Vor dem nervenzerfetzenden Spiel noch etwas zur Entspannung:
CZ schrieb:Die Einladung von John Cranko als Gastchoreograph wurde übrigens von Beriozoff initiiert, der dann nach dem Erfolg des "Pagodenprinzen", als Walter Erich Schäfer unbedingt Cranko fest engagieren wollte, großzügig seinen Vertrag auflöste und zum Ballet de Marquis de Cuevas ging.
Du siehst, Du sprichst hier zu einem absoluten Ballettfan und Stuttgarter Ballett-Kenner, insofern für mich (leider) nichts Neues.
Ich bin noch mal zu den Quellen gegangen, da ich den Abgang von Beriozoff etwas anders in Erinnerung habe. Walter Erich Schäfer stellt es in seinen Erinnerungen („Bühne eines Lebens“, DVA 1975) so dar:
Beriozoff fühlte sich überarbeitet und schlug für das nächste Ballett einen Gastchoreographen vor. Am Royal Ballet in London gäbe es einige hoffnungsvolle Choreographen und er nannte Schäfer die Namen Kenneth MacMillan und John Cranko. Schäfer verließ sich auf Beriozoff, dessen Tochter, Swetlana Beriosofa, eine berühmte Tänzerin, rief in London an.
„Cranko hat Zeit und ist im übrigen rechtbegabt.“
So kam es zur Verpflichtung von Cranko für den „Pagodenprinz“. Das Stück beurteilte Schäfer durchaus zwiespältig, aber:
„Sie (die Solonummern) waren alle von einer Lebendigkeit, einem Können, einem Eingehen auf die Stärken – und auf die Schwächen – der Tänzer, daß ich nichts anderes mehr im Kopf hatte, als das: Diesen Mann müssen wir haben.….
….Danach sprach ich mit Beriosow. Es war, natürlich, eines der unangenehmsten und schwierigsten Gespräche meiner Intendantenzeit. Ich legte ihm dar, daß nach der Bekanntschaft mit Cranko es mir besser scheine, wenn dieser bleibe und er, Beriosow, sich nach einer anderen Ballettmeisterstelle umsehe. Ich sei gern bereit, ihm dabei zu helfen.“…Beriozoff wies Schäfer auf einige Fehler in der Choreographie Crankos hin, worauf Schäfer zur Antwort gab, es komme bei keiner künstlerischen Leistung auf die Fehler an, sondern darauf, ob das Geglückte im Zentrum sitze.
…“nach kurzer Pause meinte Beriosow, unsere weitere Zusammenarbeit habe nur Sinn, wenn ich von dem Nutzen seiner Tätigkeit überzeugt sei. Sei ich das nicht, so würde auch er, so leid es ihm tue, eine Trennung für sinnvoller halten. Die Unterredung dauerte nicht länger als eine halbe Stunde. Noch heute habe ich vor seiner Reaktion die größte Hochachtung."Übrigens hat Horst Koegler, der Stuttgarter Ballettpapst, 2006, 10 Jahre nach dem Tod Beriozoffs, diesem einen anrührenden Nachruf gewidmet:
https://www.tanznetz.de/blog/7113/ein-blick-zuruck-iiCZ schrieb:Trotzdem Danke für Deine Mit-teilungen, die ich immer sehr gerne lese (auch wenn ich nicht immer Deinen Geschmack teile...)
Darüber musst Du dir jetzt wirklich keine tiefschürfenden Gedanken machen. Ich weiß, dass ich – vor allen Dingen dirigentenmäßig – in musicis mehrdimensional unterwegs bin.
Hier wieder einmal ein schönes Beispiel:
Rodszinski nahm, wie übrigens Hermann Scherchen auch, Werke für das amerikanische Label „Westminster“ auf. Die großen Klassiklabels waren an diesen beiden Ausnahmedirigenten nicht interessiert.
In der Anfangszeit erschienen die Aufnahmen in Deutschland bei der Deutschen Grammophon unter dem Label „Heliodor“, das zunächst im Pop-Bereich für Nachwuchskünstler, u.a. Udo Jürgens, gedacht war und auf dem später Klassikaufnahmen veröffentlicht wurden, die nicht in die Verkaufsstrategie des Gelbetiketts gehörten, die man aber immerhin für so gut hielt, dass man sie dem deutschen Markt nicht vorenthalten wollte.
Hör mal rein. Selbst einem so bekannten Werk wie dem Nussknacker kann man noch neue Nuancen abgewinnen. Ich habe mir die Aufnahme vor Jahren als CD gekauft, als die "Westminster"-Serie aus der Frühzeit der Stereophonie bei Polygram neu aufgelegt worden ist.