Unter Westfalen hat geschrieben:Aber ihm hier zuzusehen ist faszinierend. Wie ein Magier beschwört er sein "Orchester". Ab und zu fixiert sein kaltes Adlerauge einzelne Musiker. Die Kiefer mahlen stetig und zeigen seine Anspannung. Die Hände, arthrotisch oder gichtig verkrümmt, beherrschen das Orchester und nur beim Finale nimmt er die Arme zu Hilfe mit weit ausholenden Bewegungen wie Theodorakis auf seinen Konzerten.
Die Zeitgenossen Celibidaches bei den Berliner Philharmoniker haben Karajan als faszinierenden Zeitgenossen beschrieben, aber bei seinem Dirigat habe man nicht genau verstanden, was er eigentlich wollte. Mir geht es auch so. Und mit zunehmendem Alter spielte das Orchester alleine (wenn nicht sogar von Beginn an schon so...), während er sich an seinen Posen berauschte.
Habe leider nur eine ältere Aufnahme des Boleros gefunden, den Celibidache mit den Münchnern noch im Herkulessaal dirigiert (der akustisch noch problematischer als die Philharmonie am Gasteig ist). Leider ist die Akustik der Aufnahme auch nicht annähernd mit dem Erlebnis im Konzertsaal zu vergleichen. Aber bei Celi ist am Dirigat sehr schön die Steigerung in der Dynamik zu sehen (und am Schluss brüllt er mal wieder mit). Er vergisst aber nie, den Takt vorzugeben. Und an vielen Kleinigkeiten in der Phrasierung merkt man, wie ohne jede Routine musiziert wird...
Ein Video mit besserer Aufnahmequalität ist ein älteres, das ihn bei seiner Arbeit mit dem Danish National Radio Symphony Orchestra zeigt. (Er hat ja zwischen den Berliner und den Münchner Philharmonikern fast ausschließlich mit Radiosinfonieorchestern gearbeitet, weil nur die ihm ausreichend Probenzeit zugestanden haben...)
Wie sehr es die Berliner Philharmoniker nach Karajan und Abbado wieder nötig hatten, an der Frische beim Musizieren zu arbeiten, zeigt dieser kleine Ausschnitt aus dem schon weiter oben zitierten Feature zu der "Wiedervereinigung" zwischen BPO und Celibidache, der auf ausdrücklichen Wunsch Richard von Weizsäckers diesen bei einer Auslandsreise begleitete und dort Bruckners Siebte Symphonie eben mit den Berlinern aufführte. Ganz typisch selbst in diesem kurzen Ausschnitt zeigt sich, wie Celi die Grundlagen des "Symphonischen" (des "Miteinander Klingens") im "Aufeinander Hören" und "Voneinander Übernehmen" einfordert.
Wenn die Unfähigkeit einen Decknamen braucht, nennt sie sich Pech.
- Charles Maurice de Talleyrand -