Den NZZ-Artikel vom 20.02.2020 zu Assange von Tatjana Hörnle habe ich gelesen.
Lesenswert ist ein (älterer) Gastbeitrag von Thomas Wahl im Legal Tribune vom 19. April 2019
Thomas Wahl ist Referent für Europäisches Strafrecht am Max-Planck-Institut für ausländisches und internationales Strafrecht in Freiburg. Einer seiner Forschungsschwerpunkte ist das Auslieferungsrecht.
https://www.mpicc.de/de/aktuelles/wikil ... ungspoker/Eine Auslieferung ist laut Vertrag ebenfalls zu versagen, wenn sie wegen einer politischen Straftat ersucht wird. Hierbei handelt es sich um einen der schillerndsten Begriffe des Auslieferungsrechts. Eine allgemeingültige Definition fehlt. Der amerikanische Rechtsprofessor Max Paul Friedman erklärte die Ausnahme in einem Fachbeitrag so: "Unlike the common criminal, who acts to further personal interests, political offenders are convinced of the truth for their beliefs and act out of an altruistic motivation aimed at some sort of social or moral change." Trifft das nicht perfekt auf Assanges Handeln zu?
Gleichwohl muss man wissen, dass britische Gerichte die Ausnahme in der Vergangenheit restriktiv ausgelegt haben. Die politische Straftat ist aber ein dehnbarer Begriff und auch das in der US-Anklageschrift umschriebene Verhalten kann darunter gefasst werden.
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Snowden plädiert für Assange
"Das Verfahren gegen Julian Assange stellt einen Präzedenzfall dar, der nicht nur ihn, sondern auch unabhängigen und kritischen Journalismus im Allgemeinen kriminalisieren soll", sagte Snowden.
"Gegen Assange hat die US Regierung viel weniger in der Hand als gegen mich", so der Whistleblower. "Ich habe tatsächlich Daten beschafft. Ich hatte einen Vertrag mit der Regierung. Assange dagegen hat kein einziges Dokument selbst beschafft. Er hat lediglich Dokumente entgegengenommen. Trotzdem bekommt er weniger Unterstützung als ich."
Auch wenn Assange vielen nicht sympathisch erscheine, "wir müssen die Freiheit des Journalismus gerade dann verteidigen, wenn er unbequem ist und uns nicht gefällt. Bequemer Journalismus braucht unseren Schutz in der Regel nicht", sagte Snowden.
https://www.tagesschau.de/ausland/assan ... t-101.html~
Deutschlandfunk - 18.02.2020
Von Friedbert Meurer und Christoph Sterz
Es wird nicht nur über Julian Assange verhandelt
Dazu trägt bei, dass sich derzeit nicht allein die USA gegen Geheimnis-Veröffentlicher und Whistleblower wehren. In Brasilien zum Beispiel wird dem investigativen US-Journalisten Glenn Greenwald vorgeworfen, Teil einer „kriminellen Organisation“ zu sein; in Australien durchsuchte die Polizei die Gebäude des Rundfunksenders ABC, nachdem dieser öffentlich gemacht hatte, dass australische Spezialeinheiten bei Einsätzen in Afghanistan unschuldige Menschen getötet haben sollen. Wenn dazu nun auch noch eine Auslieferung und eine Verurteilung von Julian Assange komme, dann sei das fatal, meint UNO-Sonderberichterstatter Nils Melzer:
„Wenn sich das als Präzedenzfall etabliert, dann heißt das, dass, wenn Sie jetzt von jemandem geheime Informationen bekommen über schwerste Verbrechen von Staatsvertretern, dass Sie das nicht mehr veröffentlichen dürfen, wenn Sie nicht als Spion im Gefängnis verschwinden wollen für den Rest Ihres Lebens. Und das, denke ich, ist also ganz fundamental gefährlich. Nicht nur für die Journalisten, sondern auch für die Demokratie im Allgemeinen. Weil die demokratische Bevölkerung kann ja nur über freie Medien Überhaupt die Machtausübung ihrer Regierung noch überwachen. Und wenn das nicht mehr gegeben ist, dann haben wir eigentlich unüberwachte Macht. Und wo das hinführt, da können wir nur in die dreißiger Jahre des letzten Jahrhunderts gucken. Und dann wissen wir, wo das hinführt.“
https://www.deutschlandfunk.de/wikileak ... _id=470584