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muffinho
Vor kurzem war noch die 1 vor dem Komma, aber selbst wenn, ich habe finanziell meine Schäfchen im Trockenen, daher geht es mir primär um eine sichere Anlage des Geldes, und da ist die Bank mit der Einlagensicherung halt der erste Weg.
Generell mag aber Deine Sichtweise passen. Ich habe allerdings wegen den Kindern eine gewisse Verantwortung und will ihnen auch später einen sorgenreduzierten Start ins Erwachenenleben ermöglichen, da will ich mich nicht fragen warum ich mein Geld mit Aktien verbrannt habe. Natürlich kann es auch anders laufen und ich schwimme später wie Avdijaj mit meinen Pferden in eimem Schwimmbad voller Geld, aber das Risiko ist mir halt zu groß.

AxelKruse_FG
Granadaseggl
Keine Frage, jeder individuelle Anlagehintergrund ist anders und auch die Risikobereitschaft ist individuell. Was man aber ziemlich sicher sagen kann, ist, daß Aktien auf lange Sicht, und das bedeutet eher viele Jahre als viele Monate, eine sichere Anlage sind. Dafür gibt es trotz dieses Negativbeispiels wirecard zu viele Belege, auch aus eigener Erfahrung. Insofern wäre das gerade bspw. als generationenübergreifende Anlage eine Überlegung wert.

Das was hingegen in diesem Thread an Zockerei vorgeführt wurde, ist natürlich keine
"Anlage", das ist wirklich nur Geld verbrennen und das darf man nicht als Maßstab für Aktienanlage betrachten.

RedBlues
Halbdaggl
Meine Pfennige zu diesem thema

Solange die globale Wirtschaft wächst, werden Aktien langfristig steigen. Das Problem ist das Risiko die falschen Unternehmen auszuwählen. Dieses Risiko kann man durch sehr breite Streuung oder den Kauf von Indexfonds reduzieren.

Wer heute sein Geld anlegen möchte und mehr als die Inflation ausgleichen möchte, kommt meiner Meinung an Aktien nicht vorbei.

witzfeld
Lombaseggl
Isch hab mal ne Frasche: Isch will massiv in Wirecard Aktien investieren, ich dachte so an 1 Stück Aktie. Meine Frasche nun: Kann die Aktie auch mit Minus an der Börse notieren, so dass ich eventuell noch nachschießen muss?

RedBlues
Halbdaggl
witzfeld hat geschrieben:Isch hab mal ne Frasche: Isch will massiv in Wirecard Aktien investieren, ich dachte so an 1 Stück Aktie. Meine Frasche nun: Kann die Aktie auch mit Minus an der Börse notieren, so dass ich eventuell noch nachschießen muss?


Der der als letztes die Aktien hält muss für die Kosten gerade stehen die durch die Insolvenz aufkommen, deswegen hat ja Braun angefangen seine Aktien zu verkaufen. :mrgreen:

Balbriggan
Granadaseggl
RedBlues hat geschrieben:Meine Pfennige zu diesem thema

Solange die globale Wirtschaft wächst, werden Aktien langfristig steigen. Das Problem ist das Risiko die falschen Unternehmen auszuwählen. Dieses Risiko kann man durch sehr breite Streuung oder den Kauf von Indexfonds reduzieren.

Wer heute sein Geld anlegen möchte und mehr als die Inflation ausgleichen möchte, kommt meiner Meinung an Aktien nicht vorbei.

Na ja, diverse Fondmanager hatten bis zu 10% Wirecard in den Fonds liegen.

RedBlues
Halbdaggl
Balbriggan hat geschrieben:
RedBlues hat geschrieben:Meine Pfennige zu diesem thema

Solange die globale Wirtschaft wächst, werden Aktien langfristig steigen. Das Problem ist das Risiko die falschen Unternehmen auszuwählen. Dieses Risiko kann man durch sehr breite Streuung oder den Kauf von Indexfonds reduzieren.

Wer heute sein Geld anlegen möchte und mehr als die Inflation ausgleichen möchte, kommt meiner Meinung an Aktien nicht vorbei.

Na ja, diverse Fondmanager hatten bis zu 10% Wirecard in den Fonds liegen.


Was meiner Meinung grundsätzlich blöd ist, weil das nix mit Risikostreuung zu tun hat.

Tifferette
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Grasdaggl
muffinho hat geschrieben:
AxelKruse_FG hat geschrieben:Einem Unternehmen, das es einmal in den Dax geschafft hat, konnte man auch als Kleinanlager ohne riesigen Erfahrungs- und Wissenshintergrund einen gewissen Vertrauensvorschuß zubilligen und man mußte nicht mit einer Pleite rechnen.


Zum Thema Vertrauen, das ist allerspätestens seit VW und dem Dieselproblemchen, das es bis in die CEO Etage geschafft hat, vorbei.


Jein. Man muss schauen, worauf sich das Vertrauen denn bezieht.

Dass das Unternehmen gesetzestreu ist und keine Compliance"probleme" hat? Da hat Muffi recht, diese Vermutung kann man inzwischen getrost das Klo runterspülen. Leider insbesondere in Deutschland.

Dass das Unternehmen insgesamt gut geführt wird, mit ordentlichem Business Case und so weiter? Naja, es ist halt DAX30. Da kommt man nicht hin, wenn man fortlaufend Scheiße baut. Aber eine Garantie ist es freilich auch nicht, denn GEschäftsfelder können sich ändern.

Dass die Zahlen stimmen? Darauf dürfte man eigentlich vertrauen, denn darauf ist das gesamte System der Kapitalmarktregulierung ausgelegt. Darauf dürfen Anleger vertrauen. Was sie aus den Zahlen machen, das ist dann ihre Sache. Und bei Wirecard hätten die Anleger - trotz der Gerüchte - durchaus vertrauen dürfen. Systemversagen.
"They may be drinkers, Robin, but they are also human beings."

(Batman)

de mappes
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Spamferkel
Als Laie in dem Bereich: wie können denn die teuren Prüfer und Berater von beispielsweise E&Y und KPMG dort arbeiten ohne solche Missstände aufzudecken?
Oder sagen sie diese Missstände und sprechen sie intern an; was die dort damit machen ist dann deren Sache!?
Don't criticize what you can't understand

Tifferette
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Ja, bei EY haben die Leute gerade keinen Spaß, denn die werden sich genau diese Fragen stellen lassen müssen.

Diese komische von der Industrie selbst organisierte Aufsicht für Wirtschaftsprüfung (Name vergessen) übrigens auch. Denn die sind/waren näher dran als die BaFin, auf die reflexhaft geschimpft wird.
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AxelKruse_FG
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Tifferette hat geschrieben:Dass das Unternehmen gesetzestreu ist und keine Compliance"probleme" hat? Da hat Muffi recht, diese Vermutung kann man inzwischen getrost das Klo runterspülen. Leider insbesondere in Deutschland.

Nur weil es jetzt einen solchen Fall gegeben hat, sind nicht alle Unternehmen, vor allem nicht "insbesondere in Deutschland" nicht gesetzestreu. Wenn es stimmt, daß tatsächlich Belege bewußt gefälscht wurden, heißt das auch nicht, daß das ganze Unternehmen kriminell ist, nur weil es einige Mitarbeiter sind.

Und selbst die Wirtschaftsprüfer können ja in der Regel solche Belege nicht auf Echtheit überprüfen, sie sind ja schließlich keine Kriminologen.

Southern Comfort
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Umgekehrt... Deutschland hat nicht mehr den Nimbus des „Älles subbr, mir henn doch Gomblaiänz!“ Dieser Glaube hat sich überholt.

Das hatte auch damit zu tun, dass unsere Normen für ein wirtschaftliches Berichtswesen vom Gesetzesgeber kommen, und nicht von einem inzestuösen IAS-Board und man das ja wunderbar findet, transparent und unabhängig und so...

Findige Unternehmen schaffen es immer, sich um solche Standards herumzubasteln.
Das Huhn wurde in den Urlaub geschickt. ENTSPANNT EUCH ALLE MAL!

Southern Comfort
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Nachtrag zu den WP:

Auch die haben berufliche Standards und unter einem Aspekt der „Wesentlichkeit“ und insbesondere unter der Risikoorientierung der Prüfungshandlungen...

...sei die Frage nach der Begründung der Werthaltigkeit von 1,9 Mrd. über Nacht schon erlaubt. Wie hat man das denn dokumentiert? Hat man da einfach nen Kontoauszug kopiert oder ist man da tiefer eingestiegen, Stichwort „fair value“-Betrachtung?
Das Huhn wurde in den Urlaub geschickt. ENTSPANNT EUCH ALLE MAL!

jagdhuette
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de mappes hat geschrieben:Als Laie in dem Bereich: wie können denn die teuren Prüfer und Berater von beispielsweise E&Y und KPMG dort arbeiten ohne solche Missstände aufzudecken?
Oder sagen sie diese Missstände und sprechen sie intern an; was die dort damit machen ist dann deren Sache!?


KPMG hat alle offenen Punkte nicht bestätigt und deshalb vermutlich auch EY die Augen geöffnet. Seitte 32 und 33 aus dem KPMG Bericht sagen eindeutig aus, dass zu diesen Treuhandkonten keine Unterlagen vorliegen. Ich sehe bei KPMG keinerlei Verschulden. Dass man den Mandanten nicht anzeigt wäre evtl ein Versäumnis. Allerdings wäre dies auch zu viel verlangt, wenn man an die eigene Reputation denkt.

Unter Westfalen
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Grasdaggl
Southern Comfort hat geschrieben:Umgekehrt... Deutschland hat nicht mehr den Nimbus des „Älles subbr, mir henn doch Gomblaiänz!“ Dieser Glaube hat sich überholt.

Das hatte auch damit zu tun, dass unsere Normen für ein wirtschaftliches Berichtswesen vom Gesetzesgeber kommen, und nicht von einem inzestuösen IAS-Board und man das ja wunderbar findet, transparent und unabhängig und so...

Findige Unternehmen schaffen es immer, sich um solche Standards herumzubasteln.


Die Wirtschaftsprüfer sind nicht zu beneiden.
Sie wollen ja im nächsten Jahr auch noch bei diesem Kunden im Geschäft sein.
Das kann manchmal eine Gratwanderung werden.
Für eine freie und selbstbestimmte Ukraine.

de mappes
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Spamferkel
jagdhuette hat geschrieben:
de mappes hat geschrieben:Als Laie in dem Bereich: wie können denn die teuren Prüfer und Berater von beispielsweise E&Y und KPMG dort arbeiten ohne solche Missstände aufzudecken?
Oder sagen sie diese Missstände und sprechen sie intern an; was die dort damit machen ist dann deren Sache!?


KPMG hat alle offenen Punkte nicht bestätigt und deshalb vermutlich auch EY die Augen geöffnet. Seitte 32 und 33 aus dem KPMG Bericht sagen eindeutig aus, dass zu diesen Treuhandkonten keine Unterlagen vorliegen. Ich sehe bei KPMG keinerlei Verschulden. Dass man den Mandanten nicht anzeigt wäre evtl ein Versäumnis. Allerdings wäre dies auch zu viel verlangt, wenn man an die eigene Reputation denkt.


Ok danke
Was bleibt einem denn dann als Aktionär noch, um sich drauf verlassen zu können, dass sauber und legal gearbeitet wird?!
Die Börsenaufsichtsbehörde?
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Balbriggan
Granadaseggl
de mappes hat geschrieben:
jagdhuette hat geschrieben:
de mappes hat geschrieben:Als Laie in dem Bereich: wie können denn die teuren Prüfer und Berater von beispielsweise E&Y und KPMG dort arbeiten ohne solche Missstände aufzudecken?
Oder sagen sie diese Missstände und sprechen sie intern an; was die dort damit machen ist dann deren Sache!?


KPMG hat alle offenen Punkte nicht bestätigt und deshalb vermutlich auch EY die Augen geöffnet. Seitte 32 und 33 aus dem KPMG Bericht sagen eindeutig aus, dass zu diesen Treuhandkonten keine Unterlagen vorliegen. Ich sehe bei KPMG keinerlei Verschulden. Dass man den Mandanten nicht anzeigt wäre evtl ein Versäumnis. Allerdings wäre dies auch zu viel verlangt, wenn man an die eigene Reputation denkt.


Ok danke
Was bleibt einem denn dann als Aktionär noch, um sich drauf verlassen zu können, dass sauber und legal gearbeitet wird?!
Die Börsenaufsichtsbehörde?

Strenggenommen können alle bescheissen. Siehe auch die „Big Player“ VW, Deutsche Bank, usw.
Axel kann sicher aufzählen was für Mechanismen greifen um ein Unternehmen zu überwachen.

Tifferette
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AxelKruse_FG hat geschrieben:Nur weil es jetzt einen solchen Fall gegeben hat, sind nicht alle Unternehmen, vor allem nicht "insbesondere in Deutschland" nicht gesetzestreu.

Das "insbesondere" ist missverständlich, da hast Du Recht. Es bezog sich darauf, dass man sich gerade in Deutschland nicht MEHR auf Gesetzestreue verlassen kann. Nicht, dass es in Deutschland mehr Korruption gibt als anderswo, das stimmt. Das Problem ist, dass in Deutschland jahrzehntelang ignoriert wurde, dass es auch hier tonnenweise Wirtschaftskriminalität gibt bzw. gab. Es gab noch vor 20 Jahren Politiker, die sich allen Ernstes hingestellt und behauptet haben, dass es hierzulande so gut wie keine Korruption gäbe (my ass.... :lol: ). Whistleblowing war hierzulande sehr lange unbekannt und wurde von Politik, Wissenschaft und Wirtschaft als unnötig oder gar schädlich abgelehnt. Interessanterweise aber nicht in der Bevölkerung.

Das Problem ist, dass man diese Ungläubigkeit hinsichtlich Wirtschaftskriminalität hierzulande überall noch spürt. Trotz aller Strukturreformen ist zBdie BaFin immer noch eine Verwaltungs- und keine echte Strafverfolgungsbehörde. Insiderhandel wird zwar häufig entdeckt, aber so gut wie nie geahndet. Klagemöglichkeiten für Anleger gibt es nur eingeschränkt und der Gesetzgeber legt so lange die Hände in den Schoß, bis er vom BVerfG einen vor den Latz geknallt bekommt. Und das sind nur ein paar Beispiele, die ich aus meiner fachlichen Arbeit nennen kann. Schönstes Beispiel ist Siemens gewesen. Die waren so sicher, dass ihnen niemand etwas kann, dass sie sich fröhlich an der NYSE gelistet haben. Tja, auf einmal war die SEC mitsamt FBI für Korruptionsbekämpfung zuständig. Das Ergebnis ist bekannt, inklusive Selbstmord des designierten Vorstandsvorsitzenden.

Wenn man mal auf die Draufsicht umschaltet, dann ergibt sich ein bitteres Bild. Ich habe mal für eine Präsentation die offenen Verfahren gegen die Deutsche Bank zwischen 2010 und 2015 wegen Anlegertäuschung, Referenzwertmanipulation und mangelnder Geldwäschecompliance zusammengetragen. Bei 20 habe ich aufgehört zu zählen und dachte mir, dass das erst einmal reicht.

Kaum ein größeres Kartell, das ohne deutsche Firmen auskommt und so weiter und so fort.

Nochmals, ich glaube nicht, dass wir hier schlechter dastehen als in anderen Ländern. Nur ist die Selbstwahrnehmung eine ganz andere, und das ist bizarr. Die Chuzpe, mit der viele deutsche Industriekapitäne immer noch auf die Regeln scheißen, kann einen zur Weißglut treiben.

AxelKruse_FG hat geschrieben:Wenn es stimmt, daß tatsächlich Belege bewußt gefälscht wurden, heißt das auch nicht, daß das ganze Unternehmen kriminell ist, nur weil es einige Mitarbeiter sind.

Das heißt es ganz häufig sehr wohl.* Einzelne Mitarbeiter können nur begrenzt Schaden anrichten. Für Dinger wie bei VW und Co und jetzt bei Wirecard müssen es entweder eine ganze Menge Mitarbeiter sein oder aber einige Mitarbeiter in hohen Führungspositionen, die das decken (und dann wird das dem Unternehmen ohnehin zugerechnet). In beiden Fällen ist das klares Complianceversagen. Das hat auch viel mit Unternehmenskultur zu tun, und die ändert man nicht von heute auf morgen.

* Edit: Es heißt natürlich nicht, dass jeder einzelne Mitarbeiter kriminell ist, aber das sollte sich von selbst verstehen.

AxelKruse_FG hat geschrieben:Und selbst die Wirtschaftsprüfer können ja in der Regel solche Belege nicht auf Echtheit überprüfen, sie sind ja schließlich keine Kriminologen.

Jein. Auffälligkeiten können und müssen sie schon zur Kenntnis bringen. Das setzt aber natürlich voraus, dass sie sich die Belege zumindest anschauen. Oder die Kontoauszüge, hallo EY.
Der Trend geht übrigens bei den großen WP-Gesellschaften klar in Richtung Forensik. Das muss es ja, und wenn WP forensisch ausgebildet sind, dann arbeiten die ähnlich gut oder besser als entsprechend ausgebildete Polizisten. Zumindest in der Theorie.
Zuletzt geändert von Tifferette am 28. Juni 2020 09:24, insgesamt 1-mal geändert.
"They may be drinkers, Robin, but they are also human beings."

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jagdhuette
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Halbdaggl
Wenn man sich mal anschaut wen KPMG bei Wirecard federführend eingesetzt hatte, sieht man auch sehr schnell, dass dort das Mandat deutlich kritischer bzw. vermeintlich gesetzwidrig eingestuft wurde. Den Forensik Spezialisten und den Vorstand für Financial Services Kunden.
Bei EY hingegen wurde dieses heiße Eisen von zwei Partnern geprüft, die ihr gesamtes Berufsleben bei EY verbracht haben und keine besonderen Spezialisten sind.
Mir scheint es so als wäre dem einen oder anderen schon länger klar gewesen, dass Wirecard nicht das strahlende Unternehmen ist als das es hierzulande gesehen wurde.
KPMG hat dies zumindest nicht durchgewunken.
EY jahrelang schon. Nachdem KPMG Sonderbericht war ihnen für ein erneutes Testat die Hände gebunden.

AxelKruse_FG
Granadaseggl
Generell:

Kein vernünftiger Mensch würde in Abrede stellen, daß es nicht nur Kriminalität allgemein, sondern auch Wirtschaftskriminalität im speziellen gibt, auch in Deutschland. Daß es hierzulande aber "tonnenweise" mehr Kriminalität gibt als früher, halte ich nicht nur für ein Gerücht sondern vor allem für unbeweisbar, insbesondere da sich die Rechtslage in der Vergangenheit ja zum Teil massiv verändert hat. Gleiches gilt natürlich auch für jedweden internationalen Vergleich, wobei ich nach wie vor der Überzeugung bin, daß es hierzulande nicht dieses Ausmaß an Schmiergeldzahlungen gibt, die anderswo absolut die Regel sind. Ich glaube auch kaum, daß diese Praktiken anderswo so behandelt werden wie bei uns, insofern wäre da ein Zahlenvergleich ohnehin irreführend.

Auch wenn man in seinem eigenen Beruf mit solchen Vorkommnissen zu tun hat, sollte das nicht dazu führen, auf die Allgemeinheit der "Unternehmen in Deutschland" zu schließen.

Aber zurück zu Wirecard:

Tifferette hat geschrieben:
AxelKruse_FG hat geschrieben:
Wenn es stimmt, daß tatsächlich Belege bewußt gefälscht wurden, heißt das auch nicht, daß das ganze Unternehmen kriminell ist, nur weil es einige Mitarbeiter sind.



Das heißt es ganz häufig sehr wohl.* Einzelne Mitarbeiter können nur begrenzt Schaden anrichten. Für Dinger wie bei VW und Co und jetzt bei Wirecard müssen es entweder eine ganze Menge Mitarbeiter sein oder aber einige Mitarbeiter in hohen Führungspositionen, die das decken (und dann wird das dem Unternehmen ohnehin zugerechnet). In beiden Fällen ist das klares Complianceversagen. Das hat auch viel mit Unternehmenskultur zu tun, und die ändert man nicht von heute auf morgen.

* Edit: Es heißt natürlich nicht, dass jeder einzelne Mitarbeiter kriminell ist, aber das sollte sich von selbst verstehen.

Jetzt geht es aber genau nicht um irgendein diffuses "häufig", woher auch immer man schon wieder solche Wertungen glaubt vornehmen zu können, sondern um exakt diesen Fall.

Daß wirecard von vorn herein als ein betrügerisches Unternehmen gegründet wurde, halte ich für ausgeschlossen (da in diesem Thread Flowtex schon erwähnt wurde: Das war dort sicher anders), allein schon weil sie ein funktionierendes Produkt haben, das auch gefragt ist und es ja funktonierende Kundenbeziehungen gibt bzw. gab. Weiterhin würde wohl niemand, dessen einzige Absicht besteht, die Leute abzuzocken, einen solchen Gang in die Öffentlichkeit wagen, wie er mit einer Börsennotierung verbunden ist, und sich dazu noch mit einer Aufnahme in den Dax sogar ins internationale Rampenlicht stellen.

Das stärkste Argument aber, das gegen eine geplante betrügerische Manipulation spricht, ist die Tatsache, daß die einzigen, die geschädigt sind, die Eigentümer selbst sind. Der bisherige Cheff Braun war mit 7% an seinem Unternehmen beteiligt und hat durch diese Geschichte mal zumindest einen dreistelligen Millionenbetrag (!) verloren. Ohne die Aktionärsstruktur in der Vergangenheit genauer zu kennen, würde ich annehmen, daß es keine einzige Privatperson gibt, die einen höheren Anteil am Unternehmen hatte, sprich, es gibt niemanden, der mehr Geld verloren hat, als Braun selbst. Man hat zwar schon Pferde kotzen sehen, aber daß der sich selbst betrügt...

Eher glaube ich Stand jetzt, daß der Kern des Betruges im asiatischen Geschäftsumfeld, vor allem bei diesem verschwundenen Treuhänder zu suchen ist und daß die Geschäftleitung in Deutschland es tatsächlich nicht geblickt hat, wie sie über den Tisch gezogen wurde. Ins Blaue hinein vermute ich, daß dieser sogenannte "Third Party"- Umsatz mit Provisionszahlungen verbunden war, was die Ursache für die gefälschten Zahlungen sein könnte.

Daß die Prüfer anscheinend ebenfalls nicht aufmerksam geworden sind, ja gut, schlecht für die und die Firma, Auftragspflichten nicht erfüllt und so, Regreß, alles klar. Aber es sind nicht sie, die diese Gaunerei zu verantworten haben.

Da kommt mir diese Doku über diesen privaten Kindergarten in Minga in den Sinn und wie der Leiter die ganzen wohlhabenden studierten Akademiker (Stichwort Schwarmintelligenz!) an der Nase herumgeführt hat wie die Tanzbären im Zirkus und denen ein paar 100.000€ aus dem Kreuz geleiert hat.
Darf niemals passieren? Passiert aber doch. Gegen menschlichen Einfallsreichtum und gegen Gutgläubigkeit ist noch kein Kraut gewachsen. Wer wissen will, wie und warum so was geht, sollte sich das unbedingt anschauen. Ungeheuer lehrreich!