Frank N Furter hat geschrieben:RedBlues
RedBlues hat geschrieben:Weniger Konsum ist möglich, nur führt weniger Konsum auch dazu, dass weniger Produkte hergestellt werden, weniger hergestellte Produkte führen dazu, dass in Fabriken weniger Menschen arbeiten.
Um 1750 arbeiteten 90% der Bevölkerung in der Landwirtschaft. Obwohl sie es waren die die Nahrung herstellten, waren sie es paradoxer Weise auch die hauptsächlich hungerten. Heute arbeiten noch ca. 0,5% der Menschen in der Landwirtschaft und die Nahrung die dort produziert wird, sieht nur noch zu etwa 60% einen Zwischenhändler. Also knapp 40% kommen nicht mal mehr auf den Markt, wegen der irren Überproduktion. Trotzdem sterben jährlich 30-40 Millionen Menschen an Hunger. Genau weiß man es gar nicht. Daran haben wir uns "gewöhnt"
Du betrachtest das Thema Klimawandel, jedenfalls aus meiner Sicht, doch sehr weitgehend nur in einem steady state Modell. Ich kann alles nachvollziehen, was Du an Problemen auflistet, welche wir lösen müssten, wenn wir auch noch in weiteren 300 Jahren genau so leben wollten wie heute. Nur bin ich im Gegensatz zu Dir ziemlich sicher, dass wir so in 300 Jahren nicht mehr leben werden. Selbst wenn es keinen Klimawandel gäbe, würden wir nicht mehr so leben.
Wir haben in unserer deutschen Gesellschaft aktuell vielleicht so ca. 50 Millionen Menschen die arbeiten könnten. Nach der aktuellen ökonomischen Sicht, sind davon viele "überflüssig". Doch diese Menschen könnten in einem effizienteren Gesellschaftssystem z.B. alte und kranke Menschen wesentlich humaner pflegen. Sie könnten Kinder besser betreuen. In unserer Gesellschaft gibt es so viele offene Bedürfnisse, im Grunde könnten wir 200 Millionen Menschen beschäftigen! Und wir können uns das heute leisten, weil wir, wie geschrieben, nur noch 0,5% der Bevölkerung brauchen, um alle zu ernähren.
Wenn wir jetzt unsere Lebensweise so anpassen, dass wir wieder besser mit der Natur (die auch unsere körperliche Natur ist
) harmonieren, können wir uns endlich auch mal überlegen, was uns eigentlich wichtiger ist. Sind wir wirklich so arme Würstchen, dass wir unglaublich viel CO2 dazu verwenden, um vor anderen renommieren zu können? Oder wollen wir vielleicht doch lieber, sehr CO2 bewusst, im Alter von lieben und zugewandten Menschen gut versorgt werden, um keine Angst mehr vor diesem Lebensabschnitt haben zu müssen? Wollen wir, dass das Personal in Krankenhäusern wieder mehr Zeit für uns hat, um in den Momenten, wo wir wirklich existentiell in Bedrängnis geraten, jemand zugewandt für uns da ist? Was macht denn diese Lebensqualität eigentlich aus, von der hier lange die Rede war? Warum leiden immer mehr Menschen an psychischen Erkrankungen, während kaum noch jemand hier hungern muss und keiner Familie mehr 3,4,5 Kinder an Krankheiten wegsterben?
Durch den Klimawandel können wir jetzt eine Entwicklung wieder korrigieren, die in ganz vielen Gesellschaftsbereichen einfach nur noch unbefriedigend ist. Der Klimawandel muss gar nicht unseren Wohlstand bedrohen. Diese Zwangsläufigkeit existiert so gar nicht.
Ich weiß nicht wie Du mit so Dingen umgehst: Ich habe letzte Woche z.B. eine ARTE-Doku (?) gesehen. Über Kinder die in Indiens Großstädten auf Müllhalden leben. Darunter ist auch unser Müll, den wir "billig" dahin verscherbeln mittlerweile. Diese Kinder gehören meist zu den "Unberührbaren" in Indien, also der untersten Kaste. Häufig sind sie auch noch Waisen, weshalb sie überhaupt in diese Situation geraten. 5, 6 Jahre alte Kinder, deren Seelern in dieser perversen Welt zerstört werden, noch bevor sie sich entfalten konnten. Ich kann mir sowas kaum noch anschauen, weil es mich dermaßen deprimiert. Will ich, dass diese Kinder in meinem Müll nach verwertbaren Resten suchen? Für 2 Rupien am Tag, die ihnen dann auch noch durch zynische Gangsterbanden abgenommen werden, weil auch die perverse indische Gesellschaft ernsthaft daran glauben will, dass diese Kinder aus religiösen Gründen wertlos seien? Nein, ich will das definitiv nicht.
Die ganze Art wie wir jetzt wirtschaften, die perversen Finanzmärkte, die gar keinen Bezug mehr zur Realwirtschaft haben, die weltweite Kinderarbeit, die nicht etwa abnimmt, sondern einer der am stärksten wachsenden "Märkte" ist. Das alles ist nicht in meinem Sinne. Dazu bedarf es nicht mal Überlegungen zum Klimawandel, um dsas festzustellen.
Wie wir es schon oft getan haben, können wir nun unsere Gesellschaft weiterentwickeln. Und zwar auf eine Art, dass die Bedürfnisse die Menschen schon immer haben und hatten, deutlich besser befriedigt werden. Die Welt, um die Du Dich so sehr sorgst, also um deren Produktivität, deren Arbeitsmarkt, deren Art der Sinnbefriedigung, lehne ich eigentlich mit jedem Tag mehr den ich auf diesem Planet verbringe, und mit jeder Doku, die ich über die 80% der Menschheit sehe, denen es nicht so gut geht wie uns, immer mehr ab.
Ich will eine bessere Welt und sehe mich damit nicht als Phantast, sondern ganz in der Tradition unserer Vorfahren. Wir müssen unsere Welt weiterentwickeln und verbessern. In 300 Jahren, darf es nicht mehr so viel Leid und Armut und Ungerechtigkeit geben wie heute. Es ist unsere Aufgabe als aktuell handelnde Generation schon unseren Kindern und Enkeln etwas besseres zu hinterlassen, als das was wir geerbt haben.
Irgendwann, werden wir dann vielleicht alle in einem einzigen Computer "leben". Auf einem wilden, grünen Planeten, an dessen Oberfläche wir gar nicht mehr auftauchen. Vielleicht werden schon in wenigen Generationen die ersten Menschen gar nicht mehr sterben müssen, wenn sie nicht wollen. Auf uns kann eine unglaublich spannende Zukunft warten, wenn wir uns jetzt nicht in Dinge verbeißen und in Zuständen verharren wollen, nur weil wir diese so gewöhnt sind, obwohl sie uns eigentlich auch selbst sehr schaden. Unsere Großeltern kannten meist noch gar kein "Urlaub an Italiens Stränden". Wir glauben heute, dass das unser gottgegebenes Recht sei und wollen uns gar nichts mehr Besseres vorstellen können?
Kurz: Ich würde mir in Deinen Ausführungen mehr Mut zu einer ganz neuen Zukunft wünschen. Den Mut unserer Generation es jetzt anzupacken. Ich würde es gerne sehen, wenn man mal über unsere Generation in der Zukunft sagen könnte: "Die haben es gewuppt". Wir sind jetzt dran, alles was geschieht und nicht geschieht liegt in unserer Hand. Wir sind jetzt 7.9 Milliarden Menschen. Es gibt jetzt kaum noch etwas, dass wir nicht könnten, wenn wir es wirklich wollten. Die Erde für alle besser zu machen, sollte eigentlich ein Konsens sein, mit dem wir 90% hinter uns versammeln können. Die Zeit des Lamentierens und Herauswindens könnte jetzt vorbei sein, wenn wir nur endlich mal mehrheitlich bereit wären, uns von unseren mäßig befriedigenden Gewohnheiten wieder zu trennen - den Boden des steady state zu verlassen.