Das schwierige Umfeld in Dortmund wird unruhig.
Die MZ schrieb:
Entsetzt und ratlos
Borussia Dortmund ist mit dem 1:5 in Stuttgart noch gut bedient. Das Ausmaß der Dortmunder „Nicht-Leistung“ hinterlässt Entsetzen und Ratlosigkeit.
Entsetzen machte sich breit, als die ganze Tragweite der Dortmunder 1:5-Niederlage beim VfB Stuttgart sich den Weg in die Köpfe der Spieler, ihres Trainers und der Sportverantwortlichen gebahnt hatte. Das war viel mehr als „nur“ ein verlorenes Bundesligaspiel für den neuen Chefcoach Nuri Sahin. Mit voller Wucht hatte ihn, auch noch völlig aus dem Nichts, wie er meinte, ein Thema getroffen, mit dem sich Borussia Dortmund nun schon seit Jahren herumschlägt: Das eklatante Abweichen der Mannschaft von ihrer Norm. Mal wieder hatte der BVB nicht einfach nur einen schlechten Tag gehabt. Das war viel mehr. Sahin sprach von einer „Nicht-Leistung“, seine Spieler, wie Waldema Anton noch recht verharmlosend davon, dass „die Basics gefehlt“ hätten. Das stimmte, war aber nur ein Teilaspekt und beschrieb das Ausmaß des großen Offenbarungseides daher nur unzureichend.
Trend erkennbar
Schlimmer als der Verlust von drei Punkten: Längst ist ein Trend erkennbar, der den BVB-Verantwortlichen nicht schmecken kann. In der vergangenen Saison kaschierte nur der zusätzliche Startplatz für die Champions League, dass die Schere zu den Top-Teams der Liga immer weiter auseinanderklafft. Von den letzten 21 Partien gegen für die Königsklasse platzierten Mannschaften gewann Dortmund nur vier, verlor aber 14. Das ist dramatisch.
Zu diesen Teams muss man auch den VfB Stuttgart zählen, der das vierte Pflichtspiel nacheinander gegen die Borussia gewann, beim 5:1 ähnlich dominant war wie bei Dortmunds letzten beiden Auftritten am Neckar – diesmal noch dazu mit einer Effizienz, die dafür sorgte, dass sich die horrende Unterlegenheit der Gäste auch im Ergebnis niederschlug.
Als sich die Mannschaft der Borussia auf den Weg aus der Umkleide zum wartenden Bus machte, blickte man in viele fassungslose Gesichter. Nur Anton stellte sich, wie zuvor auch auf dem Rasen, wo bei seiner Rückkehr zu seinem Ex-Klub jeder seiner Ballkontakte von gellenden Pfiffen begleitet worden war.
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Auf dem Rasen waren die Unterschiede zwischen den beiden Teams riesig. Hier ein gefestigtes Team, dessen Philosophie deutlich erkennbar war, mit erarbeiteten Automatismen und klaren Abläufen. Auf der anderen Seite eine Mannschaft mitten im Veränderungsprozess, ein fragiles Gebilde, das dem Ansturm der Gastgeber nicht standhalten konnte. Dazu gesellten sich gravierende individuelle Fehler, die auf diesem Niveau „einfach nicht passieren dürfen“, wie Sahin und der Sportdirektor Sebastian Kehl ernüchtert feststellten.
Freitag gegen Bochum
Die Einzelteile, in die Dortmund zerfallen war, gilt es nun schnellstmöglich wieder zusammenzufügen. Auch der Trainer rückt automatisch in den Blickpunkt nach solchen Spielen, Sahins Personalrochaden fruchteten zumindest im Schwabenland nicht. Schon am Freitag steht der BVB-Reformkurs auf dem Prüfstand. Dann geht es gegen den VfL Bochum.
Sahin hat sich vercoacht und verzockt. Vercoacht, weil er Schlotterbeck und Sabitzer nicht positionsgetreu aufstellte. Verzockt, weil er vielleicht dachte, mit Guirassy und Anton in der Startelf könnte er das Momentum auf seine Seite ziehen.
Noch ist er nicht beschädigt, aber die ersten Kratzer auf dem Sockel sind unübersehbar. Noch zwei oder drei solcher Spiele und die Terzic-Diskussion lebt wieder auf.
Diese Niederlage wird ihnen schwer im Magen liegen. Wenn es beim Rückspiel vor der Gelben Wand keinen Sieg gibt, wird die Diskussion heftiger werden.
Ich hätte nichts dagegen. Und auch nicht dagegen, dass sie diesmal die Königsklasse verpassen. Etwas Demut trägt zur Charakterfestigkeit bei.
Für eine freie und selbstbestimmte Ukraine.