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Goofy
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Grasdaggl
higgi hat geschrieben:Das ist eher Schreibfaulheit


aso?
"RKI" gibts nur hier im Forum? ok.



Und ohne Zusammenhang wäre da keiner drauf gekommen, was "RKI" bedeutet - koi Sau!
linksgrünversifft - was davon weit entfernt ist, ist Ironie, Sarkasmus und schlechter Humor


Auswurf
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Grasdaggl
97 Prozent versterben trotz Maximaltherapie

puuuh, das ist heftig :shock:

da wird ein Tag zum Beispiel über 24 Stunden Beatmung teilweise mit über 20.000 Euro vergütet.

wie kann das sein?
Ich verstehe oft nicht, wie es zu solch hohen kosten kommen kann.
Ist das abzocke, oder irgendwie erklärbar?
das ist doch keine Musik

Auswurf
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Grasdaggl
ehrlich gesagt find ich den tariflohn garnicht so niedrig,
was zb krankenschwestern anbetrifft (darf gerne mehr sein)
Sehe da eher größere probleme in der pflege,
wo sich auch noch viele anbieter tummeln, die lohndumping betreiben.

lernprozesse von gesellschaften incl. wirtschaft?
oh je... zähe sache.
Es bräuchte politischen druck und zwar global.
Nur läuf's ja grad eher in die entgegengesetzte richtung.... (trump etc)
das ist doch keine Musik


Unter Westfalen
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Grasdaggl
Haber hat geschrieben:ZITAT Heitmeyer:

Da ist ja nicht nur der Politiker, der sagt, dass die Krankenschwestern ab jetzt viel mehr Geld haben müssen. Vieles, was jetzt von den führenden Personen als Lehre aus der Krise genannt wird, wird von den Mechanismen der Institutionen zermahlen werden.


muss leider zustimmen :(


Sieht leider so aus.
Die beharrenden Kräfte scharren schon mit ihren gespaltenen Hufen.
Für eine freie und selbstbestimmte Ukraine.



Auswurf
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Grasdaggl
interessant,
weil scheinbar sollen ja die kitas in D erst nach den schulen wieder öffnen dürfen, weil man davon ausgeht, dass die klitzkleinen naturgemäß nicht auf abstand achten können oder mundschutz tragen.

bist Du eigentlich, wie man denken muss ein in Deutschland lebender franzose und wenn ja, wie lange schon und warum und bringst Du deutsche croissants runter und was würde dr gemeine franzos wohl von laugencroissants halten?

hab schrecklich viele fragen an meinen weltanschaulichen "feind" :cyclops:
das ist doch keine Musik

publicenemy
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Halbdaggl
Ich kopiere das mal aus Spiegel+ hier rein. Das könnte direkt von unserem Fraund Frankie geschrieben sein, wenn ich ihn richtig verstanden habe.

Philosophie zum Corona-Lockdown
Wir müssen übers Sterben reden
Ein Gastbeitrag von Bernhard Gill
"Regulierte Ausbreitung" versus "konsequente Eindämmung" - diese Strategien stehen sich im Kampf gegen Corona gegenüber. Welcher Weg zerstört mehr von dem, was uns wichtig ist im Leben?
13.04.2020, 18:05 Uhr

Leid und Trauer erscheinen unvermeidbar, auch Einschränkungen unseres Lebens - das neue ­Coronavirus stellt uns vor fürchterliche Entscheidungen. Wir müssen zwischen verschiedenen ­epidemiologischen Strategien wählen. Wie sollen wir umgehen mit der Lungenseuche? Und indem wir ­diese Wahl treffen, bestimmen wir darüber, wie wir mit dem Tod umgehen. Wie wir sterben wollen.
Zur Person
Julia Heinlein

Bernhard Gill, 61, ist Professor für ­Soziologie an der Münchner Ludwig-Maximilians-Universität. Er war Pionier im Bewerten der Risiken der Gentechnologie - wenige Fachkollegen wagen sich so weit vor in die Naturwissenschaften. Bis heute bedauert er, dass seine Eltern, letztlich gegen ihren Willen, einen quälenden Krankenhaustod starben.

Die Frage ist, welche Herangehensweise an die Epidemie umfangreichere Zerstörungen mit sich bringt: die Unterdrückung der Infektion oder die regulierte Ausbreitung.

Die konsequente Unterdrückung wird in Ostasien ­praktiziert, wo es aus humanökologischen Gründen eine ­Tradition von immer wieder aufflammenden Grippe-Epidemien gibt. In den übrigen Teilen der Welt war der Umgang mit Influenzawellen bisher weitgehend vom ­Laisser-faire geprägt – man vertraute auf das eigene Immunsystem und ließ zu, dass viele Menschen mit der Grippe starben.

"Mit der Grippe" wohlgemerkt und nicht "an der ­Grippe"; früher hätte man einfach von Altersschwäche gesprochen. Die aktuell vorherrschende Wahrnehmung des Coronavirus stellt diese Laisser-faire-Haltung in­frage: Ein Geschehen wie in Oberitalien müsse, so heißt es, um jeden Preis vermieden werden. Alles andere sei Zynismus.

Heißt das: Jegliche Abwägung wäre Zynismus?
Wir müssen vergleichen

Diesem moralischen Reflex ist entgegenzuhalten, dass wir immer schon den Tod oder, besser gesagt, unnötig ­verlorene Lebensjahre in unserer Gesellschaft mehr oder weniger stillschweigend hinnehmen. Angehörige der weniger privilegierten Schichten in Deutschland sterben im Schnitt sieben Jahre früher als Menschen in privilegierten Lebensumständen. Die Lebenserwartung in den OECD-Ländern liegt bei 80 Jahren, in Afrika südlich der Sahara bei 61 Jahren. Wir ertragen es, dass jährlich Zigtausende in den Flüchtlingslagern vor den Toren Europas verelenden. Wir akzeptieren, dass für unseren obszönen Luxuskonsum das Klima und damit das Schicksal der kommenden Generationen geopfert wird.

So viel zur gegenwärtig viel beschworenen Solidarität oder, anders ausgedrückt, zum Zynismus des Normalzustands.

Implizit wägen wir schon im Normalzustand ab; jetzt müssen wir explizit abwägen. Nur: nach welchen Maßstäben?

Im Grundgesetz steht das Recht auf Leben und körperliche Unversehrtheit im Kontext der Menschenwürde, des Rechts auf freie Entfaltung und der Selbstbestimmung – es ist also keineswegs absolut gesetzt. Doch selbst wenn man sich allein auf das Leben fokussiert, muss man ­fragen, ob die Unterdrückung des Infektionsgeschehens inklusive aller Kollateralschäden am Ende nicht mehr Leben, Lebensjahre und Lebensglück kostet als eine weniger repressive Vorgehensweise.

Wir müssen also vergleichen. Wie viele verlorene Lebensjahre stehen jeweils auf dem Spiel? Wie sieht der Tod aus, den wir in unserem Umfeld erleben oder selbst sterben werden - mit der einen oder anderen Strategie?
"Regulierte Ausbreitung" versus "konsequente Eindämmung"

Betrachten wir zwei kontrastierende Szenarien. Das erste soll "regulierte Ausbreitung" heißen, wie sie derzeit in Schweden versucht und von Einzelstimmen auch in Deutschland propagiert wird: Bei Kindern und jungen Erwachsenen nimmt man die Ansteckung in Kauf, weil man davon ausgeht, dass sie dann erst einmal immun sind gegen das Virus.

Die vulnerableren, das heißt bei einer Ansteckung stärker gefährdeten, Teile der Bevölkerung bestärkt man darin, sich zunächst gut zu schützen. Wenn im robusteren Teil der Bevölkerung die Welle schon durchgelaufen ist, kann man die Quarantänemaßnahmen auch für die Alten, Vorgeschädigten, Kranken schrittweise lockern. Wenn es gut geht, werden von ihnen dann nur wenige angesteckt, weil sie einen relativ geringen Teil der ­Bevölkerung ausmachen und Herdenimmunität bereits mit etwa 70 Prozent Infizierten erreicht wird.

Das zweite Szenario soll "konsequente Eindämmung" heißen: Die Ausgangssperren werden so lange aufrecht­erhalten und verschärft, bis die Zahl der Infizierten sehr stark gesunken ist. Dann können die Quarantänemaß­nahmen zwar gelockert, aber niemals ganz aufgegeben ­werden. Es findet vielmehr eine Dauerüberwachung der Bevölkerung statt, um potenziell Infizierte und ihre ­Kontaktpersonen aufzuspüren, zu testen und für die Dauer des Infekts zu isolieren. Das Eindämmungsregime wird erst aufgegeben, wenn eine wirksame Impfung verfügbar ist. Das kann anderthalb Jahre dauern.

Geht es darum zu verhindern, dass viele Menschen gleichzeitig sterben, erscheint die Strategie der massiven Unterdrückung der Krankheit vorteilhaft. Denn wenn sich das Virus unkontrolliert verbreitet, könnten viele vorerkrankte oder sehr gebrechliche Personen ungeschützt in eine aufschießende Infektionswelle geraten – es wären viele Todesfälle zu betrauern. Die genaue Größenordnung indes ist kaum vorherzusehen, weil die Berechnungen der Letalitätsrate noch sehr unsicher sind.
Infizierte sterben einsam und ohne Begleitung

Hinter der Seuchenhygiene muss alles zurücktreten - als ob es sich um eine für die Gesamtbevölkerung wirklich bedrohliche Krankheit handeln würde wie die Pest oder Ebola. Die konsequente Eindämmung der Epidemie beeinträchtigt allerdings die Qualität des Todes. Wegen der Ansteckungsgefahr dürfen Krankenhauspatienten von ihren Angehörigen nicht besucht werden, erst recht nicht auf der Intensivstation. Palliativmedizinische Unterstützung für die Pflege zu Hause ist nicht verfügbar, ­ebenfalls wegen der Ansteckungsgefahr.

So sterben die Infizierten einsam und ohne Begleitung. Ihr Begräbnis muss in aller Stille erfolgen, weil Beerdigungen - wie andere religiöse Zusammenkünfte - als Massenansammlungen verboten sind. In einem Moment, da Trost am meisten gefragt wäre, werden kollektive Tröstungsrituale untersagt. Mit der Versammlungsfreiheit wird auch die Freiheit der Religionsausübung kassiert.

Es stellt sich für die Beurteilung der Szenarien auch die Frage nach der Patientenautonomie: Wollen denn alle, die in die Situation kommen, den maximalen medizinischen Kampf gegen das nahende Ende führen?
Hat jemand die Alten und Schwachen gefragt?

Und auch über die psychischen Folgen muss man reden. Für denjenigen, der die konsequente Unterdrückung anstrebt, gilt es, jeden registrierten Infektionsfall als bedrohlich hinzustellen, um repressive Maßnahmen zu rechtfertigen und die Bevölkerung zur Wachsamkeit ­aufzurufen. Folglich bemüht man sich derzeit, 90 Prozent der Bevölkerung weitgehend ungerechtfertigte Angst ­einzujagen, um 10 Prozent putativ zu schützen.

Hat jemand die Schwachen, die Alten gefragt, ob sie wirklich auf diese Weise geschützt werden wollen?

Noch verharren die meisten Akteure in politischer Schockstarre. Denn die Entscheidung ist keine rein politisch normative, sie hängt vom weiteren Verlauf der Pandemie ab, auch davon, wie es weitergeht in Ländern, in denen die Ansteckung stärker fortgeschritten ist oder die weniger scharfe Maßnahmen ergreifen.

Dabei sprechen aber die Ereignisse - Infektionen, Krankenhauseinweisungen, Sterbezahlen - nicht ­unmittelbar zu uns. Sie sind ohne mediale Vorauswahl und Verstärkung nicht wahrzunehmen und ohne ­Interpretation nicht zu verstehen. Als Bürgerin und Bürger müssen wir diesen Prozess kritisch begleiten, wenn wir unser Schicksal nicht einfach den Virokraten in die Hände legen wollen.

Mit der Reaktion auf das Virus schreiben wir - ­längerfristig und hintergründig - am Gesellschaftsvertrag. Genauer: am Vertrag über unsere gesellschaftlichen Naturverhältnisse. Das epidemiologische Eindämmungsregime folgt dem heroischen Kriegs- und Siegernarrativ anscheinend überlegener ­Wissenschaft, wie wir es aus dem 19. Jahrhundert kennen: Louis Pasteur und Robert Koch als Helden, die die Mikroben sichtbar, handhabbar und damit kontrollierbar gemacht haben.

In dieser Schöpfungsgeschichte sind die Mikroben Aliens, die uns bedrohen und daher mit Macht niedergehalten, am ­besten ausgerottet werden sollen. "Unsere" Leben gegen "ihre" Leben - wissenschaftliche Erkenntnis und wohlorgani­sierter Abwehrkampf bis zum Endsieg der Hygiene, die ewiges Leben in einer keim­freien Umwelt verheißt.
Unser Leben ist ohne Tod nicht denkbar

Die geistigen Grundlagen des Ausbreitungsregimes sind ebenfalls schon im 19. Jahrhundert zu finden; sie zeigen sich in den Vorstellungen zur "Abhärtung", wie sie von Reformpädagogik und Naturheilkunde propagiert wurden. Diesen Ideen folgt ­heute die mikrobielle Ökologie, die auf der Erkenntnis fußt, dass Mikroben jegliches Leben auf der Erde im Grunde erst ermöglicht haben und im Allgemeinen für das menschliche Leben eher nützlich als schädlich sind.

Da Mikroben überall eindringen, beruht vitales Leben darauf, dass das Immunsystem lernt, den Mikroben­zirkus im Körper geschickt zu domestizieren, dabei auch situativ schädliche Arten einzudämmen und auszu­sperren. Wenn die Vitalfunktionen des Organismus er­lahmen, bricht auch die Immunfunktion allmählich ­zusammen; zudem wird der gesund lebende Mensch mit fortschreitenden Jahren anfälliger für Infektionen - und stirbt. Aber eben nicht an den Mikroben, sondern an Altersschwäche. In dieser Erzählung ist der Umgang mit Mikroben nicht als Abwehrschlacht, sondern als Ringen um die richtige Balance konzipiert; eine Kindertagesstätte ist keine Mikrobenhölle, sondern ein natürliches Impfinstitut.

Eng verbunden mit den kontrastierenden Natur­anschauungen sind unterschiedliche Auffassungen vom menschlichen Sterben. Wer das Infektionsgeschehen mit allen Mitteln eindämmen will, bekämpft auch das Sterben mit allen Mitteln. Im Ausbreitungsregime ­hingegen ist das Sterben ein natürlicher Vorgang, der ­individuell für die Beteiligten schmerzlich ist, aber aus der Distanz betrachtet Platz für neues Leben schafft.

Das heißt nicht, dass man in jegliches Sterben kampflos einwilligen sollte. Aber man muss auch nicht alle ­Mittel dagegen mobilisieren. Da die Unterdrückung des Infektionsgeschehens das Sterben doch nur hinaus­zögern, aber letztlich nicht verhindern kann, ist es auf Todesverdrängung angelegt. Es vermag mit dem Tod nicht menschenwürdig umzugehen, weil es ihn nicht wahrhaben kann.

Im Ausbreitungsregime arrangieren wir uns mit den Mikroben in dem Wissen, dass unser Leben ohne den Tod nicht denkbar ist. Wir trösten uns mit der Aussicht auf neues Leben.

Auswurf
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Grasdaggl
hm
also ich pflichte bei,
wenn er meint, dass wir uns eigentlich global coronaunabhängig in einem notstand befinden.
Das dies alles auch ganz klar ne abwägungssache sein muss,
ist mir auch klar.

Aber dann...
nach dem motto "viren sind ja was ganz natürliches"
HALLO?
Durch die pest mussten wir halt mal durch und die beinaheausrottung südamerikas nach der eroberung war ne mit etwas abstand betrachtet unabänderliche chance?
Euthanasie sortierte auch nur die schwächsten aus...
Die kindersterblichkeit früher hatte auch ihr gutes..

finde das ziemlich zynisch und gehe davon aus,
dass der autor entweder nicht zur riskogruppe gehört,
oder mit seiner existenz hadert.

Ja, medizinische versorgung halte ich für extrem wichtig
und ich bin wirklich froh, dass wir hier im gegensatz zu den usa eine versorgung haben, die auch sozial schwächere in anspruch nehmen können.
Wenn man einerseits über den zustand der welt klagt,
braucht man die errungenschaften moderner medizin nicht kleinzureden.
Denn wozu klagen, wenn man dies für nicht erstrebenswerten neumodischen quatsch hält?
das ist doch keine Musik

Auswurf
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Grasdaggl
noch diesen beitrag,
dann mach ich feierabend :cyclops:

das mit der app, verstehe ich überhaupt nicht.
Wenn ich an jemandem vorbeilaufe der infiziert ist,
liegt doch die wahrscheinlichkeit (so tippe ich) im promillebereich mich zu infizieren.
Wenn jeder zum arzt rennt, der jemandem begegnet, oder sich in anschliessend quarantäne begibt, das geht doch überhaupt nicht.
Mal ganz abgesehen, dass die dunkelziffer der infizierten doch recht hoch zu sein scheint

eigentlich hab ich überhaupt keinen bock, mir die ganzen fragen zu stellen
- ist aber ein selbstläufer
das ist doch keine Musik

publicenemy
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Halbdaggl
Es ist vermutlich so, dass Politik mehr in Bildern funktioniert und Wissenschaft mehr in Zahlen. Ob das zynisch ist, weiss ich nicht. Wenn man es so sieht, dann muss man sich den Zynismus auch zuschreiben lassen, wenn es nicht um Menschenleben aus unserem Kulturkreis handelt, also z.B. Flüchtlinge in griechischen oder türkischen Lagern, hungernde Kinder in Afrika,...


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Halbdaggl
Maria Mohr, 45 Jahre, Filmemacherin

Ich habe bis heute keine Ahnung, wo und wie ich mich infiziert habe, es muss irgendwo in Berlin gewesen sein, im Café, auf einer Ausstellungseröffnung, ich war viel unterwegs. Die Krankheit an sich war sehr eigenartig. Es begann am 11. März. Ich bekam leichtes Fieber, war schlapp, eine Erkältung dachte ich. Nach zehn Stunden Schlaf fühlte ich mich besser und bin dann auch wieder rausgegangen. Vier Tage später, an einem Sonntag, bekam ich plötzlich Schüttelfrost, nachdem ich mit einer Freundin spazieren war. Ich habe mich hingelegt und bin bis Donnerstag quasi nicht mehr aufgestanden. Mein Fieber war nicht sonderlich hoch, um 38 Grad herum, aber ich war so fertig, dass es drei Tage dauerte, bis ich meine Ärztin anrufen konnte. Als sie gehört hat, dass ich nichts schmecke und nichts rieche, wollte sie sofort auf Corona testen. Den Test sollte jemand für mich in der Praxis abholen. Das war eine wahnsinnig seltsame Situation. Ich kenne so viele Leute - aber ich habe lange überlegt, wen ich fragen kann. Wer wird wie reagieren? Als wäre Corona ein Stigma. Schließlich ist ein Freund von mir extra aus Hamburg angereist, um mir den Test vor die Tür zu legen. Als ich am nächsten Tag das positive Ergebnis bekam, hat mich das nicht mehr gewundert. Der schmerzhafte Husten und ein Brennen in der Lunge, als hätte ich Sand eingeatmet. Mir ist vollkommen klar, dass eine Person mit Vorerkrankung oder ein alter Mensch das nicht so leicht wegstecken kann. Noch jetzt fühlt sich meine Lunge irgendwie kleiner an als zuvor. Wenn ich Fahrrad fahre, komme ich schnell aus der Puste. Meine Ärztin meinte: So eine Krankheit sei für den Körper Hochleistungssport. Auf der anderen Seite genieße ich die neu gewonnene Freiheit, weil ich mich nicht mehr anstecken und niemanden anstecken kann. Als hätte ich in Drachenblut gebadet. Es ist für mich aber immer noch surreal, eine der ersten Infizierten in Berlin gewesen zu sein. Warum ich? Ein Freund meinte im Scherz: "Maria, du warst eben schon immer Avantgarde."


Laura Sauter, 25 Jahre, Studentin

Als klar war, dass die Ausgangsbeschränkungen kommen, bin ich noch schnell zu meinen Eltern nach Bayern gefahren. Die haben ein Haus mit Garten, ich wohne in Leipzig allein in einer kleinen Wohnung ohne Balkon. Kurz nachdem ich am 20. März ankam, dann die Nachricht: Meine Eltern sind beide positiv auf Corona getestet. Meine Mutter war in Österreich zum Skifahren gewesen. Kurz darauf wurden wir alle krank. Meinen Vater erwischte es am schlimmsten, er hatte tagelang hohes Fieber. Ich fühlte mich anfangs nur ein bisschen fiebrig, aber dachte: Na ja, wenn es das ist, dann geht es. Dann aber bekam ich einen richtigen Fieberschub, hatte starke Kopf- und Gliederschmerzen und lag mehrere Tage bewegungsunfähig im Bett. Meiner Mutter ging es ähnlich. Die Nerven lagen bei allen total blank. Mir hat das psychisch schon zu schaffen gemacht, so krank zu sein. Aber andererseits hat es mich beruhigt zu wissen, dass die Sterblichkeitsrate so gering ist und auch nur wenige Menschen eine Intensivbehandlung benötigen. Wir haben auch viel Zuspruch bekommen, Nachbarn haben für uns eingekauft, auch mal Blumen vorbeigebracht. Und jetzt bin ich fast happy, weil ich erst einmal gegen das Virus gefeit bin.


Arzt, 57 Jahre, anonym

Ich war in keinem Risikogebiet - und habe mich trotzdem relativ früh infiziert. Das muss während der Arbeit passiert sein, denn auch einige Kollegen wurden krank. Im Krankenhaus gibt es natürlich Pläne für Pandemien. Es greifen zum Beispiel bestimmte Hygienevorschriften. Trotzdem ist uns klar, dass wir ein höheres Risiko als andere Berufsgruppen haben, krank zu werden. Bei mir ging es mit Grippesymptomen los, Gliederschmerzen, Husten, nur ein bisschen Fieber. Dann wurden die Beschwerden schlimmer, ich lag eigentlich nur noch im Bett. Als Arzt wusste ich, dass man nicht viel machen kann und einfach da durch muss. Ein Virus kann einen eben auch mal richtig erwischen, das ist dann anders als ein leichter grippaler Infekt. Aber es gab auch Momente, in denen ich überlegt habe: Wann ist der Punkt, an dem der Husten so schlimm ist, dass ich doch ins Krankenhaus muss? Dazu ist es zum Glück nicht gekommen. Nach zwei Wochen hatte ich langsam das Gefühl: Es wird besser. Ich habe mich während meiner Krankheit komplett isoliert, auch von meiner Frau, die es nicht erwischt hatte, die aber dennoch unter Quarantäne stand. Ich hielt mich nur noch in zwei Räumen unserer Wohnung auf, wir haben zum Glück zwei Bäder. Die Küche habe ich nicht mehr betreten. Stattdessen hat mir meine Frau das Essen auf einem Tablett vor die Tür gestellt.


Tobias Zettel, 33 Jahre, selbständiger Immobilienverwalter

Richtig Sorgen gemacht habe ich mir erst, als ich eines Morgens aufgewacht bin und ein Druckgefühl unter dem Rippenbogen hatte. Als ich mittags die zwei polnischen Würste essen wollte, die ich in einem Topf warm gemacht hatte, merkte ich: Geruchs- und Geschmackssinn waren komplett weg. Das war krass. Die Lungenschmerzen wurden über den Tag schlimmer, am Nachmittag bin ich aus dem Büro nach Hause und hab auch meinen beiden Mitarbeiterinnen zur Quarantäne geraten. Der kassenärztliche Bereitschaftsdienst war der Meinung, für einen Corona-Test reichten die Symptome nicht aus. Über einen Kontakt vom Rettungsdienst, bei dem ich zehn Jahre ehrenamtlich gearbeitet habe, konnte ich mit jemandem vom Gesundheitsamt sprechen. Einen Tag später, am 18. März, wurde ich getestet. Mein Freund ist mit mir in Isolation gegangen. Weil er sich nicht krank gefühlt hat, konnte er kochen und sich um mich kümmern, das hat gutgetan. Es wäre ein bedrückendes Gefühl gewesen, zwei Wochen alleine zu sein und niemanden sehen zu können. Sieben Tage habe ich fast komplett auf der Couch verbracht, sehr viel Schlaf gebraucht und permanent Druck auf der Lunge gespürt. Das Gesundheitsamt hat mich täglich angerufen und nach den Symptomen gefragt. Nach einer Woche wurde es besser, die Abgeschlagenheit ging vorbei, und ich konnte wieder ein bisschen Fitness auf der Matte machen. Inzwischen durfte ich die Quarantäne aufheben, aber ob ich jetzt wirklich immun bin, kann niemand sicher sagen. Ich halte weiter Abstand und achte darauf, regelmäßig Hände zu waschen und zu desinfizieren.


Pädagogin, 29 Jahre, anonym

Die ersten Symptome, schlimme Kopfschmerzen, hatte ich Anfang März, als ich mit meiner jüngeren Schwester ein Wochenende in Wien war. Ich habe mir nichts dabei gedacht, es war windig an diesem Tag, außerdem war ich müde von der Anreise. Am nächsten Tag hatte ich immer noch Kopfschmerzen, aber kein Fieber und auch sonst keine Symptome, die mich an Corona denken ließen. Ich habe Ibuprofen genommen, und wir haben das Wochenende wie geplant durchgezogen. Auch der Arzt, zu dem ich am Montag gegangen bin, hat erst nicht an das Virus gedacht. Ich kam nicht aus einem Risikogebiet und hatte keinen Kontakt zu jemandem, der krank war. Am Dienstag dann habe ich aber erfahren, dass einer meiner Kollegen sich wohl beim Karneval infiziert hat. Dann bin ich auch getestet worden. Ich war sehr überrascht, dass ich mich angesteckt habe - wir waren nur an einem Tag kurz gemeinsam in einem Raum. Ich hätte nicht gedacht, dass das so schnell geht. Auch wenn der Verlauf insgesamt milde war, fühlte es sich anders an als bei einer Erkältung. Ich hatte noch nie zuvor so starke Kopfschmerzen, allerdings nur leichten Husten. Und die Krankheit zieht sich nach meinem Gefühl ziemlich hin. Bis heute fühle ich mich nicht fit genug, meine gewohnten Übungen im Fitnessstudio zu machen. Freunden und Verwandten sage ich immer: Seid vorsichtig, ich weiß jetzt, wie schnell das gehen kann! Leider sind inzwischen auch meine Oma und mein Opa infiziert. Wir hatten keinen Kontakt. Sie müssen sich irgendwo in ihrem Dorf angesteckt haben. Meinem Opa geht es richtig schlecht. Er muss beatmet werden. Wenn ich nun an einem sonnigen Tag durch München laufe, dann denke ich manchmal: Die Beschränkungen müssten viel drastischer sein. Die Leute kommen sich auf ihren Spaziergängen immer noch zu nah.


Benjamin Fröhlich, 39 Jahre, Musikproduzent und DJ

Am 7. März waren meine Frau und ich auf einer Geburtstagsparty. In der Woche darauf fühlte ich mich plötzlich krank. Mein Rücken tat so weh, dass ich mich nachts in die Badewanne legen musste. Aber ich hatte nur leichtes Fieber und keinen Husten, an Corona habe ich nicht gedacht. Als meine Frau in der Apotheke Schmerzmittel holte, sagte der Apotheker: Ah, das kann von der Lunge kommen. Und am Wochenende darauf habe ich erfahren, dass mehrere Menschen, die auch auf der Party waren, positiv getestet wurden. Wer wen angesteckt hat, wissen wir nicht. Einen Test zu bekommen, war nicht einfach. Beim Gesundheitsamt kamen wir tagelang nicht durch. Von einem Freund, der sich auch auf der Party angesteckt hatte, haben wir von einem Arzt erfahren, der extra ein Corona-Test-Auto eingerichtet hatte. Dort wurde ich getestet. Es ist seltsam, wie unterschiedlich die Verläufe in unserem Freundeskreis waren. Einige hatten gar keine oder nur leichte Symptome, ich lag viele Tage nur im Bett. Der Vergleich mit einem grippalen Infekt, den man oft hört, hinkt total, jedenfalls bei mir. Meine Quarantäne ist inzwischen vorbei, aber ich werde immer noch schnell müde, wenn ich rausgehe. Meine Frau ist übrigens gesund geblieben. Wir haben in getrennten Zimmern geschlafen und versucht, Abstand zu halten.


https://www.sueddeutsche.de/leben/coron ... -1.4875058

Spendiert von einem SZPlus-Abonnenten :!:
Wenn die Unfähigkeit einen Decknamen braucht, nennt sie sich Pech.

- Charles Maurice de Talleyrand -


Flache9
Interessant ist immer wieder Schweden. Je nach Verhältnis der Population gab es denen kaum Beschränkungen. Nun beginnen sie wieder Step by Step alles hochzufahren.
Was ist nun die bessere Vorgehensweise?
Keine Ahnung


Flache9
higgi hat geschrieben:Was muss da hochgefahren werden wenn es kaum Beschränkungen gab?


Sie hatten schon ein paar Beschränkungen.
Diese sind natürlich nicht vergleichbar mit unseren Massnahmen.
Worum es mir aber geht ist, dass es vielleicht doch eine Möglichkeit gegeben hat keinen extremen Shit down durchzuführen. Dabei muss ich auch anführen, das Schweden nicht Deutschland ist. Der Vergleich ist da sehr schwierig.

Strafraumgitarre
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Halbdaggl
Flache9 hat geschrieben:Dabei muss ich auch anführen, das Schweden nicht Deutschland ist.


Dem Vernehmen nach sollen sie auch keine Holländer sein, die Schweden. :cyclops:
Fick den Reichskanzler! Und den Kaiser!

Frank N Furter
@Knaust
Ich nehme an, das mit den Pathologen und Gerichtsmedizinern hat sich zwischenzeitlich von selbst geklärt?

@Lissy
Huhu

@Zahlen
Das Landesamt für Gesundheit und Soziales in Berlin hat zum Stand 10.04. ein paar interessante Zahlen veröffentlicht:

Von den 4.553 laborbestätigte Fälle, entfielen auf:
Männlich = 2.277; 50% und
Weiblich = 2.268, 50% sowie,
Unbekannt = 8
Den Geschlechterunterschied, den man in China aber auch z.T. in Italien festgestellt hat, ist hier nicht anzutreffen. Gute Erklärungen für dieses Phänomen stehen noch aus.

Das Durchschnittsalter der laborbestätigten Fälle lag in Berlin im Median bei 41 Jahre (Altersmedian Bund: 50 Jahre).

Von den 4.553 waren
Hospitalisiert: 586 (13%). (Altersmedian: 63 Jahre)
Verstorben: 50 (1,1%). (Altersmedian: 81 Jahre)
Wie überall auf der Welt sterben die Leute also fast punktgenau mit Ablauf der aktuellen Lebenserwartung in Deutschland. :idea:


Zum Stand 11.04. wurde noch einmal eine genauere Aufschlüsselung in Schwere-, bzw. Behandlungsgrad der Patienten vorgenommen:
Daten der Krankenhausabfrage von SenGPG, Datenstand: 11.04.2020:
 Anzahl COVID-19 Patient*innen in stationärer Behandlung: 601 (31,3%1)
 Anzahl peripher-stationäre COVID-19-Versorgung: 453 (23,6%1)
 Anzahl ITS-COVID-19-Versorgung: 139 (7,3%1)
 davon intensiv-medizinisch und Beatmung: 111 (5,8%1)
 Anzahl ECMO-COVID-19 Versorgung: 9 (0,5%1)
 entlassen: 252
 Klinisch verstorben 62
Zuletzt geändert von Frank N Furter am 14. April 2020 14:51, insgesamt 3-mal geändert.

Auswurf
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Grasdaggl
Die Regierung holt 50 Kinder aus den grauenhaften griechischen Flüchtlingslagern - und 80.000 Erntehelfer. Denn was könnte wichtiger sein, als den deutschen Spargel vorm Verrotten zu retten?


von Margarete Stokowski

ich hab nicht weitergelesen, aber satz bringt einiges auf den punkt
das ist doch keine Musik

Auswurf
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Grasdaggl
furti
durchschnittliche lebenserwartung beinhaltet aber auch alle und jeden,
die zb im kindesalter versterben.
Interessanter wäre ne statistik, welche aussagt,
wie lange heute 80 jährige noch durchschnittlich weiterleben würden
das ist doch keine Musik

Strafraumgitarre
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Halbdaggl
Frank N Furter hat geschrieben:Wie überall auf der Welt sterben die Leute also fast punktgenau mit Ablauf der aktuellen Lebenserwartung in Deutschland. :idea:


Ja dann... gehört Corona somt erwiesenermaßen zum Stamm der Elektronikartikelviren (EAV).

Deren Wirte verrecken schließlich auch scharenweise unmittelbar nach Erlöschen der Garantie.

Danke für die punktgenaue Statistik, das macht Dich quasi zum Verkünder der Sollbruchstelle Gottes. Oder so.

Wie gratuliert man eigentlich einer frischgebackenen Witwe zur Punktlandung des Gatten?
"Sie können wahrlich stolz auf Ihren Mann sein... wann ist es denn bei Ihnen soweit?" :?:
Fick den Reichskanzler! Und den Kaiser!

Frank N Furter
Auswurf hat geschrieben:Interessanter wäre ne statistik, welche aussagt,
wie lange heute 80 jährige noch durchschnittlich weiterleben würden


Das kann ich Dir auch ohne Statistik sagen: 1 Jahr! :arr: