killroy hat geschrieben:das ist ja eine oft und vehement geführte diskussion. die, die du aufführst, sind alle nicht mehr ganz jung. die jungen nun machen es anders, aber ist anders dann auch gleich nicht mehr kabarett? denn dann würde das bedeuten, dass das kabarett ausstirbt.
Hoffentlich. Der einzige Vorteil dieser Schubladisierung ist, dass man gewisse Häuser hat, in denen man das Publikum vorfindet, das man erwartet, um bestimmte Dinge auszuprobieren, aber gleichzeitig ist genau das auch das Problem: die starren Kategorien führen dazu, dass in getrennten Silos vor sich hingeköchelt wird. Furchtbar.
Achtet mal auf die Leute, die in solchen “ernsthaften” politischen Kabarettveranstaltungen sitzen: das sind genau die, die sich angesprochen fühlen sollten, aber erstens dringt zu denen nichts durch, und zweitens versuchen das die Leute auf der Bühne auch gar nicht. Ein Witz in sich, und ein einziger Nichtangriffspakt der Nachkriegsgeneration – und das nannte sich dann “politisches Kabarett”. Diether Krebs war politischer als die ganze Hildebrandt-Richling-Blase. Diese Typen haben vielleicht irgendwann in ihrem Karrierefrühling mal was relevantes gemacht, das weiß ich nicht – sich dann aber 40 Jahre lang darauf ausgeruht. Hildebrandt kenne ich nur als Warnonkel der Republik, Richling nur als Stimmenimitator und Quatschmacherschwäbli. Die sind Mobiliar.
Gescheite politische Comedy wird in Deutschland heute von Östreichern und Einwanderern gemacht, wenn ich das richtig überblicke. Oli Pocher und dieser unerträgliche da aus Berlin, der Stadien füllt, sind außen vor: die wollen nur spielen, die bedienen die Dümmsten, das ist kein Problem. Das Ausmaß der Misere wird aber klar, wenn man mitkriegt, dass dieser Dieter Nuhr, der überhaupt nichts kann, ein Superstar ist und dann auch noch mitreden will oder dazu eingeladen wird. FffffffffffUCK.
Böhmermann ist gut, sehr intelligent, aber steckt mittendrin, kann gar nicht mehr von außen draufgucken. Wird auch als Lehrer gebraucht. Den Schuh hat sich Harald Schmidt nie angezogen – brauchte er auch nicht, waren andere Zeiten. Er und Feuerstein sind ja zu recht Legenden, weil sie die Kategorien ein bisschen aufbrechen konnten. Aber das könnten andere auch, wenn man sie ließe – auch das Publikum.
Es gibt gute Leute. Olli Schulz hat in jeder Folge “Schulz und Böhmermann” mehr Sachen mit politischer Tragweite gesagt als dieser scheiß Nuhr in seiner ganzen Karriere – und der macht gar keine Comedy, wenn ich richtig informiert bin.
Die “Szene” und die Entscheider und Veranstalter oder Gewichtigen sind ja nicht alle blöd – nur scheinen sie ihr Publikum für dämlich zu halten, oder sind zu faul und zu feige oder einfach zu vertrocknet, mal was zu probieren. Künstler sind auf sich allein gestellt. Musiker, Performer und natürlich auch “Entertainer” – wer es von denen ans Tageslicht schafft, ohne sich komplett zu verbiegen, ist entweder ein Genie oder hatte Rotz ohne Ende.
“Das Kabarett” wird jedenfalls nicht aussterben, es wird immer Leute geben, die was zu sagen haben und das auch können. Aber die Kategorie “politisches Kabarett” gehört längst erdrosselt, ertränkt, mit Benzin übergossen und angesteckt – wenn sie überhaupt je richtig gelebt hat in der Bundzrepublik. Das soll sich alles schön mischeln, damit der eine auch mal was vom andern mitkriegt.