Zunächst die Voraussetzung: "Die PCR-Methode ist die genaueste, die es gibt", sagt Hartwich. "Damit kann man theoretisch eine einzelne RNA in einer Probe identifizieren." Seit Corona ist das Kürzel PCR in etwa so bekannt wie PVC in Küchengeschäften oder PWC in der Beraterbranche. PCR: Polymerase-Chain-Reaction. In Geräten von der Größe eines Ziegelsteins wird durch Polymerase-Enzyme, weitere Zutaten und Temperaturänderungen das Virenerbgut vervielfältigt, die sogenannte RNA, Ribonukleinsäure. Die von einem Probanden entnommene Speichelprobe, die an einem Wattestäbchen hängt, wird dafür zunächst in einer Flüssigkeit gelöst, dabei werden die enthaltenen Zellen zerstört und am Ende wird die RNA isoliert.
Sie wird im nächsten Schritt mit einer neuen Flüssigkeit versetzt und in den Ziegelstein-Apparat namens PCR-Cycler gegeben. Nun wird die RNA in DNA umgeschrieben und diese vervielfältigt. Allerdings nur, wenn eine Probe positiv war und die Sars-CoV-2-RNA enthält. Denn die Polymerase kann nur DNA vervielfältigen, wenn sie durch ein Signalmolekül namens Primer, das sich auf die DNA setzt, aktiviert wird. Da in der Test-Flüssigkeit nur Primer sind, die an DNA-Sequenzen binden, die es ausschließlich im Erbgut von Sars-CoV-2 gibt, wird nur vervielfältigt, wenn die Probe Covid-19-RNA enthält.
Anschließend macht die PCR-Maschine die Vervielfältigung der Virus-DNA sichtbar, über optische Detektion. Beim Vervielfältigen wird ein Lichteffekt erzeugt. Je mehr Virus-Erbgut entsteht, desto mehr Licht wird ausgestrahlt. Am Ende sagt der Ziegelstein einem Computer, ob und wie stark eine Probe leuchtet. So weit der bekannte Vorgang. Der dauerte bislang vom Abstrich bis zum Ergebnis etwa fünfeinhalb Stunden.
Zudem kann man mit einem Abstrich höchstens vier verschiedene DNA-Abschnitte abfragen, also höchstens vier Krankheiten oder Viren. "Das liegt an den Fluoreszenzstoffen", sagt Hartwich. Gelb, grün, blau, rot, mehr kann ein PCR-Cycler nicht gleichzeitig unterscheiden.
In Hartwichs Laserschwertern wird aber kein Licht, sondern Strom registriert. Sein System soll 100 verschiedene DNA-Stücke gleichzeitig analysieren können. Um die verschiedenen Erbgut-Fragmente am Ende zu erkennen, fixiert er 100 verschiedene DNA-Stücke auf eine wenige Millimeter große Platte. Sie sind die Gegenstücke zu den gesuchten Bereichen und so präpariert, dass zwischen ihnen und der Platte kontinuierlich ein schwacher Strom fließt. Sind nun gesuchte DNA-Fragmente in einer Probe, verdrängen sie die elektrisch aktiven Platzhalter und binden an ihre Gegenstücke. Dabei wird der Strom unterbrochen und die Platte meldet dann an einen Speicherchip im Laserschwert: Position 37, kein Strom mehr. Dadurch können dann eben 100 DNA-Stücke gleichzeitig abgefragt werden in einer Probe.
Das ist die Idee hinter dem Laserschwert. Wie hilft die nun bei einem Corona-Test?
Hartwichs Ansatz unterscheidet sich in einem wesentlichen Punkt von der bisherigen Analysemethode: Sein Team hat es geschafft, keine vorbereitenden Schritte wie die Aufbereitung und RNA-Isolation mehr zu benötigen, um eine Probe zu untersuchen.
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Man hat im Laserschwert eine Probe und eine Flüssigkeit, dazu noch zwei winzige Herdplatten, Herdplatinen vielmehr, um in klein das zu machen, was die PCR-Cycler in Ziegelsteingröße machen. Hartwichs System kann da nicht erst die Proben aufbereiten, Zellen aufbrechen, und die RNA isolieren. Sein Mix, den er heute an Labore verkauft, 1,6 Milliliter für knapp 100 Proben, enthält alles, was man braucht, um die Enzymreaktion ohne Extra-Schritt im bewährten Kühl- und Hitze-Wechsel laufen zu lassen. Im Fall des Sars-CoV-2-Virus muss man ja RNA identifizieren. Und freie RNA wird normalerweise von RNAse-Enzymen sehr schnell abgebaut. Die sind als Wächter überall, also auch in jeder Probe. Das Standard-Testverfahren, das die Abstrichlösung erst einmal aufreinigt, kann erst die RNAsen von den Viren trennen.
Im zweiten Schritt wird dann die Virenhülle aufgebrochen und die RNA wird zugänglich. Das dauert. Zweieinhalb Stunden etwa. Hartwichs wichtigster Erfolg war, dass es ihm gelungen ist, die RNAsen zu inaktivieren. Er gibt seiner Mixtur Ingredienzien zu, die über Umwege dafür sorgen, dass die RNA in der Probe intakt bleibt. So spart er zweieinhalb Stunden. Zudem konnte er mit seinem Team noch die anschließenden Abläufe im PCR-Cycler optimieren. Am Ende stehen nun die 52 Minuten.