Streng genommen gehört es in den Schiedsrichter-Thread, weil es angeblich der Anlass dafür war, dass Collinas Erben nach wüsten Anfeindungen ihren Twitter-Account gelöscht haben, aber es ist auch ein sehr gutes Beispiel dafür, was die Regeländerungen der vergangenen Jahre angerichtet haben:
Ab 6:36. Kossounou bekommt den Ball aus nächster Nähe an den Arm, der neben dem Körper herabhängt und die Körperfläche zwar leicht vergrößert, aber nicht – einzig und allein entscheidend – auf unnatürliche Weise, sondern der Situation und Bewegung entsprechend: das ist eindeutig kein strafbares Handspiel.
Der Schiri nutzt hier nicht etwa einen Entscheidungsspielraum, sondern bewertet die Situation schlicht und einfach richtig. Wer argumentieren will, dass die Szene in einen Graubereich fällt, hat nicht unrecht, aber das ist in etwa so grau wie ein Porzellanteller von IKEA neben einem reinweißen 50-Euro-Teller aus Meißen.
Das Shitstörmle in den Kommentaren ist keine Überraschung, wenn man sich den hysterischen Terz anhört, den der Kommentator veranstaltet, weil er die Regel offensichtlich überhaupt nicht kennt. Ernsthaft, der sollte kein Fußballspiel kommentieren, bis er sich informiert hat. Peinlich.
Am Sonntag hat der Ober-Ober-Regelbeauftragte des DFB Stellung genommen, die Entscheidung erklärt, und eine vergleichbare Szene aus dem Spiel Bremen - Augsburg (da gab es einen Elfer) als Fehlentscheidung deklariert. Passt.
Soweit ich sehen kann, ist die Hysterie um Handelfer ein internationales Phänomen, Fußballdeutschland ist nicht das einzige Land, das in den letzten Jahren verdummt ist. Ich denke da muss man keine Schuldigen suchen, sondern es ist eine Entwicklung: es wurden immer mehr Elfer gepfiffen, weil viele Schiedsrichter wohl annahmen, dass die Spieler cleverer werden und die Reaktionszeiten kürzer, es wurde aber nicht einheitlich gehandhabt. Es gab Erläuterungen zur Regel, die falsch interpretiert wurden, dann wurde an der Regel selbst herumgedoktert, und das wurde teilweise wieder zurückgenommen. Das Schlimme daran: alles unnötig, Aufklärung und Schulung wäre stattdessen notwendig.
Auch dafür ein schönes Beispiel: aus der Hintertorperspektive sieht man, wie Kossounou die Hand hinter seinen Körper zieht – der Ball geht zwischen Arm und Körper hindurch, das heißt technisch betrachtet geht die Hand zum Ball (wobei die Hand erst zum Ball geht, als der Ball schon durch ist, verstehsch). Und trotzdem ist es kein absichtliches Handspiel, im Gegenteil.
Wenn die Sportschau jetzt auch noch den Verstand verliert, dann kriegt man das Thema nicht in den Griff.