Ja gut äh, Augeblick. Wenn ich das richtig verstehe, hat die Beklagte ihn nicht aus der Hüfte als Antisemiten tituliert, sondern gesagt “der Sänger verwende in seinen Liedern antisemitische Codes. Dies sei „strukturell nachweisbar". […] Die Referentin habe nicht behauptet, dass Naidoo die Würde von Menschen jüdischer Abstammung grob verletzt habe. Ihre Äußerung sei vielmehr klar so zu verstehen, dass er antisemitisches Gedankengut weitergebe. Dies sei von der Meinungsfreiheit gedeckt. Naidoo müsse „eine scharfe Reaktion auch dann hinnehmen, wenn sie das persönliche Ansehen mindert".”
Der Knaller ist hier nicht unbedingt, dass man bis zum Bundesverfassungsgericht gehen muss, um Meinungsfreiheit gegen persönliches Ansehen abzuwägen (obwohl es dazu ebenfalls sehr viel zu sagen gäbe), sondern dass das Bundesverfassungsgericht hier Nachhilfeunterricht in Deutsch geben muss.
Untergeordnete Gerichte sollten unterscheiden können, ob jemand mit billigen rhetorischen Taschenspielertricks arbeitet, oder ob jemand was sauber herausarbeitet und Tatsachen oder aber auch eine fundierte Meinung präsentiert, die vom Grundgesetz gedeckt ist. Herrgottzack nochmal.
Das selbe Spielchen konnte man auch beobachten, als die junge Frau Dingsbums unter allen möglichen linguistischen Vorsichtsmaßnahmen ganz fein erklärte, mit welchen dreckigen kleinen Stilmitteln und Signalen der Maaßen arbeitet. Die sah sich dann einem Shitstorm ausgesetzt – und Vorwürfen, gegen die sie eigentlich vorsorglich geschützt hatte. Sie weiß nämlich auch ganz genau, dass es nicht nur in Deutschland, aber vor allem auch hier eine unsägliche Debatte darüber gibt, ob man jemanden, der ständig in alle möglichen rassistischen und antisemitischen Hundepfeifen hineinpustet, wirklich einen Rassisten oder einen Antisemiten nennen darf.
Übrigens ist es auch unklar, ob die FAZ hier korrekt berichtet, abgesehen von den wörtlichen Zitaten aus dem Urteil. Schon ein dummes Land, manchmal.