Rufus hat geschrieben:...
Nicht "ich" sondern "wir" haben ihn gefressen, das klingt doch gleich viel Charakterstärker.
Vor zwei Wochen (Montag, 23.3.) meinte er, wohl nicht nur zu meiner Überraschung:
"Die Zahlen sehen momentan etwas besser aus, am Mittwoch kann ich die neue Lage bewerten".
Ich dachte "Hä?", denn die Zahlen waren zwar in den letzten Tagen davor etwas zurückgegangen, aber am aktuellen Tag (also 23.3.) stieg die Infiziertenzahl wieder stark.
Datum #Neuinfizierte
19.3.20 2801
20.3.20 2958
21.3.20 2705
22.3.20 1948
23.3.20 4062
Die niedrigeren Zahlen stammten also vom Wochenende (21. und 22.3.)
Jetzt dagegen, wo wir
- eine Reproduktionsrate von fast 10 Tagen haben
- sogar die Montags- und Dienstags-Zahlen geringer ausfallen als die vom Wochenende (das ist neu)
will er keine signifikante Verbesserung sehen.
Also ich finde schon, dass die bisherigen Massnahmen mehr als nur ein bischen wirken.
Bei exponentiellen Wachstum (wir hatten vor 3 Wochen eine Verdopplung von 3 Tagen), wären wir jetzt bei den USA-Zahlen.
Außerdem würde ich gerne mal von den RKI-Profis eine Rechnung sehen, wie viele Infizierte unser Gesundheitssystem sich "leisten" kann.
Wieler betont ja immer, dass die Krankenhäuser aufstocken müssen.
Vor 2 Wochen hab ich mal was von Prof. Lesch gelesen, was sich aber wohl leider als zu optimistisch herausstellt:
Seine Daten waren
28.000 Intensivbetten, davon 14.000 für Corona
5% der Neuinfizierten werden 1 Woche lang beatmet.
Daraus folgerte er, dass sich Deutschland bis zu 40.000 Neuinfizierte pro Tag leisten könne.
5% von 40.000 = 2000.
2000 * 7 = 140000
Jetzt stellt sich ja heraus, dass die durchschnittliche Beatmungszeit sehr viel länger anhält (15? 17? ich weiß es nicht mehr genau).
Außerdem liegen wohl mehr als 5% auf der Intensivstation (auch wenn nicht alle beatmet werden müssen).
Also käme man doch eher auf folgende Rechnung:
40.000 Intensivbetten, davon 20.000 für Corona.
10% müssen auf die Intensivstation
Durchschnittliche Verweildauer auf der Intensivstation: 15 Tage
Dann käme ich bei täglich 10.000 Infizierten auf eine Intensiv-Bettenbelegung von 15.000 (also 75% der verfügbaren Betten, was ich schon als ziemlich hoch empfinde).
Deine Gedankenspiele und Berechnungen sind ganz interessant, aber wie bei fast allen anderen rechnerischen Überlegungen sind auch dabei viel zu viele Variablen, als daß man eine seriöse Schlußfolgerung daraus ziehen könnte, wie viele Infektionen Deutschland "verkraften" könnte. Beispielsweise ist die Bettenkapazität nicht konstant, sondern kann an die jeweilige Anfrage angepasst werden, ein Procedere, das auch in normalen Zeiten als Auslastungs- oder Kapazitätssteuerung permanent durchgeführt und optimiert wird. Wie weit sich bei befürchteter explosiver Verbreitung des Virus´ diese Zahlen steigern lassen, kann man nicht vorhersagen, weil im Bedarfsfall noch völlig neue Ressourcen erschlossen werden (können) oder auch schlicht die Anforderungen an Intensivbehandlung gesenkt werden können.
Das ist so ähnlich wie beim Erdöl. Da haben auch ganz viele wichtige studierte Leute behauptet, es würde in 30 Jahren keines mehr geben. Das war 1971. Die sind auch von ganz vielen Konstanten ausgegangen bei ihren Überlegungen.
Klar will jeder gerne verläßliche Zahlen, um planen zu können (ich auch), aber es gibt einfach zu oft zu viele Unwägbarkeiten für sichere Prognosen. Interessanterweise sind genau die, die unbedingt klare Ansagen haben wollen, genau die, die denjenigen die Zahlen nachher um die Ohren hauen, wenn es nicht genau so eintrifft wie vorhergesagt. Sieht man ja hier.