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Halbdaggl
Tifferette hat geschrieben:@UWe: Zur NZZ finde ich das hier ganz interessant.

https://www.zeit.de/2020/13/neue-zuerch ... rnheit-afd

Das trifft ziemlich genau meine Wahrnehmung. In internationalen Sachverhalten meist sehr nüchtern und ausgewogen, das lese ich häufig mit Gewinn. Auf Deutschland bezogen (aus dem Berliner Büro kommend) hingegen meist schrill. Interessant inbesondere das mit der eigens für den deutschen Markt zusammengestellten Seite.

Man muss sich das mal andersrum vorstellen: Da kommt eine deutsche Zeitung in die Schweiz oder nach Österreich, nach Frankreich gar, und erklärt den Nachbarn, was bei ihnen alles falsch läuft. Sie würde wegen Selbstgefälligkeit und Arroganz verlacht oder gleich verjagt werden. (Die ZEIT musste sich das zu Beginn ihrer Österreich- und Schweiz-Expansion immer mal wieder anhören.)

Nicht ganz von der Hand zu weisen.


Das wundert einen in der Schweiz ansässigen Deutschen überhaupt nicht.

Zum einen brauchen es insbesondere viele (nicht alle!) Deutschschweizer für ihr Nationalgefühl, sich von Deutschland abzugrenzen - und sei es auch, indem man mit dem Finger darauf hinweist, was im Nachbarland (und in der EU) alles schiefläuft und was die Schweiz viel besser macht.

Zum anderen schreibt hier der Rechtsausläufer aller Parteien (die SVP), der noch (!) insbesondere im ländlichen Raum die politische Vormachtstellung besitzt, Dinge in seine Wahlkampfschreiben, die die fremdenfeindlichen Aussagen der AFD bei weitem übertreffen und die einem eher liberalen Deutschen wahlweise die Schames- und/oder Zornesröte ins Gesicht treiben.

Doch selbstgefällig und besserwisserisch sind aus Schweizer Sicht nur und ausschließlich die Nachbarn aus dem Großen Kanton...
Wenn die Unfähigkeit einen Decknamen braucht, nennt sie sich Pech.

- Charles Maurice de Talleyrand -

Unter Westfalen
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Grasdaggl
Tifferette hat geschrieben:@UWe: Zur NZZ finde ich das hier ganz interessant.

https://www.zeit.de/2020/13/neue-zuerch ... rnheit-afd

Das trifft ziemlich genau meine Wahrnehmung. In internationalen Sachverhalten meist sehr nüchtern und ausgewogen, das lese ich häufig mit Gewinn. Auf Deutschland bezogen (aus dem Berliner Büro kommend) hingegen meist schrill. Interessant inbesondere das mit der eigens für den deutschen Markt zusammengestellten Seite.

Man muss sich das mal andersrum vorstellen: Da kommt eine deutsche Zeitung in die Schweiz oder nach Österreich, nach Frankreich gar, und erklärt den Nachbarn, was bei ihnen alles falsch läuft. Sie würde wegen Selbstgefälligkeit und Arroganz verlacht oder gleich verjagt werden. (Die ZEIT musste sich das zu Beginn ihrer Österreich- und Schweiz-Expansion immer mal wieder anhören.)

Nicht ganz von der Hand zu weisen.


Wie gut, dass wir die gute alte Tante ZEIT noch haben.

Ich ergänze Deinen Digest noch ein wenig durch die Passagen, die ich für bemerkenswert halte:

An einem Freitagnachmittag sitzt Marc Felix Serrao in einem Café im Berliner Regierungsviertel und versucht zu erklären, was er da macht. Serrao leitet das Berliner NZZ-Büro seit 2017. Er ist 42 Jahre alt, Deutscher, hat lange bei der Süddeutschen Zeitung gearbeitet und dann bei der Frankfurter Allgemeinen Sonntagszeitung, er hat in Berlin Politik studiert und in Köln eine Journalistenschule besucht. Viel mehr betriebstypische deutsche Medienbiografie geht nicht. Jetzt aber bewegt sich Serrao mit seiner Mannschaft hart am Rand dieses Betriebes. Er spottet in seinen Kommentaren über die "anbiedernden Lobhudeleien" vieler deutscher Journalisten für Bundeskanzlerin Angela Merkel, beklagt ein "politisch-mediales Trommelfeuer" von linksgrüner und bürgerlicher Presse und findet es überhaupt oft betonenswert, dass sich alle anderen vermeintlich einig sind – was es dann umso wertvoller erscheinen lässt, wenn er und seine Kollegen anderer Meinung sind. Und das sind sie oft. Von Frauenquoten halten sie ebenso wenig wie vom öffentlich-rechtlichen Rundfunk in Deutschland, und den Umgang mit der AfD finden sie übertrieben alarmistisch. Die meisten dieser Texte erscheinen nicht in der gedruckten NZZ, sondern online. Auf einer eigens für die deutschen Leser zusammengestellten Homepage.

Aber genau das bestreiten viele Kollegen in Zürich. Dort heißt es, die Zusammenarbeit mit den Berlinern sei professionell, aber belastet. "Die passen nicht zu unserem Stil", sagt einer. "Ich kann es nicht ab, wenn man sich dümmer stellt, als man ist", kritisiert ein Zweiter. Ein Dritter ärgert sich über den "schreierischen" Ton. Den Schweizern sind die Berliner Kollegen zu aggressiv, zu deutsch. Abgewehrt werde das, heißt es in Zürich, von der Chefredaktion mit dem Hinweis auf die NZZ-eigene Meinungsvielfalt und damit, dass es den Lesern ja gefällt. Im gesamten Monat Februar wurden nur drei andere Online-Artikel mehr gelesen als der Thüringen-Kommentar. Bemerkenswert für ein Schweizer Medium, für das Deutschland nur ein Nebenmarkt ist.

Fragt man Berliner Abgeordnete und Hauptstadtjournalisten, wie wichtig die deutsche NZZ für sie ist, hört man am häufigsten: Eigentlich lese ich die nicht. In die meisten Pressespiegel hat es die Schweizer Zeitung noch nicht geschafft, und selbst der FDP-Abgeordnete Oliver Luksic, der "oft erfrischend und angenehm sachlich" findet, was die NZZ so schreibt, besucht deren Website fast nie.

Die AfD trägt das Ihrige dazu bei. Beatrix von Storch empfahl deutschen Journalisten ein Volontariat bei den Schweizern: "Auf! Bewerben! Ein bisschen Grundkenntnisse können nicht schaden!" Der Thüringen-Kommentar wurde bei Facebook mit am erfolgreichsten verbreitet von AfD-Abgeordneten, darunter Björn Höcke.

Michael Klonovsky, ein Focus-Journalist, über den Serrao 2013 in einer Laudatio schwärmte, er kenne keinen deutschen Journalisten, der "so rücksichtslos gegen den herrschenden Ton und gleichzeitig so schön" schreibe. Heute ist Klonovsky Berater und Redenschreiber des AfD-Vorsitzenden Alexander Gauland.

Oder Akif Pirinçci. Über dessen Buch Deutschland von Sinnen schrieb Serrao im Jahr 2014: "Man ist hier und da hingerissen von der Rücksichtslosigkeit in der Analyse und den vielen wilden Ideen." Pirinçci wurde 2015 wegen Volksverhetzung verurteilt. Serrao sagt, er habe Pirinçci damals als "einen zerrissenen Menschen erlebt", und so habe er ihn auch beschrieben.
Jüngster Fall: Hans-Georg Maaßen, ehemaliger Verfassungsschutzpräsident. Den verteidigte Serrao als einen "der Ersten, die den politischen Betrieb vor den Folgen der unkontrollierten Masseneinwanderung gewarnt haben". Mittlerweile sagt Maaßen über die NZZ, wie schon AfD-Fraktionschef Gauland, diese sei für ihn "wie Westfernsehen", eine Anspielung auf die Rolle westdeutscher Sender in der DDR. Und wieder muss Serrao sich verwahren, er nennt das Etikett "ermüdend und hanebüchen".

Offensichtlich ist dieser Rechtsschwenk von den Eignern der Gazette gewollt. Würde mich nicht wundern, wenn sie über Strohmänner die Partei auch noch sponsern würden.
Für eine freie und selbstbestimmte Ukraine.

Unter Westfalen
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Grasdaggl
Übrigens,
fällt mir jetzt gerade ein.
Die blauzünglige und blaustichige Beatrix
hat doch allen Ernstes dieser Tage empfohlen,
die Kirchensteuer für ein Jahr auszusetzen,
um damit die Corona-Finanzierungslücke zu stopfen.
:mrgreen:
Für eine freie und selbstbestimmte Ukraine.

Cantona
Da kommt eine deutsche Zeitung in die Schweiz oder nach Österreich, nach Frankreich gar, und erklärt den Nachbarn, was bei ihnen alles falsch läuft. Sie würde wegen Selbstgefälligkeit und Arroganz verlacht oder gleich verjagt werden.


Da muss ich jetzt wirklich lachen: die Deutschen sind doch gerade Weltmeister darin, insbesondere ihre europaeischen Nachbarn zu erklaeren, "wie man's richtig macht".

Unter Westfalen
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Grasdaggl
Also,
ich habe mich jetzt noch mal mit dem Wolfgang Bok beschäftigt.

Folgendes steht auf seiner Homepage:

POLITIKJOURNALIST, KOLUMNIST, STREITBARER GEIST
Dr. rer. pol. Wolfgang Bok ist seit über vierzig Jahren im Mediengeschäft tätig. Als Chefredakteur hat er zwölf Jahre lang erfolgreich die Tageszeitung Heilbronner Stimme geleitet. Zuvor war er in mehreren Funktionen bei den Stuttgarter Nachrichten tätig, zuletzt als Ressortleiter für Gesellschafts- und Sozialpolitik. Später war er Kolumnist von Sonntag Aktuell, der Sonntagsausgabe von Stuttgarter Zeitung und Stuttgarter Nachrichten, sowie für Schleswig-Holstein am Sonntag aus dem Medienhaus sh:z in Flensburg.

Auch heute ist Dr. Bok als Autor und Kolumnist gefragt. Unter anderem für die Neue Zürcher Zeitung (NZZ) und Cicero.

An die journalistische Karriere schlossen sich Jahre bei der renommierten Kommunikations- und Werbeagentur Scholz & Friends, Berlin. Als Direktor der Abteilung Publik Relations und Agenda Setting war Bok für Baden-Württemberg zuständig. Hier betreute er unter anderem die Sympathie- und Werbekampagne des Landes („Wir können alles. Außer Hochdeutsch.“)

An der Hochschule Heilbronn lehrt Dr. Wolfgang Bok als Dozent der Fakultät Wirtschaft 2 das Fach „Strategische Kommunikation“.

Wolfgang Bok hat Politikwissenschaft, Soziologie und Volkswirtschaft studiert (M. A.) und an der Universität Stuttgart zum Doktor der Wirtschafts- und Sozialwissenschaften (Dr. rer. pol.) promoviert. Er lebt an der Donau in Regensburg/Bayern.


Schwaben,
was habt Ihr denn da für eine Natter am Busen genährt?
Aber rein medientechnisch kommt er besser rüber als der Elsässer.

Und was sagt Google:

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Plan B
Halbdaggl
Cantona hat geschrieben:
Da kommt eine deutsche Zeitung in die Schweiz oder nach Österreich, nach Frankreich gar, und erklärt den Nachbarn, was bei ihnen alles falsch läuft. Sie würde wegen Selbstgefälligkeit und Arroganz verlacht oder gleich verjagt werden.


Da muss ich jetzt wirklich lachen: die Deutschen sind doch gerade Weltmeister darin, insbesondere ihre europaeischen Nachbarn zu erklaeren, "wie man's richtig macht".


Das macht es andersrum aber nicht besser.
Carpe diem.

Cantona
Ne, aber darueber rumjammern, dass ne auslaendische zeitung einem ein klein wenig den Spiegel vorhaelt, und das ein grosses Thema in deutschen "Qualitaetsmedien" zu sein scheint, ist amuesant; konkurrenz belebt das Geschaeft, sag' ich mal, und anscheinend gewinnt die nzz Abonnenten hinzu. Da muessen vielleicht, die Zeit, die SZ, und wie sie alle heissen sich moeglicherweise ein klein wenig bewegen.

Fan von diesem deutschen Bok mit seinen Anti-Europa/EU Tiraden bin ich deswegen noch lange nicht, im Gegenteil.
Zuletzt geändert von Cantona am 19. April 2020 19:12, insgesamt 1-mal geändert.

Tifferette
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Grasdaggl
Cantona hat geschrieben:
Da kommt eine deutsche Zeitung in die Schweiz oder nach Österreich, nach Frankreich gar, und erklärt den Nachbarn, was bei ihnen alles falsch läuft. Sie würde wegen Selbstgefälligkeit und Arroganz verlacht oder gleich verjagt werden.


Da muss ich jetzt wirklich lachen: die Deutschen sind doch gerade Weltmeister darin, insbesondere ihre europaeischen Nachbarn zu erklaeren, "wie man's richtig macht".

Deutsche Zeitung. Nicht diffus "Die Deutschen".
"They may be drinkers, Robin, but they are also human beings."

(Batman)

Unter Westfalen
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Grasdaggl
Cantona hat geschrieben:Ne, aber darueber rumjammern, dass ne auslaendische zeitung einem ein klein wenig den Spiegel vorhaelt, und das ein grosses Thema in deutschen "Qualitaetsmedien" zu sein scheint, ist amuesant; konkurrenz belebt das Geschaeft, sag' ich mal, und anscheinend gewinnt die nzz Abonnenten hinzu. Da muessen vielleicht, die Zeit, die SZ, und wie sie alle heissen sich moeglicherweise ein klein wenig bewegen.

Fan von diesem deutschen Bok mit seinen Anti-Europa/EU Tiraden bin ich deswegen nach lange nicht, im Gegenteil.


Aber gell,
Du bist doch dankbar, dass ich Dich aufgeklärt habe?
:lol:
Für eine freie und selbstbestimmte Ukraine.

Cantona
@Tiffert ...doch doch, "die Deutschen" haben schon so ne unterschwellige Ader, die in die Richtung geht. Da bleibe ich mal schoen pauschal, in diesem Fall, und erweitere das Ganze. Bissle Polemik ist an der Stelle schon ok.

@UWE: gut gemacht... :vfb:



Flache9
Nicht nur die deutschen Medien, sondern auch Teile der Bevölkerung neigt sehr oft dazu den Zeigefinger zu heben und anderen zu erklären wir es richtig läuft.
Das ist aber nichts neues daran.


Unter Westfalen
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Grasdaggl
Flache9 hat geschrieben:Nicht nur die deutschen Medien, sondern auch Teile der Bevölkerung neigt sehr oft dazu den Zeigefinger zu heben und anderen zu erklären wir es richtig läuft.
Das ist aber nichts neues daran.


Kann ich mir eigentlich nicht so recht vorstellen. :cyclops:

Also, hier im Forum ist keiner. :!:

Ja gut, tiffi vielleicht. :oops: :twisted:
Für eine freie und selbstbestimmte Ukraine.


Flache9
Unter Westfalen hat geschrieben:
Flache9 hat geschrieben:Nicht nur die deutschen Medien, sondern auch Teile der Bevölkerung neigt sehr oft dazu den Zeigefinger zu heben und anderen zu erklären wir es richtig läuft.
Das ist aber nichts neues daran.


Kann ich mir eigentlich nicht so recht vorstellen. :cyclops:

Also, hier im Forum ist keiner. :!:

Ja gut, tiffi vielleicht. :oops: :twisted:


:lol:




Airwin
Cantona hat geschrieben:https://boerse.ard.de/anlageformen/rohstoffe/oelpreis-minus-40-dollar100.html

Wo ist denn eigentlich der club of rome?




gute frage, ist halt immer so ein ding mit modellrechnungen für die nächsten 50 jahre :mrgreen:


Cantona
Airwin hat geschrieben:
Cantona hat geschrieben:https://boerse.ard.de/anlageformen/rohstoffe/oelpreis-minus-40-dollar100.html

Wo ist denn eigentlich der club of rome?




gute frage, ist halt immer so ein ding mit modellrechnungen für die nächsten 50 jahre :mrgreen:


Wo liegt derzeit eigentlich die statische Reichweite? Hat sich irgendwas in den vergangenen 50 Jahren diesbezueglich geaendert?