VfB Stuttgart – Zwischen Glanz und GrabenkämpfenEin Versuch von George MoissidisDer VfB Stuttgart, dieser traditionsreiche Verein aus dem Schwabenland, sorgt auch in dieser Saison wieder für Gesprächsstoff – und zwar nicht nur auf dem Platz. Mit einem Mix aus jungen Spielern, altgedienten Strategen und, so scheint es, jeder Menge Verwirrung, gibt der Club ein Bild ab, das irgendwo zwischen Oper und Orientierungslosigkeit changiert.
Was einem sofort ins Auge springt: Die Stuttgarter rennen viel. Sehr viel. Ob das immer zielführend ist, steht auf einem anderen Blatt, aber man merkt: Da ist Feuer drin. Die Frage, ob das Feuer auch kontrolliert brennt oder einfach wild um sich schlägt, stellt sich spätestens, wenn Enzo Millot zum Ball geht. Der junge Franzose wirkt oftmals wie jemand, der mit den Gedanken noch in der Kabine ist. Wenn es darum geht, einen Pass zu spielen, der nicht beim Gegner landet, tut sich Millot schwer – und das schon zum wiederholten Mal.
Interessant auch die taktische Ausrichtung der Mannschaft. Trainer Sebastian Hoeneß, ein Name, der bei vielen Fans für Hoffnung steht, scheint sich ein System ausgedacht zu haben, das auf sogenanntem „Gegenpressing“ basiert –
was das genau ist, muss mir aber nochmal jemand erklären.
Jedenfalls sieht es oft danach aus, als würde jeder Spieler einfach auf den nächsten Ball stürzen, wie beim Eiersuchen an Ostern.
Apropos Suche: Gesucht wird bei Stuttgart auch ein echtes Herzstück im Mittelfeld. Wataru Endo, der früher diese Rolle mit Bravour ausfüllte, ist weg, und niemand scheint diese Lücke glaubwürdig zu schließen. An dieser Stelle muss man wieder auf Enzo Millot zu sprechen kommen, der zwar technisch beschlagen sein soll, aber auf dem Platz manchmal mehr wirkt wie ein jonglierender Straßenkünstler – nur ohne Applaus. Ballverlust in der Vorwärtsbewegung? Klassiker.
Was mich ebenfalls erstaunt, ist die Rolle der Fans. Diese tragen rot-weiße Schals, singen lautstark und feiern Spiele, auch wenn sie mal 1:2 verlieren. Es scheint, als ginge es hier nicht nur um das Gewinnen – eine These, die mich als Außenstehenden etwas verwirrt. Aber gut, vielleicht ist das dieser “Fußballspirit”, von dem alle sprechen. Oder Gruppendynamik.
Der Kader an sich liest sich wie eine Mischung aus Panini-Sammelalbum und internationalem Jugendkongress. Viele junge Talente, Namen mit zahlreichen Vokalen, und alle mit dem Ziel, “den nächsten Schritt” zu machen. Wohin dieser Schritt führen soll, bleibt offen. Nach Europa? In die zweite Liga? Wer weiß das schon. Sicher ist nur: Alle geben Interviews, in denen sie betonen, wie wichtig „die Basics“ sind.
Verletzungen spielen natürlich auch eine Rolle. Manche Spieler sind gefühlt länger verletzt, als sie je gespielt haben. Ein Spieler, dessen Namen ich mir nicht gemerkt habe, hat offenbar einen „Innenbandanriss“ – klingt kompliziert. Vielleicht sollte man einfach härter trainieren oder den Rasen öfter mähen. Da wäre bestimmt schon viel gewonnen.
Zum Schluss bleibt festzuhalten: Der VfB Stuttgart ist ein Verein mit viel Potenzial, großer Geschichte und einem Hang zur Selbstsabotage. Als neutraler Beobachter wünsche ich mir mehr Klarheit, weniger Millot und einen Spielstil, den man auch ohne Fußball-Diplom versteht. Bis dahin bleibt es spannend – oder zumindest kurios.