Nice Weather hat geschrieben:Toxisch ist aber sehr treffend, um eine vergiftete, vernebelte, von Propaganda durchseuchte Situation zu beschreiben, wo man jedes Wort mit drei Fußnoten versehen muss, damit man nicht von allen falsch verstanden wird. Man darf aber auch „vergiftet“ sagen, bissle Abwechslung tut gut.
Soweit Zustimmung. Wenn ich aber über einen längeren Zeitraum nahezu jede Form von Beziehung, ob Eltern, Freunde, Partner, Kinder, Verwandte und Verschwägerte, medial systematisch unter den Verdacht stelle toxisch sein zu können, ergibt das Wort irgendwann keinen Sinn mehr. Zumal in den meisten Fällen schlichtweg eine von vielen Spielarten egoistischen Verhaltens des Anderen aufgezeigt wird, die nicht wirklich giftig sind, sondern eben genauso egoistisch, wie wir uns häufig selbst verhalten. Egoistisches Verhalten ist aber nicht per se toxisch und jeder Mensch muss lernen damit umzugehen, dass andere Menschen Motive haben, die sich nicht mit meinen decken (müssen).
Und gleichzeitig und paradoxer Weise erscheinen dann in denselben Medien (also wirklich in denselben!) Berichte darüber, wie man sich selbst besser liebt, sein inneres Kind oder wahres Wesen besser erkennt, die alle darauf abzielen seine eigenen Bedürfnisse besser zu erkennen und egoistischer zu sein. Das passt zumindest aus meiner Sicht hinten und vorne nicht zusammen. Wobei es mich für mein höchstpersönliches Empfinden weit weniger stört, so etwas als Mode in den Medien zu lesen (das lese ich einfach nicht und gut isses), sondern, wenn ich im Sprachgebrauch meiner Freunde und Bekannen merke, dass sie sich auch schon diese Sprechmode zu eigen gemacht haben und Dinge pauschal als toxisch abqualifizieren, wo man mindestens nochmal etwas genauer hinsehen sollte.
Nice Weather hat geschrieben:Und die Enbys (NB, non-binary), naja, in dem Alter sind von denen zehn Prozent echt, das sind Phasen, durch die man sie halt begleiten muss.
Das sind keine 10% mehr. In den Schulklassen meiner Kinder sind das gefühlt 100%. Wer sich da selbst auch nur vage als möglicherweise doch noch ein klein wenig binär bezeichnet, dem wird von Mitschülern und Lehrern nahegelegt besser die Schule zu wechseln. Ich übertreibe ein klein wenig, aber es ist tatsächlich viel krasser als "10%"!