Seren Dipity hat geschrieben:Die US-Bevölkerung ist viermal so groß wie die deutsche, wenn wir unsere Amokläufe mal vier nehmen, ist der Unterschied zu den Vereinigten Staaten bezüglich der Häufigkeiten von Amokläufen gar nicht mehr so groß, obwohl wir ein recht striktes Waffengesetz haben.
Ein paar Zahlen:
Die Bundespolizei FBI veröffentlichte am Montagabend aktuelle Zahlen: Im vergangenen Jahr hat es in den USA insgesamt 61 Amokläufe mit Schusswaffen gegeben, bei denen 103 Menschen getötet und 140 weitere verletzt worden sind - 50 Prozent mehr als im Jahr davor und eine Verdopplung gegenüber 2017. Als "Amoklauf" definiert das FBI ausschließlich Fälle, in denen ein Täter in der Öffentlichkeit auf Menschen schießt, um sie zu töten.
Allein in diesem Jahr hat es demnach bislang 215 größere Vorfälle mit Schusswaffen gegeben, bei denen mindestens vier Menschen getötet oder verletzt worden sind. Bei zehn davon gab es mindestens vier Todesopfer.
Im vergangenen Jahr gab es 693 dieser sogenannten "Mass Shootings" - im Schnitt zwei pro Tag.
Die Zahlen seit 2013, dem Jahr, in dem The Gun Violence Archive seine Arbeit begann: 39 541 Vorfälle mit Schusswaffen. 12 357 Tote. Insgesamt wurden 2858 Minderjährige getötet oder verletzt, darunter 583 Kinder, die ihren zwölften Geburtstag noch nicht gefeiert hatten.
Die Herstellung von Feuerwaffen in den USA hat sich dem Report zufolge vom Jahr 2000 bis 2020 auf fast 11,3 Millionen beinahe verdreifacht. Weil die USA nur sehr wenige Feuerwaffen exportieren, dürften diese Zahlen wiedergeben, wie viele Waffen die Amerikaner kaufen. Derzeit gibt es laut einer Studie der unabhängigen Organisation Small Arms Survey insgesamt mehr als 400 Millionen Schusswaffen in den Vereinigten Staaten.
Und dann sind da noch die "Ghost Guns", privat hergestellte Waffen, die keinem Besitzer zugeordnet werden können und die deswegen auch in keiner Statistik auftauchen. Wie viele nicht registrierte Waffen im Umlauf sind, lässt sich nur erahnen. Allein 19 344 wurden im vergangenen Jahr beschlagnahmt, zehn Mal so viele wie 2016. In Kalifornien war zuletzt knapp die Hälfte aller Waffen, die an Tatorten gefunden wurden, sogenannte "Ghost Guns". "Ich bin seit 30 Jahren im Dienst, aber so eine Entwicklung habe ich noch nie gesehen", sagte Paul Phillips von der Polizei von San Diego im Januar, als die Zahlen über die nicht registrierten Waffen veröffentlicht wurden.
https://www.sueddeutsche.de/panorama/te ... -1.5591652Den Text hat Jürgen Schmieder geschrieben, wohnhaft in Kalifornien und mit einem 13jährigen Sohn. Schmieder hat vor einige Zeit einen Bericht über das Amoklauf-"Survival"-Training an der Schule seines Sohnes geschrieben; zum Teil hat er das auch in seinen Uvalde-Artikeln nochmal aktualisiert*. Diese Trainings sollen Leben retten - aber sie spiegeln eine einzige Verneinung des Lebens, finde ich.
Und allein die Vorstellung, dass Schulen mit hohen Zäunen und bewaffnetem Sicherheitspersonal beschützt werden. Normalität? Unglaublich.
An der Robb Elementary School errichteten sie einen Zaun, der den Zugang zur Schule erschweren sollte.
An vielen amerikanischen Schulen gibt es lediglich einen Zugang, ein sogenanntes "Double Panic Gate" im ansonsten 2,50 Meter hohen Zaun mit fünf Zentimeter dicken Eisenstangen.
Man weiß, dass der mutmaßliche Täter mit einem Pick-up-Truck zur Robb Elementary School fuhr. Das Wrack des Autos ließ er zurück. Das Fahrzeug hat offenbar eine Barriere auf der nordwestlichen Rückseite des Schulgeländes durchbrochen, bevor es in einem Graben liegen blieb.
(Verschiedene Quellen)
Seren Dipity hat geschrieben:Der weitgehend ungehinderte Zugang zu automatischen Waffen vergrößert in den USA ein Problem, welches aber andere Ursachen hat. Ursachen, die auch in Deutschland wirksam sind, weswegen es aus meiner Sicht nicht ausreicht, immer nur auf die Waffenlobby zu schauen.
Das stimmt natürlich. Man kann's nicht oft genug zitieren.
Wir sind dennoch ein gutes Stück von den Verhältnissen in den USA entfernt. Das liegt daran, dass die USA eh - mal wieder - einen Vorsprung haben, aber eben auch an dem fröhlich-freien Zugang zu Schusswaffen.
Aber reden wir doch mal übers Tempolimit...
* =
Natürlich sollte kein Kind wissen müssen, was es bei einem Amoklauf tun muss; es sollte wissen, wie man einen Fußball tritt oder "Das Weiße Album" der Beatles rülpst. In den USA jedoch kennen viele Kinder ab sechs Jahren das Codewort für Gefahr (an dieser Schule ist es "Lockdown") und die drei Grundregeln bei einem Amoklauf: Run. Hide. Fight. Weglaufen, verstecken, kämpfen.
Die Run-Strategie des Sohnes: rauf aufs Schuldach und hinten runterhüpfen. - Ja, das würde wohl ein paar Knochen brechen, sagt er; aber er hoffe, dass er trotz der Verletzungen vom Schulgelände zur Polizeistation gelangen könne. (...)
https://www.sueddeutsche.de/panorama/us ... -1.5592035