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muffinho
de mappes hat geschrieben:
vieles hat zwei seiten; mit IT kann man eben auch gutes tun, Zoos haben auch positive Aspekte...nur bei billigem Fleisch...da wird's schwerer. Und nur weil man so viele Dinge ignoriert, braucht man doch nicht beispielsweise beim Thema Fleisch dann auch nicht drauf zu achten.

Schweres Thema aber...da, wo es einem persönlich leicht fällt, "Gutes" zu tun (was sicher wieder interpretationsbedürftig ist), darf man es durchaus umsetzen


Du kannst in allem etwas gutes sehen bzw. sich alles schön reden, die Frage ist nur ob Du es so vor Dir selbst rechtfertigen kannst. Viele Menschen schauen eben weg, weil das Drama sich nicht vor der eigenen Haustür abspielt, sondern auf einer Müllhalde in Accra, oder in einer Fabrik in Bangalore, oder in einer Mine in Kinshasa. Du sieht nur das Endprodukt, aber nicht das Leid dahinter. Du weißt aber von dem Leid, weil es die Medien immer wieder thematisieren. Hindert es Dich daran mit Deiner Stimme als Verbraucher ein Zeichen zu setzen? Nein, also bist Du Teil des Systems und unterstützt es weiterhin.
Alles gut, man muss nur dazu stehen.

Tifferette
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muffinho hat geschrieben:Die Leute wissen das, es interessiert sie nur nicht, weil das eben Teil unserer Kultur ist. Jeder halbwegs Interessierte weiß inzwischen welche Arbeitsbedingungen beim Foxconn herrschen, dass es dort unzählige Suizide gab, Einkasernierungen usw, und hindert es die Menschen daran Apple Produkte zu kaufen? Nein. Jeder weiß inzwischen welche Umweltschäden durch Ölbohrungen anrichtet wird, sei es in Nigeria, Alaska oder in Ecuador... tanken wir deswegen weniger? Haben wir weniger Kunststoff verbraucht, weil wir ständig hören dass man Mikropartikel in Fischen findet, die später auf unseren Teller landen, oder weil der Gesetzgeber eingeschritten ist?

Menschen sind ignorant, sonst würde unsere Gesellschaft nicht so funktionieren. Wir haben uns an das günstige Leben gewöhnt und blenden aus, dass andere Menschen für dieses günstige Leben leiden. Ich habe das für mich akzeptiert, sonst würde ich keine IT nutzen, sonst würde ich nicht in den Zoo gehen, nicht mehr Auto fahren, hätte kein Haus gebaut (sag mal einem Bauunternehmer dass Du keine rumänischen Subunternehmer willst, der lacht Dich aus), würde meine Kleidung selbst herstellen usw.


Keinem dieser Punkte will (kann!) ich widersprechen. Das ändert aber nichts daran, dass man Zustände kritisieren kann oder muss, denn sonst ändert sich eh nichts. Und das ist eben KEINE Moraldiskussion. Andernfalls könnten wir jegliche gesellschaftliche und politische Entwicklung ad acta legen. Genausowenig gibt es ein Absolutheitsgebot für "richtiges" Verhalten. Man kann aber versuchen, für sich einzelne Dinge anders zu machen. Da muss man nicht unnötig überspitzen.

Wenn Du der Meinung bist, dass man alles tun und lassen kann, solange es die Gesetze erlauben - klar, das ist formal richtig. Kubicki würde Dich dafür ganz fest in den Arm nehmen. Es ist aber eine verkürzte Sicht, weil damit jegliches Diskussion über menschliches Handeln ausgeklammert wird. Und ich nehme mir heraus, dass ich das von Dir skizzierte (zutreffende!) Beharren der Bevölkerung auf althergebrachten Bequemlichkeiten zum Teil furchtbar finde. So funktioniert Diskussion. Jeder kann im Rahmen der Gesetze tun und lassen was er will. Man kann auch das größte Arschloch sein, es lebe die freie Gesellschaft. Man soll dann aber sehr vorsichtig sein, jedwede Kritik an so was als Moralkeule abzustempeln. DAS ist nämlich AfD-Stil. So erklärt man nämlich durch Framing eine Diskussion für beendet, nur weil sie einem nicht passt.

Wenn ich jetzt sagen würde "Oh Muffi! Wie kannst Du nur XYZ tun?!? Das hätte ich nie erwartet, das geht doch nicht! Pfui!" - das ist die Moralkeule und das finde auch ich ekelhaft. Nur, und damit sind wir wieder ganz vorn, ist das meiner Meinung nach hier völlig fehl am Platz.
"They may be drinkers, Robin, but they are also human beings."

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muffinho hat geschrieben:Viele Menschen schauen eben weg, weil das Drama sich nicht vor der eigenen Haustür abspielt, sondern auf einer Müllhalde in Accra, oder in einer Fabrik in Bangalore, oder in einer Mine in Kinshasa. Du sieht nur das Endprodukt, aber nicht das Leid dahinter. Du weißt aber von dem Leid, weil es die Medien immer wieder thematisieren. Hindert es Dich daran mit Deiner Stimme als Verbraucher ein Zeichen zu setzen? Nein, also bist Du Teil des Systems und unterstützt es weiterhin.
Alles gut, man muss nur dazu stehen.


Und nur, weil viele Menschen wegschauen und das System weiterhin unterstützen, werden diejenigen unter den Tisch gekehrt, die als Verbraucher ein Zeichen für Nachhaltigkeit, Tierwohl und Wertschätzung setzen :?: Und nur weil nicht jeder Verbraucher überall (bei allen fragwürdigen Dingen) dieses Zeichen setzt, wird er diskreditiert :?:

Jeder Verbraucher, der sich dem mündigen und verantwortungsvollen Konsum anschließt, ist einer mehr, der andere Produktions- und Vertriebsweisen unterstützt.Und wenn das immer mehr werden, dann können sich die Firmen dem nicht verschließen. Das nennt sich Marktmacht - und das bewirkt Veränderung.

Also, wenn du schon so viel weißt, dann erlaube ich mir die Frage, warum DU nichts änderst?
Wenn die Unfähigkeit einen Decknamen braucht, nennt sie sich Pech.

- Charles Maurice de Talleyrand -

muffinho
Tifferette hat geschrieben:Wenn Du der Meinung bist, dass man alles tun und lassen kann, solange es die Gesetze erlauben - klar, das ist formal richtig.


Du wirst jetzt lachen oder stöhnen, aber genau der Meinung bin ich, weil das das Verbindende ist, was uns objektiv (jedenfalls in der Theorie, dass die Praxis anders aussieht muss ich Dir als Jurist nicht sagen) für jeden nachvollziehbar als Gemeinschaft eint. Alles andere ist subjektiv und damit für mich Teil der individuellen Selbstentfaltung. Darum kann ich mit diesem Scheiß wie "Leitkultur" und ähnlichem auch nichts anfangen, weil es eben so facettenreich ist, und was für den einen gut ist, ist für den anderen böse, was der eine moralisch verwerflich findet, ist für den anderen ok. Diese gedankliche Diskrepanz zwischen den jeweiligen Richtungen ist auch vollkommen akzeptabel, schließlich prägt auch unsere Herkunft das Handeln, und während die schwäbische Oma denkt, dass die Reinschmeckten aus Südeuropa abends lieber ins Bett sollten, statt ewig Party zu machen, denken die dass die Oma eben einen Stock im Hintern hat und verbittert ist... alles ok, und genau da muss der Gesetzgeber verbindliche Richtlinien festlegen, nach den sich jeder zu halten hat, etwa dass man eben nicht eine 14 jährige heiraten darf, was in anderen Ländern normal ist, oder dass ab einer gewissen Uhrzeit kein Rasenmäher mehr laufen darf, was in andern Ländern kein Schwein stört.
Diese Regeln sind etwas verbindliches und in der Theorie für jeden nachlesbar, an das sich jeder halten muss, alles andere sind moralische Werte, die jeder für sich auslegen darf, und hier gestatte ich jedem, sich innerhalb dieser Regeln frei zu bewegen. Dass darüber gesprochen wird, ist vollkommen richtig, dass aber über andere geurteilt wird, nur weil diese nicht den moralischen Grundsätzen des Gegenüber entsprechen, hat mich schon immer genervt, und ich hatte im Freundes/Bekannten/Kollegenkreis schon die eine oder hitzige Diskussion mit Tierschützern oder Vegetarier, die mir mit ihrem missionarischen Zwang, ihre moralische Position als einzig richtige aufzwängen zu wollen, mächtig auf die Nüsse gehen. Gleiches mit der Religion, können manche Menschen nicht einfach akzeptieren, dass es Atheisten und Agnostiker gibt... aber das wäre jetzt wieder ein anderes Thema.

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Das ist in der Theorie schön und gut. Wenn Du das in Deinem Leben konsequent durchziehen kannst, dann würde mich das aber überraschen. Du merkst wahrscheinlich selbst nicht, an wie viele ungeschriebene Normen Du Dich auch fortwährend hältst und gleichzeitig erwartest, dass auch andere das tun. Wenn zB ein Nachbar die Lautstärkegrenzen und -zeiten jeden Tag bis ans logische Maximum ausreizt, um sich beim lautstarken Mastubieren Walgesänge und Bongatrommeln anzuhören, dann wird es Dich sehr schnell nerven und nach einiger Zeit würdest Du ausflippen. Und wenn die Leute das generell machen, dann hättest Du sehr schnell bürgerkriegsähnliche Zustände.

Um mal ein typisches Beispiel aus dem Leben zu bilden.

:D

Gesellschaften leben nicht nur von Gesetzen, sondern auch von ungeschriebenen Werten und Normen. Die manchmal auch subjektiv gefärbt sind. Das sagt Dir auch jeder Soziologe oder Rechtstheoretiker. Psychologen bestimmt auch, aber da möchte ich mich nicht aus dem Fenster lehnen.
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muffinho
CoachingZone hat geschrieben:
Jeder Verbraucher, der sich dem mündigen und verantwortungsvollen Konsum anschließt, ist einer mehr, der andere Produktions- und Vertriebsweisen unterstützt.Und wenn das immer mehr werden, dann können sich die Firmen dem nicht verschließen. Das nennt sich Marktmacht - und das bewirkt Veränderung.


Ja, ich sehe die Veränderungen täglich, beim Benzinverbrauch, bei der Abfallentsorgung, beim Konsumverhalten usw.

Also, wenn du schon so viel weißt, dann erlaube ich mir die Frage, warum DU nichts änderst?


Weil ich hier einen gewissen Egoismus erkenne und für mich toleriere. Es ist mir wichtiger, meinen Kindern einen Löwen oder Elefanten zu zeigen, als mich dafür feiern zu lassen, dass ich die nicht artgerechte Tierhaltung im Zoo nicht unterstütze. Es ist mir wichtiger, mit dem Smartphone meine Mails zu empfangen, als mir auf die Schultern zu klopfen, dass ich mit meinem Handeln das Leid der Kinder in den Minen des Kongo nicht unterstütze. Es ist mir wichtiger mit dem Auto meine Kinder schnell von A nach B zu fahren, statt mich zu freuen dass ich die Ölförderung und anschließende Umweltverschmutzung nicht mit meinem Geld fördere, und auch für die "saubere" Ersatzlösung, die Akkus benötigen, haben Menschen leiden müssen, was ich nicht unterstütze.... so könnte ich ewig weitermachen, ich habe das ja schon - zu - oft aufgezählt, Schokolade, Kosmetik, das ganze Leben ist moralisch verdorben. Und hier entscheide ich für mich, dass dieser angesprochene Egoismus über den moralischen Bedenken steht. Hört sich scheiße an, ist es auch. Geht aber nicht nur mir so, sonst würdest Du mir hier nicht antworten, denn mit den Gerät, in dem Du Deine Nachricht schreibst, unterstützt Du den Scheiß auch. Das machen auch die Millionen, die jährlich in die Wilhelma gehen, die täglich tanken, Schokolade essen usw, jeder stellt seinen Egoismus über die Moral. Diese Erkenntnis kann man akzeptieren und offen kommunizieren, man kann es aber auch verdrängen. Ich habe mich für ersteres entschieden.

muffinho
Tifferette hat geschrieben:Gesellschaften leben nicht nur von Gesetzen, sondern auch von ungeschriebenen Werten und Normen.


Da bin ich komplett anderer Meinung, über diesen Punkt sind wir lange raus. Beispiel, früher war es ein ungeschriebenes Gesetz dass man andere Menschen mit Handschlag begrüßt hat. Schon vor Corona habe ich beobachtet, dass dies immer mehr aus der Mode kam, Obama ist nur der prominenteste fist bumper. Mit Corona wird sich das alles noch viel mehr ändern. Dazu kommen andere "Kulturen", die eine kontaktlose Begrüßung kennen, durch Zuwanderung zu uns und werden in die Gemeinschaft integriert, da juckt es nicht was jahrelang ungeschriebene Werte waren.

Nur ein Beispiel. Oder sag mir doch bitte mal ein Beispiel für die ungeschriebenen Werte und Normen hier im Land.

Tifferette
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Über den Punkt sind wir lange raus? 400 Jahre Philosophie und Ethik den Gulli runter, echt jetzt? Soziologen und Rechtstheoretiker haben ohnehin keine Ahnung, oder was? Vielleicht hier mal etwas weniger Fuß auf dem Gaspedal.

Mal ein ganz einfaches Beispiel: Ich lade Dich zum Abendessen ein. Du bist überrascht, weil wir bislang keine dicken Buddies sind. Du stehst pünktlich (immerhin sind wir in Deutschland!) vor meiner Tür. Keiner öffnet und Du siehst in diesem Moment eine SMS von mir, dass ich doch keinen Bock habe und lieber ins Kino gegangen bin. Rechtmäßiges Handeln? Klar, gibt ja kein Gesetz dagegen? Frag mal 100 Leute auf der Straße, was sie davon halten, und Du wirst ein ziemlich einhelliges Stimmungsbild bekommen.

Der Trick bei den ganzen ungeschriebenen Dingen ist übrigens gerade, dass sie sich mit der Zeit wandeln. Das ist gerade der Punkt. Und manches findet sich dann irgendwann in Gesetzesform wieder, vieles hingegen nicht. Das ändert aber nichts daran, dass es diese ungeschriebenen Normen gibt.

Das denke ich mir übrigens nicht spontan aus, das ist gerne nachzulesen in den ersten Kapiteln der Standardwerke zur Rechtstheorie und -soziogie. Du kannst jetzt gerne sagen, dass Du das ja alles anders siehst. Mei. Es ist aber halt sozialwissenschaftlicher Konsens.
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muffinho hat geschrieben:
Jeder Verbraucher, der sich dem mündigen und verantwortungsvollen Konsum anschließt, ist einer mehr, der andere Produktions- und Vertriebsweisen unterstützt.Und wenn das immer mehr werden, dann können sich die Firmen dem nicht verschließen. Das nennt sich Marktmacht - und das bewirkt Veränderung.


Ja, ich sehe die Veränderungen täglich, beim Benzinverbrauch, bei der Abfallentsorgung, beim Konsumverhalten usw.


Wir verwenden unser Auto nur für lange Strecken zu unserer Verwandtschaft nach Deutschland und für den Urlaub. Ansonsten fahren wir öffentlich, mit dem Fahrrad oder gehen zu Fuß.

Wir reduzieren schon seit Jahren unseren Abfall, indem wir beispielsweise - wo möglich - offene Ware einkaufen, selbst kochen statt Fertigprodukte aufzuwärmen, usw. Geräte, die wir nicht brauchen, verkaufen oder verschenken wir oder bringen sie zum Wertstoffhof. Löchrige Socken und T-Shirts werden gestopft, Knöpfe angenäht. Und auch sonst brauchen wir nicht ständig das neueste Handy oder den neuesten Rechner. In der Regel erneuern wir den stationären Rechner alle zehn Jahre - und dann wird er meistens bei der Verwandtschaft wiederverwertet, die selbst nicht unbedingt einen superschnellen Rechner braucht...

muffinho hat geschrieben:
Also, wenn du schon so viel weißt, dann erlaube ich mir die Frage, warum DU nichts änderst?


Weil ich hier einen gewissen Egoismus erkenne und für mich toleriere. Es ist mir wichtiger, meinen Kindern einen Löwen oder Elefanten zu zeigen, als mich dafür feiern zu lassen, dass ich die nicht artgerechte Tierhaltung im Zoo nicht unterstütze. Es ist mir wichtiger, mit dem Smartphone meine Mails zu empfangen, als mir auf die Schultern zu klopfen, dass ich mit meinem Handeln das Leid der Kinder in den Minen des Kongo nicht unterstütze. Es ist mir wichtiger mit dem Auto meine Kinder schnell von A nach B zu fahren, statt mich zu freuen dass ich die Ölförderung und anschließende Umweltverschmutzung nicht mit meinem Geld fördere, und auch für die "saubere" Ersatzlösung, die Akkus benötigen, haben Menschen leiden müssen, was ich nicht unterstütze.... so könnte ich ewig weitermachen, ich habe das ja schon - zu - oft aufgezählt, Schokolade, Kosmetik, das ganze Leben ist moralisch verdorben. Und hier entscheide ich für mich, dass dieser angesprochene Egoismus über den moralischen Bedenken steht. Hört sich scheiße an, ist es auch. Geht aber nicht nur mir so, sonst würdest Du mir hier nicht antworten, denn mit den Gerät, in dem Du Deine Nachricht schreibst, unterstützt Du den Scheiß auch. Das machen auch die Millionen, die jährlich in die Wilhelma gehen, die täglich tanken, Schokolade essen usw, jeder stellt seinen Egoismus über die Moral. Diese Erkenntnis kann man akzeptieren und offen kommunizieren, man kann es aber auch verdrängen. Ich habe mich für ersteres entschieden.


Das habe ich bei dir schon lange verstanden. Es ist durchaus ein Fortschritt, seinen eigenen Egoismus und seine eigene Bequemlichkeit offen zu gestehen.

Aber warum wütest du gegen andere, die sich (mindestens) in Teilen anders entscheiden :?: Denn solche Leute gibt es, beispielsweise uns.

Und wenn jeder nur auf einen Teil dieser von dir so genannten Tätigkeiten oder Produkte verzichten würde, würde das auch schon viel verändern :!: Selbst wenn du nur einmal öffentlich statt mit dem Auto von A nach B fährst, hast du bereits etwas verändert.

Warum also dieser Absolutismus, dieses alles oder nichts :?: Oder brauchst du den, damit du deinen Egoismus vor dir rechtfertigen kannst :?:
Wenn die Unfähigkeit einen Decknamen braucht, nennt sie sich Pech.

- Charles Maurice de Talleyrand -

Nilkheimer
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Weil ich ja im Gegensatz zu Euch was schaffe muss, bleibt mir nur kurze Würze.

Muff: Ein kluger Jurist (!?) hat mal gesagt:

Recht ist das ethische Minimum.


Das ethische MINIMUM :!:
Aber das macht doch nichts.

Ja gut äh, die alten Griechen haben Ziegenhirten durchgefickt, ob die wollten oder nicht. So ändern sich die Normen. Wenn man nur ein Schnitzel weniger in die Pfanne haute, würde sich schon jede Menge.

Auch auf politischer Ebene: man sollte einen fleischlosen Tag pro Woche in Kantinen und Großküchen. Ich finde die FDP könnte diesen Vorschlag einbringen.

Tifferette
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Nice Weather hat geschrieben:Ja gut äh, die alten Griechen haben Ziegenhirten durchgefickt, ob die wollten oder nicht.


Die alten Griechen oder die Ziegenhirten?
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muffinho
Tifferette hat geschrieben:Über den Punkt sind wir lange raus? 400 Jahre Philosophie und Ethik den Gulli runter, echt jetzt? Soziologen und Rechtstheoretiker haben ohnehin keine Ahnung, oder was? Vielleicht hier mal etwas weniger Fuß auf dem Gaspedal.


Ja, der Meinung bin ich, jedenfalls in guten Teilen, weil eine Gesellschaft dynamisch ist und sich konstant entwickelt. Sieht man am besten beim Beispiel Frau: bis ins letzte Jahrhundert war die Rolle der Frau gesellschaftlich definiert, das klassische Heimchen. In der Zwischenzeit haben wir eine faktische Gleichberechtigung (jetzt bitte keine Phantomdiskussion über Gender gap bzgl. Bezahlung und ähnliches, dafür ist das Thema zu vielschichtig und bedarf eines eigenen Thread), da interessieren Ansichten und Moralvorstellungen vor 50 Jahre kein Schwein mehr. Manche Menschen haben noch die Ansichten von 1960, andere Leben schon im Jahr 2060, kann man machen, solange kein Gesetz sie daran hindert. Wenn in einer Ehe der Mann alleine arbeitet, heimkommt und sich vor den TV setzt, während die Frau den ganzen Tag daheim bleibt und auf die Kinder aufpasst, während der Mann alle wichtigen Entscheidungen trifft... hey, es ist ein freies Land.

Mal ein ganz einfaches Beispiel: Ich lade Dich zum Abendessen ein. Du bist überrascht, weil wir bislang keine dicken Buddies sind. Du stehst pünktlich (immerhin sind wir in Deutschland!) vor meiner Tür. Keiner öffnet und Du siehst in diesem Moment eine SMS von mir, dass ich doch keinen Bock habe und lieber ins Kino gegangen bin. Rechtmäßiges Handeln? Klar, gibt ja kein Gesetz dagegen? Frag mal 100 Leute auf der Straße, was sie davon halten, und Du wirst ein ziemlich einhelliges Stimmungsbild bekommen.


Das Beispiel würde bei mir schon daran haken, dass ich pünktlich wäre. Ich bin ein superpünktlicher Mensch und bin eher 10 als 5 Minuten vor der Zeit am Treffpunkt. Ich habe Freude die kommen erst mal 20 Minuten zu spät und sehen darin kein Problem, schieben es halt auf die Kinder. Ich kenne Kollegen die das Zeitmanagement eines Faultiers haben. Und wir reden hier nicht von argentinischen Fussballern, sondern altschwäbischen/württembergen Einheimischen. Sowieso ist das Thema Pünktlichkeit in den letzten Jahren total verkommen, aber auch dass man auf einmal Geburtstagswünsche über Whatsapp bekommt, da kann man nicht mal mehr anrufen. Ist halt Teil der sich verändernden Gesellschaft, und mit ihr verändern sich Werte und Vorstellungen. Der eine so, der andere so, der alte Fritz hätte daran seine Freude, auch wenn sein berühmter Spruch eher auf die religiöse Sicht bezogen war.

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Das Beispiel würde bei mir schon daran haken, dass ich pünktlich wäre.


Ich glaube, Du hast das Beispiel nicht richtig gelesen oder jedenfalls nicht verstanden. Es ging nicht um Pünktlichkeit. Es geht auch nicht darum, was Du tun würdest.
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Weil ich hier einen gewissen Egoismus erkenne und für mich toleriere.
Immanuel Kant


Nette Diskussion... War ganz schön viel zu lesen. ich bin mir nciht sicher, ob ihr diesen Ursprungsgedanken - imho ein Denkfehler - überwunden habt.

Blöde vs. Moralisch

...gehört für mich nicht in eine Arena.

Auch Dummbatzen sind zu moralischem Handeln fähig. Es braucht auch nicht immer die allergrößte Reflexionsstufe um zu sehen, dass man bei Rot nicht über die Ampel fährt. Dann fährt man nämlich nicht, weil es verboten ist, sondern weil man es verinnerlicht hat.

Und genauso sind die unmoralischsten Täter in dieser Welt vermutlich auch gleichzeitig sehr intelligent. Wie heißt es so schön (so oder so ähnlich): "Die dummen Soziopathen landen im Gefängnis, die schlauen Soziopathen werden Vorstandsvorsitzender."

Mit anderen Worten: Man kann es nicht so schnell verkürzen, dass jemand zu blöd ist, moralisch zu handeln. Das sind meines Wissens sogar schon unterschiedliche Gehirnhälften.

Deswegen darf man einem Fleischesser auch mal erklären, dass das in extremen Ausprägungen halt auch seine Konsequenzen hat, die er nicht bemerkt. Wenn er daraufhin sagt "mir doch egal", ist das sein Recht, aber ich würde das nicht Intellekt begründen, sondern dann mit Sturheit/Ignoranz etc. Und damit wird das dann eine rein moralische Fragestellung.
Das Huhn wurde in den Urlaub geschickt. ENTSPANNT EUCH ALLE MAL!

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muffinho hat geschrieben:
Tifferette hat geschrieben:Über den Punkt sind wir lange raus? 400 Jahre Philosophie und Ethik den Gulli runter, echt jetzt? Soziologen und Rechtstheoretiker haben ohnehin keine Ahnung, oder was? Vielleicht hier mal etwas weniger Fuß auf dem Gaspedal.


Ja, der Meinung bin ich, jedenfalls in guten Teilen, weil eine Gesellschaft dynamisch ist und sich konstant entwickelt. Sieht man am besten beim Beispiel Frau: bis ins letzte Jahrhundert war die Rolle der Frau gesellschaftlich definiert, das klassische Heimchen. In der Zwischenzeit haben wir eine faktische Gleichberechtigung (jetzt bitte keine Phantomdiskussion über Gender gap bzgl. Bezahlung und ähnliches, dafür ist das Thema zu vielschichtig und bedarf eines eigenen Thread), da interessieren Ansichten und Moralvorstellungen vor 50 Jahre kein Schwein mehr. Manche Menschen haben noch die Ansichten von 1960, andere Leben schon im Jahr 2060, kann man machen, solange kein Gesetz sie daran hindert. Wenn in einer Ehe der Mann alleine arbeitet, heimkommt und sich vor den TV setzt, während die Frau den ganzen Tag daheim bleibt und auf die Kinder aufpasst, während der Mann alle wichtigen Entscheidungen trifft... hey, es ist ein freies Land.


Ja, schönes Beispiel. In diesem Bereich gibt es eben keine einigermaßen einheitliche "soziale Norm" mehr. Heitß das, dass es die deshalb generell nicht mehr gibt? Nein. Hier wird man andersrum sagen können, dass es gerade die soziale Norm ist, dass in der Bevölkerung überwiegend akzeptiert wird, dass es verschiedene Formen gibt.
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Nice Weather hat geschrieben:Wenn man die Griechen meinte, dann schriebe man “ob sie wollten oder nicht”.

Das ist leider richtig. Menno.
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muffinho
CoachingZone hat geschrieben:
Wir verwenden unser Auto nur für lange Strecken zu unserer Verwandtschaft nach Deutschland und für den Urlaub. Ansonsten fahren wir öffentlich, mit dem Fahrrad oder gehen zu Fuß.

Wir reduzieren schon seit Jahren unseren Abfall, indem wir beispielsweise - wo möglich - offene Ware einkaufen, selbst kochen statt Fertigprodukte aufzuwärmen, usw. Geräte, die wir nicht brauchen, verkaufen oder verschenken wir oder bringen sie zum Wertstoffhof. Löchrige Socken und T-Shirts werden gestopft, Knöpfe angenäht. Und auch sonst brauchen wir nicht ständig das neueste Handy oder den neuesten Rechner. In der Regel erneuern wir den stationären Rechner alle zehn Jahre - und dann wird er meistens bei der Verwandtschaft wiederverwertet, die selbst nicht unbedingt einen superschnellen Rechner braucht...


Ich sage nicht dass es Schwarz oder Weiß gibt, es gibt auch viel Grau. Ich bewege mich selbst viel im grauen Bereich, ich fahre auch nicht zum Spaß am Wochenende durch die Gegend, weil es mir Spaß macht, aber ich fahre, und dadurch unterstütze ich das System. Ich brauche auch nicht immer das neuste Smartphone, aber ich brauche eins, und schon wieder Teil des Systems. Bin halt ein graue Egoist, aber ich bin einer. Wäre ich weiß, dann würde ich mit dem Rad fahren, auf Dinge mit Akku verzichten, meine Kleidung nur bei Bono kaufen... halt, da war was, stimmt, da kam die Kleidung ja auch aus China.

Aber warum wütest du gegen andere, die sich (mindestens) in Teilen anders entscheiden :?: Denn solche Leute gibt es, beispielsweise uns.


Nochmal, jeder kann leben wie er will, solange er sich an das Gesetz hält. Ich wüte nur, wenn Menschen denken, sie müssen mit ihren Moralvorschriften missionieren, weil sie ihren Standpunkt für den Richtigen halten. Daran ist bei mir schon eine gute Freundschaft zerbrochen, an der Frage ob wir die Vögel für die Kinder vom Züchter holen (wie wir es wollten) oder aus dem Tierheim (wie sie es wollte), um 2 armen Vogelseelen ein neues Zuhause zu bescheren und die Gewinnabzielungsabsichten des Züchters, der mit den armen Tieren noch ein Geschäft machen will, nicht aktiv zu unterstützen. Jahrzehntelange Freundschaft, die sich im Laufe der Jahre zur fast schon militanten Tierschützerin gewandelt hat und jeden überzeugen wollte... bei mir natürlich an der richtigen Stelle gewesen, stehe ich voll drauf.

Und wenn jeder nur auf einen Teil dieser von dir so genannten Tätigkeiten oder Produkte verzichten würde, würde das auch schon viel verändern :!: Selbst wenn du nur einmal öffentlich statt mit dem Auto von A nach B fährst, hast du bereits etwas verändert.


Habe ich oben erklärt. Ich mache das was ich machen muss, ich mache nichts mit Absicht, aber ich mache es, und das reicht schon. Als weiteres Beispiel, ich esse Fleisch und weiß, dass für mich Tiere sterben. Kann und muss ich mit leben, aber der Biss in ein leckeres Stück Fleisch ist mir wichtiger. Billigende Inkaufnahme von tierischem Tod. Was ich nicht machen würde, ist aktiv ein Tier zu töten ohne Grund, also Selbstverteidigung, und dazu zählen auch Schnaken :D
Oder Mücken, die nerven irgendwann auch noch. Aber z. B. Jäger, die nicht wie bei uns krankes Tier erlegen oder für ein natürliches Gleichgewicht sorgen, sondern die Art von Jäger die in Afrika aus 200 Meter einen Löwen schießen, damit sie am Stammtisch was zum prahlen haben, für mich unverständlich, hier hat der Gesetzgeber zurecht eingeschritten. Kann ich nicht verstehen wie man ohne Grund ein wildlebenes Tier abschießen kann, aber ja mei, meine Vorstellungen teilt halt nicht jeder. Ist aber ein dummes Beispiel, weil das ja in Deutschland weitgehend verboten ist, Tötung und Einfuhr nach WA Abkommen. Man müsste was analoges suchen was hier erlaubt ist... ich schweife ab.

Abschließend: ich bin weiterhin der Auffassung, dass Menschen das machen dürfen, was gesetzlich erlaubt ist. Natürlich denke ich mir auch meinen Teil, aber ich versuche die betreffenden Personen nicht zu missionieren.

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Ich würde übrigens formulieren, dass es soziale Norm ist, andere nicht zu missionieren (oder zumindest nicht weiterzumachen, wenn man dankend ablehnt).

:D
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muffinho
Tifferette hat geschrieben:
Das Beispiel würde bei mir schon daran haken, dass ich pünktlich wäre.


Ich glaube, Du hast das Beispiel nicht richtig gelesen oder jedenfalls nicht verstanden. Es ging nicht um Pünktlichkeit. Es geht auch nicht darum, was Du tun würdest.


Ich habe es schon gelesen, habe nur den Punkt Pünktlichkeit aufgegriffen, weil das ja auch in den Punkt ungeschriebenes Recht fällt.

Zu Deinem Beispiel: ja, das wäre scheiße, aber auch sowas kommt vor. Es kommt auch vor dass Paare sich gegenseitig betrügen und trotzdem weiterhin zusammenleben. Jeder wie er soll oder will. Und wenn jemand damit klarkommt, dass man eine Verabredung einfach so absagt, gibt es bestimmt und die beiden werden sich wieder verabreden. Ich nicht, andere schon. Sind halt Menschen, Individualismus pur.

muffinho
Tifferette hat geschrieben:Ja, schönes Beispiel. In diesem Bereich gibt es eben keine einigermaßen einheitliche "soziale Norm" mehr. Heitß das, dass es die deshalb generell nicht mehr gibt? Nein. Hier wird man andersrum sagen können, dass es gerade die soziale Norm ist, dass in der Bevölkerung überwiegend akzeptiert wird, dass es verschiedene Formen gibt.


Ja, aber wenn sich jemand entschließt, auf diese Weise zusammenzuleben, in freien Stücken, dann man diese Personen dann dafür verurteilen? Nein, es ist ihre Entscheidung und es spricht kein Gesetz dagegen.

Tifferette
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Muffi, soziale Normen sind nicht bindend, und jeder kann für sich selbst entscheiden, für wie wichtig er die jeweilige soziale Norm nimmt.

Mir geht es nur (!) darum aufzuzeigen, dass es unterhalb der Gesetze noch eine Ebene von "Regeln" für unser Zusammenleben gibt. Nicht einklagbar und nicht mal verbindlich, aber immerhin von der überwiegenden Mehrheit der Leute akzeptiert.

Du kannst das für Dich halten, wie Du willst. Das ist in der Tat Individualismus pur. Nur gesteh doch bitte zu, dass da ein paar hundert Jahre Sozialforschung zu eben diesem Thema auf dem Tisch liegen.
"They may be drinkers, Robin, but they are also human beings."

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muffinho hat geschrieben:
Tifferette hat geschrieben:Ja, schönes Beispiel. In diesem Bereich gibt es eben keine einigermaßen einheitliche "soziale Norm" mehr. Heitß das, dass es die deshalb generell nicht mehr gibt? Nein. Hier wird man andersrum sagen können, dass es gerade die soziale Norm ist, dass in der Bevölkerung überwiegend akzeptiert wird, dass es verschiedene Formen gibt.


Ja, aber wenn sich jemand entschließt, auf diese Weise zusammenzuleben, in freien Stücken, dann man diese Personen dann dafür verurteilen? Nein, es ist ihre Entscheidung und es spricht kein Gesetz dagegen.


Hä? "Auf diese Weise"? Ich sprach gerade von VERSCHIEDENEN FORMEN.

Und niemand bezweifelt, dass es ihre Entscheidung ist und dass kein Gesetz dagegen spricht. Das ist überhaupt nicht mein Thema.

Vielleicht lassen wir es. Ich habe das Gefühl, dass Du entweder nicht genau liest oder cherrypicking betreibst. Egal. Wenn Du 300 Jahre Sozialforschung und Philosophie negieren willst - bitte schön. Ich werde Dich nicht aufhalten.
"They may be drinkers, Robin, but they are also human beings."

(Batman)

muffinho
Tifferette hat geschrieben:Hä? "Auf diese Weise"? Ich sprach gerade von VERSCHIEDENEN FORMEN.


Meine Rede seit einigen Posts, es ist alles subjektiv, daher sträube ich mich ja so dagegen, von ungeschriebenen Recht zu sprechen.