Die Entschuldigungen, die Tönnies an mehreren Stellen hinterlegt hat, sind gut formuliert. Wenigstens entschuldigt sich jemand mal für seine Aussagen, und nicht für die Empörung, die er damit auslöst. Das ist ein feiner, aber riesiger Unterschied: dieses eklige “sorry dass ihr euch so aufregt” ist nichts wert, das ist was ganz anderes als “ich habe was falsch gemacht”.
Der 63 Jahre alte Sportfunktionär und Unternehmer Clemens Tönnies, der Miteigentümer des zweitgrößten europäischen Schweine-Schlacht-Unternehmens ist, hat bei der Veranstaltung als Reaktion auf den fortschreitenden Klimawandel gefordert, man solle lieber zwanzig Kraftwerke in Afrika finanzieren und nicht etwa höhere Steuern einführen. „Dann würden die Afrikaner aufhören, Bäume zu fällen, und sie hören auf, wenn es dunkel ist, Kinder zu produzieren.“
Hochproblematische Wortwahl, die auf ein Weltbild von vorgestern hinweist. Dass Neger gerne schnackseln, ist ein perfider alter Hut. Wer bumst denn nicht gern? Der Kontext solcher Aussagen impliziert immer, dass Sex was schmutziges ist, und natürlich schwingt auch ein bisschen Sexualneid mit. Bei denen musch aufpassen, gell. Auf die selbe Art werden bei ons daheim Frauen verunglimpft, die gerne Secks machen – einen positiven Unterton hat das nur, wenn von europäischstämmigen Männern die Rede ist. Für die (uns) zeugt viel Ficki-Ficki von Stärke und Manneskraft, alle anderen sind Schlampen und Sittenstrolche.
Kinder zeugen ist nicht ganz das selbe wie Bumsen, das ist der andere Hintergrund: in vielen Ländern sind Kinder die beste Altersversorgung, und auch das wird mit solchen Äußerungen abschätzig kommentiert. Die schnellste, billigste und beste Methode, sich aus der Armut zu befreien, ist die Stärkung der Rechte der Frauen, und dabei nicht zuletzt das Recht zur Mitsprache über den eigenen Fortpflanzungszyklus. Das funktioniert nicht so wie Herr Tönnies sich das vorstellt, sondern ungefähr umgekehrt: wenn Frauen nicht von einer Schwangerschaft in die nächste gezwungen werden, dann steigt die Produktivität, und zwar ganz schnicksi-schnacksi, das geht wie’s Katzenmachen.
“Kinder produzieren” ist ein Ausdruck, der vielleicht Tönnies’ flapsiger Ruhrpottfresse entstammt, vielleicht benutzt er diese Worte auch, wenn die Elite für Nachwuchs sorgt, wer weiß. Es ist aber halt eine typische Formulierung, wenn man von armen Leuten und/oder dem Pöbel redet, da kommt man nicht drumrum. Gell.
Zu guter Letzt lässt die Formulierung noch auf die Perspektive schließen, aus der der Tönnies da draufguckt: “man solle lieber zwanzig Kraftwerke in Afrika finanzieren” – aus unternehmerischer Sicht vielleicht einfach pragmatisch gesprochen, und Entwicklungshilfe bedeutet natürlich, dass “wir” “denen” was geben, aber in diesem Kontext zeugt es von der Oben-Unten-Denke: was müssen wir da runterschicken, damit nix schlechtes zu uns hochkommt. Nix gegen Eigeninteresse und Realpolitik, aber das ist immer noch kurz gedacht – und wenn Hans Sarpei da ein Weltbild attestiert, das “an die Kolonialzeit erinnert”, kann man schwerlich widersprechen.
Welche Konsequenzen dieser Vorfall für den Großwildjäger, der als selbstbezeichneter „großer Afrika-Fan“ 2015 eine sechseinhalbwöchige Tour über den Kontinent in einem für das Militär entwickelten Lastkraftwagen absolvierte, möglicherweise haben wird, ist derzeit noch nicht abzusehen.
Ups. Natürlich jagt Herr Tönnies nur alte, kranke und schwache Tiere, kurbelt damit den Tourismus an und hilft auch gleichzeitig den Wildhütern, betreibt quasi Artenschutz. Und wer das glaubt, soll sich mal bei mir melden: ich hätte noch schöne Grundstücke in Nordfriesland mit Meerblick zu verkaufen – sehr günstige Konditionen.