Vielleicht kann ich ja auch etwas zur Hymnendiskussion hier beitragen.
Die Hymne war nach dem verlorenen Krieg politisch gewaltig ins Abseits gekommen. Die Bundesbürger hatten die Schnauze von dem ganzen Brimborium voll. Insbesondere die 1. Strophe, die von Hoffmann von Fallersleben ja völlig anders gemeint war, war durch die Nazis zum Synonym für "am deutschen Wesen soll die Welt genesen" geworden. Die Festlegung der 3. Strophe als offiziellen Hymnentext, ersparte den Gründungsvätern (und -müttern) der Bundesrepublik, nach einer neuen Melodie zu suchen. Interessant nebenbei, dass dieser Text auch voll kompatibel auf die Becherhymne der DDR gepasst hätte.
Angeblich soll 1954 in Bern beim Abspielen der Hymne von den "Schlachtenbummlern (!)" die erste Strophe gesungen worden sein. Mein Vater hat das immer behauptet. Wenn das so war, 9 Jahre nach dem von Deutschland verursachten verbrecherischen Krieg, war es eine Äußerung der Unbelehrbaren und ewig Gestrigen.
Wir, die Nachkriegsgeneration, hatte, im Gegensatz zur Flagge, mit der Hymne unsere Probleme. Ich habe sie bis heute nicht gesungen, was für die letzten 20 Jahre aber eher dem Umstand geschuldet war, dass ich keine Veranstaltungen besucht habe, auf der das Absingen obligatorisch war.
Bis zum Sommermärchen 2006 war die Hymne immer etwas im Verruf. Und dann kamen die vielen von der Vergangenheit unbelasteten jungen Deutschen und zeigten dem staunenden Ausland ("als Gast unter Freunden"), wie fröhlich, aber auch mit Inbrunst, man die Hymne singen konnte. Ich kann mich sogar an Länderspiele erinnern, bei denen unsere Fans, wie die Engländer, die Nationalhymne sangen, um die Mannschaft anzufeuern.
Das Singen oder Nichtsingen der Hymne hat überhaupt nichts mit politisch Rechts oder Links zu tun.
Ginge es nach mir, würde sie bei fußballerischen Ereignissen nicht abgespielt. Damit wäre auch das Singthema erledigt.
Spielt man sie aber, sollten alle Spieler mitsingen. Schließlich ist das ein Bekenntnis für das Land, unter dessen Farben man angetreten ist. Und wenn gesungen wird, wird gesungen und nicht zu irgendwelchen Göttern gebetet, die es - zum einen - nicht gibt und - zum anderen - wenn es sie doch geben sollte, einem nicht weiterhelfen.
Und zum Thema Migration. Bei den Engländern und Franzosen haben alle mitgesungen und Balotelli, meiner Erinnerung nach, bei den Italienern auch. Warum ist das nur bei uns ein Thema?
Für eine freie und selbstbestimmte Ukraine.