Neue Zürcher Zeitung
Marie-Astrid Langer, San Francisco - 18.10.2020
https://www.nzz.ch/international/wahlen ... ld.1580421Trumps Politik überzeugt viele Amerikaner
Die Tweets stören sie zwar, aber auch nach vier Jahren sind viele Amerikaner von Donald Trump begeistert – unter ihnen Akademiker, Unternehmer und Latinos. Sie erzählen, warum sie auch diesmal für Trump stimmen werden.
Francis Buckley, 72 Jahre, Professor an der George Mason University, Virginia
Ich bin nicht der einzige Akademiker, der Donald Trump unterstützt, aber einer der wenigen, die das öffentlich zugeben. Viele meiner Kollegen fürchten ein Nachspiel an ihren Fakultäten oder im akademischen Umfeld, sollten sie sich öffentlich zum Präsidenten bekennen. Ich wiederum kann mir das erlauben, als Professor an der Antonin Scalia Law School an der George Mason University in Fairfax arbeite ich in einem recht konservativen Umfeld.
Ich stamme ursprünglich aus Kanada, lehrte dort lange an der McGill University in Montreal und bin seit 2014 auch amerikanischer Staatsbürger. Mit meiner Frau, unseren zwei Katzen und zwei Deutschen Schäferhunden lebe ich in Virginia, auf der anderen Seite des Potomac und des Hauptstadtbezirks Washington. Meine erwachsene Tochter lebt in Seattle.
In Kanada war ich ein Unterstützer der Tories, aber ich stimmte auch einst für Pierre Trudeau. In den USA jedoch widern mich die Demokraten von heute an. Die Partei, die einst für den wirtschaftlichen Aufstieg der Unter- und der Mittelschicht kämpfte, ist nun die Partei von Geschlechter- und Rassenfragen, die andere Meinungen zensuriert. Es ist eine Partei der Eliten, die auf weniger Gebildete mitleidig hinabschaut.
Denise Galvez, 45 Jahre, Unternehmerin aus Miami, Florida
Die Leute denken oft, Latinos müssten gegen Trump sein, aber das ist gerade bei uns Kubanern nicht so. 2016 gründete ich mit zwei Freundinnen die Gruppe «Latinas por Trump» und organisierte Events in Miami mit Tausenden von Teilnehmern. Andere Latinos haben uns danach beschimpft und bedroht. Trump traf ich auch persönlich und dankte ihm im Namen meines Grossvaters dafür, dass er eine Position der Härte gegenüber den Diktatoren in Kuba einnimmt. Auch dieses Jahr organisiert unsere Gruppe wieder viele Veranstaltungen. Wir haben auch Listen mit Wählern, die wir anrufen, um sicherzustellen, dass sie auch abstimmen. Wir Latinos sind «soft voters», gehen also oft nicht wählen; das muss dieses Jahr anders sein.
Ich bin eine von mehr als 1,5 Millionen «Cuban Americans» in Florida. Meine Eltern flüchteten aus Kuba, als sie 12 und 16 Jahre alt waren, und lernten sich hier kennen. Ich selbst war noch nie in Kuba und werde auch nie dorthin reisen, solange es keinen Regimewechsel gibt. Mein Grossvater starb als politischer Gefangener, als meine Mutter klein war.
James Chung, 50 Jahre, ¨Manager einer Software-Firma in San Jose, KalifornienAls Donald Trump dann Bush ausstach und der Kandidat der Republikaner wurde, habe ich ihn unterstützt – einfach, weil er nun der Anwärter der Partei war, deren Agenda mich eher angesprochen hat. Wir haben in den USA eben nur zwei wichtige Parteien. Bis heute bin ich mit Trump recht zufrieden, wobei ich auf seine Taten schaue, nicht auf seine Worte.
Trump ist ein klassischer «Disruptor», das finde ich gut. Er führt die Regierung so wie seine Geschäfte: Wenn er mit jemandem nicht zufrieden ist, entlässt er die Person. Und er tut auch genau das, was er versprochen hat – was für einen Politiker etwas Neues ist und die Medien oft ärgert.
Sherry Rossiter, 73 Jahre, Psychologin aus Missoula, Montana
Ich war die erste Helikopterpilotin in Kaliforniens Nationalgarde, sechs Jahre habe ich dort gedient. Dank dem Militärdienst habe ich Psychologie studieren können, heute arbeite ich als private Therapeutin in Montana, in der Universitätsstadt Missoula.
Donald Trump kannten wir aus der Fernsehserie «The Apprentice», Steve und ich hatten ein, zwei Staffeln geschaut. Wir schätzten damals Trumps Ratschläge als Geschäftsmann. Im Wahlkampf 2016 war ich dann zuerst für Ted Cruz, aber im Laufe der Debatten hat Trump mich überzeugt. Man hat gemerkt, dass er kein Dummchen ist. Ich mag auch, dass er so direkt sagt, was er denkt.
Hätte man öfters "The Apprentice" verfolgen müssen, um Trump annähernd zu verstehen / schätzen?
https://www.youtube.com/watch?v=ZZzwPBlPweo