In der Reihe der Stuttgarter Kinos sprechen wir heute über das
U-Kino
Sollte ich der Einzige im Forum sein, der dieses Kino dank der Gnade der frühen Geburt noch kennenlernen durfte, wird es leider ein Monolog.
Das U-Kino war direkt vor dem Hindenburgbau (Heißt der heute eigentlich noch so? Wir haben den Hindenburgplatz ja schon vor Jahren umgetauft), gegenüber vom Südeingang des Hauptbahnhofes unter der Erde, also gewissermaßen das S 21 der damaligen Stuttgarter Kinolandschaft. Ich vermute, dass es ein ehemaliger Bunker war. Ob der in den 30er Jahren des vorigen Jahrhunderts eingerichtet worden ist, oder schon im 1. Weltkrieg Verwendung fand, weiß ich nicht. Nach dem verlorenen Krieg gab es für Bunker eigentlich keine Verwendung mehr, es sei denn, man hätte sie zu Atombunker umfunktionieren können. Also bot es sich an, in der völlig zerstörten Innenstadt etwas Kulturelles daraus zu machen.
Das Kino war, seinem ursprünglichen Verwendungszweck entsprechend, sehr klein. Mit einem Filzvorhang hielt man tagsüber das von oben hereinfallende Tageslicht ab. Ich glaube, dass ein Mittelgang vom Eingang zur Leinwand führte und jeweils links und rechts 2 oder 3 Klappsessel waren. Meine Erinnerung kann aber auch trügen. Leider habe ich nichts im Netz über das Kino gefunden. Man müsste vielleicht mal ins Stadtarchiv gehen, um mehr darüber zu erfahren.
Das Kino war bestimmt nichts für Klaustrophobiker. 90 Minuten in dem schummrig beleuchteten, muffig riechenden Raum auszuhalten, kostete natürlich Überwindung. Hinzu kam, dass alle paar Minuten das Rattern der Straßenbahn, die direkt über dem Kino fuhr, die schwache Lautsprecheranlage übertönte. Also bestimmt kein Kino für 70 mm-Fans. Es war auch kein Kino, in dem man, wie im Bali gegenüber, erotische Heimatfilme für sexuell Heimatlose zeigte. Nein, es war ein Filmkunststudio, in dem auf Minimalleinwand vor überwiegend jungen Männer im Existentialismushabit, sprich schwarze Rollkragenpullis, Cordhosen (damals sagte man Manchesterhosen dazu) und Dufflecoats, gezeigt wurden.
Folgende Filme habe ich im U-Kino gesehen:
Henri Clouzot: „Die Teuflischen“ mit der großartigen Simone Signoret.
Originalfilm mit englischen Untertiteln. Aber Ihr da unten könnt ja bestimmt alle auch Französisch.
Henri Clouzot: „Lohn der Angst“ mit Ives Montand, Folco Lulli und Peter van Eyck.
Peter van Eyck war die Idealbesetzung für viele Rollen arroganter Nazioffiziere in den US-Propagandafilmen.
Und dann hatte ich im U-Kino schließlich meine nipponophile Erweckung mit
Kurosawa: „Rashomon“
Das U-Kino musste in den 60er Jahren dem Bau der Unterführung zum Hbf-Südeingang weichen.
Als Ersatz wurde, ich glaube in der Nähe Liederhalle, das U2 gebaut.
Vielleicht kennt das jemand und kann etwas darüber schreiben.
Für Monitor (aus einem Filmforum):
genauere Angaben wären von Interesse. Wie sind die Namen der Kinos in welcher Stadt. Hier in Stuttgart gibt es nur noch das GLORIA Kino, welches 1 x DP 70 herumstehen hat. Die wird fürs Vorprogramm benützt und da zieht die Blende bis zur Bildmitte hoch. Das letzte 70 mm Ereignis war "THE ABYSS" in diesem Haus. In den 60er Jahren gab es in Stuttgart und Vororte 4 70 mm Häuser: Atrium (auch Cinerama/Cinemiracle) seit Jahren geschlossen, PALAST (mit U2 Projektoren) heute Metropol ohne 70 mm, GLORIA PALAST (spielte sehr wenig 70 mm u. a. LAWRENCE VON ARABIEN, LORD JIM, BRAINSTORM) war der letzte Zweckbau in der Stadt, heute geteilt mit der einen DP 70. KINOPANORAMA in Stuttgart Bad Cannstatt mit Bauer U2 und Telefunken Tonanlage als Nachspieler vom Atrium hatte dieses technisch bessere Kino keine Chance und machte sehr bald wieder zu. In weiteren Umkreis von Stuttgart in Karlsruhe: CAPITOL spielte viele 70 mm Filme (auch Schiwago 52 Wochen lang) mit Fedi 70 Projektoren und "nur" 4-Kanal-Magnetton (Uniphon-Verstärker) wurde in den 70er Jahren abgerissen. Schauburg Karlsruhe wurde 1968 als Supercinerama Theater mit "2001" nach Umbau wieder eröffnet. 2 DP 75 heute noch in Betrieb. Ab und zu werden Sonntag Nachts alte 70 mm Kopien gespielt, vor kurzem noch "Krieg und Frieden" in 70 mm ein Teil einer russischen Produktion. In der Provinz spielte vor 20 Jahren Herr Burth (der Erfinder des Kinotontellers) in seinem Haus "Frauentor" in Ravensburg eine Zeit lang 70 mm Film auf DP 75 Projektoren. Ob da heute noch was läuft, kann ich nicht sagen.
						
																																						
							Für eine freie und selbstbestimmte Ukraine.