"Hamas,hamas -juden ins gas"-demos gab es hier in den letzten jahren vielfach und v.a die juden in frankreich fürchten in erster linie den sehr weit verbreiteten muslimishen antisemitismus.
Erdogan ist bekanntlich auch ein antisemit, man kann nur hoffen dass das nicht im größerem maße für seine treuen anhänger in deutschland gilt.
Das alles vor dem hintergrund dass es in deutschland v.a unter rechts- und linksradikalen auch viele antisemiten gibt. Das "vor allem" hat aber trotzdem seine richtigkeit.
Der muslimische Antisemitismus wird aus Angst vor Rassismus-Vorwürfen verharmlost
Der Antisemitismus gehört zu Deutschland. Das darf die Politik aber nicht zulassen und muss gerade der muslimischen Variante die Stirn bieten. Hier werden noch zu oft aus Tätern Opfer gemacht.
Seien wir ehrlich: Der Antisemitismus gehört noch – und wieder verstärkt - zu Deutschland. Leider! Und zwar nicht erst seit der jüngsten Bestürzung über den Fall des 14-jährigen jüdischen Jungen, der an einer Schule in Berlin-Friedenau Opfer antisemitischer Beleidigungen und Angriffe wurde. Auch nicht erst seit der Rabbiner Daniel Alter wegen seiner Kippa – übrigens ebenfalls in Friedenau - zusammengeschlagen wurde, und auch nicht erst seit 2014 während des Gazakriegs Synagogen angegriffen wurden oder Parolen gerufen wurden wie „Hamas, Hamas! - Juden ins Gas“ oder „Jude, Jude, feiges Schwein, komm heraus und kämpf allein!“
Nein. Der Antisemitismus gehört noch mehr Deutschland, seit wir diesem neuen, alten Phänomen hilflos gegenüberstehen – weshalb bewusst versucht wird, das Problem zu relativieren oder sogar zu vertuschen. Diese Strategien sind Ausdruck der Hilflosigkeit im Umgang mit so genannter „Multikulturalität“. Dabei werden Unterschiede zelebriert, als seien sie ein Wert an sich. Doch wenn der Unterschied darin besteht, dass der eine etwa Israel dämonisiert und der andere nicht, dann ist das nicht einfach eine multikulturelle Angelegenheit – dann werden Probleme ausgeblendet, tabuisiert, statt ausgesprochen und verhandelt.
Ja, Antisemitismus ist ein herkunftsübergreifendes Phänomen, das man links, rechts und in der Mitte dieser Gesellschaft findet. Jedoch verdient der muslimische und vor allem anti-israelische Antisemitismus besondere Erwähnung, da er andere Ursprünge hat - und da er immer noch inkonsequent bis verharmlosend diskutiert wird. Arabischer oder türkischer Antisemitismus kennt nicht die Hemmung der Deutschen im Umgang mit Juden. Vielmehr ist er Teil des Alltags, Teil der infantilen, religiösen und politischen Haltung in vielen Familien, Teil der medialen Propaganda in den Sendern der Herkunftsländer, die heute jedermann über Satellit oder Internet auch in Deutschland empfangen kann. Dieser Antisemitismus, in den Herkunftsländern wie in der Diaspora, ist frecher, dreister und emotionaler, als der verhohlene deutsche. Nicht zu Unrecht haben Juden in Deutschland, in Europa vor ihm Angst.
Umso mehr ist es eine Schande, dass die Angst vieler Juden relativiert wird, dass mittlerweile Angriffe auf kippatragende Juden in Deutschland fast emotionslos hingenommen werden. Eine Schande, dass das Wort „Jude“ als Schimpfwort auf Schulhöfen verwendet wird, und dass Lehrerinnen und Lehrer, die das Problem thematisieren, oft von der Schulleitung mit Antworten wie: „Stell dich nicht so an. Bei denen ist das ja normal“ abgespeist werden. Davon höre ich in meiner Arbeit wieder und wieder. Das ist nicht normal. Das ist nicht hinnehmbar! Solche Schulleitungen verfehlen ihren Auftrag. Vergessen wir nicht: Aufklärung muss in den Schulen beginnen! In der Schule solche Vorurteile und Schmähungen als vermeintliche Folklore von Migranten hinzunehmen bedeutet auch, hinzunehmen, dass Menschen heimtückisch Synagogen attackieren, jüdische Gräber beschmieren oder Hebräisch sprechende Touristen zusammenschlagen.
Eine demokratische Gesellschaft darf nicht akzeptieren, dass in Europa wieder Juden Opfer antisemitischer Gewalt werden, dass sie ihres Lebens nicht sicher sein können, nur weil sie Juden sind.
Zum muslimischen Antisemitismus der Gegenwart gehören teils abstruse, Verschwörungstheorien. Dutzende Male haben mich Schülerinnen und Schüler, Jugendliche in meiner Arbeit mit Gruppen gefragt, warum Juden in Deutschland keine Steuern zahlen – Hunderttausende sind von solchem Unsinn überzeigt. Ebenso wie sie glauben, dass alle großen Konzerne oder Handelsketten, Lidl, Aldi, Saturn, Media Markt allein im Besitz von Juden sind. Oft sind sie erstaunt, dass ein palästinensischer Israeli wie ich überhaupt in Israel zur Schule gehen und studieren durfte – es ist ihnen nicht bekannt, dass das normal ist. Begriffe wie „Illuminati“ oder „Freimaurer“ mit Bezug auf Juden sind unter Jugendlichen weit verbreitet. Sie verstehen darunter eine Art geheimer, jüdischer Weltmacht, in deren Händen die Allmacht über Finanzen und Weltgeschehen liegt. Laut diesen kruden Theorien werden sämtliche Kriege von Juden angezettelt – aus reinem Eigennutz. Auf dem Weg über die sozialen Medien verbreiten sich solche "Alternative News“ mit schwindelerregenden Klickzahlen - man kann schon fast von einer Plage der asozialen Medien sprechen. Doch noch stehen Demokraten dem ratlos, kopfschüttelnd gegenüber. Es fehlt an Gegennarrativen, es fehlt an couragierten, klaren und offenen pädagogischen Konzepten im Umgang mit diesen wirren Konstrukten. Sie müssen angesprochen, ausgesprochen und durch Fakten widerlegt werden, bundesweit, in allen Bildungseinrichtungen.
Für muslimische Jugendliche spielt der Nahostkonflikt bei alledem eine Hauptrolle, ihr antizionistischer Antisemitismus unterscheidet kaum zwischen Israelis und Juden. Kommt das Thema auf, wird die Stimmung oft rasch aggressiv, Klischees treten deutlich zutage, jenseits von zeithistorischem Wissen, jenseits jedweder informierter Reflexion. Juden geben in den Narrativen ein bewährtes Feindbild ab, Palästinenser, Muslime überhaupt, sind stets Opfer, nie Täter. So kommt es, dass Hunderttausende Muslime während des Gazakrieges auf die Straßen gingen, sich aber dieselben Leute kaum empörten, als wenige Monate später der IS seinen Völkermord in Syrien begann.
Auch ein starres, geschichtsloses Verständnis des Islam und des Koran führt zu einem islamistisch argumentierenden Antisemitismus. Radikale islamistische Gruppierungen sprechen oft von „Juden als Feinden des Islam“. Tatsächlich befasst sich rund ein Drittel des Korans mit Erzählungen zum Judentum. Solche Geschichten werden aktuell oft aus ihrem historischen und lokalen Kontext gerissen und auf alle jüdischen Individuen und Gruppen in der Gegenwart übertragen. Ohne eine differenzierte, moderne und demokratieorientierte Korandeutung bleibt die Gefahr, Vorurteile über Juden zu verstärken und unreflektiert weiterzugeben.
Anhänger extremistischer Strömungen, etwa die Salafisten, beziehen sich zur Legitimation ihrer antisemitischen Positionen auch auf islamische Quellen, die neben dem Koran existieren. Sie verbreiten fragwürdige Hadithen (überlieferte Aussagen des Propheten Mohammad), in denen Allah angeblich die Juden verflucht oder wo von der "Armageddon-Schlacht" die Rede ist, dem letzten, tödlichen Gefecht der Muslime gegen alle noch lebenden Juden. Ebenso geschichtsvergessen wird der im Koran beschriebene Konflikt zwischen dem Propheten Mohammed und den jüdischen Stämmen, die damals auf dem Gebiet des heutigen Saudi-Arabien siedelten, schlicht eins-zu-eins auf heutige Juden übertragen.
Doch in der Gegenwart ist man in der Politik wie im Bildungssystem kaum
in der Lage die Dimension dieser Antisemitismus zu erfassen. Spricht man das Problem an, wird einem oft entgegnet, man verhalte sich rassistisch. Das ist bildungspolitisch wie gesellschaftlich fatal, denn die Täter von heute werden damit zu Opfern stilisiert.
Gerade in diesen Tagen wird klar, wie wenig so manche Akteure dieser Debatte zu einer Verständigung beitragen, wie gefährlich verniedlichend die Rede von den diskriminierten Muslimen gerade in diesem Kontext sein kann. Das Mantra “Wir haben uns alle lieb“ ist irreführend und beschönigend, es bringt uns nicht weiter. Nur wenn wir die Jugendlichen ernstnehmen, ihren Einstellungen den Raum geben, den es für echte Debatten braucht, kommen wir einen Schritt voran. Also muss diskutiert und informiert werden, ohne Scheu, ohne Tabus, ohne um den heißen Brei herumzureden.
Es geht darum, die Schwarz-Weiß-Malerei produktiv zu verunsichern. In den Schulen muss gesprochen werden über die Geschichte und das Existenzrecht Israels, und dazu brauchen wir für diesen Zweck gut ausgebildete Lehrer. Es braucht Schulen, die ihre Aufgabe bewusst wahrnehmen und eine Politik, die begreift, dass eine vielfältige Gesellschaft neue Bildungswege braucht, dass klar und selbstbewusst kommuniziert werden muss, was die Gesellschaft duldet und was nicht.
Deutschland ist ein Einwanderungsland. Das ist gut so. Doch das bedeutet auch, dass man sich in Deutschland proaktiv und bewusst mit den mitgebrachten Einstellungen und Vorurteilen der Migranten auseinandersetzt. Zum Geschichtsunterricht gehört daher neben dem Holocaust und dem Dritten Reich auch der Nahostkonflikt und dessen Nuancen und Facetten.