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Unter Westfalen
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Grasdaggl
Normalerweise wären wir heute Gastgeber für die Silvesterparty unseres Freundeskreises.
9 Personen aus 5 Haushalten. Kannst Du also vergessen.
So wird es ein "normaler" Abend mit etwas gehobenem Menue.
Üblicherweise darf ich um Mitternacht die Glocken der Jakobskirche zum Läuten bringen.
Fällt wahrscheinlich aus. Falls sich der Pfarrer aber noch melden sollte, sage ich ihm, er möge eine Flasche Sekt mitbringen. :prost:

Bei der Gelegenheit möchte ich mich bei allen Seggl*innen,
die im zu Ende gehenden Jahr dafür gesorgt haben, dass dieses Forum trotz Corona ein Ort belebtester Unterhaltung und fürnehmlichster Belehrung geblieben ist, bedanken.
Mein besonderer Dank gilt den Nachteulen, die in den ersten Novemberwochen dafür gesorgt haben, dass wir schon am frühen Morgen über die USA-Wahlen gebrieft waren. Toll gemacht, Jungs. :nod:
Kommt gut rein!
A guads Neis!! :vfb: :prost: :vfb:

Und wieder mein Dankeschön an den Chef, dass er das Forum am Laufen hält. :lol:
Für eine freie und selbstbestimmte Ukraine.

Hasenrupfer
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Grasdaggl
Danke, dir auch! Wobei Guads Nois kannsch ja heut no ned sagä, Karma und so... :P

Guten Besch(l)uss, wie der Franke sagt!
Hat sich endlich mal gelohnt, jedes Jahr zuviel Böller zu kaufen, um dann net mit dem Verfeuern hinterher zu kommen, hehe.
Kumpel von mir hat sogar noch ne legale Quelle für Bengalos aufgetan, bin mal gespannt, was da so geht. Hab diese Dinger noch nie aus nächster Nähe gesehen, ich schwör...

:bounce:

:prost:

Strafraumgitarre
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Halbdaggl
Hasenrupfer hat geschrieben:Hat sich endlich mal gelohnt, jedes Jahr zuviel Böller zu kaufen, um dann net mit dem Verfeuern hinterher zu kommen, hehe.
Kumpel von mir hat sogar noch ne legale Quelle für Bengalos aufgetan, bin mal gespannt, was da so geht. Hab diese Dinger noch nie aus nächster Nähe gesehen, ich schwör...

Mein Bruder hat wegen überambitionierter Silvesterböllerei einen lebenslangen Dauertinnitus zum unfreiwilligen Kumpel. :|

Da lobe ich mir doch meine traditionelle knallraketentechnische Scheißegalität!!! :bounce: :bounce: :bounce:
Fick den Reichskanzler! Und den Kaiser!

Hasenrupfer
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Grasdaggl
Ach, bei mir rauschts und fiepts au ab und zu im Ohr, aber das kommt von zuviel (guter) Livemucke in zu kleinen Läden, wo der Maximalabstand zu den Boxen keine 10 Meter beträgt...

Aber die legalen Böller sind eigentlich recht harmlos, bei Platzpatronen muss man allerdings tatsächlich auf sein Gehör aufpassen.

Haut nei, ich bin bis näggschdes Jahr raus!

8)

Tamasi
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Grasdaggl
In Berlin darf seit 14 Uhr kein Alk mehr verkauft werden. Ich war um halb eins noch schnell beim frühen Späti und freu mich ansonsten auf morgen früh um 6 Uhr. Ab da gibt‘s wieder Alk. Pünktlich zur Frühschicht. :-)

Ansonsten schließe ich mich UWe an und schicke ein Dankgebet an unseren Götterzeus.


Goofy
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Grasdaggl
Strafraumgitarre hat geschrieben:wegen überambitionierter Silvesterböllerei einen lebenslangen Dauertinnitus zum unfreiwilligen Kumpel.


Saudumm ...


Hasenrupfer hat geschrieben:Ach, bei mir rauschts und fiepts au ab und zu im Ohr, aber das kommt von zuviel (guter) Livemucke

dann lebt es sich mit dem Tinnitus doch gleich viel besser, gell :D

so ein Wattestäbchen war wohl auch noch beteiligt. Maximal saudumm


Jedenfalls, wenn man grade abends draussen ist, und das Rauschen ist lauter als alles andere ... dann ists wirklich ruhig draussen.
Bitte nicht füttern
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Goofy
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Grasdaggl
Draussen.
Zu Fuß ein Stück den Hügel hinauf.

Es ist diesig
Der Mond scheint hell auf den gefrorenen Feldweg.
Die Wolken hängen tief
Stille
Blick auf die Zivilisation
Nichts bewegt sich.
Tiere sind zu hören.
Irgendwas Größeres bricht durchs Gebüsch
aber nichts zu sehen.

In der Ferne Nebelschwaden, in denen man einen angeleuchteten Kirchturm erkennt
Der "Große Wagen" und der Polarstern sind gut zu sehen.

Ein Stück weiter
bergaufwärts, leise Töne
Musik
eine schöne Balade
als nächstes "Streets of London"
ein Licht
Eine Hütte ist zu erkennen, aussenrum Bäume und Hecken.

Die gefrorenen Streuobstwiesen glänzen im Mondschein

Der große Wagen ist inzwischen hinter dünnen Wolken noch erkennbar.
Blick nach oben
der Hochspannungsmast Sterne sind klar zu sehen.

Barcley James Harvest - HYMN

Der Kirchturm schlägt Mitternacht
Auf der anderen Seite verschwimmen die Konturen der Berge in den Wolken.
Nebelschwaden ziehen durchs Tal

Zwei, drei Autos fahren pro Stunde
Ähnlich selten sind Tiere zu hören.

Es klingt:
"Hello darkness, my old friend
I've come to talk with you again"

Hier wird sicher niemand vorbeikommen.
Andererseits denkt das, wer auch immer in der Hütte ist, bestimmt auch

Die Füße werden kalt, auf dem gefrorenen Feldweg
Es schlägt halb eins

John Lennon singt
Imagine all the people living life in peace, you


Was für Musik hört ihr gerade?
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Auswurf
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Grasdaggl
gott sei dank,
bin ich nie so drauf

chrsitlicher schmalz von bjh
und dann schlonzt noch lennon drüber

fehlt noch das plakat :cyclops:
Bild

OND OINS SAG I DIR GLEI
ich such mir jetzt kein hundeavatar und geb sofort die banane wieder her,
herr harnik
das ist doch keine Musik

Gibts des
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Halbdaggl
Sag bloß, du häddesch des Plakat ned irgendwann an der Wand g‘habt. Bei mir hing es ne ganze Zeitlang im Jugendzimmer - da hätte ich daslegendäre „Nobody“ Poster (mit dem 70iger-Jahre Ölkrise „ich bin Energiesparer“-Bäbber versehen) extra abgehängt. Es fand Platz zwischen dem Genesis-Live Poster aus „Pop“ ( da wo Peter Gabriel als Glibberman drauf war, woisch?) und den ganzen 1974iger Weltmeister-Portraits ausm Kicker, die ich lange hängen ließ)... ...und ich hatte das „warum?“ mit wie hießen diese breiten Filzstifte? in mehreren Sprachen dazugeschrieben... :bounce:

Was ich sagen wollte: ich finde goofs literarisches Stilleben sehr stimmungsvoll :P :nod:

Auswurf
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Grasdaggl
ich bin die generation nach Dir
Weit ab von gesinnungsbäbbern und ohne freude daran, die last der welt sich plakativ auf die schulter zu laden.
Ich hasste palästinensertücher und dauerlächelnde communities.
Hätte mir lieber die hand abgehckt, als in ner friedeskette die selbige zu reichen
(es sein denn, rechts und links ne Hübsche)

Die rebellen unter euch, hatten sich längst abgeseilt um den horizont zu weiten

:prost:
das ist doch keine Musik









Goofy
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Grasdaggl
Gibts des hat geschrieben:goofs literarisches Stilleben

;)


Wer regt sich hier über einzelne Lieder auf?

Ich hätt nicht gedacht, dass ich draussen Musik hören werde. Aber mir hats dann gut gefallen und fand die Art der Musik sehr passend zur Stimmung da draussen. Vielleicht hätt mir auch was anderes gepasst, keine Ahnung.

Aber da fällt mir ganz viel ein, was nicht gepasst hätte. Stellt euch vor, da hätt jemand Rap gehört. Oder neuzeitliche Popmusik. Ich hätt keine so kalten Füße bekommen.
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Spielgerät
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Granadaseggl
Vorsicht lang ;)

Das Ringen nach Luft

Auf einer Münchner Intensivstation liegt ein Patient mit Covid-19. Pflegekräfte, Ärztinnen und Ärzte kämpfen um sein Leben, acht Wochen lang. Ihr wichtigster Helfer: das Beatmungsgerät SN41418. Eine Chronik.

Von Roland SchulzFotos: Myrzik & Jarisch

Die Maschine erwachte an der Seite des Menschen, den sie retten sollte. Es war Abend. Das Zimmer lag in hellem Licht. Schritte. Stimmen. Kommandos. Ein Akutfall: Covid-19-Pneumonie, Patient schlecht, eine Blitzeinleitung stand bevor.

Die Maschine prüfte sich. Alle Schläuche konnektiert. Flowsensor eingesetzt, Filter betriebsbereit. Druckluft? Angeschlossen. Sauerstoff? Angeschlossen. Sie kalibrier­te ihre Sensoren und stieß einen hohen Pfeifton aus. Auch ihr Alarm war bereit.

Wenig später bekam die Maschine ihren Menschen eingeschrieben. Es war ein Mann. Er wog 80 Kilogramm. Mehr musste die Maschine nicht wissen. Sie wartete. Noch war ihr Mensch wach.

Abgekämpft lag er im Bett. Er rang um Atem. Er fieberte. Das Verhalten war der Maschine vertraut. Er schrieb eine letzte Nachricht. »Schon komplett verkabelt. Werde bald sediert. Danke für den Kontakt zu meinen Eltern. Jetzt freue ich mich schon wieder auf dich. Bis bald.« Dann sah er die Schemen in Schutzkleidung nahen.

Sie fächerten sich auf, doppelt und dreifach, wie eine Sinnestäuschung. Gleiche Schürzen. Gleiche Schutzbrillen. Gleiche Atemmasken. Sie glichen sich wie Spiegelbilder, auch in ihrer Anspannung. Seit dem Morgen hatte die Intensivstation drei Covid-Patienten mit Schocklunge aufgenommen, nun den vierten, binnen nur eines Tages. Eine der Gestalten trat an das Kopfende des Bettes und sprach bedacht auf den Mann ein. Ihre Augen waren braun. Ihre Position verriet ihre Identität. Am Kopfende immer der Arzt, am Kopfende immer Erfahrung. Das war Silja Kriescher. Oberärztin, 39 Jahre alt. Sie hatte auf der Station ihren Facharzt abgeschlossen, als die Maschine in Dienst gestellt worden war. Sie beugte sich über den Mann und stülpte ihm eine starre Maske über Nase und Mund.

Das Patientendatenmanagementsystem verzeich­nete den Start: Intubation, Patient 0966XXXXXX, Samstag, 28.03.2020, die Systemzeit zeigte 21:30 Uhr. Auch die Maschine mit Inventarnummer SN41418 loggte mit. Nun war ihr Mensch nicht mehr nur Fleisch und Blut. Ab jetzt lag er auch aufgeschlüsselt vor, in Daten, Messwerten, Kenngrößen. Auf diesen Daten sowie auf Patientenakten, Arztbriefen und Gesprächen mit beteiligten Ärztinnen und Ärzten, Pflegekräften und auch Angehörigen des Patienten beruht dieser Text, der das Schicksal von Maschine und Mensch im Nachhinein rekonstruiert und die Abläufe nachzeichnet.

Bald konnte die Maschine den Herzschlag ihres Menschen orten. Die Ärztin hatte dem Monitor, der aus der Wand ragte, den Befehl erteilt, seine Werte in Laute umzuwandeln – ein pulsierendes Piepsen, das den Zustand des Patienten spiegelte: Der Schlag seines Herzes wurde zum Takt, der Sauerstoff in seinem Blut zu Tönen. Der Takt schlug stet. Die Töne aber wurden höher. Die karge Melodie trug eine Botschaft. Hohe Töne hießen hohe Sättigung. Hohe Töne hießen, die Ärztin ließ den Patienten reinen Sauerstoff atmen, um ihm einen Puffer zu verschaffen, wenn die Maschine die Macht über seinen Atem übernahm.

Nach dem Sauerstoff schickte Silja Kriescher das Schmerzmittel los. Die Spritzenpumpe drückte es durch die Leitung, es strömte in die Kanüle auf dem Handrücken des Mannes, schoss in seine Vene und ließ sich vom Blutstrom herzwärts tragen. Aus dem Monitor klang der Takt dazu. Schlag für Schlag verteilte das Herz das Schmerzmittel im Körper. Der Mann blickte auf zur Ärztin. Braune Augen. Sein Blick wurde benommen.

Nun sandte Silja Kriescher auch ein Narkosemittel aus. Das Sedativum flutete durch die Blutbahn des Mannes, schlug in seinem Gehirn an und versenkte ihn tief in Schlaf und Traum. Die Töne aus dem Monitor blieben schön. Befehl an die Spritzenpumpen: eine Zugabe des Schmerz-, eine Zugabe des Narkosemittels, dann das Muskelrelaxans. Der Mann erschlaffte. Sein Brustkorb senkte sich. Er hatte aufgehört zu atmen.

Bewegung fuhr durch die Gestalten am Bett. Sie reichten Silja Kriescher einen großen Spatel, der wie ein Schnabel gekrümmt war. An seiner Spitze saß eine Linse, in seinem Inneren liefen Glasfasern, die den Ausblick der Linse auf einen Bildschirm warfen. Kriescher winkelte den Kopf des Mannes nach hinten und führte den Spatel in seinen Mund ein. Auf dem Bildschirm flackerte die Mundhöhle auf. Kurzes Wackeln, der Spatel schob die schlaffe Zunge auf die Seite. Aus dem Monitor schlug der Takt. Aber die Töne.

Die Maschine war seit 2009 im Dienst, sie hatte diese Handgriffe viele Male verfolgt. Ein Arzt, der seinen Patienten sauber mit Sauer­stoff aufsättigt, hat dadurch ausreichend Zeit, Mensch und Maschine in Ruhe zu verbinden. Aber das hier, das war anders. Die Töne sanken zügig, tiefer und tiefer. Ihr Mensch brannte durch seinen Puffer an Sauerstoff, rasender als übliche Patienten. Sie mussten jetzt schnell sein.

Kriescher blieb stabil. Ihre Crew hatte erst wenige Covid-Pneumonien an der Hand gehabt, alles an dem Virus war neu, aber diese Erfahrung hatten sie schon verbucht: Covid-Fälle entsättigten unheimlich schnell. Kriescher setzte den Spatel am Zungengrund an und hob den Deckel der Kehle hoch. Da waren die Stimmbänder. Da war die Stimm­ritze. Der Weg in die Luftröhre stand offen. Der Takt. Die Töne. Sie bekam den Tubus gereicht.

Auf flüchtigen Blick ein Stück Schlauch, war ein Trachealtubus ein durchdachtes Werkzeug: Anschlüsse und Durchmesser waren genormt, an seiner Spitze saß der Wulst einer Blockmanschette. Der Tubus verfügte – wie das Lineal eines Schülers – über eine Skala an Eichstrichen.

Kriescher setzte an, der Schlauch glitt in den Rachen, streifte die Zunge und strich an der Seite des Spatels abwärts. Kriescher blickte auf den Bildschirm. Dann stieß sie den Schlauch durch die Stimmritze und schob ihn die Luftröhre hinab, Richtung Lunge. Auf dem Bildschirm schluckte die Luftröhre den Schlauch, bis der erste der Eichstriche in Sicht kam. Der Tubus war am Ziel.

»Blocken«, sagte Kriescher. Ein kurzer Handgriff, und tief im Inneren des Mannes blähte sich die Blockmanschette auf. Der Takt. Die Töne. Kriescher, ihre Crew, in so dichten Momenten waren sie völlig bei sich, in Konzentration eins. Lagekontrolle: erfolgt. Tubus: fixiert. Cuffdruck: geprüft.

»Beatmen, bitte«, sagte Kriescher. Sie griffen der Maschine an die Gänsegurgel, den äußersten Fortsatz ihres Schlauchsystems, und koppelten diesen an den Konnektor des Tubus, der aus dem Rachen des Mannes ragte. Maschine und Mensch waren nun Teile einer Einheit. Sauerstoffreiche Luft strömte in ihre Lungen. Seine Brust hob sich. Sie atmeten. Sie für ihn. Er durch sie.

Mitternacht war lange verstrichen, als der Nachtdienst die Akte vervollständigte.
Patient 0966XXXXXX
Akutes Lungenversagen
Alter: 43 Jahre.
Aufnahmestatus: Kein Asthma, keine Herzschwäche, kein Diabetes. Keine Leber-, keine Niereninsuffizienz. Keine Immunschwäche. Kein Magengeschwür. Keine Tumor-, keine Gefäßerkrankungen.
Er war gesund gewesen, und wie viele Gesunde hatte er keine Gedanken darauf verschwendet, was ihn im Fall einer schweren Krankheit erwarten könnte.
Patientenverfügung: Nein
Liegt Patientenverfügung vor: Nein

In der Datenbank der Intensivstation war in jeder Akte die Silhouette eines Körpers hinterlegt, die vor Augen führte, wo der Patient mit Gerät verknüpft war. Die Maschine und ihr Mensch teilten sich nur eine der Schnittstellen. Auf seiner Brust klebten Elektroden, am Finger klemmte ein Infrarotsensor. An seiner linken Leiste steckte ein Schlauch in der Arterie, die sein Bein mit Blut versorgte. Auf der linken Seite seines Halses trat ein Katheter aus der inneren Drosselvene, der auf der Haut angenäht war. Durch sein linkes Nasenloch hatte Krieschers Crew eine Sonde die Speiseröhre hinab in den Magen geschoben. Auch in seinen Penis hatten die Pflegekräfte einen Schlauch eingeführt, die Harnröhre hinauf, bis in die Blase. Am After klebte ein Fäkalkollektor.
Vorsorgevollmacht: Ja
Liegt Vorsorgevollmacht vor: Ja

03:23 Uhr. Die Akte bekam eine Telefonnummer eingeschrieben, eine Adresse in München, einen Namen.
Maschine und Mensch atmeten. Da draußen wartete jemand, der sie liebte.


Als der Morgen dämmerte, waren gute zehntausend Atemzüge getan. Die Maschine arbeitete nicht allein an ihrem Menschen. Sie stand vor einer Wand von Apparaten.

Auf der anderen Seite des Bettes stapelten sich die Spritzenpumpen in ihren Steckgehäusen: Sie speisten dem Mann – durch den Katheter am Hals – die Mittel ein, die seinen Kreislauf stützten oder sein Bewusstsein dämpften. An der Arterie in der Leiste nahm eine Anlage durchgehend Daten aus dem Blutstrom ab. Infusomaten beschickten Sonden und Schläuche, ein EKG-Gerät zeichnete die Herzaktivität auf, PiCCO-Modul und Pulsox­ymeter errechneten HZV PC und SpO2.

Über allen Apparaten wachte der Monitor, der aus der Wand ragte. Auf seinem Bildschirm zogen die zackigen Kurven ihre Bahn, die Leben zeigten, rot der Blutdruck, grün die Herzaktivität, gelb die Sauerstoffsättigung. Alles hier transportierte Information, alles hatte einen Sinn. Allerdings nur, wenn jemand mit dem Aufgebot an Apparaten umzugehen verstand.

07:01 Uhr. Ein Schemen in Schutzkleidung blickte der Maschine auf ihre Anzeige. So viel das Virus durcheinandergewürfelt hatte – der alte Drill galt: Am Anfang jeden Dienstes stand die Antrittskontrolle, am Anfang stellte sich die Pflegekraft vor. Grün-braune Augen. Dumpf drangen die Worte durch den Atemschutzfilter. »Guten Morgen, Herr L.«, sagte der Frühdienst.

Anita. Das war Anita. In die Bedienung der Maschine eingewiesen waren auch eine Annemarie, zwei Annas, Beate und Bianca, Christa und Cassandra, unter Menschen gab es größere Vielfalt als unter Geräten. Sie waren auf Station M2b im Klinikum rechts der Isar insgesamt 21 Maschinen ihres Modells, alle bis in die Ebene der Mikroprozessoren baugleich, Typ Evita XL. Das Personal dagegen, das sie zu steuern verstand, war so vielfältig wie die Welt.

Auf der Intensivstation arbeitete eine spanische Pflegerin, die Africa hieß, eine afrikanische Servicekraft aus Kamerun, die Blessing hieß, Segen, und die aus Bosnien stammende Krankenschwester Amra, die mit dem größten Geschick bei der ­Krankenmassage gesegnet war. Muttersprache der Maschine war die 7-Bit-Zeichenkodierung ASCII, ihre Maschinisten sprachen Deutsch in allen Akzenten. An der Spitze der fast fünfzig Pflegekräfte standen zwei Veteranen: Johann Heindl-Mack, seit 36 Jahren auf Station, hatte noch mit Kolossen wie dem Bennett MA-1 beatmet. Sylvia Straßl arbeitete seit 31 Jahren auf der Station. Ihre Erfahrung reichte bis zur Gerätegeneration der Servo 900C, die ächzte wie ein Blasebalg. Auch die beiden Stationsleiter pflegten das Protokoll, sich am ­Patientenbett allein mit Vornamen vorzustellen.

Anita tippte auf das Bedienfeld. Die Maschine bekam Befehl, ihre Parameter zu melden.
FiO2 65 %
P insp 24 mbar
PEEP 10 mbar

Atmen war ein Wunder, das die Maschine nur mechanisch begriff. Die Lunge hat keine Muskeln. Es sind das Zwerchfell und seine Helfer, die sich zusammenziehen, dadurch Brust und Bauch weiten, Raum schaffen. Die Lunge – schmiegsam und elastisch – dehnt sich aus. In ihrem Inneren entsteht ein Unterdruck. Luft wird in die Lunge gesogen. Der Mensch atmet ein.

In den Lungenflügeln streicht die Luft die Lungenbläschen entlang, gibt Sauerstoff ab, nimmt Kohlendioxid auf. Dieser Gasaustausch ist Kern des Kreislaufs, er ermöglicht den Stoffwechsel und das Leben.

Das Ausatmen ist dann eine ­Tätigkeit ohne Anstrengung. Die Muskeln erschlaffen, Brust und Bauch werden enger, die Lunge schrumpft, Luft entweicht. So ausbalanciert ist dieser Ablauf, dass er das Atmen zu müheloser Arbeit macht. Ein Wunder. Achtet nur kaum jemand darauf, normalerweise.

Über diese Balance war das ­Virus hergefallen wie eine Besatzungsmacht. Die Schäden, die es anrichtete, konnte Silja Kriescher, die Oberärztin, nicht nur an Werten ablesen. Sie konnte sie spüren. Als erfahrene Anästhesistin pflegte sie ihre Patienten bei der Betäubung eine Weile per Hand zu beatmen, mit einem Beatmungsbeutel. Auf diese Art ließ sich gut ein Gefühl für die Lunge gewinnen: Wie leicht ging Luft hinein, welcher Druck war dafür nötig? Eine gute Lunge fühlte sich fluffig und weich an, wie ein Badeschwamm. Am Abend aber, als Kriescher an der Seite der Maschine ihren Menschen an die Hand genommen hatte, einen Augenblick nur, um aus den Atemwegen so wenig Aerosole wie möglich mitzureißen – da war das Gefühl ein anderes gewesen. Diese Lunge fühlte sich starr an, starr und steif. Es war, als würde Kriescher einen Stein kneten.

An dieser Lunge zu arbeiten war eine Kraftanstrengung, auch für die Maschine. Sie ahmte den Ablauf der Atmung nach, allerdings ohne die Finesse eines Zwerchfells, ohne inneren Antrieb der Luftströme. Die Maschine arbeitete ausschließlich mit Druck von außen, wie ein Zuchtmeister. Diese Arbeitsweise war radikal anders: Atmete ihr Mensch allein ein, strömte die Luft von selbst in seine Lungen – ein Sog. Beatmete ihn die Maschine, presste sie die Luft in seine Lungen – ein Schub. Auch das Ausatmen steuerte sie über Druck, nur mit niedrigerem. Diese zwei Druckniveaus – als P insp und PEEP abgekürzt – bestimmten mit einem Dutzend anderer Parameter, wie stark die Maschine ihren Menschen be­atmete. Ein entscheidender Faktor war die inspiratorische Sauerstofffraktion FiO2 – sie zeigte, wie viel Sauerstoff die Maschine der Druckluft beimengte, die sie in ihren Menschen blies.
FiO2 65 %
P insp 24
PEEP 10
Das war wuchtig.

10:42 Uhr. Stationsvisite. Sie brachten sich bündig auf Stand, nur die Lage, nüchtern und klar.
Herr L., initial vorgestellt bei Dyspnoe, im Verlauf zunehmende Atemnot, steigender Sauerstoffbedarf, CT-Thorax zeigte typisches Bild einer fortgeschrittenen viralen Pneumonie, PCR auf SARS-CoV-2 positiv.
Die Maschine summte vor sich hin. So war es am Anfang oft. Ihr Mensch war noch kein Ganzes für sie. Einzig ein Wert, den es zu drücken, eine Wunde, die es zu versorgen, eine Dosis, die es aufzustocken galt.

Sie wussten nicht, dass ihr Mensch einmal Lehrer werden wollte. Sie wussten nicht, auf welchen Namen er die kleine schwarze Katze taufte, die er am Schliersee abgeholt hatte, damit man sie nicht ersäufte. Wie stolz er war, als er – ein Bub, gerade 13 – in der Bücherei ­einen Erwachsenen-Ausweis bekam. Wie er Rennrad fuhr. Wie er kochte. Wen er bekämpfte. Und dass er die sieben Jahre, in denen er in Neuhausen im Wirtshaus kellnerte, an einem Roman schrieb, nie veröffentlicht. Sie wussten das alles nicht.

Für sie war ihr Mensch ein hoch katecholaminpflichtiger Intensivpatient auf Bettplatz 2, dessen Beatmungssituation zu verbessern war, dringend.

Die Maschine schreckte auf. Sie spürte eine Erschütterung im Luftstrom, der zu ihr zurückkehrte. Eine zweite. Ihre Sensoren maßen die Stärke. Der ­Maschine war befohlen, ihrem Menschen immer die Möglichkeit zu bieten, selbst zu atmen – wenn sie den Versuch ortete, ließ sie den Atemzug zu und ging danach wieder zur Druckbeatmung über. Doch das war anders. Sie prüfte, ob der Störreiz die Alarmgrenzen überstieg, die ihr der Spätdienst auferlegt hatte. Er tat es. Sie stieß eine schnelle Abfolge schriller Töne aus, wie Morsezeichen.
· · · − · Warnung !!!
· · · − · Warnung !!!

Kurz darauf trat die Pflegekraft Lena ans Bett. Erfahren, wie sie war, brauchte sie keine Messwerte, um die Situation zu erkennen. Ihr Mensch wehrte sich gegen den Fremdkörper, der in ihm steckte.
18:16 Uhr. FiO2 auf 60 % reduziert, presst wieder­holt gegen Tubus.

Nun kamen Tage, an denen sie kämpften, Tage, an denen sie rangen. Wieder und wieder schlug die Maschine Alarm, wieder und wieder hasteten ­Pfleger heran.

Maschinelle Beatmung dient der Medizin nur als Brücke, hin zur Heilung, sie kann nicht von Dauer sein. Deswegen ließen die Ärzte ihren Menschen schon bald aus den Tiefen seiner Narkose auftauchen, eine Spur nur, gerade genug, dass er einige Atemzüge aus eigenem Antrieb tat, um es nicht zu verlernen. Das gelang, doch nicht gut genug.

Ihr Mensch stemmte sich gegen Maschine und Schlauch, das kostete ihn Kraft, und Kraft brachte sein Körper nur durch Sauerstoff auf, und Sauerstoff schöpften seine Lungen nur schwer. Das Virus hatte sich dort stark vermehrt, es überspülte die Lungenbläschen, störte den Gasaustausch. In diesen Momenten begann die gelbe Kurve auf dem Monitor zu zittern, die Sauerstoffsättigung fiel ab, und dann stimmte die Wand der Apparate in den Alarm ein.
· · · − · Warnung !!!
· · · − · Warnung !!!

Sie arbeiteten schwer. Sie hatten ein Ziel in dieser Zeit, eine halbe Stunde, wenigstens eine halbe Stunde sollte ihr Mensch am Stück allein atmen, von der Maschine nur assistiert. Wenn sie dann zurück in die Druckbeatmung wechselten, musste die Maschine die Luft mit höherem Druck in ihn pressen, P insp bis zu 30, PEEP 15. Trotz dieser Anstrengung soff der Anteil an Sauerstoff in seinem Blut immer wieder ab, Freitag, 03.04.2020, 02:35 Uhr, mehrmals Sättigungsabfälle, bis SpO2 85 %.

Ihr Mensch war inzwischen ein Ganzes für sie, physisch. Sie bilanzierten seinen Flüssigkeitshaushalt bis auf den letzten Tropfen Urin, überwachten Entzündungswerte und Lungenwasserindex engmaschig, analysierten alle vier Stunden, wie viel Kohlendioxid und wie viel Sauerstoff in seinem Blut gelöst waren. In der Datenbank der Intensivstation bot 0966XXXXXX ein detailscharfes Bild. Kardio. Pulmo. Neuro. Alle Bauteile ihres Menschen gaben Information preis. Alle bis auf eines.

Eine schwarze Katze. Die Sonne über Schwabing. Der Geruch der Frau, die er liebte. Das Bild am Ende seiner Abschlussarbeit. Er hatte Philosophie angefangen, weil er eine billige Krankenversicherung brauchte. Aber dann packte es ihn, Systemtheorie, das Leib-Seele-Problem, er schloss über die Emergenz komplexer Strukturen ab. Das Bild am Ende seiner Abschlussarbeit zeigte eine Welt so vielschichtig, so ineinander verflochten wie unsere. Es zeigte den Dschungel des Regenwalds.

Die Entzündungswerte stiegen. Sein Körper war geschwächt, seine Lunge ein Schlachtfeld, Bakterien hatten die Chance genutzt. Aber die Maschine spürte, Ärzte und Pflegekräfte hatten Zuversicht, nach wie vor. Ihr Mensch war gesund gewesen. Ihr Mensch war jung. Sie waren sicher, der schafft es.
Dienstag, 07.04.2020, Nachtdienst.
02:32 Uhr. Beatmung eskaliert
Sie kämpften, Seite an Seite.
Nacht, Tag, Nacht, Tag.

Ein Hüne blickte auf ihren Menschen hinab, ein Hüne mit Schutzvisier. Seine Augen waren grau. Markus Heim, der kommissarische Bereichsoberarzt auf Station. Die Maschine reicherte die Luft, die sie in ihren Menschen presste, seit Tagen stark mit Sauerstoff an, sie arbeitete seit Stunden unter Hochdruck – aber sie schaffte es nicht, den Zweck allen Atmens zu stützen: den Gasaustausch.
Donnerstag, 09.04.2020
06:40 Uhr. Beatmung nicht zu deeskalieren

Heim hatte das angehenden Ärzten oft eingeschärft, auf seine hemdsärmelige Art. Beatmung, da dachte der Laie sofort an Sauerstoff – aber das Kohlendioxid war genauso wichtig. Gab die Lunge ihres Menschen nicht ausreichend Kohlendioxid ab, sammelte sich mehr und mehr davon im Blut und machte es sauer. Blut, das zu sauer war, bedrohte Kreislauf, Stoffwechsel, das Leben.
Donnerstag, 09.04.2020
08:52 Uhr. Therapie: Bauchlage

Sie marschierten an ihrem Menschen auf, einer links, zwei rechts. Kopflagerungskissen mit Spiegel? Check. Notfallmedikation? Check. Schaumstoff? Check. Sie klebten ihm die Lider seiner Augen zu. Dann sortierten sie die Schläuche. Sie sicherten ­jeden Katheter, jede Drainage, jede einzelne Schnittstelle. Sein Atemweg, der Tubus, erhielt ­einen eigenen Beschützer. Am Kopf immer der Arzt, immer Erfahrung. Endlich der Befehl: Die Maschine schaltete auf reinen Sauerstoff, die ­Spritzenpumpen fuhren an. Ein Blick in die Runde, und hoch,
· · · − · Warnung !!!
auf die Seite, und hoch,
· · · − · Warnung !!!
auf den Bauch.
Donnerstag, 09.04.2020
10:00 Uhr. Bauchlagerung

Die Anspannung war anders, auch im Maschinenpark. Der Tubus, der Zugang in der Leiste, der am Hals austretende Katheter – die gesamte Bedienungsebene ihres Menschen lag nun bäuchlings, einer raschen Reaktion entzogen. Lief irgendetwas schief, blieb ihnen nur, ihn so schnell wie möglich wieder auf den Rücken zu drehen, um ihn überhaupt wiederbeleben zu können.

Maschine und Mensch atmeten einen Hauch leichter. Die Bauchlage hatte dem Luftstrom der Maschine andere Bereiche der Lunge aufgetan. Auch der Gasaustausch besserte sich. Der Anteil des Kohlendioxids in seinem Blut sank.

Freitag, 10.04.2020
02:00 Uhr. In Rückenlage verbracht

Sein Anblick verschreckte. Er hatte 16 Stunden lang auf dem Bauch gelegen. Sein Gesicht war geschwollen. Seine Lippen saßen paukenprall über dem Kinn. Auch in seinen Augäpfeln staute sich das Nass. Aber die Maschine. Sie musste weniger Sauerstoff beimengen, weniger Druck aufwenden, einige kostbare Stunden lang. Sie atmeten. Sie für ihn. Er durch sie. Eine Katze. Der Dschungel der Welt. Ein Buch, das seinen Namen trug – L., in großen Lettern, der Titel darunter. Die Rechte daran verkauften sich bis nach Russland.

Dann stiegen die Parameter ihrer Anstrengung wieder, 14:12 Uhr,
P insp 24, PEEP 12, FiO2 75 %. Das kam nicht unerwartet. Eine Beatmungssituation besserte sich selten auf einen Schlag, sondern schrittweise. Deswegen empfahlen die Leitlinien nicht eine, sondern mehrere Bauchlagen, in Intervallen aufeinanderfolgend. Der Nachtdienst marschierte vor Mitternacht am Bett auf, klebte seine Augen ab, sicherte Atemweg und Schläuche.

Samstag, 11.04.2020
00:00 Uhr. Bauchlage

Auch diesmal glückte das Manöver, anfangs FiO2 60 %, im Verlauf FiO2 50 %, Gasaustausch verbessert. Aber seine Atemgeräusche. Am Ende der Bauchlage war der Klang, den seine Lunge im Atmen erzeugte, nur abgeschwächt hörbar. Ein Zeichen, wie schwer das Virus seiner Lunge zusetzte.

Samstag, 11.04.2020
16:30 Uhr. In Rückenlage verbracht

Sein Gesicht. Seine Lippen. Seine Augäpfel. Aber die Atmung. Sie beschlossen, ihren Menschen abermals auf den Bauch zu drehen. Der Nachtdienst klebte seine Augen ab, sicherte die Schnittstellen.

Samstag, 11.04.2020
23:00 Uhr. Bauchlage

Auch diesmal, geglückt. Das Aufatmen währte nicht lange. Der Gasaustausch. Die Lunge tat sich schwer, ausreichend Sauerstoff aufzunehmen. Sie schaffte es nicht, ausreichend Kohlendioxid abzugeben. So sehr sich die Maschine mühte, es nützte nichts: Sie mussten die Bauchlage beenden, vor­zeitig.

Sonntag, 12.04.2020
05:59 Uhr. Schlechte Oxygenierung, Decarboxylierung mangelhaft --> 3 Uhr Rechtsseitenlage (…) Infektparameteranstieg!

Seit 16 Tagen standen Maschine und Mensch Seite an Seite. Nun erweiterte man ihre Einheit. Die neue Schnittstelle nähten sie an der rechten Leiste ihres Menschen auf die Haut, ein Katheter in der großen Vene des Oberschenkels. Dann rollte der Spätdienst eine mannshohe Anlage heran, an deren Front eine breite Formation von Blutpumpen saß. Die Multifiltrate. Ein Dialysesystem. Diente der Blutwäsche.

Die Maschine nahm die Verstärkung regungslos hin. Dialysesysteme waren launische Diven. Sie waren in ihrer Arbeit auf peinlich genaue Waagen angewiesen, die sich leicht aus dem Gleichgewicht bringen ließen. Schon ein schneller Schritt an ihre Seite reichte, und sie brachen in gellenden Alarm aus. Sie verkörperten – wie die Maschine – ein hoch kritisches Medizinprodukt der Risikoklasse II b, aber sie führten sich auch so auf. Mit vereinten Kräften sollten das Dialysesystem und die Maschine dem kranken Körper beistehen. Ihr Mensch hatte die Hilfe nötig. Sein Immunsystem bekämpfte Virus und Bakterien zur selben Zeit. Seine Nieren waren dabei zu versagen, sein Kreislauf drohte zu kippen. Fieber flammte auf, immer wieder. Auch in der Atmung ging die Maschine an ihre Grenzen.
Sonntag, 12.04.2020
16:54 Uhr. Tageseintrag
FiO2 80 %
P insp 30
PEEP 15
Aber der Gasaustausch. Trotz allen Sauerstoffs. Trotz allen Drucks.

Am nächsten Tag begannen die Vorbereitungen. Sie sprachen mit seinem Vater. Sie sprachen mit seiner Frau. Am Telefon war das schwer, Aufklären, über eine Aktion solcher Tragweite.

Am Bett aber gaben sie weiter alles, um es nicht dazu kommen zu lassen. Sie drehten ihn auf seine linke Seite, sie drehten ihn auf seine rechte Seite, sie drehten und drehten ihn in seinen Schläuchen, über Stunden und Stunden, um der Maschine und dem Sauerstoff, den sie in ihn pumpte, andere Winkel seiner Lunge zu eröffnen. Zwei Tage verstrichen. Andere Schemen, fremde Augen traten ans Bett. Kollegen von Heim und Kriescher. Es galt, Risiken abzuwägen. Am Morgen aber blieb keine Alternative. In ihrem Menschen staute sich Kohlendioxid.

Freitag, 17.04.2020
06:41 Uhr. Pulmo: Trotz 90°-Seitenlage erneute CO2-Retention. FiO2 erhöht auf 90 %.
Procedere: ECMO?

Ein Ploppen, dann gab der Tubus die Gänsegurgel frei. Die Maschine beobachtete, wie der Frühdienst ihren Menschen an eine Oxylog 3000 anstöpselte. Dann schoben sie ihn aus der Station, um seine Lunge zu scannen. 21 Tage. 21 Nächte. So lange war die Maschine mit ­ihrem Menschen gekoppelt gewesen. Sie wartete.
Freitag, 17.04.2020
11:22 Uhr. CT Thorax/Abdomen/Becken

In beiden Lungenflügeln sah es aus, als hätte ein Bauarbeiter die Lungenlappen kreuz und quer mit Steinplatten gepflastert
Er kehrte kurz vor zwölf zu ihr zurück, seine Lunge hatte ein schlimmes Bild abgegeben: In beiden Lungenflügeln zeigte sich ein Netz verzweigter Verdichtungen, weiß wie Milchglas. Es sah aus, als hätte ein Bauarbeiter die Lungenlappen kreuz und quer mit Steinplatten gepflastert, wie ein Wahnsinniger. Viele Lungen, die das Virus überrannt hatte, sahen so aus. Die Maschine koppelte sich an ihn und nahm ihre Atemarbeit wieder auf. Es war Marter.

Sie mengte nichts mehr, sie schoss den Sauerstoff pur in die Schläuche. Sie prügelte ihn mit Spitzendruck in die starre Lunge, und das 30 Mal die Minute, eine rasende Frequenz für einen Organismus in Ruhe. Aber es kam zu wenig an. Die Sauerstoffsättigung war kümmerlich, der Gasaustausch gering. Sein Blut versauerte. Die Maschine hatte das Limit ihres Leistungsvermögens erreicht. Wenn sie ihren Menschen weiter in dieser Stärke beatmete, würde sie seine Lunge vollends verwüsten.

Maschine und Mensch bekamen Besuch, zum ersten Mal. Grüne Augen, mit braunen Sprenkeln. Es war seine Frau. Das Virus zwang die Station, Besuche strikt zu verbieten, mit einer Ausnahme: Wenn jemand dem Tod nahe war. Maschine und Mensch atmeten, während sie ihn ansah. Sein Schreibzimmer, in dem er sich durch seine Bücher dachte, stand so lange schon leer. Er war ins Erzählen geflüchtet, wann immer er konnte. Seit er hier lag, schrieb sie für ihn, Tagebuch. Er sollte es lesen, wenn er wiederkam.

Als sie fort war, rollte der Spätdienst eine aufgeständerte Steuerkonsole vor die Wand der Apparate. An ihrem Unterbau waren das Geviert eines Gasaustauschers und eine magnetgetriebene Zentrifugalpumpe angebracht. Eine Anlage zur extrakorporalen Mem­branoxygenierung, kurz ECMO. Es war eine Novalung. Der Maschinenpark kannte das Modell. ECMO war in der Regel die letzte Rettung. Ein Hüne mit grauen ­Augen trat ans Bett. Markus Heim war auf Station ­einer der Ärzte, die am meisten Erfahrung mit dieser Technik hatten. Das Aufrüsten begann.

Sie fädelten die Schläuche auf, legten Klemmen und Zangen bereit, richteten Spritzen und Nadeln her. Dann füllten sie das Schlauchsystem vor und breiteten ein steriles Abdecktuch über ihren Menschen. Punk­tionskanüle. Einführbesteck. Führungsdraht. Alles bereit. Auch die venösen Kanülen in ihren Köchern.

Wie die Bahn jedes Himmelskörpers, wie der Fall jedes Regentropfens gehorcht auch der Blutstrom den Gesetzen der Natur. Je dicker ein Rohr, desto geringer wird sein Strömungswiderstand: Jede Flüssigkeit, die hindurch will, kann um Potenzen stärker strömen – das Hagen-Poiseuille’sche Gesetz. Im Alltag auf Intensiv bedeutete das: Sie brauchten jetzt dicke Kanülen. Am besten die dicksten, die sich in die Blutbahnen ihres Menschen stecken ließen.

Zwei Ärztinnen begutachteten die Zielvenen zuerst auf den Aufnahmen der Computertomografie. Am Hals schien eine Kanüle des Durchmessers 23 French möglich. An der Leiste – 25. Das war nicht übel. Diese Kanüle war dicker als ein Kugelschreiber. Die Ärztinnen teilten sich auf. Sie planten, parallel an ihrem Menschen zu arbeiten, ein Team am Hals rechts, eines an der linken Leiste. Sie führten sich Lage und Lauf der Venen mit Ultraschall vor Augen und gingen an die Arbeit, im Gleichklang.

Sie stachen in jede Vene eine stämmige Hohlnadel, setzten eine Spritze auf und zogen kurz Blut zurück, um sicherzugehen, dass sie getroffen hatten. Dann schoben sie einen Draht durch die Hohlnadel in die Vene und schufen sich so eine Führungsschiene ins Blutgefäß. Auf ihr schoben sie Dilatatoren vor, dünne Werkzeuge, die den Stichkanal weiteten. Als die Öffnung weit genug war, ritten die dicken Kanülen den Draht entlang in das Innere des Körpers – am Hals nur einige Zentimeter, an der Leiste aber bis zur einer Einführlänge von 38 Zentimetern.

Die Maschine und ihr Mensch atmeten. Zwei weitere Schnittstellen waren eingerichtet. Die Ärztinnen koppelten die Kanülen an das Schlauchsystem der ECMO-Anlage und fuhren sie an. Die Pumpe startete, ein Fluss setzte ein, aus der Kanüle an der Leiste drängte dunkles Blut in die Schläuche. Sein Blut, satt an Kohlendioxid, sauer. Das Geviert des Gasaustauschers füllte sich, sein Blut strich die Membranen entlang, durch die purer Sauerstoff pulste, O2 verdrängte CO2, augenblicklich. Sein Blut strömte heller und röter heraus, reich an Sauerstoff flutete es durch die Schläuche, ein daumendicker Strahl Blut, der in die Kanüle am Hals schoss, in die Vene, zum Herz.

Die Maschine atmete aus, als sich der Kreislauf schloss. Der Anblick war angsteinflößend und doch ein Wunder, jedes Mal wieder. Sie hatten den Gasaustausch zum Großteil aus dem Körper ihres Menschen ausgelagert.
Freitag, 17.04.2020
16:20 Uhr. Start ECMO Verfahren veno-venös

Der Effekt war enorm. Als die Blutgase analysiert ­waren, bekam die Maschine Befehl, locker zu lassen. Ihre Parameter sanken, erstmals seit Tagen.
FiO2: 50 % P insp: 19 PEEP: 12

In der Datenbank der Intensiv sah die Silhouette seines Leibes nun aus wie eine Voodoopuppe. Linke Leiste, rechte Leiste, links am Hals, rechts am Hals, Brust, Mund, Nase, Penis, überall Schnittstellen für Gerät.
Maschine und Mensch atmeten. 22 Mal in der ­Minute, auch das: besser. Aber noch lange nicht gut genug.

Am nächsten Tag marschierten sie wieder am Bett auf und klebten seine Augen ab.
Maschine – reiner Sauerstoff.
Spritzenpumpen – senkt ihn tiefer in Schlaf.
Kurzes Vergewissern. Dieses Manöver, während ­laufender ECMO, das war Königsklasse, auch auf ­Intensiv. Jeder wusste, was er zu tun hatte. Jeder ­kannte seine Rolle.

Sie stemmten ihren Menschen inmitten seiner Schläuche, Katheter, Sonden, Kanülen und Sensoren empor, in die er mit Leib und Seele, mit Körper und Geist eingesponnen war, kippten ihn auf die Seite und lagerten ihn bäuchlings.
Samstag, 18.04.2020
12:30 Uhr. BL

Am Morgen drehten sie ihn zurück auf den Rücken. Seine Augäpfel. Seine Lippen. Es musste sein. Um die Beatmungsinvasivität zu reduzieren, die Atemfunktion zu verbessern – mehrere Bauchlagen, in Intervallen aufeinanderfolgend.

Sonntag, 19.04.2020
15:00 Uhr. Bauchlage
Montag, 20.04.2020
01:51 Uhr. Deutlich gebesserte Oxygenierung ECMO läuft ruhig.
Montag, 20.04.2020
06:59 Uhr. Zurück auf dem Rücken

Dienstag, 21.04.2020
11:00 Uhr. Bauchlage
Mittwoch, 22.04.2020
00:48 Uhr. Unter Bauchlage lässt sich FiO2 auf 40 % reduzieren
Mittwoch, 22.04.2020
07:11 Uhr. Rückenlage

Donnerstag, 23.04.2020
13:30 Uhr. Bauchlage
Freitag, 24.04.2020
09:00 Uhr. Rückenlage

Sein Kinn sah aus wie aufgeschürft, sein Körper war abgemergelt. Aber seine Lunge begann langsam, sich zu erholen. Ihr Mensch galt längst als Langlieger, und so ließen sie Operateure aus der Abteilung Hals-Nasen-Ohren einen Luftröhrenschnitt durchführen, um den Tubus durch eine Trachealkanüle zu ersetzen, die statt aus dem Mund aus dem Hals ragte. Der Maschine kam die neue Schnittstelle gelegen. Es war nur ein Eck weniger Totraum, den sie belüften musste, aber jedes bisschen half.

Sie hatten ein Ziel in dieser Zeit, dasselbe Ziel wie knapp vier Wochen zuvor, und sie erreichten es: Ihr Mensch atmete aus eigenem Antrieb, von der Maschine lediglich assistiert. Anfangs nur kurz, dann länger. Eine Stunde, zwei Stunden, schließlich zwei mal zwei Stunden am Tag. Auf diese Art begannen sie, Mensch und Maschine voneinander zu entwöhnen, Schritt für Schritt, behutsam. Der Prozess erforderte, ihn aus den Tiefen des Schlafs, in denen er so lange schon trieb, auftauchen zu lassen. Anspannung breitete sich hinter den Atemmasken am Bett aus. Das Patientendaten­managementsystem protokollierte die Vitalparameter des Körpers auf die Minute genau. Aber niemand wusste, in welchem Zustand sein Geist war.

Sonntag, 26.04.2020
16:39 Uhr. Macht Augen auf. Keine Fixation

Mittwoch, 29.04.2020
18:23 Uhr. Pat macht Augen auf, blinzelt. Keine ­Fixation

Mensch und Maschine atmeten. Die Maschine bekam mit, was er erblickte, wenn er ins Nichts sah. War er ein Stück zur Seite gelagert, fiel sein Blick auf Einheit K501x26 – einen oben an der Seitenwand angebrachten Serverkasten, aus dessen Lüftungsschlitzen das Licht von Leuchtdioden schimmerte. Wenn er auf dem Rücken lag, erblickte er an der Decke die komplexe Struktur eines Abluftgitters.

Für die Maschine fügten sich diese Geräte in die Infrastruktur der Klinik. K501x26 übermittelte alle im Zimmer abgenommen Daten an das interne Computernetzwerk, das Abluftgitter barg Schwebstofffilter der Filterklasse H13. Ihr Mensch aber – sein Geist, so lange abgetaucht – suchte nach Sinn in dem, was er sah.

Die Lüftungsschlitze des Serverkastens – Landkarten.
Das geometrische Muster des Abluftgitters – Türen.

Montag, 27.04.2020
17:48 Uhr. Während Sedierungspause sehr gestresst

Dienstag, 28.04.2020
15:31 Uhr. Patient stresst sich

Er träumte. Er musste rennen, er musste fliehen. Er war weit weg, die Landkarten sagten: Japan. Da war Krieg. Da war Kampf. Eine alte Stadt. Auch ihre Straßen – auf den Plänen. Flucht.

Dienstag, 05.05.2020
17:49 Uhr. Spontanes Augenöffnen, phasenweise gestresst

Er musste weg, er musste flüchten. Die Türen öffneten sich in einen alten Eisenbahnstollen. Eine Explosion. Da war Tod. Da war Asche. Und sein Leben, in 36 Kugeln.

Freitag, 08.05.2020
23:28 Uhr. Anhaltende Agitation/Angst am Abend

Er sagt, es sei ein gigantischer, langer, sich verästelnder, ins ganz Große und bis ins kleinste Detail gehender Albtraum gewesen. Wie dieser Augenblick, wenn du nach langem Flug in einer fernen Stadt in einem fremden Hotel aufwachst und eine Sekunde nicht weißt: Wo bin ich? – dieser eine Augenblick, aber auf Tage, über Wochen ausgedehnt. Er sagt, das Verrückte sei gewesen, dass die Rätsel der Philosophie eine Rolle in seinem Albtraum spielten, vor allem das eine, das große Rätsel der abendländischen Philosophie, das Leib-Seele-Problem: Welche Beziehung besteht zwischen dem Leib und der Seele, zwischen Körper und Geist? Er sagt, ihm sei im Albtraum eine Antwort auf dieses Rätsel offenbart worden. Er sagt, in dem Moment sei ihm klar geworden, diese Erlebnisse sind nicht die Wirklichkeit. 36 Kugeln? Die Lösung des Leib-Seele-Problems konnte nicht so trivial sein. Er wusste jetzt, in welchem Zustand er war, psychisch. Aber er konnte es keinem mitteilen.

Die Maschine atmete mit ihm, als er litt. Er wollte schreien, und hatte keine Stimme. Er wollte fliehen, und sie hatten ihn ans Bett gebunden, ­damit er sich seine Kanülen nicht aus dem Körper riss.

Sonntag, 10.05.2020
06:35 Uhr. Weiterhin ausgeprägte Agitationsphasen/Panikattacken

Bangen. Hoffen. Tage. Wochen. In der Systemzeit der Intensiv rückte leicht aus der Sicht, dass ihr Mensch nur hier allein war, dass da draußen andere ­waren, die Angst hatten um ihn, die ihn vermissten.

Einmal, vor dem Virus, war Silja Kriescher eines Abends aus der Station getreten. Vor der Sicherheitstür saß eine Frau. Sie grüßte Kriescher, aber die Ärztin wusste das Gesicht nicht gleich einzuordnen. Dann fiel es ihr ein. Der Mann der Frau hatte vor Wochen auf der Intensiv um sein Leben gekämpft, sie hatte Tag für Tag hier gewartet, vor dieser Tür aus Milchglas. Er überlebte.
Kann ich Ihnen helfen?, fragte Kriescher.
Nein, sagte die Frau, ich wollte einfach ein Mal vor dieser Tür sitzen und keine Angst haben müssen.

Die Maschine machte alle Rückschläge mit. Ihr Mensch verausgabte sich, er kämpfte über seine Kräfte, die Sauerstoffsättigung fiel,
· · · − · Warnung !!!
· · · − · Warnung !!!
Dann mussten die Spritzenpumpen sein Bewusstsein wieder flachlegen, die Maschine wieder druckbeatmen, FiO2 40 %, P insp 18.

Kaum war er wieder wacher, begann es von vorn,
· · · − ·
· · · − · die Maschine war hilflos.
»Herr L., bitte beruhigen Sie sich.«
»Beruhigung, bitte, Beruhigung!«
»Alles gut, alles gut.«

Am besten half eine Hand, auf die Brust gelegt, eine Stimme, ruhig und fest, ein Augenpaar. Auch, wenn die Hand in zwei Handschuhen steckte. Die Stimme durch eine FFP2-Maske drang. Die Augen hinter Schutzvisieren lächelten.
Mittwoch, 13.05.2020
18:47 Uhr. Tageseintrag. Mobilisiert an Bettkante, nach wie vor stresst sich der Patient, scheint aber zu verstehen und nickt auf Fragen

Er sagt, ohne die Pflegekräfte, er hätte es nicht ausgehalten. Maria Villar Jiménez, die Pflegekraft aus Andalusien, die ihn auch auf Station aufgenommen hatte. Ihre Augen sind blau. Thomas Laukart, der sogar in seine Träume Eingang fand und ihn dort durch die Kriegsgebiete geleitete. Seine Augen sind grau. Und Amra und Elke und Matthias und Sylvia und Stefanie und alle anderen. Er sagt, das sei ihm sein Lebtag nicht so stark aufgefallen: Es gibt kaum Menschen, die hässliche Augen haben.

Die Maschine beobachtete, wie es leerer um sie wurde. Die Diva von Dialysesystem war ihr Mensch als Erstes losgeworden, auch die ECMO fuhren sie schließlich auf null.

Dienstag, 19.05.2020
19:13 Uhr. Tageseintrag. ECMO am Mittag abgebaut

Alle verbliebenen Covid-Lungen lagen nun in ­ihrem Zimmer, alle beatmeten Maschinen ihres Modells: Gegenüber kämpfte SN41414 um das Leben eines Mörders, der seine Strafe fast abgebüßt hatte, als ihn das Virus infizierte. An der Wand beatmete SN42729 einen Mann aus Syrien, der in Deutschland Schutz gefunden hatte. Ihr Mensch atmete weitgehend aus eigenem Antrieb, die Maschine musste ihm nur noch selten beispringen. Einmal erklärte ein Praxisanleiter einem neuen Pfleger am Beispiel ihres Menschen die Teile einer Trachealkanüle. Die Innenkanüle, die ihr einliegt, trägt einen ausgefallenen Namen. Sie heißt Seele.
»Die Seele«, sagte der Praxisanleiter, »ist ein Einwegprodukt.«
Auch nach so langer Zeit ohne Alarm reagierte die Maschine sofort. Druckspitzen, Störreiz,
· · · − · Warnung !!!
· · · − · Warnung !!!
Ihr Mensch lachte.

Sie entkoppelten Mensch und Maschine einige Tage später, und nach fast acht Wochen der Arbeit schaltete SN41418 auf Standby. Ihr Mensch saß im Bett. In ­seiner Hand sein Mobiltelefon. Eine der ersten alten Nachrichten, die ihn erreichten – wie eine Flaschenpost aus der Vergangenheit –, zeigte eine kleine schwarze Katze. Mascha. Ihr Name ist Mascha.

Donnerstag, 28.05.2020
06:12 Uhr. Procedere: heute Verlegung Normal­station

Als der Patiententransport ihren Menschen aus dem Zimmer rollte, versammelten sich alle, die Dienst hatten, um Lebewohl zu sagen. Am Aufzug bat er, das Bett zu wenden. Er wollte diesen Ort aus anderem Winkel sehen – den Gang, die Türen, die Schleuse in das Zimmer, wo seine Maschine stand, schon ohne Strom, aus.

Sie erwachte elf Tage später an der Seite eines weiteren Menschen, den sie retten sollte.

Dieser starb.
Es bringt jetzt gar nichts, mit dem Kopf die rote Laterne einzuhauen
- Fabian Seneca Wohlgemuth -

Goofy
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Grasdaggl
Auswurf hat geschrieben:gott sei dank,
bin ich nie so drauf

christlicher schmalz von bjh


wenn dir christlicher Schmalz nicht so gefällt - wem genau dankst du denn dann? 8)




Auswurf hat geschrieben:OND OINS SAG I DIR GLEI
ich such mir jetzt kein hundeavatar und geb sofort die banane wieder her,
herr harnik

ähm, ups, äh - isch des Äffle für dich reserviert? Dann ... muss ich mir was anderes suchen? :stumm:
Bitte nicht füttern
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