22630 Beiträge


Unter Westfalen
Benutzeravatar
Grasdaggl
Haber

Wenn ich das so lese, wird mir bewusst, dass wir in Münster auf einem sehr hohen Niveau jammern.
Ich habe heute die beiden Jüngsten zur Schule gebracht. Sie ist direkt hinter dem Bahnhof. Der Platz davor (Bremer Platz), einmal gedacht als grüne Oase zum Verweilen, ist inzwischen Treffpunkt der Obdachlosen, Alkoholiker, Drogisten und Abgehängten. Wenn man das überhaupt so sagen kann, werden sie von der Zivilgesellschaft "versorgt", d.h. es sind Toiletten vorhanden, ein Raum, in dem die Drogis sich ihre Spritzen setzen können, Aufwärmmöglichkeiten. Die Polizei hält sich zurück und greift nur ein, wenn offensichtlich Dealergeschäfte abgewickelt werden.

Die Radstation vor dem Bahnhof, Errungenschaft der kurzfristig regierenden rot/grünen Mehrheit im Rat, damals von den Parteien der Autolobby bis zur Peinlichkeit verspottet, quillt über. Eine zweite Station hinter dem Bahnhof ist im Bau. Vorübergehend, bis zur Fertigstellung, ist das Untergeschoss des Parkhauses daneben zum Abstellen von Rädern freigeräumt worden, allerdings gegen einen geringen Obulus. Und? Die Eingänge sind mit Rädern zugestellt, im Innern gähnende Leere. Man ist offensichtlich nicht gewillt, weniger als das Geld für einen "Coffee to go" auszugeben, um die teure und schicke "Leeze" bewacht unterzustellen. Verrückte Welt.

Aber die Zivilgesellschaft ist in Münster auf dem Kiviv und die Politik wird gezwungen, umzudenken. Und das ist gut so.

Und Radfahren in Stuttgart ist, so wie ich das als seltener Besucher wahrnehme, Einladung zur komatösen Selbstverstümmelung.
Für eine freie und selbstbestimmte Ukraine.

Unter Westfalen
Benutzeravatar
Grasdaggl
Plan B hat geschrieben:Stuttgart ist zu steil fürs Fahrradfahren. Das macht ja von daher schon keinen Spass da.


Kann man nicht sagen.
Als Jugendlicher bin ich mit dem Rädle vom Leipziger Platz bis zum Monte Scherbelino hochgefahren.
Teilweise auf Kopfsteinpflaster. :cyclops:
Für eine freie und selbstbestimmte Ukraine.



In Hannover will die NPD heute unter dem Deckmantel einer angemeldeten Demonstration gegen namentlich genannte Journalisten hetzen. Da die Justiz auf dem rechten Auge blind ist und ein Verbot dieser Demo gekippt hat, müssen die Bürger selbst ein Zeichen setzen. Schön, dass der örtliche Fußballverein (im Gegensatz zu sportlichen Dingen) da Kompetenz beweist.




Gibts des
Benutzeravatar
Halbdaggl
„FCK
NZS“

Des gibt’s

Übrigens heute auch von einem gewissen Markus Söder :o , der in einem Parteitags-Grußwort (bei einer Partei, der das C geklaut wurde) die Albernheiten für Doofe (er nannte das AfD) zum „Feind“ erklärt hat, und zwar ausdrücklich und ausdrücklich bewusst mit dieser Wortwahl. Jede Art von Zusammenarbeit sei überall auszuschließen. Sie seien die Nachfolger der NPD. Interessant auch sein beredtes Schweigen zur Linkspartei, die sonst bisher immer bei allen Schwarzen sofort und reflexhaft in eine. Topf geworfen wurden.

Ich bin nun bestimmt kein Fan von dem, aber das gibt mir Hoffnung - witzig...
:prost: <- Weißbier

Gibts des hat geschrieben:(bei einer Partei, der das C geklaut wurde)


Wurde nicht geklaut, passt auch dort hin wie Arsch auf Eimer.


Gibts des hat geschrieben:Interessant auch sein beredtes Schweigen zur Linkspartei, die sonst bisher immer bei allen Schwarzen sofort und reflexhaft in eine. Topf geworfen wurden.


Schweigen?

“Grüne hätten ein ganz knallhartes Programm für Links. Die Bildung der rot-rot-grünen Regierung in Bremen habe gezeigt, dass die Grünen, wenn sie auswählen könnten, sich für Links entschieden. Wer am Ende die Linkspartei der Union vorziehe, "der zeugt [zeigt] sein wahres Gesicht". ”

https://www.nordbayern.de/politik/soder ... -1.9562313

Ja gut äh, wo kämen wir denn hin, wenn die Parteien ihr wahres Gesicht zeigten, nicht wahr. War erst ein bisschen baff angesichts dieses Absatzes, aber so wird’s klarer: Söder verlässt sich darauf, dass seine Zuhörer den Begriff “Linkspartei” ohne weitere Erklärung als was ganz Teuflisches wahrnehmen, während er das für die AfD extra klarstellen muss. Nicht überraschend, lässt aber tief blicken und setzt seine neu entdeckte “klare Kante” zum braunen Dreckhaufen ins Verhältnis: mit opportunistischer Vereinnahmung hat’s nicht funktioniert, also versucht man’s mit opportunistischer Abgrenzung.

Des weiteren:

“Er nahm für die Union die Urheberschaft der Umweltpolitik in Anspruch: Die ersten Umweltpolitiker seien aus den Reihen der Union gekommen, denn die habe sich schon immer für die Wahrung der Schöpfung eingesetzt.”

Womit wir wieder beim C wären.

Wer lässt sich denn mit so einem Zeug für blöd verkaufen? Dass Politiker nur noch mit den Dümmsten kommunizieren, weil sich die anderen ihre Meinung sowieso anders bilden, halte ich zwar längst für eine plausible Theorie, aber selbst mir ist das eigentlich zu zynisch.

Southern Comfort
Benutzeravatar
Halbdaggl
Nice Weather hat geschrieben:https://twitter.com/nowthisnews/status/1198001458773450752


Ernsthaft. Andreas Eschbach hat genau den Gedanken in seinem letzten Buch verfolgt. Was hätte die Gestapo mit sozialen Netzwerken angegangen?

NSA - nationales Sicherheitsamt
Das Huhn wurde in den Urlaub geschickt. ENTSPANNT EUCH ALLE MAL!

Gibts des
Benutzeravatar
Halbdaggl
Nice Weather hat geschrieben:
Gibts des hat geschrieben:(bei einer Partei, der das C geklaut wurde)


Wurde nicht geklaut, passt auch dort hin wie Arsch auf Eimer.


Gibts des hat geschrieben:Interessant auch sein beredtes Schweigen zur Linkspartei, die sonst bisher immer bei allen Schwarzen sofort und reflexhaft in eine. Topf geworfen wurden.


Schweigen?

“Grüne hätten ein ganz knallhartes Programm für Links. Die Bildung der rot-rot-grünen Regierung in Bremen habe gezeigt, dass die Grünen, wenn sie auswählen könnten, sich für Links entschieden. Wer am Ende die Linkspartei der Union vorziehe, "der zeugt [zeigt] sein wahres Gesicht". ”

https://www.nordbayern.de/politik/soder ... -1.9562313

Ja gut äh, wo kämen wir denn hin, wenn die Parteien ihr wahres Gesicht zeigten, nicht wahr. War erst ein bisschen baff angesichts dieses Absatzes, aber so wird’s klarer: Söder verlässt sich darauf, dass seine Zuhörer den Begriff “Linkspartei” ohne weitere Erklärung als was ganz Teuflisches wahrnehmen, während er das für die AfD extra klarstellen muss. Nicht überraschend, lässt aber tief blicken und setzt seine neu entdeckte “klare Kante” zum braunen Dreckhaufen ins Verhältnis: mit opportunistischer Vereinnahmung hat’s nicht funktioniert, also versucht man’s mit opportunistischer Abgrenzung.

Des weiteren:

“Er nahm für die Union die Urheberschaft der Umweltpolitik in Anspruch: Die ersten Umweltpolitiker seien aus den Reihen der Union gekommen, denn die habe sich schon immer für die Wahrung der Schöpfung eingesetzt.”

Womit wir wieder beim C wären.

Wer lässt sich denn mit so einem Zeug für blöd verkaufen? Dass Politiker nur noch mit den Dümmsten kommunizieren, weil sich die anderen ihre Meinung sowieso anders bilden, halte ich zwar längst für eine plausible Theorie, aber selbst mir ist das eigentlich zu zynisch.


Nice, ich habere die Rede auf Phoenix verfolgt (wollte wissen, was der politische Gegner so treibt und hatte Zeit). Was ich meine: bisher haben immer alle Unionspolitiker, die es ausschlossen mit dem Dreckhaufen zu koalieren, im nächsten Halbsatz hinterhergeschickt: „genauso (n.b.) wenig, wie mit den Linken...“ zumindest sinngemäß, zumindest wenn sie- wie hier- freiwillig darauf zu sprechen kamen.

Und mir ist bei opportunistischer Abgrenzung erheblich wohler, als bei opportunistischer Vereinnahmung. Überlege mal was passiert wäre, wenn ihm die gelungen wär...

Im übrigen hoffe ich, dass das den Rechtsauslegern bei den Schwarzen wenigstens eins ihrer auf der rechten Seite blinden Augen öffnet. Wenigstens einen Spalt weit.

Mehr Hoffnung braucht man auf keine von denen setzen. Hast du dir mal die Abstimmung unter deinem Link angeguckt :?: :twisted:
Und da sind meine drei stimmen schon mit drin :cry:




Tifferette
Benutzeravatar
Grasdaggl
Gibts des hat geschrieben:
Ich bin nun bestimmt kein Fan von dem, aber das gibt mir Hoffnung - witzig...
:prost: <- Weißbier


Ich auch nicht. Aber er sagt das mit der AfD schon seit den Vorfällen von Chemnitz. Keine Ahnung ob aus Kalkül oder aus Überzeugung oder beides. Mir wurscht, denn in der Sache stimmt es.
"They may be drinkers, Robin, but they are also human beings."

(Batman)

Tifferette
Benutzeravatar
Grasdaggl
Southern Comfort hat geschrieben:Aber viel zu spät merkt man, dass man keinen Urwald rodet, sondern mitten in einem endoskopischen Eingriff ist.


:D
"They may be drinkers, Robin, but they are also human beings."

(Batman)

Monitor
Benutzeravatar
Granadaseggl
Frank N Furter hat geschrieben:
Unter Westfalen hat geschrieben:

Uwe, versuche mal wirklich für Dich in Gedanken auf den Punkt zu fassen, was ein Nazi sein soll? Jemand dem tatsächlich nichts mehr am Herzen liegt als Juden zu töten, so wie der Löwe die Antilope fressen will? Oder ist "der Jude" nicht einfach eine beliebige Projektion? Der Halle-Heine kannte gar keine Juden. Juden sind heute in der Öffentlichkeit kaum noch sichtbar. In 2018 lebten in Deutschland angeblich 96.195 Juden laut Statista, mitthin jeder 863igste. Die meisten davon praktizieren ihren Glauben gar nicht. Wie will jemand von sich ernsthaftt behaupten er hasse Juden?
Wann hast Du, Uwe das letzte mal mit einem Juden gesprochen?
Ich kann das für mich gar nicht sagen. Nie in meinem ganzen Leben in diesem Land hatte ich mit jemandem zu tun, der sich mir gegenüber als Jude geoutet hat. Ernsthaft. Also was soll Judenhass anderes sein als pure Projektion?
Das wars doch schon im Mittelalter. Der Jude war schuld, weil er Jesus umgebracht hat, obwohl er Jesus gar nicht umgebracht hat, falls es diesen Jesus überhaupt je gab. Alles Projektion.


@Frank N Furter

Ja, wenn ich / man doch manchmal zeitnah antworten oder etwas bemerken könnte.

Etwas verspätet eine kleine Korrektur auf deinen Beitrag (mein Besserwisserkommentar).

In Deutschland leben heute ca. 200.000 Juden. 200.000 waren es auch schon 2009.

Quelle?

Ab Minute 16:00 zu hören.

https://www.zdf.de/gesellschaft/sonntag ... d-102.html

https://www.deutschlandfunk.de/antisemi ... _id=450610

oder von

Michael Jonathan Wuliger (* 1951 in London) ist ein Autor und Journalist.
Er lebt heute in Berlin und war bis 2015 Feuilletonredakteur bei der Jüdischen Allgemeinen, für die er heute als Kolumnist schreibt.

Es gibt in Deutschland gerade einmal 200.000 Juden. Wenn ich das auf die Gesamtbevölkerung von 80 Millionen rechne, ist das im Promille-Bereich. Und jüdische Probleme – in dem Fall Antisemitismus – betreffen die Menschen nicht, interessieren sie nicht. Es ist auch nicht so, dass Millionen oder meinetwegen auch nur hunderttausende Deutsche sagen: Ja, ich habe hier jüdische Freunde, die sind besorgt und schon deswegen fühle ich mich innerlich aufgerufen, denen zu helfen, denen meine Unterstützung zu zeigen. Das ist einfach nicht der Fall. Es ist für die Masse der Menschen irrelevant, leider.


Das Buch (2009) von Michael Wuliger " Der koschere Knigge - Trittsicher durch die deutsch-jüdischen
Fettnäpfchen" habe ich gelesen.

Dort stand es gleich auf der ersten Seite bzw. Seite 7:

"....es sind nur 200.000 (Juden). Doch auch damit steht die Chance, einem von ihnen leibhaftig zu begegnen, statistisch immerhin bei 1 : 400 - doppelt so hoch wie ein Dreier mit Zusatzzahl im Lotto.
Schon morgen könnte Ihnen ein Jude über den Weg laufen.


Direkt darunter sind drei Zeichnungen der Illustratorin Ruth Lewinsky aus Zürich, in denen man zwei
zwei bärtige Juden bei einem Gespräch sieht.


Wie erklärt man einem Goy, was ein Goy ist?

Ganz einfach: Wenn man es ihm erklären muss....

....ist er einer.


Seite 10

Sie dürfen ruhig "Jude" sagen. Das Wort an sich ist nicht beleidigend, auch wenn es vielen Deutschen immer noch schwer von der Zunge geht...

....Falls Sie übrigens taubstumm, pardon, sprech- und hörbehindert sein sollten: Das traditionelle Zeichen fü r Jude in der Gebärdensprache - ein per Zeigefinger nachgemachte krumme Nase - ist mittlerweile nicht mehr politisch korrekt. Stattdessen wird die Hand vom Kinn auf die Brust gezogen, Symbol für den Bart, den fromme Juden tragen...


Ich frage grundsätzlich (fast) nie nach dem Alter oder der Glaubenszugehörigkeit (vielleicht mal ein Kind zum Alter). Ich habe enge Freunde (hatte nahe Freunde, die verstorben sind, da sah ich das Alter zufällig auf der Todesanzeige oder jemand erwähnte es) deren Alter, Geburtstage ich bis heute nicht kenne. Merke ich, dass es wichtig für sie ist, erfahre ich es trotzdem irgendwann von ihnen. Manche möchten dann auch mein Alter, Geburtstag wissen. Manche möchten mit mir über ihren Glauben reden.

Mir sind trotzdem etliche Juden in meinem Leben begegnet (und damit meine ich jetzt nicht explizit in Israel, dort war es natürlich klar). Klar sind sie meistens nicht sofort mit "Ich bin Jüdin oder Jude" auf mich zugekommen. Es hat sich halt so ergeben, dass ich es mibekam, z.B. im Internat. Meinem engsten jüdischen Freund war es ein Anliegen, mir viel über sein jüdisches Leben zu berichten.

Edith mal wieder: ich blicke das oft nicht mit dem Markieren von Zitaten, wieder mal ein Mix von allem.
Finde es heraus, wie es gemeint ist.
I could write several novels about what I do not know.


Airwin
ich würde dem meiset zustimmen was da drin steht (ganz ohne reflex übrigens :nod: ). Mir hat kürzlich ein kollege gesagt, dass er 2019 in erinnerung behalten würde als das jahr in dem er aufgehört hat tagesschau, tagesthemen, heute und heutejournal zu schauen. Zu meiner überaschung bekam er von den anwesenden kollegen als antwort dass die mehrzahl schon früher aufgegeben hat. Im artikel dürfte man die erklärung finden - der framefunk ist schlicht vorhersehbar und streeeeeeeerbenslangweilig:

The study is confirmed by observation: German public television has an evident center-left bias. Nobody who watched it for any significant length of time doubts this. The bias emerges from two factors which interact with each other. First, most journalists travel within an educated urban center-left filter bubble. Second, they are driven by a conception of the journalist’s role as activist for the underdog.

The long hangover from National Socialism has infused every aspect of polite German society with a “never again” morality, which is not a bad thing in many respects. But in journalism, it fosters overt bias and sloppy reporting. Before reporting about controversial issues, the typical center-left German journalist decides who the underdog and who the oppressor is, then structures the story to ensure that even the dullest viewer knows which moral judgments the reporter wants them to make. The underdog’s story is presented without any critical questioning and, as often as not, with a big wet sloppy kiss of sentimentality.

This is why conservative, or even just independent-minded viewers, quickly give up on German public media news reporting on certain issues. It’s not just that the bias is grating, it also makes for dead boring journalism. As soon as you hear “nuclear”, “McDonald’s”, “capitalism”, “refugee”, “EU”, “climate”, “Trump”, “USA”, “death penalty”, “Africa”, “police”, “Saxony” or other trigger-words, you know exactly what’s coming. There are never any surprises. It’s not so much that the reporting is inaccurate — although it often is — or that the bias is morally suspect. It’s just tedious and condescending to the viewer.


Airwin
jetzt hat der haber doch glatt die themen antisemitismus, VfB und GEZ in 2 sätzen abschließend geklärt - RESPEKT 8) ! Klimawandel hat aber gfehlt, gell?

Airwin
apropos - dazu ein gutes interview mit dem klimahistoriker (nicht hysteriker) radkau:

Historiker Joachim Radkau: «Es gehört zur Political Correctness, sich zum Glauben an den Klimawandel zu bekennen. In Wahrheit nimmt man ihn nicht ernst»

Niemand hat sich intensiver mit der Geschichte der ökologischen Bewegung beschäftigt als der deutsche Historiker Joachim Radkau. Im Gespräch erklärt er, warum er auf Greta Thunberg hofft, wie er zum Kernkraftgegner wurde und warum es in der Klimadebatte mehr Toleranz braucht.
Hansjörg Müller, Bielefeld
24.11.2019, 16:39 Uhr

Herr Radkau, in einer E-Mail haben Sie mir geschrieben, das Aufkommen der Klimaschutzbewegung «Fridays for Future» sei für Sie «eine schöne Überraschung». Was ist daran schön und was überraschend?

Seit den frühen 1970er Jahren fühle ich mich der Umweltbewegung verbunden. Damals hatte ich das Gefühl, dass es endlich eine Bewegung gab, die mein Unbehagen zum Ausdruck brachte. Vor zehn Jahren, als ich mein Buch über die «Ära der Ökologie» schrieb, fragte ich mich, ob diese Ära bereits vorüber sei. Diese Frage ist nun eindeutig beantwortet. Dass weltweit Massen von Jugendlichen für das Klima auf die Strasse gehen, hätte ich nie für möglich gehalten. Die hätten sich ja auch sagen können, dass es in Norddeutschland oder Skandinavien wärmer wird, ist doch eigentlich ganz schön. Verblüffend fand ich auch, wie abrupt das kam. Im August letzten Jahres setzte sich Greta Thunberg erstmals vor das schwedische Parlament. Bereits wenige Monate später war die Bewegung explosionsartig angewachsen.

Wie ist das zu erklären?

Darüber grüble ich noch immer nach. Heute denke ich, man sollte als Historiker nicht immer nur nach den Ursprüngen, sondern ab und zu auch nach den Zukunftsvorstellungen der Menschen fragen. «Fridays for Future» ist das beste Beispiel: Die haben Angst um ihre Zukunft. Heute Mittag redete ich mit meiner Frau darüber. Sie meinte, Jugendliche würden sehr stark von den Bildern geprägt, die sie in den elektronischen Medien sähen. Wenn sie einen einsamen Eisbären auf einer Scholle dahintreiben sähen, gehe ihnen das zu Herzen.

Finden Sie es nicht bedrückend, dass sich junge Menschen vor dem Ende der Welt fürchten?

Ich glaube nicht, dass Angst und Pessimismus die vorherrschenden Gefühle sind. In den frühen 1980er Jahren gab es wirklich so eine No-Future-Stimmung, aber «Fridays for Future» verfolgt doch einen ganz anderen Ansatz. Ich spüre da einiges Vertrauen darauf, dass wir das noch hinbekommen.

Ist es nicht möglich, dass sich diese jungen Leute in wenigen Jahren schon für etwas ganz anderes interessieren?

Die Gefahr, dass das lediglich ein vorübergehendes Phänomen ist, sehe ich durchaus. Wichtig wäre, dass sich die jungen Leute für ganz bestimmte Ziele einsetzten. Greta Thunberg sagt, alles müsse sich ändern. Genau das könnte dazu führen, dass sich am Ende gar nichts ändert. Man kann nur erfolgreich sein, wenn man sich auf etwas konzentriert.

In Deutschland befinden sich die Grünen im Höhenflug. Hat das vor allem mit dem Klima zu tun, oder spielen auch andere Aspekte eine Rolle?

Ich denke, das hat schon in erster Linie mit dem Klima zu tun. Das Bewusstsein dafür hat dramatisch zugenommen. Aber die Geschichte der Grünen ist ein ständiges Auf und Ab. Immer wieder gab es Abstürze, etwa nach der Wiedervereinigung, als die Grünen 1990 den Wiedereinzug in den Bundestag verpassten, oder auch nach dem Ende der rot-grünen Regierungskoalition, die durch die Hartz-Reformen viele Linke vergrault hatte. Ob der jetzige Boom von Dauer ist, muss sich erst noch zeigen.

Die Grünen galten immer als links. Tatsächlich sind sie eher bürgerlich geprägt: Man findet unter ihnen mehr Akademiker als in den meisten anderen Parteien. Umgekehrt dürften nur wenige Arbeiter grün wählen.

Die alte Unterscheidung zwischen rechts und links hilft uns bei der Betrachtung der Grünen kaum noch weiter. Wenn man die Wähler- und Mitgliederstatistiken sieht, handelt es sich eher um eine Mittelstands- als um eine Arbeiterpartei. Die Gewerkschaften halten es in Umweltfragen auch eher mit der Industrie. Die grosse Machtstellung der Automobilindustrie ist sicher das grösste Umweltproblem in Deutschland. Und wer sich mit der Autolobby anlegt, bekommt es mit den Gewerkschaften zu tun. Selbst die Grünen haben einen frontalen Zusammenstoss mit dieser Branche bisher vermieden.



Für einen überzeugten Ökologen betrachten Sie die grüne Partei erstaunlich distanziert.

Ich stand ihr nie sonderlich nahe. Bei den Achtundsechzigern, welche die Grünen prägten, fand ich vieles ganz lustig, aber irgendwie war das auch eine Imitation alter Revoluzzer-Szenen, die mir in der Bundesrepublik jener Jahre anachronistisch erschienen. Um 1980, als die Grünen entstanden, waren sie ein kunterbuntes Konglomerat. Da gab es Altmarxisten, militante Maoisten, Hippies und auch Pädophile, die fanden, Sex sei immer etwas Gutes, folglich müsse auch Sex mit Kindern etwas Gutes sein. Für ökologische Fragen haben sich die frühen Grünen erstaunlich wenig interessiert.

Sie haben auch einmal kritisiert, den Grünen fehle es an Heimatliebe.

In den Anfangsjahren meinten viele von ihnen, die Deutschen seien irgendwie ein Scheissvolk, in dem es vor alten Nazi-Schweinen wimmle, und deswegen könnten gar nicht genug Ausländer hereinkommen. 1989 forderten die Grünen offene Grenzen für alle. Ursprünglich war ich auch auf dieser Linie, aber als Hochschullehrer beschäftigte ich mich auch mit Lehrerbildung und hielt mehr als vierzig Jahre lang Unterrichtsübungen an Schulen ab. In einer Primarschulklasse, die zur Hälfte aus Schülern türkischer Herkunft bestand, sah ich, dass die Lehrer wirklich wütend über das Multikulti-Gelaber der Intellektuellen waren. Hinzu kam, dass ich mich lange Zeit intensiv mit der Geschichte der Kernkraft auseinandergesetzt hatte. Die Grünen waren auf diesem Gebiet wenig kompetent. Tschernobyl hat sie völlig überrascht.

Sie waren lange Zeit ein Befürworter der Kernenergie.

Das war typisch für meine Generation. Vor allem linke Intellektuelle sahen die Kernkraft regelrecht euphorisch. Die grosse Mehrheit der deutschen Bevölkerung blieb dagegen immer skeptisch.

Wie wurden Sie zum Kernkraftgegner?

Entscheidend war für mich das Buch «Friedlich in die Katastrophe» von Holger Strohm, das Anfang der 1970er Jahre erschien und schon bald zu einer Art Bibel der Anti-AKW-Bewegung wurde. Strohms Verdienst bestand darin, die ganzen kritischen Informationen über die Kernkraft zugänglich zu machen, die in den USA bereits vorhanden waren. Dort gab es schon seit den 1960er Jahren eine Anti-AKW-Bewegung, die von sehr kompetenten Leuten geleitet wurde.

Sie lasen Strohm und hatten dabei ein Erweckungserlebnis?

Ich war noch einige Zeit hin- und hergerissen. Ich dachte, in irgendeiner Form ist die Kernkraft doch die Energie der Zukunft. In den 1950er Jahren war ja eine ganz breite Palette von alternativen Reaktortypen im Gespräch gewesen, von denen einige womöglich ganz erhebliche Sicherheitsvorteile gehabt hätten. Zudem sah ich die Kohle als einzige wirkliche Alternative, doch gerade sie geriet ab 1980 wegen des aufkommenden Klimawandels unter Beschuss. Solarenergie war damals noch unglaublich teuer; ein Ausbau der Wasserkraft führte zu ärgsten Konflikten mit Natur- und Landschaftsschützern.

Bleibt der Ausstieg aus der Kernenergie ein deutscher Sonderweg?

Da bin ich mir nicht sicher. Die Kernenergie ist zwar noch nicht tot, aber womöglich haben wir es mit einem schleichenden Ausstieg zu tun, über den kaum geredet wird. In Deutschland wurde seit 1982 kein neues Kraftwerk in Auftrag gegeben. Ein solches Zurückfahren der Pläne scheint mir mit einigen Ausnahmen weltweit verbreitet zu sein.

«Wird ein Windpark gebaut, protestieren Landschaftsschützer. Wasserkraftwerke kann man ohnehin kaum noch bauen, und für die Produktion von Biosprit braucht es immer grössere Maisfelder.»

Sie sprachen die unterschiedlichen Wege an, welche die Kerntechnologie hätte nehmen können. Heisst das, Sie könnten irgendwann wieder zum Kernkraftbefürworter werden, sollten doch noch sicherere Reaktoren entwickelt werden?

Die bisherigen Kernkraftwerke sind eindeutig nicht verantwortbar. Allerdings habe ich grundsätzlich nichts dagegen einzuwenden, dass weiter geforscht wird. Ich wäre froh um Alternativen, denn was mich vor allem bedrückt, ist eine mögliche Spaltung der Umweltbewegung, die durch eine radikale Umstellung auf erneuerbare Energien herbeigeführt werden könnte: Wird ein Windpark gebaut, protestieren Anwohner und Landschaftsschützer. Wasserkraftwerke kann man ohnehin kaum noch bauen, und für die Produktion von Biosprit braucht es immer grössere Maisfelder, mit allen negativen Folgen für die Artenvielfalt. Die grössten Hoffnungen setze ich in die Photovoltaik: Auch wenn sie noch der Weiterentwicklung bedarf, halte ich sie grundsätzlich für die beste Lösung, zumal auch sonnenreiche Länder der Dritten Welt durch sie eine besondere Chance erlangen.

Werden sich die Zielkonflikte, die Sie eben angesprochen haben, durch den Klimawandel weiter verschärfen?

Damit ist zu rechnen. Mitte der 1990er Jahre war ich an einer Tagung über Naturschutz und Windkraft in Sachsen-Anhalt. Schon damals war ich entsetzt, was für ein Hass auf die Windkraft unter Natur- und Landschaftsschützern herrschte. Ein guter Freund von mir lebt in Schleswig-Holstein. Bei ihm in der Nähe soll ein Windpark errichtet werden, und er tobt dagegen.

Haben Sie dafür Verständnis?

Vor der Nase möchte ich so ein Windrad auch nicht haben. Aber die meisten Windparks stören mich nicht. Früher gab es Windmühlen, die deutlich mehr Lärm machten als die heutigen Rotoren.

Erwartet man sich in Deutschland grundsätzlich zu viel von erneuerbaren Energien?

Ich bin mir gar nicht so sicher, ob man sich wirklich viel davon erwartet. Die Energiewende wurde doch nur recht zögerlich vorangetrieben. Manchmal habe ich das Gefühl, es gehört inzwischen zur Political Correctness, sich zum Glauben an den Klimawandel zu bekennen. Doch in Wahrheit nimmt man ihn nicht sonderlich ernst.

Was den menschengemachten Klimawandel betrifft, zählte selbst ein überzeugter Ökologe wie Sie einmal zu den Zweiflern.

Um 1980, als selbst Experten noch eine neue Eiszeit kommen sahen, begegnete mir das drohende «global warming» zunächst als Argument der Atomlobby. Bis vor zwanzig Jahren war ich tatsächlich noch ziemlich unschlüssig. Es gibt ja durchaus ernstzunehmende Gegenargumente. Im Sommer 2002 war ich mit Christian Pfister, dem führenden Schweizer Klimahistoriker, in den Hochalpen. Pfister führte einigen Kollegen und mir den Rückgang der Gletscher vor Augen. Einer, der bis dahin Zweifel am Klimawandel gehabt hatte, erklärte, er sei nun vom Saulus zum Paulus geworden. «Vorsicht», sagte Pfister daraufhin, «in den 1980er Jahren wuchsen die Gletscher noch.» Er wies auch darauf hin, dass es eine Rivalität zwischen Klimahistorikern und Klimamodell-Forschern gebe. Eine alarmistische Haltung, die sich eher durch Modelle begründen lässt, hielt er damals noch für ein Argument der Klimamodell-Forscher, um den Klimahistorikern Fördergelder abzujagen.

Halten Sie es für möglich, dass der menschliche Einfluss von manchen übertrieben wird?

Ich hoffe noch immer im Stillen, dass auch andere Faktoren mitspielen, denn wenn der anthropogene Klimawandel uneingeschränkt zutrifft, sieht die Zukunft unseres Planeten ziemlich trübe aus. Aber wenn man die Gefahr zu sehr herunterspielt, riskiert man, dass überhaupt nichts passiert. Die grosse Wahrscheinlichkeit spricht für den anthropogenen Klimawandel. Um zu handeln, brauchen wir sowieso keine 100-prozentige Sicherheit, sonst könnten wir ja gar nichts tun.

«Ich bedaure, dass gerade bei Intellektuellen, die sich für progressiv halten, sofort eine Jalousie herunterrasselt, wenn jemand auch nur die leisesten Zweifel am anthropogenen Klimawandel äussert.»

Wie sollte man mit den sogenannten Klimaleugnern umgehen? Einige Aktivisten fordern bereits Gesetze, um ihnen den Mund verbieten zu können.

Ich bedaure, dass gerade bei Intellektuellen, die sich für progressiv halten, sofort eine Jalousie herunterrasselt, wenn jemand auch nur die leisesten Zweifel äussert. Vernünftiger wäre es, den Dialog zu suchen. Stefan Rahmstorf, einer der führenden Köpfe des Potsdam-Instituts für Klimafolgenforschung, hat mit Alvo von Alvensleben, einem Skeptiker, ein langes Streitgespräch geführt, das im Internet noch immer nachzulesen ist. Rahmstorf gibt darin zu, dass manche Argumente Alvenslebens durchaus ernst zu nehmen sind. Bert Bolin, der Gründervater des Weltklimarates IPCC, stellt in einem Buch, das in seinem Todesjahr 2007 erschienen ist, offen dar, wie unsicher er selbst sich lange Zeit gewesen sei. 1995 kritisierte er noch die damalige deutsche Umweltministerin Angela Merkel für ihren angeblichen Alarmismus. Ein fulminanter Verfechter der These vom menschengemachten Klimawandel schrieb mir einmal, man sollte Bolins Buch in den Giftschrank stellen, damit Studenten es nicht läsen. Das hielte ich für grundfalsch.
Ein Forscherleben zwischen Technik und Natur

hmü. Bielefeld · Wer Joachim Radkau in seinem Bielefelder Wohnhaus besucht, ahnt sofort, dass er es mit einem ausgesprochenen Naturfreund zu tun hat: Während die Nachbarhäuser kahl sind, ist das Haus der Radkaus über und über bewachsen. Das Efeu an den Wänden wirke wärmedämmend, sagt Radkaus Ehefrau Orlinde, die eigentliche Herrin des verwunschenen Gartens. Der 76-jährige Joachim Radkau wirkte bis zu seiner Emeritierung als Professor für Neuere Geschichte an der Universität Bielefeld. In seiner 1980 erschienenen Habilitationsschrift beschäftigte er sich mit «Aufstieg und Krise der deutschen Atomwirtschaft». 2011 erschien «Die Ära der Ökologie – eine Weltgeschichte», ein beinahe 800 Seiten starkes Standardwerk über die Entstehung und Entwicklung der ökologischen Bewegung. Es ist auch Radkaus Bewegung, wie er im Vorwort freimütig bekennt. Seine professionelle Distanz verliert er dennoch nie.

https://www.nzz.ch/international/histor ... ld.1515838

Auswurf
Benutzeravatar
Grasdaggl
VfB Spiel anschauen ist mir lieber als fb und instazeug,
obwohl ich beides nur vom Hörensagen kenne
- aber das genügt um alles drüber zu wissen :mrgreen:
das ist doch keine Musik