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Frank N Furter
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Himbeertoni
Kennt ihr das: "Citizen Science"? Gab schon einige Zeitungsberichte darüber und erfreut sich angeblich immer größerer Beliebtheit. "Amateure forschen", könnte man es auch nennen, da sind aber wirklich sehr coole Projekte dabei. Das BMBF fördert das jetzt und da nicht alle Leute sich regelmäßig über BMBF-Förderprogramme informieren, stelle ich das einfach mal hier ein, vielleicht sagt ja jemand rein zufällig: "das ist genau das Programm auf das ich gewartet habe"...

https://www.bmbf.de/foerderungen/bekann ... -1224.html

Übrigens: einer der größten Entdeckungen zum Ende des letzten Jahrhunderts kam von einem "Amateurforscher" und es war nichts Astronomisches...
https://bit.ly/2x1Kpuf

Nilkheimer
Halbdaggl
Also wenn sich das wirklich an den "Bürger" richten will, ist die Aufmachung natürlich eine große Katastrophe - unsexier geht kaum. Aber es wird sicherlich genügend Nerds geben, die sich da angesprochen fühlen und mit Begeisterung mitmache - und dann ist das ja alles schön und gut so.
Aber das macht doch nichts.

fkAS
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Halbdaggl
Frank N Furter hat geschrieben:Übrigens: einer der größten Entdeckungen zum Ende des letzten Jahrhunderts kam von einem "Amateurforscher" und es war nichts Astronomisches...

Willst du uns unwissende nicht aufklären?

Frank N Furter
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Himbeertoni
Der Mann heißt Günter Wächtershäuser.

https://de.wikipedia.org/wiki/G%C3%BCnt ... %C3%A4user

Hintergrund: Eine der größten und rätselhaftesten Fragen ist die Frage, wie das Leben überhaupt entstehen konnte. Hierzu gab es seit dem frühen letzten Jahrhundert etliche Theorien, die alle eines gemeinsam haben: sie hielten dem "test of time" nicht stand. Bis zu G.W. war die Forschung und Theorienbildung nicht nur in einer Sackgasse, sondern noch viel weitergehend, erschien es immer rätselhafter und unmöglicher, dass Leben überhaupt entstehen kann. Es schien einfach chemisch unmöglich. Die Zweifel wuchsen auch unter Wissenschaftler so stark, dass Kreationisten in das Feld einstiegen und die Zweifel der Wissenschaft gegen die Evolutionstheorie ins Feld führten.

Ich verkürze das jetzt hier ein bisschen, aber ohne das Wesentliche wegzulassen:
- Es war ursprünglich ein fester Glaube in der Biologie, dass Leben nur in Wasser entstehen kann. Nur die Anomalien des Wassers bieten die Voraussetzungen, dass organische Chemie als Lösungsmittel braucht. So sucht man ja bis heute auf fernen Planeten zu allererst nach Wasser. Doch das Wasser hat gleichzeitig einen enormen Nachteil: es verdünnt jeden "chemischen Ansatz". Die chemischen Vorgänge die zu den Molekülen des Lebens führten (Proteine, Kohlewasserstoffketten usw.) benötigen zwingen Energie, sie sind endotherm. Ein einzelner Blitz der in die Ursuppe hineinfährt nützt hier gar nichts, weil man die Energie andauernd, stetig und in hoher Dichte benötigt. Als das Leben entstand gab es noch keinen einzigen molekularen Energieträger. Da blieb dann theoretisch nur noch eine einzige Energiequelle übrige: die sagenhafte Entropie. Das heißt: ich habe bei einer chemischen Reaktion so viele Ausgangstoffe (Edukte) im Überschuß gegen die entstehendes Produkte, dass, obwohl der Vorgang endotherm ist, die Reaktion spontan trotzdem abläuft, quasi energetisch "den Berg auf", weil stochastisch eine so große Wahrscheinlichkeit dafür besteht, aufgebaut aus dem dramatischen Überschuß von Edukten zu Produkten. Und genau an der Stelle hast du mit Wasser ein riesen Problem. Wasser verdünnt dir nämlich die Aufkonzentration der Ausgangsstoffe. Im Meer kann es eine solch spontan ablaufende Reaktion nicht geben, schlicht weil es die Entropie verhindert. Die Stoffe verteilen sich im Wasser gleichmäßig, wie wir alle wissen. An dieser Stelle kam man jahrelang nicht weiter: einerseits brauchte man das Wasser dringend, andererseits zerstörte es jede Reaktionsgleichung.

Und dann kam ein bereits ziemlich in die Jahre gekommener Patentanwalt daher, Günter Wächtershäuser, der mal vor Unzeiten Chemie studiert hatte und fand das alles sehr spannend. Sonst will der Volks- aber auch der Wissenschaftstribun immer gerne wahnsinnig junge Himmelsstürmer. G.H. war hier also Faktotum und Fossil in einem.
G.W. postulierte Eisen-Schwefel-Verbindungen die wie eine Art erste Proto-Enzyme wirkten und Energie übertragen konnten. Natürlich verursachte er damit große Widerstände bei arrivierten Wissenschaftlern. Aber die DFG zeigte sich hier mal erstaunlich flexibel und ließ es zu - freilich gab es einige Professoren die ihn auch aktiv stützten - dass er DFG-Anträge schreiben durfte. Mittlerweile gilt seine Hypothese experimentell als sehr weitgehend bewiesen.

Günter Wächtershäuser ist 78 Jahre alt und wenn er es schafft noch ein bisschen weiter zu leben, wird er den Nobelpreis für Chemie erhalten. In den letzten 3-4 Jahren wurde der gesamten Fachwelt klar, wie umfassend und weitreichend seine Arbeit ist. Auch seine Ergebnisse wurden in dieser Zeit zigfach bestätigt. Wer die Chance hat ihn mal in einem Vortrag zu sehen, sollte das auf keinen Fall verpassen, er ist in Analogie quasi der Albert Einstein der Biologie.
https://bit.ly/2x1Kpuf



higgi
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Grasdaggl
Etwas dramatisiert dargestellt.
1. ist der Mann Biologie Proffessor, also nicht gerade ein "Bürger"
2. Diese Theorie ist schon 30 Jahre alt
3. ich finde keinen Nachweis das der gute Mann irgendwas mit diesem citizen science Projekt zu tun hat

Finde das Projekt aber durchaus spannend. Gibts eine Top 10 Liste mit den größten Rätsel der Menscheit??
von daher

fkAS
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Halbdaggl
higgi hat geschrieben:Etwas dramatisiert dargestellt.
1. ist der Mann Biologie Proffessor, also nicht gerade ein "Bürger"
2. Diese Theorie ist schon 30 Jahre alt
3. ich finde keinen Nachweis das der gute Mann irgendwas mit diesem citizen science Projekt zu tun hat

Finde das Projekt aber durchaus spannend. Gibts eine Top 10 Liste mit den größten Rätsel der Menscheit??

Ja, etwas zu dramatisch... nachdem ich hier nachgelesen hab: http://www.zeit.de/1992/47/tuechtig-in- ... e-gespuckt

Die Professur hat er aber erst später bekommen. Als er die Theorie entwickelt hat, war er Patentrechtsanwalt, aber kein Laie, sondern in Chemie promoviert. Und er hatte Kontakte zur Forschung - anders geht's auch nicht. Theorien werden seltenst im stillen Kämmerlein entwickelt.
Natürlich hat das nix direkt mit dem Citizen-Projekt zu tun, aber der Mann gilt als Beispiel, dass man auch außerhalb der institutionalisierten Forschung zu brillianten Ideen kommen kann. Und in der Hinsicht ist er schon ein gutes Beispiel.

higgi
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Grasdaggl
Ich kann mir nicht so recht vorstellen dass das Leben das Ergbnis von irgendwelchen molekularen chemischen Reaktionen + Energie ist.
Ich bin zwar kein Kreationist, aber das muss irgendwie anders abgelaufen sein
von daher






Tifferette
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Grasdaggl
Aber das ist doch schön - da trifft er Karl Popper, und dann wird veröffentlicht. Initialzündung.

Bei Popper muss ich mir immer wieder vorstellen, wie der in Neuseeland festsaß und ihm sämtliche Beförderungen verweigert wurden, weil er zu wenig publizierte und gleichzeitig noch mehr hätte lehren sollen. Das sagt auch schon einiges über deren Unisystem aus....
"They may be drinkers, Robin, but they are also human beings."

(Batman)







Plan B
Halbdaggl
Nice Weather hat geschrieben:Everything in this world is about sex, except sex. Sex is about power.

Frank Underwood Oscar Wilde Robert Michels (angeblich)


Also nach Richard Feynman:
Mathematik und Sex haben einen wissenschaftlichen Hintergrund, aber das ist nicht der Grund, warum man es macht.

(Frei zitiert).
Carpe diem.

Frank N Furter
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Himbeertoni
Bestimmt hat sich jeder von Euch schonmal gefragt, wie es zum Phänomen eines Deja-vu kommt. Dazu gab es schon seit sehr langer Zeit (schriftlich belegt, interessanter Weise bereits bei den klassischen Griechen) verschiedenste Ideen und Theorien. Die meisten davon hielten einer genaueren Prüfung aber nicht stand.

Nun, ich würde das wohl kaum schreiben, wenn dieses Phänomen jetzt nicht zum ersten mal auf eine profunde wissenschaftliche Art gelöst zu sein scheint. Forscher aus dem Max-Planck-Institut für Neurobiologie, Göttingen haben eine so einfache und plausible Lösung präsentiert, dass man sich jetzt nur noch wundern kann, warum niemand früher drauf kam:

Das Journal ist öffentlich zugänglich, so dass ich die Quelle hier auch im Original verlinken kann:
https://elifesciences.org/content/6/e22431

Wer es nicht lesen will, oder wem auch eine Kurzfassung reicht:
- Unsere Netzhaut funktioniert ein bisschen so wie ein autonomes "Vorgehirn". Das war schon immer bekannt. Neu ist, dass es ähnlich vielleicht wie eine Digitalkamera, BIlder die die Netzhaut "aufnimmt" vergleichen kann mit Bildern die die Netzhaut schon einmal gesehen hat.
- Wenn nun die Netzhaut dem sensorischen Cortex in unseren Gehirn meldet schonmal ein Bild gesehen zu haben, aber in den nachgeschalteten Gehirnzentren wurde dieses Bild nie gespeichert (also nicht nur "vergessen", sondern wirklich nie gespeichert!), dann ergibt sich die "schizophrene" Situation, dass sich das Auge sicher ist, etwas "wiedergesehen=deja-vu" zu haben, während unser Gehirn beim besten Willen keine Erinnerungsspur davon findet. Das führt dann wohl genau zu dem irritierenden Gefühl, dass wir wahrscheinlich alle kennen......
https://bit.ly/2x1Kpuf