Die Kinder schlafen noch und ich habe heute Urlaub, kurz Zeit für ein philosophisches Post an killroy von sissinho, weil ich ja durch meine Gedanken unsodidarisch handle. Mir tun sich da einige Fragen auf, vielleicht kannst Du mir helfen. Ähnlich bei der Diskussion mit franky bzgl. Kultur und deren Anpassung kommt mir wieder clash of cultures von Huntington in den Sinn, wenn ich mir über den Empfängerkreis meiner Solidarität Gedanken machen... meine Familie, Nachbarschaft? Stadt oder Landkreis? Bundesland oder gleich das ganze Land? Halt, wir sind Mitglied der EU, also gleich alle Mitgliedsländer inkl. Anwärter? Oder sind wir nur ein globales Dorf und ich bin mit der ganzen Welt solidarisch? Vielleicht kannst Du mir da mal Deine Sichtweise sagen, wo Du die Grenzen ziehst, denn der Virus kennt ja keine Grenzen.
Wenn wir den Empfängerkreis gezogen haben, stellt sich mir die Frage, warum ich solidarisch sein sollte... ach ja, der Virus kann tödlich verlaufen, stimmt. Ist die Umweltverschmutzung nicht auch tödlich? Der Klimawandel? Mein Konsumverhalten? Ist es für einen Minenarbeiter in Afrika nicht tödlich, wenn er z. B. Kobalt für meine Akkus auf dem Boden klopft? Oder die Kinder in Ghana, die auf riesigen Müllhalden ohne Atemschutz die Kunststoffummantlung von den Kabeln brennen, um an das Kupfer zu kommen, wobei die Kabel von uns allen kommen, weil die Entsorgung dorthin eben billiger ist, Geiz ist geil, woisch? Was ist in Malaysia und Indonesien? Ich war da vor vielen Jahren als Backpacker und war entsetzt, wie viel Urwald für Palmölplantagen abgeholzt wurden, wo ist da meine Solidarität mit Mensch und Tier, denn Palmöl ist halt nicht nur in jedem bösen Kitkat drin, sondern auch in Kosmetik wie Creme und ähnlichem Scheiß, den sich der eitle, gesundheitsbewusste und solidarische Bürger auf die Backen schmiert. Oder auch das Autofahren, jeder halbwegs aufgeklärte Mensch weiß wie Benzin hergestellt wird, wie man das Erdöl fördert, wie viele Menschen wie die Ureinwohner im Amazonas dafür ihr mit ihrem Leben bezahlen mussten oder deren Umwelt zerstört wird, was auf Dauer das Gleiche ist (ich empfehle hierfür das inzwischen 20 Jahre alte Buch "Krieger des Jaguars"), und trotzdem fahren wir alle schick Auto und Öffentliche. Dann bin ich halt ganz umweltbewusst und fahre elektrisch.... halt, da war doch was, richtig, Akkus und Kobalt, auch scheiße.
Weißt Du wie seltene Erden gewonnen werden? Weißt Du welche Produkte seltene Erden benötigen, die wir tagtäglich verwenden? Handelst Du mit der Welt solidarisch, weil Du gerade jetzt in dem Monitor starrst, der nun mal seltene Erden nutzt? Oder endet die Solidarität an der Landesgrenze? Ich habe Kakao vergessen, Schokolade lieben wir doch alle, unsere Liebe scheint uns vergessen zu lassen, dass immer noch auf afrikanischen Plantagen Kinder arbeiten müssen, das ändert auch die 25% Anteil von Ritter an der Plantage in Nicaragua nichts. Eigentlich muss für alles, was wir konsumieren, jemand bluten, und sei es nur wenn Du Deinen Schrank beim IKEA kaufst, da ist nämlich die Wahrscheinlichkeit, dass das Holz aus Transsilvanien stammt, eigentlich ein geschützter Urwald, aber was bedeutet schon "eigentlich" diese Tage, ebenso dass viele Menschen dort deswegen schon ihr Leben lassen mussten, weil hier jedem Profit steckt eine Mafia, und so gibt es auch dort eine Mafia, die den Abbau vorantreibt und lokale Politiker oder Anwohner eben mal schnell aus dem Weg räumt, wenn sie sich dem Profit in den Weg stellen. Ach das könnte man ewig weiterführen.
Der nächste Punkt, wie schaut es mit der Tierwelt aus? Gilt die Solidarität nur für Mensch oder auch für Tier? Warst Du mit Deinem Kind schon mal in der Wilhelma und hast die nicht artgerechte Haltung damit unterstützt? Denkst Du an die armen Orang Utans, wenn Du Dir Jogis Nivea ins Gesicht schmierst?
Ich will es an dieser Stelle belassen, denn man könnte diese beschissenen Moraldiskussionen endlos weiterführen und solange Du nicht als Einsiedler in irgendeinem miesen Erdloch haust und Du Dich von den Pflanzen der Umgebung ernährst und kleidest (denn schon für die Unterhose, die Du an hast, büßen Kinder in Bangladesch mit ihrem Leben, Gesundheit oder Kindheit, oder nehmen wir die Stonewashtechnik ohne Atemschutz, oder oder oder), dann machst Du Dich am Leid anderer Menschen mitschuldig, und da finde ich es immer befremdlich, wenn mir Leute was von Solidarität erzählen wollen, indem sie auf ihren einen Punkt verweisen, aber nebenher in allen anderen Punkten weiter schön sündigen. Brot für die Welt, sagte der Fettwanst und schob sie die vierte Currywurst und das achte Bier hinterher, Moraldiskussionen kotzen mich an, aber da ich selbst auch immer wieder welche führe, wie zu meinem Lieblingsclub RB oder andere Millionaros, die sich den Privatfriseur einfliegen lassen, in solchen Zeiten aber nur unter Druck auf ein paar Prozent ihres unglaublichen Einkommen verzichten, während andere Menschen gerade vor den Trümmern ihrer Existenz stehen, weil sie nicht wissen wovon sie ihre Miete bezahlen sollen und die Vereine ihre anteilige Dauerkartenkosten nicht erstatten, sei Dir verziehen, Söllner würde sagen "Oba olle samma Wixa"