich er andererseits einfühlsam erscheint, hingebungsvoll und stets sehr höflich. „Wovor hatte er sich gefürchtet? Und warum hatte ich mich davor gefürchtet, ihn zu lieben?“ (S. 133)

Die Berichte der zehn Frauen folgen einander nicht chronologisch, die letzte Frau ist die vorletzte Geschichte. Gerade in ihr wird deutlich, wie wenig sich Nishino in seinem Leben entwickelt hat, wie sehr er im Probierstadium der ersten Liebe stecken geblieben ist, ahnungslos, was bei ihm schief gegangen ist. Mitunter schwebt der Vergleich mit Houellebecqs Geschichten vorbei.

Warum wirkt Nishino so widersprüchlich? Mir scheint, dass Kawakami in ihrem Bändchen eigentlich von mehr als einem Mann erzählt, nämlich eigentlich von vielen japanischen Männern, oder womöglich vom postmodernen japanischen „Jungen“ schlechthin, der sich nichtmehr festlegen will, dem das Verhältnis zu zwischen menschlichen Gefühlen abhanden gekommen ist und der mit dem Korsett der strengen japanischen Gesellschaft hadert. Letztlich entspricht diese traurige Analyse der melancholischen Erzählweise Kawakamis, die knapp und präzise ist, behutsam und zart - aber auch distanziert, kühl und zurückhaltend. Viele Szenen wirken zudem „japanisch“, indem sie uns fremde Gebräuche, Handlungsweisen, Bewertungsschemata und - hier besonders auffällig - kulinarische Fremdheiten vermitteln.

„Die zehn Lieben des Nishino“ ist ein brillant erzähltes Kaleidoskop über die Liebe, den falschen Zeitpunkt und die schwierige Suche nach dem Liebesglück. Review amazon
I could write several novels about what I do not know.








Nilkheimer
Halbdaggl
Haber hat geschrieben:DIE AUTORITÄRE REVOLTE
DIE NEUE RECHTE UND DER UNTERGANG DES ABENDLANDES
von: Volker Weiß
gibts als Buch um 20 Euro aber auch als Band von der Bundeszentrale für politische Bildung

dort bestellbar um 4,50 Euro, kein Porto!


:!:
Aber das macht doch nichts.

Tamasi
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Grasdaggl
Ein wirklich schönes Buch mit viel menschlicher Wärme:

„Marzahn, mon Amour.“

Kein Geheimtipp, ist ja wohl auf Bestsellerlisten. Meines Erachtens zu Recht.

Allerdings sehr schmal und darum schnell gelesen. In Zeiten wir diesen braucht man ja eher dicke Wälzer... A propos: Ich habe heute in der Mittagspause mit „Die Brautleute“ angefangen, war hier ja neulich Thema...


Bundes-Jogi
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Grasdaggl
Unter Westfalen hat geschrieben:Ich werde mir den Decameron wieder mal vornehmen.


Gute Idee. Passender Anlass. Und netter als Poes "Die Maske des roten Todes." Und da findet man auch die originale Ring-Parabel, die Lessing in seinen "Nathan" eingebaut hat, und damit Schpüler wie Lehrer traumatisert hat.
Ich habe gerade den neuen Stuart MacBride glesen. Streckenweise recht ... rustikal und auch brutal, dafür aber auch wieder gant pechtiefscwarzer schottischer Humor, da ist englischer Humor brav und harmlos. abraten würde ich von Arne Dahls SECHS MAL DREI. Ich bin eigentlich ein toleranter und geduldiger Leser, aber hier hatte ich nach knapp 80 Seiten die Faxen dicke. Die Personen/Charaktere durch die Bank uninteressant und unsympathisch, eine an den Haaren herbeigezogene, unrealistische Geschichte, dazu zäh und langweilig. Dahl konnte das schon viel besser. Sein neues Buch werde ich auch nicht lesen. Ist eine Fortsetzung des grauslichen Buchs, und da müsste ich das ja zu Ende lesen. Und das widerstrebt mir. Ich habe davor erst einmal ein Buch nicht zu Ende gelesen, "Die fünfte Stimme" von Rolf und Cilja Börjelund, dort habe ich es auuf 380 Seiten geschafft, bis mir die Lektüre verleidet war.
„Selbst das wildeste Tier kennt doch des Mitleids Regung“ – „Ich kenne keins und bin deshalb kein Tier“ (Richard III).

Habe jede Menge ungelesene Bücher. Man hat in den letzten Jahren ja wesentlich mehr Filme geglotzt oder die Zeit in sozialen Medien verplempert.

z.B. Joseph Anton, Salman Rushdies autobiografisches Buch über die Zeit während der Fatwa.

Unter Westfalen
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Grasdaggl
Habe ich noch als Gastspiel im alten Schauspielhaus in der Kleinen Königstr. erlebt. Den Schauspieler, der die Pest verkörpert hat, habe ich noch bildlich vor Augen (Glatzkopf). Aber ich komme nicht mehr auf seinen Namen. War einer der berühmtesten Schauspieler Deutschlands in den 50er Jahren. Nein, nicht Gründgens.

Ich glaube, der einzige, der hier helfen könnte, ist Rudi.

Übrigens, wer das Theater von innen kennt: Damals war die gesamte Beleuchtung vorne auf dem Rang installiert. Der Beleuchter kam kurz vor Beginn, hob die Türe des großen verschlossenen Kastens hoch und stieg hinein wie ein U-Boot Kommandant. Was die während der Vorstellung wohl geschwitzt haben.
Für eine freie und selbstbestimmte Ukraine.

Unter Westfalen
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Grasdaggl
Nice Weather hat geschrieben:Habe jede Menge ungelesene Bücher. Man hat in den letzten Jahren ja wesentlich mehr Filme geglotzt oder die Zeit in sozialen Medien verplempert.

z.B. Joseph Anton, Salman Rushdies autobiografisches Buch über die Zeit während der Fatwa.


Vielleicht wage ich mich doch noch an "Ulysses" in der ersten deutschen Übersetzung. dtv-Taschenbuch, als Abiturient gekauft und nie gelesen.
Für eine freie und selbstbestimmte Ukraine.

Unter Westfalen
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Grasdaggl
Unter Westfalen hat geschrieben:Habe ich noch als Gastspiel im alten Schauspielhaus in der Kleinen Königstr. erlebt. Den Schauspieler, der die Pest verkörpert hat, habe ich noch bildlich vor Augen (Glatzkopf). Aber ich komme nicht mehr auf seinen Namen. War einer der berühmtesten Schauspieler Deutschlands in den 50er Jahren. Nein, nicht Gründgens.

Ich glaube, der einzige, der hier helfen könnte, ist Rudi.

Übrigens, wer das Theater von innen kennt: Damals war die gesamte Beleuchtung vorne auf dem Rang installiert. Der Beleuchter kam kurz vor Beginn, hob die Türe des großen verschlossenen Kastens hoch und stieg hinein wie ein U-Boot Kommandant. Was die während der Vorstellung wohl geschwitzt haben.


Ich bin fündig geworden. :banane:
Es war Ernst Schröder. Und den Gegenpart spielte der junge Helmut Griem. Es war ein Gastspiel der Ruhrfestspiele Recklinghausen.
1962
Für eine freie und selbstbestimmte Ukraine.



Bundes-Jogi
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Grasdaggl
Haber hat geschrieben:Die Pest von Camus.


Das hat in der Tat was.
„Selbst das wildeste Tier kennt doch des Mitleids Regung“ – „Ich kenne keins und bin deshalb kein Tier“ (Richard III).

Bundes-Jogi
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Grasdaggl
Unter Westfalen hat geschrieben:
Unter Westfalen hat geschrieben:Habe ich noch als Gastspiel im alten Schauspielhaus in der Kleinen Königstr. erlebt. Den Schauspieler, der die Pest verkörpert hat, habe ich noch bildlich vor Augen (Glatzkopf). Aber ich komme nicht mehr auf seinen Namen. War einer der berühmtesten Schauspieler Deutschlands in den 50er Jahren. Nein, nicht Gründgens.

Ich glaube, der einzige, der hier helfen könnte, ist Rudi.

Übrigens, wer das Theater von innen kennt: Damals war die gesamte Beleuchtung vorne auf dem Rang installiert. Der Beleuchter kam kurz vor Beginn, hob die Türe des großen verschlossenen Kastens hoch und stieg hinein wie ein U-Boot Kommandant. Was die während der Vorstellung wohl geschwitzt haben.


Ich bin fündig geworden. :banane:
Es war Ernst Schröder. Und den Gegenpart spielte der junge Helmut Griem. Es war ein Gastspiel der Ruhrfestspiele Recklinghausen.
1962


Ernst Schröder... Ja, tragisches Schicksal. Seine Tochter Christiane, auch Schauaspielerin, hat sich Ende der 70er von der Golden Gate Bridge gestürzt. Schröder selbst beging in den 90ern ebenfalls Selbstmord. Er sprang aus einem Fenster der Charité, nachdem er die Diagnose Krebs erhalten hatte. 1992 hat er in einer "Derrick"-Folge einen Vater gespielt, dessen Tochter sich den "goldenen Schuß" gesetzt hatte. Herr Borgelt (so hieß die Figur) suchte die KLeute auf, von denen er erfahren hatte, dass sie mit zum Tod der Tochter beigetragen wurde. Und am gleichen Abend wurden diese Leute ermordet. Borgelt hatte ein glänzendes Alibi, zur Tatzeit ließ er sich jeweils ein mehrgängiges Menü servieren. Die Folge hieß dann auch "Die Festmenüs des Herrn Borgelt" und war eine der ersten "Derrick"-Foolgen, in denen die übersichtliche Handlung von moralphilosophischen Endlosdiskussionen geradezu erdrückt wurde.

„Selbst das wildeste Tier kennt doch des Mitleids Regung“ – „Ich kenne keins und bin deshalb kein Tier“ (Richard III).


Hasenrupfer
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Grasdaggl
Also ich bin nicht so der große Belletristiker, lese eher "Sachbücher" (schreckliche Bezeichnung), und bin daher immer bissle hinterher, aber hab vor kurzem endlich den vorletzten TC Boyle gelesen:

The Harder They Come ist ordentlich, aber der Plot relativ dünn und irgendwie auch belanglos, trotz der Aktualität des Themas. Die Charakterzeichnungen sind allerdings wie immer exzellent, sehr nuanciert, und die Beschreibung der psychotischen Gedankenwelt des Protagonisten erschreckend lebensecht.

Sehr gefallen hat mir dafür "Tyll" von Daniel Kehlmann. Seine "Vermessung der Welt" hab ich nach 100 Seiten aufgegeben, furchtbarer Stil, aber ein historisch fundierter Schelmenroman zur Zeit des Dreißigjährigen Kriegs, garniert mit wohldosierten Momenten des Magischen Realismus? Cool.


Tamasi
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Grasdaggl
Ich habe letztes Jahr tatsächlich "Die Brautleute" von Alessandro Manzoni gelesen, in der (Neu-)Übersetzung von Burkhart Kroeber. Letzteres ist wichtig, weil das Buch in dieser Übersetzung erstaunlich flüssig zu lesen ist - immerhin ist es ein Roman aus dem Jahr 1840 (ca.) und die Geschichte spielt nochmal 200 Jahre früher, um 1640 (ca).

Aber großartig! Aufgrund der verschiedenen Handlungsstränge kam ich mir manchmal vor wie in einer Netflix-Serie. :D

Und inhlatlich natürlich auch der Knaller. Ja klar, dramatische Herz-Schmerz-Romanze, Gut & Böse und dazu höchst interessante historisch-politische Details... aber vor allem natürlich, wenn auch erst spät im Buch: Die Pest. Deswegen kam ich ja nur auf dieses Buch; der Tagesspiegel hatte den Brief eines Mailänder Lehrers veröffentlicht, der Corona-bedingt an diesen Roman und die Lehren daraus erinnert hat.

Tatsächlich ist es verrückt, wie "aktuell" manche Beschreibungen sind - Pest im Vergleich zu Corona. Natürlich nicht konkret auf die Krankheiten bezogen. Aber bspw. auf die Reaktionen: Die ganzen Leugner, die nur hören & glauben, was sie glauben & hören wollen... Die Verschwörungstheorien, Schuldzuweisungen, der Hass auf Gelehrte, die die Pest als das benennen, was sie ist... Und natürlich Leute, die behaupten, es gäbe gar keine Pest. Der Mensch ändert sich doch weniger als gedacht.

A propos: Aktuell empfehle ich "Flucht" von Andreas Kossert.

Unter Westfalen
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Grasdaggl
Mit Manzoni war Giuseppe Verdi persönlich befreundet und auch über dieselben politischen Ansichten emotional verbunden.

Aus Wikipedia:

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Erneut beschäftigte sich Verdi mit dem Requiem-Stoff, nachdem 1873 der Dichter Alessandro Manzoni verstorben war. Verdi hatte den hochangesehenen Manzoni, Identifikationsfigur des Risorgimento – der italienischen Nationalbewegung, deren Vertreter auch Verdi selbst war (vgl. Viva Verdi) –, zutiefst verehrt. Er offerierte der Stadt Mailand die Komposition einer Messe, die ein Jahr nach Manzonis Tod aufgeführt werden sollte. Die Stadt nahm dankend an. Nachdem Verdi 1871 mit der Oper Aida einen bahnbrechenden Erfolg errungen hatte, der ihm auch in Deutschland endlich zur Anerkennung verhalf, komponierte Verdi die Messa da Requiem als sein vorläufig letztes Werk.

Wie vorgesehen, fand die Uraufführung am ersten Todestag Manzonis, dem 22. Mai 1874, in der Kirche San Marco zu Mailand statt. Der originale Titelzusatz „Per l’anniversario della morte di Alessandro Manzoni XXII Maggio MDCCCLXXIV“ (siehe Abbildung rechts) schreibt diese Aufführung als eigentliche Werkbestimmung fest. Schon im gleichen Jahr jedoch führte Verdi das Werk in Paris auf und brachte es 1875 auch nach London und Wien. Die Erstaufführungen im Deutschen Reich fanden im Dezember 1875 in Köln und in München statt, kurz darauf folgte Schuchs Erstaufführung in der Dresdner Semperoper.

Wegen des Widmungsträgers bezeichnete man einst Verdis Messa da Requiem als Manzoni-Requiem. Der Begriff war vor allem im deutschen Raum in den Jahren nach den ersten Aufführungen geläufig, wurde jedoch bereits im 20. Jh. nicht mehr verwendet. Umgangssprachlich bedient man sich heute der Bezeichnung Verdi-Requiem, während für Konzertankündigungen häufig der Originaltitel Messa da Requiem eingesetzt wird.


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Danke für den Hinweis, Tamasi. Ich wollte das Buch schon immer lesen. Jetzt nehnme ich es in Angriff.
Für eine freie und selbstbestimmte Ukraine.