Manolo hat geschrieben:Nice:
Den Einfluss der Fans würde ich sogar als sehr groß ansehen. Gegen den Willen der Fans kann man zwar jeden Spieler und Trainer verpflichten, aber behalten/gebrauchen kann man sie auf Dauer nur wenn die Fans sich mit ihnen anfrrunden.
Ich gestehe den Fans schon einen großen Einfluss zu, aber der ist weitläufiger und indirekter, und die Geschichte mit den hohen Ansprüchen ist eher eine kulturelle Angelegenheit: Der VfB stellt sich seit fast zwanzig Jahren gern als jung und wild auf – mal explizit, mal eher zwischen den Zeilen. Das brennt sich ein und wird dann von den Fans letztendlich wieder in den Verein zurückgetragen. Und auch schon davor stand der VfB nicht für rustikalen Arbeiterfußball. Es gab zwar Schäfer und Förster, aber auch Sigurvinsson und Allgöwer – und Schlienz war auch ein Fußballspieler, kein Fußballmalocher. Dem entkommt man nicht so leicht. In Stuttgart wollen die Leute ein bisschen was geboten kriegen: Mercedes Benz, Staatsgalerie, Ballett, gscheiter Fußball.
Das steckt in der Region, und das erwarten auch Leute, die nie ins Stadion gehen, keine Mitglieder sind und in kein Forum reinschreiben. Und man braucht sowieso gar nicht erst versuchen, die Erwartungen der Stadiongänger zu managen, wenn im Aufsichtsrat ein paar Leute sitzen, die diesem “Ein bisschen mehr darf’s schon sein”-Milieu entstammen.
Langer Rede kurzer Sinn: es gibt erhebliche Einflüsse von außen, aber die gibt’s auch Dienstag mittags, wenn weder Fans noch Spieler im Stadion sind. Die sind entscheidender als das, was die Leute auf den Rängen treiben.
Manolo hat geschrieben:Der Heimvorteil ist auch schnell ein Heimnachteil, wenn die Spieler von den Fans nicht getragen werden, sondern von ihnen noch zusätzlich verunsichert werden. Dass heißt nicht, dass die Fans den letzten Dreckkick beklatschen und bejubeln müssen, aber die Größe zumindest während der 90 Minuten eben dann nur zu schweigen oder vor sich hin zu bruddeln würde ich mir schon wünschen. Dieses "wir sind immer für euch da" muss man ansonsten ehrlicherweise durch "wir sind immer für uns da" ersetzen.
Zum Verständnis: ich trenne zwischen Kommando Kindergarten, die ihr eigenes Ding durchziehen, und dem Rest der Zuschauer. Die Kurve ist immer da (für sich, ganz richtig), aber ich bezog mich auf das volle Stadion, und auf die Interpretation, dass ein volles Stadion die Idee eines schwierigen Umfelds widerlegt.
Wenn’s nicht läuft, sind die Fans natürlich ein Stimmungsverstärker. Aber auch hier Korkut als Beispiel: die Leute haben es ihm nicht gerade leicht gemacht, aus den ersten drei Spielen sieben Punkte zu holen. Ist ihm aber trotzdem gelungen. Keine Frage, Pfiffe ziehen die Mannschaft runter, das kann auch Punkte kosten – aber hohe Erwartungshaltung = fehlende Unterstützung = fußballerische Krise? Nein, wenn überhaupt, dann ist diese Kausalkette doch um einiges länger, siehe oben.
Im Fußball kommt das Ei immer vor der Henne – das heißt der Fußball muss schlecht sein, bevor die Fans dir das Leben schwer machen. Kann natürlich auch mal aus Versehen passieren: wenn du unerwartet Meister wirst und danach wieder Normalität einkehrt, kann das zu Problemen führen.
Ultras sind halt wieder eine andere Geschichte. Die prügeln sich mit der Polizei, als milde Erziehungsmaßnahme nimmt ihnen die Hertha beim nächsten Heimspiel ihre Fähnchen weg und sie machen daraufhin Stimmungsboykott (allein dieses Wort ). Das hat mit Fußball ja nix zu tun.